Autor Thema: Die militärische Rolle der Turkopolen  (Gelesen 27346 mal)

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #45 am: 21. September 2011, 17:09:53 »
Dieser Konfessionskonflikt ist wirklich nur eine Möglichkeit, unordinierte Turkopolen im (oder beim?) Orden zu erklären. Dass es solche Fälle gegeben haben kann, bringt uns allerdings nicht viel; es sei denn, wir versuchen krampfhaft, orientalische Einheimische als Turkopolen aufzubauschen. :P Ansonsten gibt es zig Gründe, warum Turkopolen ohne Gelübde für den Orden kämpfen könnten. Der einfachste ist, dass der Orden ein Arbeitgeber ist, vermutlich auch ein pünktlich zahlender.

Europäische Turkopolen? Kein Problem. Soll ich dir den Harari-Artikel mal schicken? Zumindest Auszüge kann ich mir hier ja erlauben:
Zitat
Yuval Harari: The Military Role of the Frankish Turcopoles: A Reassassment, S. 108

Likewise, we have information of Turcopoles serving in
European armies, who were clearly not natives of the Levant (though at
least on one occasion, Levantine Turcopoles did serve in Europe. These
were Turcopoles who were sent as reinforcements to the army that
conquered Constantinople, and later took part in the relief of
Stenimaka). (173) Some of these European Turcopoles were most probably
Saracen light cavalrymen from Sicily, (174) yet it is important to note that
Ibn Wasil does not find it inconceivable that Frankish Turcopoles
would come to the Levant from beyond the sea. (175)

Fußnote 174: For example the 500 Turcopoles that took part in the Sicilian expeditionary
force that attacked Alexandria in 1174 (IA, 10.63). It was not unusual that
Sicilian Saracen mounted archers were sent overseas in large numbers: in the
battle of Pelagonia (1259), for instance, the Epirotes had a Sicilian allied force
which included 2600 Saracen mounted archers (Heath, Armies and Enemies,
p. 63). This probably explains just as well the origin of the Turcopoles that
participated in Louis IX's Tunisian crusade (Ibn 'Abd al-Žhir, s+rat, p. 373),
to which Charles of Anjou brought a large contingent from his newly acquired
Kingdom of Sicily (J. R. Strayer, Medieval Statecraft and the Perspectives on
History (Princeton, 1971), pp. 187-8, 190). The fact that Muslim chroniclers
call the Sicilian mounted archers "Turcopoles" is ambivalent, and it could be
claimed that they were so named either because they were Muslims in the
service of the Franks, or because they were mounted archers in the service of
the Franks.

Fußnote 175: . Ibn Wasil, mufarrij al-kurkb, 3.146. He says that in 1203 came to Acre
Franks 'from the sea, about 60,000 faris, Turcopoles and footmen'. This
figure can refer only to the participants in the Fourth Crusade, most of whom
ended up in Constantinople, not in Acre.

[...] S. 110:

A Norman mounted archer appears in the last scene of the Bayeux
Tapestry, and another illustration of a western European mounted
archer appears in Matthew Paris's Chronica Majora. Joinville tells
us of a group of Norwegians who came to Caesarea in 1251/2, and went
hunting as mounted archers. It should also be pointed out that
mounted-crossbowmen were a familiar phenomenon in Europe, and
large numbers of them served in the armies of King John of England,
Philip II, Augustus and Louis IX. In addition, we have examples of Turcopoles bearing pure Frankish
names, such as Godfrey and Tancred, though strangely enough, these
names have, in the past, been considered as proof of the Turcopoles'
being Muslim renegades. Since it was taken for granted that there
were not any Turcopoles of Frankish origin, these Frankish names had
to somehow be accounted for. The solution was to claim that they were
names of Muslim converts, who adopted Frankish names when they
were baptized. Although it is not an impossible option, and even though
we know for certain that such cases occurred, there is no reason to
disregard the most obvious option of all — that these Turcopoles were
Franks (in either case, these names cannot possibly be forwarded as
evidence indicating that the Turcopoles were renegades, as Richard
attempts to do).

(Fußnoten hier entfernt)

Der Wikipediaartikel scheint in Bezug auf die Turkopolen auch nicht übermäßig präzise zu sein bzw. auf den älteren Deutungen aufzubauen. Die "Mischehensoldaten" sind ja nicht nur ein Szenemärchen, sondern tatsächlich mal Stand der Wissenschaft gewesen. Mit "Reassessment" (dt. Neubewertung) hat sich Yuval Harari nicht auf historische Darsteller bezogen.

William

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #46 am: 22. September 2011, 09:33:55 »
Zitat
Original von Cornelius
Dieser Konfessionskonflikt ist wirklich nur eine Möglichkeit, unordinierte Turkopolen im (oder beim?) Orden zu erklären. Dass es solche Fälle gegeben haben kann, bringt uns allerdings nicht viel; es sei denn, wir versuchen krampfhaft, orientalische Einheimische als Turkopolen aufzubauschen. :P
 

Ok - ich bin nicht gewillt auf diesem Niveau weiter zu diskutieren! *clsd*

Außerdem reden wir hier über zwei verschiedene Themen, die ich deshalb auch bewußt in unterschiedlichen Postings behandelt habe!

1. Zu Harari und Turkopolen im Allgemeinen:

Wenn wir Sizilien als Standard nehmen für die Aussage, das von dort fränkische Turkopolen kamen, dann ist das absolut das selbe wie die Einheimischen aus dem heiligen Land, denn Sizilien nahm bereits im Mittelalter eine Sonderstellung ein, da es als einziges zu Europa gehörendes Land eine Mischbevölkerung aus Sarazenen, Juden und Normannen hatte.

Auf dieser Grundlage zu diskutieren würde ebenso bedeuten, das wir sagen können: "Es gab in Europa auch den Harem!" - denn Federico II aus Sizilien - Deutscher Kaiser - hatte sowohl einen orientalischen Harem, als auch sarazenische Leibwächter und einen Zoo. *smoky*

Aber aus einer Ausnahme eine Regel machen ist immer etwas ... nunja bedenklich!

Das Europäer in der sarazenischen Kampfart nicht auch ausgebildet wurden, habe ich nie bestritten, auch nicht das es fränkische Turkopolen gab - aber darum geht es ja auch gar nicht!

Es geht hier auch nicht darum ob und wo und wie es Turkopolen gab, sondern NUR um die Frage: Turkopolen gleich Brüder?![/B]

Um da Klarheit zu finden habe ich versucht einzugrenzen wer da überhaupt in Frage käme und warum! Nichts anderes!

Außerdem finde ich in den Aussagen von Harari keine Antwort auf meine Frage, wo und wann in Europa - nicht Byzanz, Tunesien, heilige Land - also Levante etc. Turkopolen an einer Schlacht teilgenommen haben!
(Eigentlich bezeugt Harari mit diesen Beispielen ja nur, das es in den Schlachten in den Regionen der Levante und Outremer Turkopolen gab - das ist aber weder neu noch spektakulär. Auch die Tatsache, das hier sizilianische Turkopolen aufgeführt werden bestätigt letztlich sogar, das es im Zusammenhang mit den Turkopolen auch immer die "sarazenische Komponente" gibt - in diesem Fall eben die sizillianischen Sarazenen!)

Denn wenn diese, bei den europäischen Armeen, soooo verbreitet waren, dann hätte man sie doch sicherlich auch auf europäischen Schlachtfeldern (Frankreich, England, Flandern etc) eingesetzt - oder?

Wenn von "mounted archers" die Rede ist, heißt das noch lange nicht, das diese nach Turkopolenart beritten - mit dem Bogen - gekämpft haben!
Es bedeutet lediglich, das sie Pferde hatten! *headbangl*

(Oder ist hier auch jemand der Meinung, das "Mounted Artillery" bedeutet, das man Kanonen auf Pferde montiert hat, die dann im Reiten abgefeuert wurden? *smoky*)

So hatte z.B. auch die englische Armee - vor der Eroberung durch den "Bastard" sehr viele Pferde für den Marsch, aber kämpfte traditionell komplett abgesessen!

Auch in der bereits erwähnten "Lanze" werden die "Begleiter" des Ritters meist beritten dargestellt - auch die Bogenschützen - deshalb haben sie aber noch lange nicht beritten gekämpft! (Wieder die Sache mit der Statistik!)

Aber wie gesagt - diese Dinge spielen bei der aktuellen Frage im Grunde genommen gar keine Rolle - auch die weltlichen Turkopolen interessieren hier überhaupt nicht - es geht nur darum ob und in welcher Form Turkopolen auch Brüder mit Profeß im Templerorden sein konnten und NUR dazu habe ich eine Möglichkeit aufgezeigt, die einen Hinweis geben könnte warum es in der Regel Wiedersprüche gibt!!

2. Back to Topic:

Einerseits haben wir eben die Bezeichnung als Bruder, der Entzug des Habits und der armenische Prinz, der Ritter war, als Hinweis auf den Profeß - andererseits die "Strafe" am separaten Tisch der Turkopolen essen zu müssen!

Das sind Dinge die sich einfach wiedersprechen und NUR dafür habe ich ein mögliche Erklärung gesucht! (Inspiriert durch Veturius Einwände!)

Wären die Turkopolen alle Europäer und katholisch gewesen, dann wäre eine solche Strafe sinnlos! Nur bei einer anderen Waffengattung essen zu müssen reicht da nicht als Erklärung!

Da dies eben das Thema dieses Threads ist, werde ich ab jetzt auch nur noch zu diesem Thema Stellung nehmen!

Gruß
William
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #47 am: 22. September 2011, 12:19:27 »
Zitat
Original von William
Zitat
Original von Cornelius
Dieser Konfessionskonflikt ist wirklich nur eine Möglichkeit, unordinierte Turkopolen im (oder beim?) Orden zu erklären. Dass es solche Fälle gegeben haben kann, bringt uns allerdings nicht viel; es sei denn, wir versuchen krampfhaft, orientalische Einheimische als Turkopolen aufzubauschen. :P
 

Ok - ich bin nicht gewillt auf diesem Niveau weiter zu diskutieren! *clsd*
Oh, da ist einer aber humorlos. Welches Niveau hättest du denn gerne? Weiter diese Konfessionssache diskutieren? Hast du dir meine Bewertung dessen mal durchgelesen?
Zitat
Einerseits haben wir eben die Bezeichnung als Bruder, der Entzug des Habits und der armenische Prinz, der Ritter war, als Hinweis auf den Profeß - andererseits die "Strafe" am separaten Tisch der Turkopolen essen zu müssen!

Das sind Dinge die sich einfach wiedersprechen und NUR dafür habe ich ein mögliche Erklärung gesucht!

Wären die Turkopolen alle Europäer und katholisch gewesen, dann wäre eine solche Strafe sinnlos! Nur bei einer anderen Waffengattung essen zu müssen reicht da nicht als Erklärung!
Mal sehen, was die Regel dazu sagt:
Zitat
271. Wenn ein Bruder Kaplan [Geistlicher!] einen schlechten Lebenswandel führt, Zwist unter den Brüdern stiftet
oder Ärgernis bereitet, so kann man sich seiner leichter und ohne längere Beratung entledigen als eines
andern Bruders; denn so lautete der Befehl des Papstes, als er uns die Brüder Kapläne gab. Wenn er in
seinem Ordenskleide Buße tut, soll er an der Turkopolentafel ohne Tischtuch essen. Auch kann sein
Vergehen leicht derart sein, dass man ihn in Fesseln und ewigen Kerker wirft.

519. [...]  Solange Brüder der Buße unterworfen sind, sollen zwei zusammen aus einem Becher trinken,
außer wenn ein Bruder etwa Turkopole ist. Wenn aber der eine Bruder zufällig den wein nicht so stark vertragen
kann wie der andere, so kann man nach der Ansicht einiger Brüder wohl jedem von ihnen seinen Becher geben.
Hier geht es meiner Meinung nach (und Benis Meinung nach, wie ich eben in der Fußnote gesehen habe) um reine Standesgrenzen. Ritter kämpften im Orden nicht als Turkopolen (--> Rüstung etc.), also wäre der Turkopole hier zwangsläufig nichtadelig bzw. ein Vertreter (man müste die Passage mit dem "etwa" mal näher untersuchen) des anderen Standes. Wenn es aber um Turkopolen geht, die in welcher Form auch immer an der Tafel der Templer (im Konvent, den Teil habe ich bei 519. weggelassen) essen, werden es wohl ordinierte sein. Es ist kein konfessioneller Widerspruch, sondern ein standesmäßiger. Der nichtadelige Kaplan kann ruhig zu den anderen (halbklerikalen) Diendenden bzw. Turkopolen gesteckt werden (übrigens auch im ähnlichen Artikel 637, obwohl Körner da von DEM Turkopolen spricht, was so klingt, als ob er damit wie bei der Geschichte vom Hinterhalt den Turkopolier meint). Damit ist deine Überlegung zwar nachvollziehbar, es könnte "katholische" Einheimische gegeben haben und es könnte auch Probleme mit Orthodoxen gegeben haben, aber das ist keine maßgebliche Erklärung für die höchstwahrscheinlich (weil auch autark logisch funktionierenden) standbegründeten Unterschiede. Und wenn du in dem Moment trotzdem auf deinen Konfessionskonflikt pochst, ist das (in Anführungszeichen) krampfhaft, so habe ich das gemeint. Außerdem war ein Smilie dabei, also hab dich mal nicht so. :)

Mir fällt auch gerade auf, dass in 370 die Essensaufteilung hier eindeutig das Gesinde anspricht; die "Dienenden", die in 153 weniger Essen als Turkopolen bekommen, sind hier anscheinend auch nicht die Dienenden Brüder.
Zitat
Da dies eben das Thema dieses Threads ist, werde ich ab jetzt auch nur noch zu diesem Thema Stellung nehmen!
Deswegen finde ich euch so knuffig. Die drei Seiten Turkopolengrundlagendiskussion hat auch niemand behindert. Nun mal zurück dahin:
Zitat
Zitat von William

Wenn wir Sizilien als Standard nehmen für die Aussage, das von dort fränkische Turkopolen kamen, dann ist das absolut das selbe wie die Einheimischen aus dem heiligen Land [...]
Genau wegen dieser sizilianischen Maghrebiner (die es vermutlich waren) hatte ich auch Bauchschmerzen, als ich das gestern hierherkopiert habe. Da liest jemand "Sarazenen" und schon sind sie wieder bei den Türken. Nein, Harari gibt ja hinterher noch Beispiele für fränkische Turkopolen bzw. berittene Bogenschützen (die tatsächlich einen Bogen vom Pferd aus benutzen, sonst würden z.B. Bilder ja nichts aussagen). Wenn du dich fragst, warum in Europa keine nenneswerten Turkopolenkontingente (außer den paar Beispielen s.o.) eingesetzt wurden, so geh nochmal an den Anfang und bedenke, wofür die Turkopolen aufgestellt wurden: Als militärische Reaktion auf leichte schnelle türkische Kavallerie. Wenn es die in Europa gar nicht gibt, sind ein paar berittene Bogenschützen sicherlich ein nettes Schmankerl, aber ansonsten obsolet.
Zitat
Denn wenn diese, bei den europäischen Armeen, soooo verbreitet waren, dann hätte man sie doch sicherlich auch auf europäischen Schlachtfeldern (Frankreich, England, Flandern etc) eingesetzt - oder?
Und soll ich mich jetzt mal übers Diskussionsniveau beschweren? :P Komm, wir lernen hier alle was. :)

Veturius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #48 am: 22. September 2011, 22:59:40 »
jungs, die debatte ist doch schon uralt und wir waren uns doch darüber einig, daß wir uns bei diesem thema nicht einig werden. :-)  

aber wenn ihr unbedingt wieder aufwärmen wollt, bitte. Mich überzeugt Harari überhaupt nicht, ebenso wie die hier verbreiteten Thesen . Da wird von mangelnder christlicher bevölkerung im Orient gesprochen, die angeblich keine waffen führen können, davon, daß man andere Konfessionen nicht in den eigenen Reihen kämpfen ließ... u.s.w.

Die Turkopolen gabs in Byzanz als Söldner ( jaja, sohn der türken.. ich weiß), aber auch Gefangene wurden dort als turkopolen eingesetzt. Auch bei den Sarazenen wurden Gefangene im Krieg eingesetzt. wer die Mameluken sind, dürfte ja eigentlich jeder wissen.

Weiterhin wissen wir, daß z.B. in Edessa die Kreuzfahrer in den armenischen Adel eingeheiratet haben. Folglich hat es dort recht fix auch lateinisch-christliche einheimische gegeben von den ganzen anderen christlichen konfessionen die im Orient schon immer waren mal abgesehen...

ich stelle also fest, daß 1. nach Eurer Interpretation jedes Land im Orient streitkräfte anderer Konfessionen für sich kämpfen ließ, nur die Kreuzfahrer sollen zu dämlich dazu gewesen sein (angeblich kämpften bei der einnahme akkons auch christen auf muslimischer seite). 2. gab es dort ausreichend einheimische christen denen es durchaus auch möglich gewesen wäre die gelübte bei den Templern abzulegen.

es ist auch nicht ganz richtig, daß angeblich die kampfart der muslime schuld daran ist, daß es fast ausschließlich im heiligen land turkopolen gab.
ich frage mich warum die regel für den deutschen Orden im heiligen land turkopolen vorsieht, die regel für die Ostgebiete des Ordens jedoch nicht obwohl sie es mit kumanen, mongolen  und anderen Völkern zu tun hatten die eine ähnliche kampfweise bevorzugen wie die sarazenen. und der deutsche orden hat zu diesem zeitpunkt bereits turkopolen gekannt.
es muß also irgendwas anderes gewesen sein als im orient. Lass mal überlegen : europäer und einheimische gabs dort genug. was es dort nicht gab sind Orientalen. :-D

naja, wie dem auch sei... ich kann die debatte darüber nicht mehr hören und es sieht nicht so aus, als ob wir da weiter kommen.

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #49 am: 23. September 2011, 10:20:09 »
Da machst du's dir aber auch ein bisschen zu einfach. Dass die Kreuzfahrer nicht nur ihre eigenen Leute in den Kampf geschickt haben, wurde ja an keiner Stelle bezweifelt (und das belegt Harari selbst ja auch zur Genüge). Die Frage ist doch bloß, warum wir keine nennenswerten Anzeichen dafür haben, dass die Hälfte ihrer Kavallerie entweder aus orientalischen Christen besteht (die laut Wilhelm von Tyrus Mitte des 12. Jhds. außerordentlich kriegsuntauglich seien) oder aus (un-) konvertierten Muslimen (ohne dass das an irgendeiner Stelle in den muslimischen Quellen darauf hingewiesen wird). Stattdessen nehmen es die meisten Quellen als völlig normal hin, dass Turkopolen fränkische Bogen schützen sind. Es ist meiner Meinung nach ein wenig unverständlich, das als "nicht überzeugend" abzuhaken. Außerdem ist es in einer Art Ockhams Rasiermesser die einfachste Lösung: Die Franken haben die Türken einfach nachgeahmt.

Das mit den Mongolen und Kumanen wäre noch interessant. Der Mongolensturm war bekanntlich eine kurze und schmerzvolle Angelegenheit. Die Kumanen waren doch dagegen kaum so weit im Norden, dass sie längere Zeit mit dem DO zu tun gehabt hätten, oder? Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt, dass der DO längere Zeit mit schneller Reiterei konfrontiert wurde, ohne darauf zu reagieren?
Zitat
es sieht nicht so aus, als ob wir da weiter kommen
Hm... ich fühle mich weitergekommen.

Veturius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #50 am: 23. September 2011, 21:15:24 »
Zitat
Original von Cornelius
 dass die Hälfte ihrer Kavallerie entweder aus orientalischen Christen besteht (die laut Wilhelm von Tyrus Mitte des 12. Jhds. außerordentlich kriegsuntauglich seien)

das mag daran liegen das wilhelm von tyrus ein propagandist war. wenn es da nur kriegsuntaugliche Christen gegeben hat, frage ich mich, wie sich Byzanz so lange halten konnte, sogar noch mit den lateinischen kämpfe geführt hat oder wieso die Armenier nicht längst platt gemacht worden sind...... wie konnten sich also diese Herschaftsgebiete dort vor den Kreuzfahrern ohne Kriegstaugliche Bevölkerung halten ?

Außerdem wissen wir, daß die kreuzfahrer das Lehenswesen dort mitgebracht haben. König X vergibt ein lehen an graf y und der verpflichtet sich unter anderem zur heerfolge mit einer anzahl von z männern. Darüber hinaus wissen wir, daß nicht genügend Lateiner zwischen den Kreuzzügen im heiligen land ankamen um die diese lehen zu bewirtschaften. das tat die normale einheimische bevölkerung wie auch vor der eroberung und sie mußte sich auch an den kampfhandlungen beteiligen so wie jede Bevölkerung jedes anderen besetzen oder eroberten Landes in der Kriegsgeschichte der Menschheit. Soviel zu den eigentlich muslimischen Kämpfern auf der Kreuzfahrerseite.


zu allen zeiten haben sich die eroberer auch mit der einheimischen bevölkerung vermischt. wie ich oben angeführt habe geschah das z.B. in edessa offiziell durch ehe. 200 jahre zeit zum konvertieren in lateinischen Herrschaftsgebieten ( in denen das sicher von vorteil war) und durchmischen in Zeiten ohne Geburtenkontrolle ergeben in jedem fall eine ganze Menge Material für einheimische christliche Soldaten auch im verhältniss zu den neu ankommenden kreuzfahrern.

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #51 am: 24. September 2011, 11:52:28 »
Dafür müsste man sich tatsächlich mal mit einer kreuzzugszeitlichen Sozialgeschichte belesen, denn soweit ich weiß haben die Franken von den Muslimen die Sklaven- und Plantagenwirtschaft übernommen... und schon wäre es mit dem Lehenswesen bzw. Frondienst nicht mehr so klar. Aber auch wenn die Franken halt lange im Orient wohnen und sich ggf. etwas mit Einheimischen vermischen, sind sie trotzdem noch Franken.

Byzanz und Armenien sind andere Gebiete, das ist nicht so ohne weiteres "die" einheimische Bevölkerung im sogenannten Nahen Osten. Da gab es keine muslimischen Herren, die ihren christlichen Schutzbefohlenen das Tragen von Waffen untersagt hätten; aber wären das nennenswerte Bezugsquellen für Turkopolen in fränkischen Diensten gewesen, hätten die bedrängten Byzantiner ja ziemlichen Unsinn angestellt, indem sie einige ihrer besten Truppenteile vergeben hätten. Außerdem schweigen auch hier wieder die Quellen; die Muslime z.B. haben sehr wohl zwischen Franken und "Römern" (also Byzantinern) zu unterscheiden gewusst – und nicht-fränkische Turkopolen werden halt kaum genannt. Die von Wilhelm von Tyrus beschriebenen Einheimischen sind also keine Byzantiner oder Armenier. Wenn ich mir gerade mal den Wikipedia-Artikel durchlese (ist nicht der Weisheit letzter Schluss, ich weiß), ist er auch kein Propagandist, der dezidiert für oder gegen etwas schreibt. Er kritisiert die Ritterorden, Verweltlichung bei den Geistlichen und auch die Byzantiner (obwohl er zeitweise bei ihnen lebt); außerdem ist er bei den Muslimen relativ gemäßigt, aber da erkenne ich jetzt kaum eine besondere (außer pro-fränkische) Haltung. Und was wäre der Vorteil davon, die einheimischen Christen zu diskreditieren? Um für Nachschub zu werben? Dafür fehlt mir dann vergleichbares Engagement.

Veturius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #52 am: 24. September 2011, 20:31:12 »
o.k. mal schauen ob dich das hier überzeugt:

zitat aus der gesta francorum 1. buch: "Das Heer des Kaisers eilte herbei und griff den Grafen und seine Brüder einschließlich ihrer Männer an. Sowie Tankred davon erfuhr, ging er zurück, tauchte in den Fluß ein und schwamm mit zweitausend Leuten, die ihm folgten, zu den anderen hinüber. Sie fanden die Turkopolen und Petschenegen in den Kampf mit unseren Männern verwickelt, ritten folglich eine überraschende und tapfere Attacke, und nachdem sie Männer mit reicher Erfahrung waren, besiegten sie den Feind und machten viele Gefangene, die sie fesselten und vor meinen Herrn Bohemund führten. Dieser sagte zu ihnen: "Ihr Halunken, warum tötet ihr Christi Volk und meines? Ich liege mit eurem Kaiser nicht im Streit!" Sie antworteten: »Wir können nicht anders. Wir unterstehen dem Befehl des Kaisers, und was immer er anordnet, das müssen wir tun.«

als "turkopolen" werden hier die truppen der byzantiner bezeichnet.

für die zweifler an der Übersetzung hier der originaltext auf latein:

Venit exercitus imperatoris, et inuasit comitem cum fratribus suis, et omnes qui erant cum eis. Quod audiens Tancredus rediit retro, et proiectus in flumen natando peruenit ad alios, et duo milia miserunt se in flumen sequendo Tancredum. Tandem inuenerunt Turcopulos et Pinzinacos dimicantes cum nostris. Quos repente fortiter inuaserunt, et prudenter eos superauerunt. Et apprehenderunt plures ex illis, et duxerunt illos ligatos ante domini Boamundi presentiam. Quibus ait ipse, 'Quare miseri occiditis gentem Christi et meam? Ego cum uestro imperatore nullam altercationem habeo. Qui responderunt: 'Nos nequimus aliud agere. In roga imperatoris locati sumus, et quicquid nobis imperat nos oportet implere. Quos Boamundus impunitos permisit abire.

Sind wohl auch Franken die da im Dienst der Byzantiner gegen andere Franken kämpfen wie ?


mit den Armeniern hast du recht. die trugen immer waffen und sie waren auch immer da. ein weiterer Bericht im selben bericht: " Die Armenier und Syrer, die wußten, daß die Türken vollständig vernichtet waren, kamen hervor und legten an den Durchlässen Hinterhalte, wobei sie viele töteten oder fingen. "

wir haben also schonmal Armenier die gegen die Muslime kämpfen und hier werden gleich noch Syrer erwähnt.... ein weiterer Bevölkerungspool aus denen man leute rekrutieren kann.

auch kann finden sich dort hinweise auf zwangsrekrutierungen in muslimischen Heeren : Die Armenier und Syrer, die unter der Befehlsgewalt türkischer Führer standen, mußten Pfeile auf uns schießen, ob sie nun wollten oder nicht.  Wenn also muslime christen zwingen gegen die Kreuzfahrer zu kämpfen kann man doch nicht ernsthaft glauben die Kreuzfahrer hätten in ihren besetzten Gebieten bei deutlich geringem christlichen Personalpool nicht das selbe gemacht.

was ich damit sagen möchte ist eigentlich nur Folgendes: Es ist mehr als genug kampffähiges Menschenmaterial vor Ort vorhanden gewesen um anzunehmen, daß die Franken ihre eigenen Leute "Söhne der Türken" genannt hätten nur weil sie als leichte Kavallerie gekämpft und evtl auch mal mit einem Bogen vom Perd geschossen haben.

Wilhelm von Tyros war ein Geistlicher und hat im Prinzip alles kritisiert wenn etwas schief lief. Den verlotterten Klerus, die Sündhaftigkeit der Einwohner, die heruntergekommene Ritterschaft er hat quasi jeden diskreditert incl. den einheimischen Christen. Du meinst also Franken bleiben Franken und werden auch nach 200 Jahren keine Einheimischen?  Ich muß noch mal nachlesen, aber ich glaube es war sogar Wilhelm Tyros der beschrieben hat das die Kreuzfahrer sehr schnell Sitten und Kleidung der Einheimischen angenommen haben. wenn also schon 200 Jahre vermischung nicht reichen dann gäbe es keine Israelis, sondern lediglich Polen, Deutsche, Russen, Holländer u.s.w. im heutigen Jerusalem. Ich selbst denke allerings schon, daß man die Menschen die dort seit gut 60 Jahren einen Staat haben und die nachfolgenden Generationen die dort geboren sind als "einheimische" betrachten kann.

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #53 am: 25. September 2011, 00:30:36 »
Zitat
Original von Veturius
o.k. mal schauen ob dich das hier überzeugt:

[...]

als "turkopolen" werden hier die truppen der byzantiner bezeichnet.

[...]

Sind wohl auch Franken die da im Dienst der Byzantiner gegen andere Franken kämpfen wie ?
Scherzkeks. Es ging hier nicht um die byzantinischen Turkopolen, sondern um die, die die Franken eingesetzt haben. Das waren nur anfangs eindeutig Byzantiner, wie auch Harari mal wieder ganz klar sagt. Hast du ihn nicht gelesen?
Zitat
Yuval Hahari, Military Role of the Frankish Turcopoles, S. 78

The first encounter of the Crusaders with these Turcopoles occurred
when Byzantine forces, including Turcopoles, came to the rescue of the
survivors of the Peasants' Crusade. The encounters which followed
were less cordial in nature. Turcopoles formed an important segment of
the Byzantine forces who attacked the Crusaders on several occasions
during the First Crusade, namely, the assault on Duke Godfrey's army
near Constantinople; the attack on Bohemond's army during the
crossing of the River Vardar; the capture of the pirate Guinimer in
Laodicea; and the murder of Baldwin of Hainault. After the emperor
and the Crusaders settled their differences, the Turcopoles began to
play a more helpful role in the crusades: they participated in the capture
of Nicea in 1097; in Tancred's invasion of Cilicia; and in the army
which Alexius supposedly attempted to lead to succour the Crusaders,
when the latter found themselves in dire straits at Antioch.
Die zwei darf man nicht durcheinanderwerfen. Zweifelsohne gab es irgendeine Form von Parallelentwicklung bzw. Austausch, aber den Quellen nach haben die Franken das militärische Prinzip von den Byzantinern übernommen.
Zitat
wir haben also schonmal Armenier die gegen die Muslime kämpfen und hier werden gleich noch Syrer erwähnt.... ein weiterer Bevölkerungspool aus denen man leute rekrutieren kann.
Aus welchem Buch zitierst du da, ist das diese Quellennacherzählung von Amin Ma'aluf? Wie dem auch sei, selbst wenn wir annehmen, dass diese "Syrer" hier syrische Christen sind, also die, die wahrscheinlich kriegsuntauglich waren, dann ist das allerhöchstens ein Indiz dafür, dass auch Einheimische eingesetzt wurden. Jetzt würde mich aber interessieren, ob sich dieser Einsatz nur auf ein paar Hinterhalte und (unberittene?) Bogenschützen beschränkt, bei denen außerdem die Armenier mitgeholfen haben...?!
Zitat
Wenn also muslime christen zwingen gegen die Kreuzfahrer zu kämpfen kann man doch nicht ernsthaft glauben die Kreuzfahrer hätten in ihren besetzten Gebieten bei deutlich geringem christlichen Personalpool nicht das selbe gemacht.
Von offiziellen Allianzen, Versklavung und ein bisschen Frondienst mal abgesehen: Klar kann das passiert sein, aber wieso kümmert es keinen muslimischen Chronisten, wenn die Hälfte (!) der fränkischen Armee aus zwangsrekrutierten Moslems besteht? Und wie sinnvoll ist es überhaupt, derartig große und oftmals frei agierende Truppenteile aus fremden Kräften bestehen zu lassen? Wieviel kriegstaugliche muslimische Bevölkerung stand den Franken überhaupt zur Verfügung? Man kann ja nicht jeden x-beliebigen Bauern vom Feld zerren und mit Bogen auf ein Pferd setzen. Bei einer Belagerung klappt das vielleicht (war das Beispiel da oben etwas Vergleichbares?), aber ansonsten ist das noch nicht einmal eine theoretische Lösung. Für genauso unglaubwürdig halte ich die Vermutung, Byzantiner oder Armenier hätten in dieser Situation freiwillig wertvolle Truppenteile abgegeben, nur damit diese Europäer etwas besser dastehen. Dazu kommen halt noch Anhaltspunkte, dass eben Turkopolen aus Europa eingeschifft wurden, dass Turkopolen kein Arabisch sprachen und auch nicht arabisch aussahen (wieder Harari, dritter Kreuzzug) und so weiter.
Zitat
was ich damit sagen möchte ist eigentlich nur Folgendes: Es ist mehr als genug kampffähiges Menschenmaterial vor Ort vorhanden gewesen um anzunehmen, daß die Franken ihre eigenen Leute "Söhne der Türken" genannt hätten nur weil sie als leichte Kavallerie gekämpft und evtl auch mal mit einem Bogen vom Perd geschossen haben.
Eben da will ich widersprechen. Ich glaube erstens kaum, dass wirklich genug kampffähiges Menschenmaterial vorhanden war (denn die Turkopolen waren wie die Franken allgemein chronisch in der Unterzahl). Man kann nicht wie in Computerspielen einfach Bauern oder Handwerker in die Kaserne schicken und hat Soldaten. Dass sich zweitens jemand an der Benennung gestört hätte, will ich auch bezweifeln. Zudem dürften dann Armenier, Byzantiner und einheimische Christen (d.h. ganz-früher-griechisch-Stämmige, Syrer, Araber) die gleichen Probleme gehabt haben, denn die sind alle nicht türkisch. Der Name scheint tatsächlich wertfrei gebraucht worden zu sein, selbst Usama übersetzt ihn nicht (Harari nennt die Übersetzung "Söhne von Türken" interessantwerweise auch unklar, S. 76), sondern umschreibt sie als at-Turkubuliyun.
Zitat
Wilhelm von Tyros war ein Geistlicher und hat im Prinzip alles kritisiert wenn etwas schief lief.
Wenn das so ist, würde es ja wunderbar passen: Die Einheimischen hier haben keine Ahnung vom Kämpfen, alles müssen wir selber machen.
Zitat
Ich muß noch mal nachlesen, aber ich glaube es war sogar Wilhelm Tyros der beschrieben hat das die Kreuzfahrer sehr schnell Sitten und Kleidung der Einheimischen angenommen haben. wenn also schon 200 Jahre vermischung nicht reichen dann gäbe es keine Israelis, sondern lediglich Polen, Deutsche, Russen, Holländer u.s.w. im heutigen Jerusalem. Ich selbst denke allerings schon, daß man die Menschen die dort seit gut 60 Jahren einen Staat haben und die nachfolgenden Generationen die dort geboren sind als "einheimische" betrachten kann.
Usama urteilt vergleichbar über angepasste und neue Franken im Heiligen Land. Es ist aber eben genau jener über die Einheimischen meckernde Wilhelm, der selbst in Palästina geboren wurde und sich trotzdem für etwas anderes hält. Außerdem sind die Europäer, die man nicht beerdigen musste, ja auch irgendwann wieder nach Hause gefahren. "Integrierte" Franken/Einheimische scheinen, sofern man das überhaupt abgrenzen kann, auch nicht die größte Bevölkerungsschicht gestellt zu haben.

Wie gesagt, Ockhams Rasierer. Die Theorie von eingesetzten Fremdvölkern, untrainierten oder womöglich islamischen, die von den Franken für Hinterhalte, Spähaufträge und Feldschlachten eingesetzt wurden, ist einfach zu sperrig, zumindest deutlich sperriger als die einfache Schlussfolgerung, dass sich die kriegserprobten Franken an eine neue militärische Situation angepasst haben.

Veturius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #54 am: 25. September 2011, 12:31:27 »
Zitat
Original von Cornelius
Scherzkeks. Es ging hier nicht um die byzantinischen Turkopolen, sondern um die, die die Franken eingesetzt haben. Das waren nur anfangs eindeutig Byzantiner, wie auch Harari mal wieder ganz klar sagt. Hast du ihn nicht gelesen?
 

Ja, mir ist klar, daß da Byzantiner gemeint sind und um auf Deine Frage zu antworten aus welchem Buch das ist, das ist alles aus der Gesta Frankorum. Diese wurde angblich bereits 1099 fertiggestellt. Interessant ist doch, daß die Verfasser einen genauen Einduck der Turkopolen haben und das sind für sie keine regulären byzantinischen Streitkräfte, sondern Soldaten aus anderen Ländern, die aber für die Byzantiner kämpfen. Es wäre völlig widersinnig, wenn sie den Begriff plötzlich umdrehen und auf Soldaten der eigenen Volksgruppe anwenden.

 
Zitat
aber den Quellen nach haben die Franken das militärische Prinzip von den Byzantinern übernommen.

Da Stimme ich dir völlig zu. Der Massenhafte Einsatz von Fremdtruppen war typisch für die byzantinischen Armeen.

Zitat
Klar kann das passiert sein, aber wieso kümmert es keinen muslimischen Chronisten, wenn die Hälfte (!) der fränkischen Armee aus zwangsrekrutierten Moslems besteht? Und wie sinnvoll ist es überhaupt, derartig große und oftmals frei agierende Truppenteile aus fremden Kräften bestehen zu lassen? Wieviel kriegstaugliche muslimische Bevölkerung stand den Franken überhaupt zur Verfügung? Man kann ja nicht jeden x-beliebigen Bauern vom Feld zerren und mit Bogen auf ein Pferd setzen.
Warum sollte es denn die Chronisten kümmern? Ein Chronist arbeitet in der Regel für einen Herrn und hat das interesse ihn b.z.w. seine streitkräfte gut aussehen zu lassen. Wenn also ein chronist das ausgiebig beleuchten würde hieße das bei gewonnener Schlacht man hätte die eigenen Leute niedergemetzelt und bei verlorener Schlacht wäre der tatsächliche Gegner nur halb zu zahlreich und damit die Niederlage doppelt so groß. Ein chronist unterscheidet in der Regel nur zwischen eigenen und feindlichen Truppen wie genau die sich nun zusammensetzten und wer davon welche Nationalität besaß war auch dem Leser früher völlig egal.

Zitat
Für genauso unglaubwürdig halte ich die Vermutung, Byzantiner oder Armenier hätten in dieser Situation freiwillig wertvolle Truppenteile abgegeben, nur damit diese Europäer etwas besser dastehen.

Was heißt denn hier "freiwillig abgegeben? Ich ziehe nochmal den Kreuzfahrerstaat Edessa als Beispiel heran. Das war zum Zeitpunkt der Ankuft der ankunft der ersten Kreuzfahrerein  ein Gebiet  mit einer langen christlichen Traditon, christlichen (wenn auch armenischen) Einwohnern, regiert von einem orthodoxen König die es aus eigenener Kraft geschaft haben der muslimischen Expansion zu trotzen. Die Kreuzfahrer haben Edessa nicht erobert, sondern sie haben haben die "trohnfolge" dort durch adoption erlangt. Wenn die Menschen dort vorher "kriegstauglich" genug gewesen sind um den Muslimen zu trotzen werden sie es unter der Kreuzfahrerherrschaft ebenso gewesen sein ! Da wurden keine "truppenkontingente freiwillig abgegeben" Das Personal war logischerweise bestandteil des Landes.

.
Zitat
Eben da will ich widersprechen. Ich glaube erstens kaum, dass wirklich genug kampffähiges Menschenmaterial vorhanden war (denn die Turkopolen waren wie die Franken allgemein chronisch in der Unterzahl). Man kann nicht wie in Computerspielen einfach Bauern oder Handwerker in die Kaserne schicken und hat Soldaten.

Doch, genauso ist es gelaufen. Man motiviert oder zwingt ein paar "Bauern" zum kämpfen (die haben auch kein Interesse daran daß ihre Felder verwüstet und Frauen und Kinder verschleppt werden. Ein feindliches Heer bleibt ein feindliches Heer auch bei gleicher religion und Abstammung) und schon hat man eine Armee. Die Masse der Kreuzfahrer selbst bestand aus Leuten die nie zuvor ihr dorf verlassen haben oder jemals mit Waffen hantiert haben. aus Bauern, Handwerkern, Knechten, sogar Frauen, Kindern. Ritter oder richtige Soldaten im heutigen Sinn gabs nur wenige und die Truppe war doch in den anfängen recht erfolgreich.


Zitat
Die Theorie von eingesetzten Fremdvölkern, untrainierten oder womöglich islamischen, die von den Franken für Hinterhalte, Spähaufträge und Feldschlachten eingesetzt wurden, ist einfach zu sperrig, zumindest deutlich sperriger als die einfache Schlussfolgerung, dass sich die kriegserprobten Franken an eine neue militärische Situation angepasst haben.

Da kommen wir auf keinen Konsens. Ja, die "Franken" haben sich an die neue militätische situation angepasst. Und zwar dadurch daß von der zusätzlich zu den typisch europaischen Kriegstaktiken und aus Personalmangel auf Fremdtruppen (so wie die Byzantiner es auch taten) b.z.w. einheimische Bevölkerung zurückgegriffen haben. Das ist deutlich schlüssiger als die von einem einzigen Historiker(der eigentlich eher mit dem sätmittelalter beschäftigt)  vorgebrachte Theorie die Turkopolen seien in der Masse  eingeschiffte Mitteleuropäer. Wäre dem so müßte man mal klären was mit den Truppen passiert ist die bereits gegen die Muslime gekämpft haben und schon dort waren bevor die Kreuzfahrer kamen und erst dann Kreuzfahrerstaat wurden.

Ich finde Hararis Theorie ja durchaus unterhaltsam. Aber beißt euch doch nicht so an einer einzigen Person und an einem einzigen Artikel fest.

Mittlerer Weile hab ich bei verschiedenen Historikern gelesen, daß sie die Volkszugehörigkeit der Turkopolen von Zitat"den wenigen überlieferten Namen" ableiten, die eindeutig orientalischen Ursprungs sind. Leider finde ich dazu keine Quellenangabe. Falls da also mal jemandem was in die Hände fällt......

Ich wünsche noch einen schönen Sonntag  *smoky*

William

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #55 am: 26. September 2011, 10:17:49 »
Zitat
Original von Veturius

 
Zitat
aber den Quellen nach haben die Franken das militärische Prinzip von den Byzantinern übernommen.

Da Stimme ich dir völlig zu. Der Massenhafte Einsatz von Fremdtruppen war typisch für die byzantinischen Armeen.


Zitat
Für genauso unglaubwürdig halte ich die Vermutung, Byzantiner oder Armenier hätten in dieser Situation freiwillig wertvolle Truppenteile abgegeben, nur damit diese Europäer etwas besser dastehen.

Was heißt denn hier "freiwillig abgegeben? Ich ziehe nochmal den Kreuzfahrerstaat Edessa als Beispiel heran. Das war zum Zeitpunkt der Ankuft der ankunft der ersten Kreuzfahrerein  ein Gebiet  mit einer langen christlichen Traditon, christlichen (wenn auch armenischen) Einwohnern, regiert von einem orthodoxen König die es aus eigenener Kraft geschaft haben der muslimischen Expansion zu trotzen. Die Kreuzfahrer haben Edessa nicht erobert, sondern sie haben haben die "trohnfolge" dort durch adoption erlangt. Wenn die Menschen dort vorher "kriegstauglich" genug gewesen sind um den Muslimen zu trotzen werden sie es unter der Kreuzfahrerherrschaft ebenso gewesen sein ! Da wurden keine "truppenkontingente freiwillig abgegeben" Das Personal war logischerweise bestandteil des Landes.

*

Wie z.B. die Armenier zu den Byzantinern standen, habe ich ja schon erwähnt - sie haben sich bewußt auf die Seite der katholischen Kreuzfahrerstaaten gestellt, denn vorher waren sie erst von Byzanz besetzt und später unter der Knute der persischen und dann der türkischen Eroberer gewesen.

Die Turkopolen tauchen erstmals bei den byzantinischen Truppen als Söldner auf - aber Byzanz war nur ganz am Anfang ein Verbündeter der Kreuzfahrer - wenn auch ein nicht vertrauenswürdiger!

Zur Zeit der Kreuzzüge war der Islam noch verhältnismäßig jung und erst recht die türkischen Eroberer - die bis zur Einigung in einem Glaubenskrieg sehr heftig untereinander zerstritten waren - weshalb es auch immer wieder wechselnde Alliancen mit oder gegen die Kreuzfahrer gab.

Die ehemals persischen Gebiete waren sicher auch nicht sonderlich erfreut über die neuen türkischen Herren.

Krieg war dort seit Jahrhunderten ein Dauerzustand und zum Beginn der Kreuzzüge wird man dort wesentlich mehr Juden und Christen angetroffen haben, als zum Ende der Kreuzzüge, denn die erhofften Massen an Neuzugängen aus Europa blieben aus - aber nach 1000 Jahren Christentum und Judentum im heiligen Land wird der Anteil (auch der zum Islam mehr oder weniger "zwangskonvertierten" Christen) wesentlich größer gewesen sein.

Nur waren für die Franken diese Unterschiede eben kaum erkennbar, denn die Menschen glichen sich nur äußerlich, sondern auch von den Gebräuchen her so sehr, das die einheimischen Christen oft in eine Topf mit den Sarazenen geworfen wurden - besonders die neu eingetroffenen Europäer hatten da große Schwierigkeiten.

Es gab in jeden Fall dort reichlich kriegserfahrene Einheimische mit christlichen Hintergrund und mit einem großen Interesse die westlichen Kreuzfahrer zu unterstützen - also Einheimische die lieber den neuen Herren als den Sarazenen oder Byzantiner dienen wollten - dazu die christlichen Enklaven die sich seit Jahrhunderten gegen alle möglichen Feinde verteidigt hatten und daher eine uralte Militärtradition hatten.

Aber um mal wieder aufs Thema zu kommen - hätte man wirklich auf diese Hilfstruppen verzichten können? Es gab immer einen frappierenden Mangel an Europäern, die auch dort bleiben wollten - in allen Bereichen!

Wären z.B. englische Bogenschützen, Franzosen etc, die als Bogenschützen kämpfen sollten, nicht einfach zu den Sergeanten gezählt worden? Auch wenn man sie "umtrainiert" hätte?

Ich bezweifele, das die Turkopolen überwiegend solche Europäer waren - einfach weil es immer zu wenige waren und weil da eben deutlich unterschieden wird!

Sicher wird es europäische Soldaten in den Reihen der Turkopolen gegeben haben - aber eben nicht die Masse!

Man darf nicht vergessen, das es ja auch noch die Söldner gab - dazu hatten wir irgendwo einmal eine Auflistung der Truppenstärke einer Burg aus dem heiligen Land, aus der hervorging, das neben den Ordensrittern, Sergeanten und Turkopolen auch eine große Zahl nicht genauer benannter Bogenschützen dort Dienst tat!

Wer waren also diese Bogenschützen und wer die Turkopolen?

Wären die Turkopolen einfach nur Sergeanten mit Bogen, wozu dann die Truppengattung?
Wären alle Bogenschützen einheimische Söldner, wieso dann die deutlichen Hinweise auf den Profeß bei den Turkopolen?

Einzige für mich nachvollziehbare Erklärung hier:

Die Turkopolen waren christliche Kämpfer (bunt gemischt von der Herkunft, aber eben Christen), die daher - wie auch immer - dem Orden angeschlossen waren (eben mindestens zum Teil mit Gelübte!) und die anderen Bogenschützen waren gemischte Söldner die dafür nicht in Frage kamen - hier dann evtl auch Muslime!

Somit konnte zwar jeder in den Dienst bei dem Orden - als z.B. Bogenschütze - treten, aber um Turkopole zu sein, mußte man auch Christ sein!
Aber eben nicht nur europäischer Christ - sonst wäre man ja mit der Bezeichnung und Aufnahme als Dienender Bruder/Sergeant schon integrierbar gewesen!

Meiner Meinung nach lassen sich nur so die Wiedersprüche erklären und die unterscheidung nach Bogenschütze und Turkopole nachvollziehen!

Sicher auch durch die spezielle Taktik - aber eben nicht nur! Das kann nicht der alleinige Grund gewesen sein.

Vor allem bedenkt auch immer wer oder was die Templer waren - nicht irgendwelche Kämpfer, sondern eben auch ein Mönchsorden der schon damals sehr um Anerkennung kämpfen mußte! Ein "Unding" für viele Zeitgenossen, da er die Standesgrenzen verwischte - Mönch UND Ritter! - für viele nicht möglich.

Um trotzdem anerkannt zu werden hätte der Orden niemals Muslime aufnehmen können und unter dem Protektorat des heiligen Vaters wohl auch kaum Byzantiner. Wir können sicher sein, das die Gegner des ordens ihnen sehr auf die Finger geschaut haben - aber so eine Vorwurf hat selbst W. von Thyrus nie erhoben!

Unter diesem Asüpekt der strengen Kontrolle können Turkopolen, die eben zumindest teilweise "Brüder" im Orden waren aber nur Christen gewesen sein!

Aber nur europäische Christen? Genau daran mangelte es doch immer und überall!
Und wer hätte sie ausbilden sollen und vor allem warum?
Es gab doch sehr viele kampferprobte christliche Soldaten in der Region, die eben genau diese Kampfart seit Jahrhunderten kannten!

Wenn wir all das berücksichtigen, haben wir eben:

1. Ordensritter - europäisch ausgebildet und geprägt
2. Sergeanten - europäische Kämpfer - leichte Kavallerie
3. Turkopolen - christliche berittene Bogenschützen nach SArazenenart
4. Söldner - einheimische und sicher auch muslimische Überläufer ohne Chance dem Orden direkt anzugehören


Wie gesagt Turkopole schließt europäische Christen absolut nicht aus - aber sicher nicht der überwiegende Teil!
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Cornelius

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #56 am: 26. September 2011, 11:16:28 »
Zitat
Original von Veturius
Ja, mir ist klar, daß da Byzantiner gemeint sind und um auf Deine Frage zu antworten aus welchem Buch das ist, das ist alles aus der Gesta Frankorum. Diese wurde angblich bereits 1099 fertiggestellt. Interessant ist doch, daß die Verfasser einen genauen Einduck der Turkopolen haben und das sind für sie keine regulären byzantinischen Streitkräfte, sondern Soldaten aus anderen Ländern, die aber für die Byzantiner kämpfen. Es wäre völlig widersinnig, wenn sie den Begriff plötzlich umdrehen und auf Soldaten der eigenen Volksgruppe anwenden.
Du hast hieraus zitiert, oder? Da habe ich zwei Stellen mit Turkopolen gefunden und an keiner geht hervor, dass es fremdländische Truppen sein sollen. Habe ich etwas übersehen? Außerdem dürfen byzantinische Turkopolen nach dem derzeitigen Stand ja fremdländisch sein, da ich nicht weiß, wieviele davon die Griechen um 1100 schon selbst stellten.
Zitat
Zitat
aber den Quellen nach haben die Franken das militärische Prinzip von den Byzantinern übernommen.
Da Stimme ich dir völlig zu. Der Massenhafte Einsatz von Fremdtruppen war typisch für die byzantinischen Armeen.
Ach komm, du weißt genau, dass ich das anders gemeint habe.
Zitat
Warum sollte es denn die Chronisten kümmern? Ein Chronist arbeitet in der Regel für einen Herrn und hat das interesse ihn b.z.w. seine streitkräfte gut aussehen zu lassen. Wenn also ein chronist das ausgiebig beleuchten würde hieße das bei gewonnener Schlacht man hätte die eigenen Leute niedergemetzelt und bei verlorener Schlacht wäre der tatsächliche Gegner nur halb zu zahlreich und damit die Niederlage doppelt so groß. Ein chronist unterscheidet in der Regel nur zwischen eigenen und feindlichen Truppen wie genau die sich nun zusammensetzten und wer davon welche Nationalität besaß war auch dem Leser früher völlig egal.
Oh, das ist mir zu brutal verallgemeinert. Harari nennt z.B. Usama und Ibn al-Athir, die anscheinend explizit auf solche "Verräter" eingehen; bei Usama fallen mir dazu aus dem Kopf noch einige Geschichten von verräterischen Muslimen ein bzw. von konvertierten Franken, die später wieder rückfällig wurden.
Zitat
Da kommen wir auf keinen Konsens. Ja, die "Franken" haben sich an die neue militätische situation angepasst. Und zwar dadurch daß von der zusätzlich zu den typisch europaischen Kriegstaktiken und aus Personalmangel auf Fremdtruppen (so wie die Byzantiner es auch taten) b.z.w. einheimische Bevölkerung zurückgegriffen haben. Das ist deutlich schlüssiger als die von einem einzigen Historiker(der eigentlich eher mit dem sätmittelalter beschäftigt)  vorgebrachte Theorie die Turkopolen seien in der Masse  eingeschiffte Mitteleuropäer. Wäre dem so müßte man mal klären was mit den Truppen passiert ist die bereits gegen die Muslime gekämpft haben und schon dort waren bevor die Kreuzfahrer kamen und erst dann Kreuzfahrerstaat wurden.
Wieso müsste man da etwas klären? Müssen einheimische Truppenteile irgendwie verändert werden, wenn die Franken anfangen, vermehrt berittene Bogenschützen einzuführen?

Ich habe hier übrigens nochmal die Hauptthese Hararis angesichts der von den Franken sehr wohl eingesetzten Einheimischen (ab S. 102 erwähnt er etliche, sogar einmal 3000 einheimsiche Christen, die ich in der Tat gar nicht mehr im Kopf hatte):
Paradoxically, these numerous examples do not necessarily support
the discussed hypothesis, and what can be considered as circumstantial
evidence in support of that hypothesis can also be regarded as a direct
undermining of it. These examples indicate that native troops were used
by the Franks in diversified roles, and that they had no common
military characteristics.
Since, as was shown above, the Turcopoles had
distinct military characteristics, it is impossible to claim that the name
"Turcopole" was given to all native troops in Frankish service, or even
to all native cavalrymen in Frankish service.
Zitat

Ich finde Hararis Theorie ja durchaus unterhaltsam. Aber beißt euch doch nicht so an einer einzigen Person und an einem einzigen Artikel fest.
Hm, das Problem ist nur, dass dieser einzige und eigentlich spätmittelalterlich orientierte Historiker seine Sachen recht gut untermauert, wie ich finde (und da halte ich mich für wenigstens einigermaßen erfahren mit wissenschaftlichen Texten). Das große Problem ist ja meiner Meinung nach, dass man basierend auf den Quellen die "einheimischen" Turkopolen lediglich aufgrund ihres Namens "belegen" kann (wenn ich jetzt nichts übersehen habe). Alles andere deutet eben auf Franken hin (Usamas Kurzbeschreibung, Turkopolen aus Europa, eben das ganze genannte Zeug). Und dieser eine Haken wird nun als Ausgangspunkt benutzt, um den herum das Phänomen erklärt werden soll. Erst danach kommen die eventuell eingesetzten Fremdtruppen, Armenier, Byzantiner und weiß der Geier (mal abgesehen von der oben zitierten These Hararis, dass die Quellen eben nahelegen, dass die Fremdtruppen keine einheitliche Truppengattung waren). Die Argumentation zäumt praktisch das Pferd von hinten auf. Wenn wir zunächst nur von den Quellen ausgehen, dann haben die Franken berittene Bogenschützen, wie es sie bei den Byzantinern gab, eingesetzt, und zwar immer mehr. Und da nirgends eine religiöse oder ethnische Zuordnung getroffen wird (obwohl wir solche Zuordnungen in den zahlreichen Quellen finden, in denen ja sogar früh von spät eingereisten Franken unterschieden werden), müssen wir annehmen, dass es halt auch Franken waren.
Zitat
Mittlerer Weile hab ich bei verschiedenen Historikern gelesen, daß sie die Volkszugehörigkeit der Turkopolen von Zitat"den wenigen überlieferten Namen" ableiten, die eindeutig orientalischen Ursprungs sind. Leider finde ich dazu keine Quellenangabe. Falls da also mal jemandem was in die Hände fällt......
Da kann ich dir nicht helfen, nur fürs Gegenteil hatte Harari was:
In addition, we have examples of Turcopoles bearing pure Frankish
names, such as Godfrey and Tancred, though strangely enough, these
names have, in the past, been considered as proof of the Turcopoles'
being Muslim renegades. Since it was taken for granted that there
were not any Turcopoles of Frankish origin, these Frankish names had
to somehow be accounted for. The solution was to claim that they were
names of Muslim converts, who adopted Frankish names when they
were baptized. Although it is not an impossible option, and even though
we know for certain that such cases occurred, there is no reason to
disregard the most obvious option of all — that these Turcopoles were
Franks (in either case, these names cannot possibly be forwarded as
evidence indicating that the Turcopoles were renegades, as Richard
attempts to do).
Zitat
Zitat von William
Ich bezweifele, das die Turkopolen überwiegend solche Europäer waren - einfach weil es immer zu wenige waren und weil da eben deutlich unterschieden wird!
Wo wird unterschieden, was wird unterschieden? Ethnische Zugehörigkeit? In der Ordensregel? Wenn ja, dann schau mal bitte in meine letzte Antwort auf deine Beiträge, vielleicht ist das da schon drin. Ansonsten formuliere dich mal bitte kompakter, sonst wird das Antworten so schwierig.

William

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #57 am: 26. September 2011, 14:42:01 »
Zitat
Original von Cornelius
Wo wird unterschieden, was wird unterschieden? Ethnische Zugehörigkeit? In der Ordensregel? Wenn ja, dann schau mal bitte in meine letzte Antwort auf deine Beiträge, vielleicht ist das da schon drin. Ansonsten formuliere dich mal bitte kompakter, sonst wird das Antworten so schwierig.

Ok ich habs nun 3x versucht zu erklären - nix ethnisch, weil ethnisch schmarrn zu der Zeit!
Politisch und religiös wäre möglich - für den Orden jedoch nur religiös, weil eben ein Orden = Mönche!

Reden wir noch über den Orden oder über Turkopolen an sich?

Ich jedenfalls rede nur über den Orden!

Kompakt genug - und tschüß!
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Diether von Glarum

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #58 am: 26. September 2011, 19:12:12 »
Bruder der Templer,

Praktischer Vorschlag:

vielleicht ist es eine Idee auf dem nächsten Konvent eine einheitliche Ausrüstungsbreite für Turcopolendarsteller in den drei Ritterorden zu definieren.

Die Esoteriker und Grundsatzdiskutierer können dann noch ewig Kommentar und Gegenkommentar mit ein wenig Rechthaberei austauschen.

Gott will alles, auch Turcopolen

Diether von Glarum
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William

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Die militärische Rolle der Turkopolen
« Antwort #59 am: 26. September 2011, 22:33:50 »
Zitat
Original von Cornelius
 Die Theorie von eingesetzten Fremdvölkern, untrainierten oder womöglich islamischen, die von den Franken für Hinterhalte, Spähaufträge und Feldschlachten eingesetzt wurden, ist einfach zu sperrig, zumindest deutlich sperriger als die einfache Schlussfolgerung, dass sich die kriegserprobten Franken an eine neue militärische Situation angepasst haben.

Ok - wie gewünscht kurz gefasst! *jokely*

Es ist "sperrig" (also wohl unlogisch) anzunehmen, das man solche einheimischen christlichen Kämpfer ausgewählt hat, die
1. den Kampfstil kennen
2. das Land kennen
3. den Gegner kennen
4. die schnellen arabischen Pferde kennen
5. das Klima gewohnt sind
6. die Sarazenen mindestens genauso "mögen" wie es Kreuzfahrer tun, da sie seit Jahrhunderten mit ihnen im Krieg leben, meist jedoch unterdrückt wurden.

und das obwohl es dort vor Ort sehr viele davon gab?

Selbst Harari kennt kein Beispiel  für den Einsatz solcher Truppen außerhalb der Levante/Outremer! (Einziges "echtes" Indiz für fränkische Turkopolen sind ein paar normannische Namen im Zusammenhang mit Truppen von Sizilien?? Na sowas!)

Dafür ist es dann natürlich völlig logisch, das man sich

1. entschloß europäische Kämpfer "umzuschulen" - denn davon hatte man ja Unmengen in Outremer!
2. Diese Umgeschulten dann auch noch so ähnlich nennt wie den verhassten Feind
3. Nicht einmal erwähnt, das so eine besondere Ausbildung angeboten wurde
 Natürlich auch keinesfalls für Ritter.
4. Diese dann aber - trotz extrem guter Erfolge gegen Armeen die nach rein westlicher Art kämpfen - niemals in einer solchen Schlacht als "Wunderwaffe" auf den westlichen Schlachtfeldern einsetzte?

Selbst der deutsche Orden, der demnach ja ebenso seine Sergeanten zu Turkopolen ausgebildet hatte - diese dann aber für die Ostfeldzüge niemals einsetzte!

Schon klar, das ist deutlich weniger "sperrig"! *smoky*

Zur Erinnerung:
Der Aufbau der Turkopolen war eine Notwendigkeit, weil die nach westlicher Art kämpfenden schweren Ritterheere ziemliche Verluste hatten hinnehmen müssen - was für herbe Verluste hätte dann erst ein Heer in Europa hinnehmen müssen, wenn die Deutschritter z.B. bei Tannenberg massiv solche Turkopolen eingesetzt hätten? Aber die hatten sie sicherlich alle in Outremer vergessen!
Bzw die europäischen Kämpfer haben diese spezielle und effektive Art zu kämpfen  und gegen schwere Ritterheer damit zu punkten sicherlich sofort wieder vergessen, nachdem sie wieder europäischen Boden unter den Füßen hatten! *tdance*

Jup, macht Sinn! :baby:

Besonders natürlich für die Orden, denn diese hatten so irre viele gelangweilte Sergeanten in Outremer, das man diese erstmal ein paar Monate in einer völlig neuen Taktik ausbildete - und die dann sehr schnell den Steppenvölkern ähnlich kämpfen konnten, so das es ruckzuck ein Gegengewicht gab! *ballern1*

Also dann ist ja alles klar und wir können endlich aufhören:" ....krampfhaft, orientalische Einheimische als Turkopolen aufzubauschen."


Ähmm, nur mal so am Rande -  wie viele Turkopolen der Templer wurden denn eigentlich in Frankreich oder England verhaftet? Schließlich wird man sie ja, als brave europäische Christen, nicht einfach in Outremer zurückgelassen haben - besonders natürlich nicht die älteren und kriegsversehrten, die nur noch in europäischen Komtureien Dienst tun konnten.... *pope*

Gruß
William

ps. Wer Sarkasmus findet, darf ihn behalten! [kaffeetasse]
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?