Original von William
Es ist "sperrig" (also wohl unlogisch) anzunehmen, das man solche einheimischen christlichen Kämpfer ausgewählt hat, die
1. den Kampfstil kennen
2. das Land kennen
3. den Gegner kennen
4. die schnellen arabischen Pferde kennen
5. das Klima gewohnt sind
6. die Sarazenen mindestens genauso "mögen" wie es Kreuzfahrer tun, da sie seit Jahrhunderten mit ihnen im Krieg leben, meist jedoch unterdrückt wurden.
Hee, ich wollte eine Herausforderung!
Also:
1. Nein, der Kampfstil ist nicht "sarazenisch" (sagen wir mal arabisch), sondern türkisch. Usama selbst und seine Kumpels kämpften immer mit Lanze und Schwert. Solange du mir keine christlich-türkische Bevölkerungsgruppe nachweisen kannst, gilt das Argument nicht – bzw. "kennen" die Franken den Stil dann genausogut und zwar auch von der anderen Seite der Pfeilspitzen. Neu ist ja zudem nicht die Kampfesweise (s. Hastings/Bayeux), sondern nur der massive Einsatz selbiger.
2. & 3. & 5. Also mal ehrlich, in dem Moment wären die Einheimischen höchstens fünf Jahre im Vorteil. Höchstens! Die Franken haben's zweihundert Jahre dort unten ausgehalten und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man nicht jeden Tag bei 45 Grad in der Wüste steht. Nicht einmal die Araber tun das, die sitzen meistens im Schatten.
4. Hm.... die europäischen Pferde waren damals genauso klein. Außerdem liegt der taktische Vorteil von Turkopolen wohl weniger in ein paar km/h mehr, die ein Pferd galoppieren kann (vor allem wenn damals kaum längere Zeit galoppiert wurde), sondern mehr im Einsatz allgemein bzw. der Loslösung von der Infanterie etc. etc..
6. Die muslimische Eroberung hat nicht deswegen so gut geklappt, weil die einheimischen Christen sooo toll mit den Byzantiner ausgekommen sind. Im Alltag muss die Unterdrückung bzw. Oberherrschaft durch die Muslime deutlich unspektakulärer verlaufen sein. Zum Beginn der Kreuzzüge herrschen zudem die Fatimiden in Ägypten und Palästina (religiös gesehen übrigens Ismailiten), die als vorbildhaft im Einsatz christlicher (sicherlich koptischer) Beamter usw. gelten. Die meiste Zeit hatten die Christen und Juden dort also ein ruhiges Leben.... zumindest bis die Franken kamen und Jerusalem fluteten. Mensch, da fühlt man sich doch befreit und möchte denen beitreten!
Tut mir leid, aber das ist alles ein wenig dürftig.
und das obwohl es dort vor Ort sehr viele davon gab?
Jep, nützt bloß nichts, wenn die's selbst nicht können.
Selbst Harari kennt kein Beispiel für den Einsatz solcher Truppen außerhalb der Levante/Outremer! (Einziges "echtes" Indiz für fränkische Turkopolen sind ein paar normannische Namen im Zusammenhang mit Truppen von Sizilien?? Na sowas!)
Das hatten wir doch schon. Er nennt einige Beispiele für berittene Bogenschützen (S. 110), aber die Turkopolen wurden vermutlich deshalb außerhalb der Levante nicht eingesetzt, weil es da nicht nötig war. Bis die Mongolen kommen (das ist Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, als es die fränkischen Turkopolen schon etwa 150 Jahre gibt, die byzantinischen noch länger), sind die Türken die einzigen, die massiv solche Truppen (gegen Byzanz und Europa) einsetzen. Und im übrigen stehen sie den Mongolen ethnisch nahe.
Dafür ist es dann natürlich völlig logisch, das man sich
1. entschloß europäische Kämpfer "umzuschulen" - denn davon hatte man ja Unmengen in Outremer!
2. Diese Umgeschulten dann auch noch so ähnlich nennt wie den verhassten Feind
3. Nicht einmal erwähnt, das so eine besondere Ausbildung angeboten wurde
Natürlich auch keinesfalls für Ritter.
4. Diese dann aber - trotz extrem guter Erfolge gegen Armeen die nach rein westlicher Art kämpfen - niemals in einer solchen Schlacht als "Wunderwaffe" auf den westlichen Schlachtfeldern einsetzte?
1. Na klar, was nützen mir ungeeignete Truppen? Dann mache ich lieber praktische draus.
2. Oh, mit Byzanz hatte man sich arrangiert, als die ersten fränkischen Turkopolen wohl aufgestellt wurden. Mensch, es gibt später sogar Kochbücher, in denen explizit sarazenische Speisen aufgelistet werden (und umgedreht arabische Kochbücher mit fränkischen Zubereitunsgweisen); meist du, die hätten ihr Essen nach dem "verhassten Feind" benannt, wenn es tatsächlich so rabiat gewesen wäre? Und dabei ist noch nicht einmal geklärt, wie der Name vererbt wurde und wer ihn verstanden hat. Übernahme von Begriffen oder Namen geht blitzschnell, das sollte jeder Internetnutzer wissen. Denk doch mal an die etlichen arabischen Worte in europäischen Sprachen, an die europäischen im Arabischen (turkubuliyun, kalasat für (Ketten-) Beinlinge sind nur zwei Beispiele, die mir aus Usamas Memoiren einfallen); und auch hier könnte ich wieder die Kochrezepte anführen, z.B. das Romania-Gericht, das vom arabischen Wort für Granatapfel stammt.
3. Ausbildung erwähnen? Wir haben Belege dafür, dass die Norweger so jagten (Kriegsvorbereitung) und wenn man diese Methode konsequent beibehält, müsste man vermutlich eine Menge Sachen für nichtexistent halten. Gerüsteter Kampf mit Schwert und Schild z.B. ist eine Sache, für die wir (leider) keine Quellen haben. Trotzdem werden die sich sicherlich systematisch damit beschäftigt haben, sonst hätten wir um 1300 nicht schon ein so ausgefeiltes Fechtsystem (allerdings fürs Bloßfechten) wie das I.33. Ich würde sagen, dass es am Fundzufall liegt, dass wir leider von niemandem eine Notiz haben, wie die Franken anfingen, vom Pferd aus mit dem Bogen zu schießen. Aber vielleicht war das denen damals zu logisch.
Selbst der deutsche Orden, der demnach ja ebenso seine Sergeanten zu Turkopolen ausgebildet hatte - diese dann aber für die Ostfeldzüge niemals einsetzte!
Darauf bin ich auch schon mal eingegangen, liest du das hier überhaupt durch?
Schon klar, das ist deutlich weniger "sperrig"! *smoky*
Jetzt schon.
Zur Erinnerung:
Der Aufbau der Turkopolen war eine Notwendigkeit, weil die nach westlicher Art kämpfenden schweren Ritterheere ziemliche Verluste hatten hinnehmen müssen - was für herbe Verluste hätte dann erst ein Heer in Europa hinnehmen müssen, wenn die Deutschritter z.B. bei Tannenberg massiv solche Turkopolen eingesetzt hätten? Aber die hatten sie sicherlich alle in Outremer vergessen!
Bzw die europäischen Kämpfer haben diese spezielle und effektive Art zu kämpfen und gegen schwere Ritterheer damit zu punkten sicherlich sofort wieder vergessen, nachdem sie wieder europäischen Boden unter den Füßen hatten! *tdance*
Die Schlacht bei Tannenberg wurde sicherlich auch aufgrund der leichten Reiterei der Tataren et alii gewonnen; vielleicht hätte sich der DO da tatsächlich ein paar Turkopolen halten sollen. Aber Moment mal, sprechen wir hier nicht vom fünfzehntnen Jahrhundert? Von einer Schlacht, in der Pulverartillerie eingesetzt wurde? Besteht nicht eine gewisse Chance, dass der DO zu dieser Zeit aus anderen Gründen keine Turkopolen mehr hatte? Hm?
Also dann ist ja alles klar und wir können endlich aufhören:" ....krampfhaft, orientalische Einheimische als Turkopolen aufzubauschen."
Hoffentlich. Alte Gewohnheiten legt man schwerlich ab, aber auch ihr könnt euer Verlangen nach Exotik ablegen.
ps. Wer Sarkasmus findet, darf ihn behalten! [kaffeetasse]
Nein, ich gebe ihn dir zurück, weil die Bretter seiner Theaterbühne schon morsch sind.