Autor Thema: Kreuzzüge, reell betrachtet  (Gelesen 29705 mal)

volfing

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« am: 26. Juni 2006, 10:14:12 »
Liebe Freunde!

Ich möchte hier bewusst ein Thema eröffnen, von dem viele glauben, sie kennen es zur genüge. Obwohl die meisten denken, sie haben schon alles unzählige Male gehört, es wurde schon alles geschrieben und es ist sowieso alles klar, existieren meines Erachtens viel zu viele falsche Meinungen.

Die Rede ist von den Kreuzzügen. Jeder von euch beschäftigt sich in irgendeiner Form mit dieser Zeit, doch wird in Gesprächen allzu schnell eingeräumt, dass die Kreuzzüge aus heutiger Sicht ein Verbrechen waren. Waren sie das wirklich?

Das Christentum verbreitete sich innerhalb der ersten 3 nachchristlichen Jahrhunderte nur sehr langsam innerhalb des römischen Reiches, das zu dieser Zeit den gesamten Mittelmeerraum, also Europa, Nordafrika und den nahen Osten umspannte (nachzuschlagen in jedem Geschichtsatlas). Die Christen hatten zu dieser Zeit unter vielen Repressalien zu leiden.
 
Erst unter Konstantin dem Großen im ersten Viertel des 4. Jahrhunderts wurde das Christentum den anderen Staatsreligionen, wie z.B. Sol invictus, gleichgestellt. Konstantin sympatisierte mit dem Christentum. Die Kriege die er führte, wurden nicht im Namen des Christentumes geführt, sondern waren gegen das Tetrachensystem gerichtet, aus dem er selbst hervorgegangen ist. Erst nach seinem Triumph begann das Christentum sich auszubreiten.

In der ganzen damals bekannten Welt gab es christliche Bischofsitze. Im 7. Jahrhundert entstand der Islam und begann sofort mit seinen Eroberungszügen. Vom 7. bis zum 9. Jahrhundert eroberte der Islam alle vormals christlich-römischen Gebiete von Anatolien, über Syrien, Ägypten, Nordafrika bis Spanien. Das Vordringen im Westen konnte erst bei Tours und Poitiers gestoppt werden. Das byzantinische Reich wurde zu einem Rumpfstaat im Westen der Türkei (ebenfalls nachzuschlagen in jedem Geschichtsatlas).

Dies war die Ausgangssituation zu Beginn der christlichen Reconquista in Spanien im 10. und 11. Jhdt., bzw. mit ein Anlaß für den Beginn der Kreuzzüge, die sich daher ebenfalls eher als Rückeroberung ehemals christlichen Gebietes, denn als Eroberung immer schon fremden Gebietes darstellen. Nach dem Zusammenbruch der Kreuzzugsbewegung gelang dem Halbmond zwar nicht mehr die Rückeroberung Spaniens, aber immerhin im Osten das Vordringen bis vor Wien (16. Jhdt. Und 17.Jhdt.).

Es stellt sich natürlich die Frage, ob aus der Bedrohung dieser zangenartig geführten Eroberungszüge des Islam, die Kreuzzüge nicht völlig zu Recht geführt wurden. Ansonsten hätte der Halbmond wahrscheinlich bereits mitte oder ende des 14. Jhdts. Mitteleuropa erreicht.
Ich versuche dies immer meinem Publikum klarzumachen, wenn wieder einmal die Verbrechen der christlichen Kreuzzüge thematisiert werden.

So, und jetzt interessieren mich eure Meinungen.
der volfing

Daniel

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #1 am: 26. Juni 2006, 10:25:45 »
Hallo,

ich sehe es ähnlich wie du. Jede kriegerische Aktion war und ist heute noch ein Verbrechen, denn immer werden Menschen dabei getötet und dasist ein Verbrechen! Egal wer angreift und warum.
Großangelegte Eroberungszüge fidnet man in der Geschichte fast jeder Nation und es gibt immer welche (meistens die Verlierer) die später meinen, das war ein Verbrechen.

Heutzutage sind die USA die großen "Eroberer". Mal sehen wie die Geschichtsschreibung in 500 Jahren über sie urteilen wird und wer dann der große "Eroberer" ist.

Kriege wurden und werden immer geführt. Für mich persöhnlich gibt es keinen Grund einen Krieg zu führen. Doch viele beurteilen einen Krieg nach dem Grund ob es nun ein Verbrechen ist oder nicht. Da kommen dann Überlegungen und Einstellungen hinzu wie "darf man für seinen Glauben töten" usw und sofort....

Die Kreuzzüge sehe ich nicht als herausragende Geueltat oder ähnliches, denn man findet in der Geschichte immer wieder derartige Kriege und Schlachten. Es ist halt ein blutiger Fleck im Laufe der Geschichte, wenn auch ein sehr interessanter  *smoky*

Ich hoffe ich habe nicht zusehr abgeschweift.

Gruß,
Daniel
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André de Dujardin

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #2 am: 26. Juni 2006, 11:26:28 »
Hallo Volfing,

ich glaube das auch damals schon die Glaubensfrage nur ein Vorwand für kriegerische Auseiandersetzungen war. Ich bin überzeugt, das Gott die Hände über den Kopf zusammengeschlagen hat und zu sich selbst sagt " Das habe ich so nicht gewollt". Es liegt in der Natur der Menschen, Habsucht, Neid und Gier nicht als Gründe für ihr Handeln darzustellen, sondern sich hinter scheinheligen, schönfärbenden Ausreden zu verstecken.
Den Kreuzfahrern hat man von Seiten der Kirche versprochen im heiligen Land Vergebung für ihre Sünden zu erlangen. Unter der Hand haben sich die tausenden Menschen über den unsagbaren Reichtum und die vielen Schätze, welche auf sie warten würden, unterhalten.
So ist es auch mit den Kriegen welche im Namen Allahs geführt wurden (und werden) gewesen.
Meiner Meinung nach, ist Krieg immer ein Verbrechen. Auch die Keuzzüge gehören dazu.
Der Islam begann im 7 Jhd. mit seinen Eroberungen im Namen Gottes, um die eigenen Interessen (Macht, Reichtum etc.) zu verbreiten. Die Christen fühlten ihre Interessen (Macht, Reichtum etc.) dadurch bedroht und schlugen im Namen des selben Gottes zurück.
Die einzige Person die wohl nicht gefragt wurde, war wohl Gott selbst.

André de Dujardin


"Wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Stein."

volfing

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #3 am: 26. Juni 2006, 11:45:58 »
Lieber Andre´!

Du sprichst genau die Argumente an, die wir Heute für diese Problematik verwenden. Ich glaube aber, um die Kreuzzüge zu verstehen, müssen wir unser heutiges Denken ablegen. Wir müssen Aufklärung und Humanismus für die Betrachtung beiseitelegen.

Natürlich hat man den Kreuzfahrern Versprechungen gemacht, da ansonsten das Interesse nicht entstanden wäre. Natürlich hatten auch die Fürsten Beute und Eroberungen im Sinn. Das war durchaus damals auch legitim.

Ich denke aber nicht, daß der Durchschnittseuropäer 1096 die tatsächliche Bedrohung erkannt hat. Und das war Vorrangig.

Die Christen (die mit mehr Weitblick), fühlten natürlich ihre Interessen bedroht. Schau dir aber einmal eine Karte des Islam im 11. Jhdt. an. Die Frage ist doch ob sie nicht auch erkannten, daß die Existenz des Christentums auf dem Spiel stand. Immerhin saßen die Sarazenen auch auf Sizilien (3. Front nach Spanien und Byzanz). Es gab auch Einfälle der Sarazenen in Italien und Plünderungen Rom´s!!!!!

Man kann meines Erachtens die Kreuzzüge des Mittelalters nicht mit Amerika von heute vergleichen. Damals gings um die Existenz, heute ums Öl und Geschäft, was natürlich verwerflich ist. Wir sollten daher unsere Sichtweise nicht leichtfertig auf die Zeit vor 900 Jahren anwenden.
der volfing

Friedrich Von Rechberg

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #4 am: 26. Juni 2006, 12:06:13 »
Meiner Meinung nach gab es keine Bestrebungen des Islams, irgendwelcher Kalifen, die unter einander unterschiedliche Interessen haben, diese in Mitteleuropa zu sehen, ist etwas weit her geholt meiner Meinung nach. Oder welche Anzeichen gibt es deiner Meinung nach dafür?

Erst als die Islamische Welt "geeint" war, gab es entsprechende Bestrebungen, weitere Eroberungen anzustellen.

Zudem lebte die christliche Bevölkerung unter muslimischen Herrschern z.B. in Jerusalem in Eintracht, sie wurden nicht verfolgt, konnten also normal leben, abgesehen davon, dass sie Sondersteuern bezahlen mussten.

Da es in Europa auch keine Zentralmacht gab, den Papst ausgenommen, musste ein Ziel gefunden werden, es wurde ein Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen, da es einen gemeinsamen äußeren Feind gab. Theoretisch waren ja die eigenen Besitzständer der Kreuzfahrer in Europa gewahrt, der Besitz war also sicher, solange man auf Kreuzzug war.

Die Kreuzzüge waren eher ein eigener Industriezweig in Europa...

Berthold von Krukow

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #5 am: 26. Juni 2006, 12:40:37 »
Hallo volfing,
das ist eine interessante Sichtweise, die Du da anstellst und in gewissem Maße kann ich das sogar nachvollziehen.
Ob die Kreuzzüge nun generell verbrecherisch oder aber ein Akt der Rückeroberung waren, darüber läßt sich trefflich streiten.
Was aber unumstritten ist, sind die Greultaten, die unter christlichen Heerführern begangen wurden.

Richard Löwenherz sei hier mal als schlechtes Beispiel genannt. Bisher unumwunden bewundert als der Held meiner Kindertage, sehe ich ihn heute etwas anders, denn auf seinen Befehl hin wurden 3000 Muslime - Männer, Frauen Greise und Kinder - enthauptet, obwohl sich Saladin bereit erklärt hatte die geforderten Lösegeltzahlungen und die Freilassung gefangener fränkischer Ritter durchzuführen.

Sicher gab es auf beiden Seiten solche Gewaltexesse - das ist typisch für solche Ausnahmesituationen wie sie ein Krieg nun einmal darstellt.

Aus diesem Grund kann ich heute im Nachhinein die Kreuzzüge immer noch nicht gut heißen.
Andererseits denke ich, daß es für die Heerführer und Füsten zu einem großen Prozentsatz um materielle Gewinne ging, als sie sich entschlossen, das Kreuz zu nehmen. Für den einfachen kleinen "Soldaten" war es entweder ein ungeliebter aber notwendiger Kriegsdienst für seinen Herren oder aber er war wirklich fest davon überzeugt, daß ihm seine Sünden vergeben werden und er so dereinst in´s Paradies eingehen könne.
Der christliche oder Glaubensvorwand, wie man ihn heute in Auseinandersetzungen findet (Nordirland z.B.) war damals wahrscheinlich noch viel ehrlicher als heute.

Ich bin da also sehr ambivalent, was eine Beurteilung der Geschehnisse betrifft. Interessant waren sie dagegen allemale.

Gruß Berthold
Wenn wir vergessen wer wir waren, hören wir auf zu sein wer wir sind.

Heinrich von der Losheide

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #6 am: 26. Juni 2006, 13:39:46 »
Ich meine die Kreuzzüge haben 3 Hauptgründe:

1. Antwort auf die Islamischen Eroberungsfeldzüge/Expanison seit dem 7Jhr. wobei nun die Grenzen des Christentums bedroht waren bzw. schon überschritten (siehe ostr.Reich / Spanien)

2. Eroberung des heiligen Landes als Prestigeobjekt (glaub das sahen beide Seiten so) und im rein spirituellen Sinn.

3. Wirtschaftliche Interessen des Abendlandes, speziell der Handelsmächte Vendig,Genua und Pisa(?) die die Kreuzzüge ab dem 2. Kreuzzug mit vorrantrieben bzw stark von diesen Profitierten bis es zum Zug der Schande (dem 4.) kam.

Ps:@Berthold: Es war für Löwenherz nicht machbar die vor allem ca. 2700 Kämpfer freizulassen, wenn er nicht direkt wieder gegen diese Kämpfen wollte. Und Löwenherz's Armee war ja nicht die größte,wie man weiß, sondern er siege aufgrund der Taktischen Finessen und seines Mutes...aber auch sein Gegenspieler ist ja nicht so ritterlich gewesen wie man ihn immer sah..ich sage nur Hattin..niemand sollte das  Überleben..Überlebende Ritter wurden naach der Schlacht getötet.
Nie zu Fall und nie aufs Knie, es lebe die Templer Infantrie!

volfing

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #7 am: 26. Juni 2006, 14:33:05 »
Zitat
Original von Friedrich Von Rechberg
Meiner Meinung nach gab es keine Bestrebungen des Islams, irgendwelcher Kalifen, die unter einander unterschiedliche Interessen haben, diese in Mitteleuropa zu sehen, ist etwas weit her geholt meiner Meinung nach. Oder welche Anzeichen gibt es deiner Meinung nach dafür?
Zitat

Welche Interessen hatten die Muslime dann in Spanien? Wo ist deiner Meinung nach der Unterschied zu Frankreich und Mitteleuropa. Was wäre geschehen, hätten die Karolinger die Mauren nicht bei Tours und Portiers besiegt? Wären die Mauren dann weitermarschiert oder wieder nach Hause gegangen?

Zitat
Zudem lebte die christliche Bevölkerung unter muslimischen Herrschern z.B. in Jerusalem in Eintracht, sie wurden nicht verfolgt, konnten also normal leben, abgesehen davon, dass sie Sondersteuern bezahlen mussten.
Zitat

Unbestreitbar kam es zu Greueltaten in Jerusalem. Darüber hinaus lebten aber die Muslime unter den Lateinern genauso unbehelligt. Die wüsten Christianisierungen gab es erst später. Da war aber auch schon der Islam weit radikaler (Balkan, Ungarn im 14., 15. und 16. Jhdt.)

Zitat
Da es in Europa auch keine Zentralmacht gab, den Papst ausgenommen, musste ein Ziel gefunden werden, es wurde ein Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen, da es einen gemeinsamen äußeren Feind gab. Theoretisch waren ja die eigenen Besitzständer der Kreuzfahrer in Europa gewahrt, der Besitz war also sicher, solange man auf Kreuzzug war...
Zitat

Waren die Kaiser (Karolinger, Ottonen, Salier, Staufer keine Zentralmacht?
Meiner Meinung nach mußte kein Ziel gefunden werden. Es war bereits da. In Spanien und vor Konstantinopel. Die Besitzstände in Europa waren nur gewahrt, solange Europa gewahrt blieb. Und das was Saladin nach Hattin durchzog (Schließung der meisten Kirchen), gab es auch unter verschiedenen Kalifen schon vor dem ersten Kreuzzug.
der volfing

Midan von Malterstorp

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #8 am: 26. Juni 2006, 14:42:40 »
Auch ich habe aus Kinderzeit noch so romatische Erinnerungen an Löwenherz. Das fängt schon mit Robin Hood an. Aber Berthold hat recht. Greise, Frauen und Kinder umzubringen kann ja wohl nicht gerechtfertigt werden, indem man sie als potentioelle Feinde betrachtet. Aber auch die Krieger hätten als Gefangene nicht getötet werden dürfen. Das auch Saladin solches tat (erwähnt ist Hattin) macht die Sache nicht besser, hier handelte es sich jedoch ausschließlich um Krieger, insbesondere um "unverbesserliche" Ordensritter.
Wer sich näher mit Richard beschäftigt, wird immer mehr Lack abblättern sehen.
Natürlich waren die Kreuzzüge ein Verbrechen, nach heutiger Beurteilung. Die damit einhergegangenen Greuel waren selbst zu dieser Zeit "herausragend". Erst wieder mit der Rückeroberung durch die Mamelucken (Baybars) wurde diese Grausamkeit erreicht.
Damals jedoch ließ sich noch viel mit dem Glauben rechtfertigen, was war denn schon ein Ungläubiger? Ob auch schon in dieser Zeit erkannt wurde, das hier auch an der Verwirklichung christlicher Ideale was schief geht, fällt mir schwer zu beurteilen. Ich denke aber, es wird auch hier andere Meinungen gegeben haben, insbesondere die jener, welche eine Weile im Orient gelebt haben.
pax vobiscum

Ortwin vom Hohen Tann

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #9 am: 26. Juni 2006, 15:16:18 »
Rein militärisch gesehen habt ihr Recht, die Moslems waren die ersten die mit der Eroberung begannen. Jedoch ist es mir absolut unbegreiflch, wie ein Pabst, der sogenannte Vertreter Gottes auf Erden im Namen Jesu, dessen Hauptaspekt immer die (Nächsten-)Liebe war zu einem Krieg aufrufen kann (was ansich ein absolutes Paradoxon darstellt) und dieser dann auch noch ohne Gnade und Bedenken gegenüber den Besiegten durchgeführt wird. Die einfachen Soldaten konnten ja eigentlich nicht wirklich etwas dafür, sie wussten ja meistens nur das was Ihnen der Pabst und die Obersten so weißmachten. Aber solche Personen wie Löwenherz und Urban sind echt das Allerletzte.
"Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels!"
                       - Die Bibel, Epheser 6:11

volfing

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #10 am: 26. Juni 2006, 15:44:53 »
Zitat
Original von Ortwin vom Hohen Tann
Rein militärisch gesehen habt ihr Recht, die Moslems waren die ersten die mit der Eroberung begannen. Jedoch ist es mir absolut unbegreiflch, wie ein Pabst, der sogenannte Vertreter Gottes auf Erden im Namen Jesu, dessen Hauptaspekt immer die (Nächsten-)Liebe war zu einem Krieg aufrufen kann (was ansich ein absolutes Paradoxon darstellt) und dieser dann auch noch ohne Gnade und Bedenken gegenüber den Besiegten durchgeführt wird. Die einfachen Soldaten konnten ja eigentlich nicht wirklich etwas dafür, sie wussten ja meistens nur das was Ihnen der Pabst und die Obersten so weißmachten. Aber solche Personen wie Löwenherz und Urban sind echt das Allerletzte.

Wenn er (Urban II) aber aus dem Bewußtsein heraus gehandelt hat, daß wenn nicht bald eine Gegenbewegung stattfindet, es in einigen Jahrzehnten zu spät sein könnte? Warum ist es so bequem, jemanden Hab- und Gewinnsucht zu unterstellen, politischen Weitblick aber abzusprechen?
Hätte die Kurie keine Gegenbewegung auf den Weg geschickt, so wage ich zu behaupten, hätten sie auf lange Sicht den Untergang
akzeptiert.

Und die einfachsten Soldaten sind die schlimmsten Vandalen, da hast du wahrscheinlich ein falsches Bild.

Die Muslime haben ihre großen Eroberungen unter den ersten Kalifen durchgeführt. Nach dem Zusammenbruch der Kreuzfahrerstaaten begannen wieder die großen Bewegungen (Kleinasien, Konstantinopel, Rhodos, usw.). Zu dem Zeitpunkt gab es aber keine große christliche Gegenbewegung mehr.
der volfing

Johann

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #11 am: 26. Juni 2006, 15:47:53 »
Hallo,

Dazu möchte ich (sofern es mir erlaubt ist) auch etwas sagen (schreiben):
Ich denke, dass man die Kreuzzüge heute nicht beurteilen kann, nicht als schlecht, gut, verbrecherisch oder sonstirgendwie einstufen kann, dazu sind sie einfach zu kompliziert. Was wäre passiert, wenn Papst Urban niemals zum Kreuzzug aufgerufen hätte? Was wäre passiert, wenn Jerusalem niemals von den Christen erobert worden wäre? Oder wenn es sich heute noch in der Hand der Christen befinden würde? Wenn die kulturelle Begegnung erst sehr viel später stattgefunden hätte? Welche Auswirkungen hatten die Kreuzzüge auf die heutige Weltsituation? Wie sähe diese aus, wenn oben genannte Möglichkeiten eingetreten wären?

Ich glaube, dass man diese Fragen nicht einfach alle beantworten kann. Und das ist auch der Grund, weshalb ich die Kreuzzüge nicht einordnen würde, weder als unnötiges Verbrechen, noch als gerechter Verteidigungskrieg der Christen (darauf kommt hoffentlich sowieso niemand). Es wurden viele unnötige Verbrechen auf beiden Seiten begangen, Greueltaten, die uns heute teilweise sehr erschüttern können. Aber, meiner Meinung nach, kann niemand alle Möglichkeiten und Aspekte der Kreuzzüge berücksichtigen, alle Folgen überblicken, selbst, wenn er sich - wie volfing sagte - von der heutigen Weltanschauung freimacht. Die Kreuzzüge sind ein zu komplexes Thema, dass sich nie vollständig begreifen, verstehen oder als gut/schlecht einordnen lassen wird. Vielleicht waren die Kreuzzüge ja eine unnötige Schandtat, vielleicht auch nicht - für einen Menschen halte ich es nicht für möglich, alles eindeutig berurteilen zu können.

Das waren meine bescheidenen fünf Cent dazu. Ich hoffe, niemandem zu nahe getreten zu sein.

Grüsse, Johann
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und weiß doch selbst nicht was er wissen sollte
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Der Mann muss mäßig weise sein
doch nicht allzu weise.
Das schönste Leben ist dem beschieden
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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #12 am: 26. Juni 2006, 16:12:46 »
Kommt doch immer auf die Seite an auf der man steht....

Die Kreuzzüge haben doch das heutige Europa zu dem gemacht was es ist...die Kreuzfahrer haben doch sehr viel Wissen mitgebracht von der Architektur über Chemie zur Medizin...etc

Massaker oder Greueltaten gibt es in jedem Krieg von der Antike bis heute, rein militärisch gesehen hatte Richard gar keine andere Wahl die Lösegeldverhandlungen zogen sich in die Länge, die Gefangenen mußten ernährt werden, man mußte Leute abstellen die auf sie aufpassen,  und wie Heinrich schon erwähnt hat, hätten sie bei Freilassung direkt wieder gegen Richard gekämft.
Dominus mihi adiutor , quem timebo
(Der Herr ist mein Helfer, wen soll ich fürchten)

volfing

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #13 am: 26. Juni 2006, 19:55:11 »
Zitat
Original von Johann
Ich glaube, dass man diese Fragen nicht einfach alle beantworten kann. Und das ist auch der Grund, weshalb ich die Kreuzzüge nicht einordnen würde, weder als unnötiges Verbrechen, noch als gerechter Verteidigungskrieg der Christen (darauf kommt hoffentlich sowieso niemand).

Gerecht oder nicht gerecht. Warum sollte niemand auf diese Idee kommen? Immerhin gab auch der Hilferuf der Byzantiner (unter anderem) Anstoß zum Kreuzzugsaufruf Urbans II. in Clermont. Was aus dieser Predigt entstand, mit dem hatte allerdings weder Urban, noch der Basileus gerechnet.
Immerhin sollten die Lateiner die eroberten Städte und Gebiete in Kleinasien und dem Hl. Land dem Kaiser zurückgeben.
Also doch ein Verteidigungskrieg?
der volfing

Johann

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Kreuzzüge, reell betrachtet
« Antwort #14 am: 26. Juni 2006, 20:48:25 »
Zitat
Original von volfing
Zitat
Original von Johann
Ich glaube, dass man diese Fragen nicht einfach alle beantworten kann. Und das ist auch der Grund, weshalb ich die Kreuzzüge nicht einordnen würde, weder als unnötiges Verbrechen, noch als gerechter Verteidigungskrieg der Christen (darauf kommt hoffentlich sowieso niemand).

Gerecht oder nicht gerecht. Warum sollte niemand auf diese Idee kommen? Immerhin gab auch der Hilferuf der Byzantiner (unter anderem) Anstoß zum Kreuzzugsaufruf Urbans II. in Clermont. Was aus dieser Predigt entstand, mit dem hatte allerdings weder Urban, noch der Basileus gerechnet.
Immerhin sollten die Lateiner die eroberten Städte und Gebiete in Kleinasien und dem Hl. Land dem Kaiser zurückgeben.
Also doch ein Verteidigungskrieg?

Hallo,

Das ist wohl eine Frage der Definition des Verteidigungskrieges. Das man die Kreuzzüge als Verteidigungskriege sehen kann, oder auch, dass die Grundidee dieser auf einem "gerechten" Verteidigungskrieg  basierte, ist natürlich möglich. Allerdings war die Ausführung wohl alles andere als gerecht oder geplant, was nicht heisst, dass die Kreuzzüge nur als negativ zu bewerten sind. Meiner Meinung nach kann man die Kreuzzüge, wie ich bereits schrieb, nicht in gut/schlecht oder gerecht/ungerecht einteilen. Ebenso wenig kann man die Kreuzzüge als reine Verteidigungskriege einordnen. Das ist natürlich nur meine Sicht der Dinge, jeder mag seine eigene Meinung zu den einzelnen Kreuzzügen und zur Frage, was ein Verteidigungskrieg ist und wie weit er gehen darf, haben.

Grüsse, Johann
Der Armselige, Übelgesinnte
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und weiß doch selbst nicht was er wissen sollte
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