Autor Thema: Turkopolen gleich Brüder ?  (Gelesen 38307 mal)

Bruder R

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Turkopolen gleich Brüder ?
« am: 14. März 2010, 11:25:01 »
Zu der unten angefügten Statute habe ich mal eine Frage:

Und zwar geht es um diese Stelle: ...außer wenn ein Bruder etwa Turkopole ist.
Meint das, dass ein Turkopole ein Bruder sein konnte oder geht das mehr in die Richtung, dass ein Turkopole ähnlich wie ein Bruder ist.
Vielleicht ist damit gemeint, dass Turkopolen und die Brüder zum selben Stand gehören?



519.
Jeder büßende Bruder soll zum Mittagessen kommen, wenn der Konvent zu Mittag isst, und zum Abendessen, wenn der Konvent zu Abend isst, es
müsste denn ein Tag sein, an welchem der betreffende Bruder fastet und der Konvent zweimal isst. An einem solchen Tage darf er nämlich erst essen,
wenn die None gesungen ist. Wenn nun der büßende Bruder in den Palast zum Essen kommt, soll er rechtzeitig erscheinen, so dass er sich an seinem
Platze, wo er essen soll, befindet, wenn man den Segen anfängt. Wenn ferner der büßende Bruder zur None oder Komplete trinken will, soll er wie
die andern Brüder zum Trinken kommen, und alsdann kann er soviel Wein wie die andern nichtbüßenden Brüder trinken; wenn er aber im Palaste
isst, soll er Gesindewein trinken. Solange Brüder der Buße unterworfen sind, sollen zwei zusammen aus einem Becher trinken, außer wenn ein Bruder
etwa Turkopole ist. Wenn aber der eine Bruder zufällig den wein nicht so stark vertragen kann wie der andere, so kann man nach der Ansicht einiger
Brüder wohl jedem von ihnen seinen Becher geben.

Hermann von Redentin

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #1 am: 14. März 2010, 14:47:50 »
Nun, die Frage ist, ob DER Turkopole, gemeint ist! Also derjenige, der DIE Turkopolen anführt in der Schlacht!

DER Turkopole wird wohl ein normaler dienender Bruder gewesen sein. Denke ich jedenfalls. Man berichtige mich, wenn meine geschriebenen Worte geistiger Schluckauf war!  *smoky*

Gruß
Hermann
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Bruder R

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #2 am: 14. März 2010, 14:53:38 »
Mit "DER Turkopole" meinst du sicher den Turkopolier, der war ein dienender Bruder.

Der wird in den Statuten auch Turkopolier genannt, doch hier ist die Rede von Turkopole.

Benedikt von Söllbach

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #3 am: 15. März 2010, 07:54:39 »
[Hier wurde offtopic gelöscht]

Das Amt war der Turkoplier, nicht Turkopolier. Das ist ein leicht zu machender Fehler, dem ich auch aufgesessen bin. Dieser wiederum war Ritterbruder! (woraus lest ihr, dass er Dienender Bruder war?)

Der Sinn ist, so interpretiere ich den Artikel zumindest, dass hier zwischen Ordensangehörigen und Gesinde unterschieden werden sollte. Gemeint ist also (in meinen Augen) nicht, dass die Turkopolen Brüder waren, sondern falls der Fall einträte, dass einer einen Becher mit einem Turkopolen teilen müsste (dieser also im Artikelsinn an die Stelle des Bruders treten würde) dies nicht geschehen soll, da nur Ordensbrüder untereinander teilen sollten.
Das ist in heutigen Ohren bisschen blöd formuliert. Es könnte auch enger gefasst sein und bedeuten, dass nur Büßende gleichen Standes teilen sollten, also nur zwei Ritter oder zwei Dienende Becher untereinander teilen sollten. Das lese ich aber oben nicht heraus.

Es könnte auch tatsächlich so sein, dass die Turkopolen Dienende Brüder auf Zeit waren, ähnlich wie die Gastritter. Mir sind dafür aber noch keine Hinweise untergekommen. Ehrlich gesagt glaube ich das auch nicht. Man sollte aber auf jeden Fall mal in diese Richtung recherchieren!
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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #4 am: 15. März 2010, 16:24:53 »
Wobei ich vermute, dass "Bruder" nicht immer mit einheitlicher Definition verwendet wurde. Es ist für mittelalterliche Werke ja geradezu bezeichnend, dass ein Wort mal so und mal anders definiert wurde, was die historische Quellenkritik zuweilen vor Probleme stellt...
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William

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #5 am: 16. März 2010, 09:49:19 »
Nun da in der Ordensregel ziemlich deutliche Unterschiede zwischen Brüdern und Mitbrüdern gemacht werden - das ist so in allen erhaltenen Übersetzungen einheitlich berücksichtigt worden - kann man schon davon ausgehen, das hier nicht wahllos Begriffe verwendet wurden.

In weltlichen Texten war man da sicherlich nicht so präzise - aber nicht in einer Ordensregel, die noch dazu sehr genau beachtet wurde, da sie das traditionelle "Standessystem" des Mittelalters "revolutionierte" und daher nicht nur Zustimmung fand.

"Turkoplier" ist französisch und in deutschen Übersetzungen findet man dafür oft den Begriff "Turkopole", was sehr schnell zu Verwechslungen führt, da es sowohl die Einzahl (Anführer der Turkopolen = Ordensritter des Konvents in Jerusalem), als auch die Mehrzahl im Sinne von "Truppengattung" an sich meinen kann.

Es hält sich zwar hartnäckig das Szenengerücht, das es sich dabei um sarazenische Söldner gehandelt hat, aber dafür gibt es keinen Beleg - vielmehr spricht so ziemlich alles dagegen!

Turkopolen waren wie gesagt eine "neue" Waffengattung", die aus den Erfahrungen im Kampf mit den Sarazenen entwickelt wurde - ähnlich wie die Entwicklung der Panzerreiter, die ja nur eine Reaktion auf die Einfälle der Mauren in Spanien war.
Deshalb sah aber kein karolingischer Panzerreiter wie ein Maure aus - oder?

Entscheidend war für die Entstehung, das die europäische Taktik des Frontalangriffs bei der leichten sarazenischen Reiterei nicht funktionierte - sie blieben eben einfach nicht stehen um sich aufspießen zu lassen! *jokely*

Also mußte man die Taktik anpassen - da aber die ritterlichen Vorstellungen von Kampf und Ehre nicht zu einer Plänklertaktik passten, wurde diese neue Kampfart nur von den Templern übernommen - Demut + Gehorsam!

Was aber zeichnet nun den Turkopolen aus?
Eine leichtere Bewaffnung als ein "Panzerreiter", ein schnelleres Pferd - die schwerfälligen Streitrösser der europäischen Ritter hatten weder die Geschwindigkeit, noch die Ausdauer mit einem relativ zartgliedrigen "Araber" mitzuhalten - und nicht zuletzt der Reiterbogen!

Also waren Turkopolen leicht gerüstete, berittene Bogenschützen - eben das Gegenstück zu den Sarazenen - mit einer angepaßten "Plänklertaktik"!

Es gibt Belege, die dafür sprechen, das man dazu auch Einheimische - überwiegend wohl syrische Christen - in Dienst nahm, aber es geht nirgends daraus hervor wie sie denn nun gekleidet waren!

Was wir heute als typische "Turkopolentracht" sehen, ist eine unbewußte Assoziation, wenn wir hören, das einheimische nach Sarazenenart gekämpft haben und dann noch "Turk.." im Namen ist.

Das kann sein, aber muß nicht zwangsläufig so gewesen sein - vielmehr wäre es taktisch außerordentlich unklug wenn eine eigene Truppe sich optisch nicht vom Feind unterscheiden ließe. Besonders dann, wenn ihre Taktik vorsieht schnelle Vorstöße zu machen!
Wären sie dann von so einem Angriff zurückgekommen, hätten die eigenen Bogenschützen, im Staub und Kampfgetümmel, wohl schwerlich unterscheiden können wer da auf sie zugeritten kommt - besonders eben auch die nicht zum Orden gehörigen Truppen! *smoky*


Da es keine Beschreibung oder Darstellung eines Turkopolen gibt, läßt sich schwer sagen wie sie gekleidet waren.

 Laßt uns mal spekulativ anders herum fragen:

"Warum gibt es denn keine Beschreibung oder Bild eines Turkopolen - wo doch im Gefolge der bedeutenderen Ordensoberen immer auch Turkopolen waren?
Warum wird die Ausstattung des dienenden Bruders so explizit beschrieben und die des Turkopolen nicht?

Eventuell ja weil es eben keinen Unterschied gab - auch dienende Brüder werden als leicht gepanzert und bewaffnet beschrieben - aber ohne Bogen! *smoky*

Wenn es denn nun gar nicht nötig war sie zu beschreiben, weil sie sich eben optisch kaum unterschieden, wäre damit die taktische Frage des "Erkennens" geklärt - auch die Unterstellungsverhältnisse geben da einen Hinweis!

Zum Vergleich sei noch die kleinste militärische Einheit des Mittelalters genannt - die "Lanze" - sie bestand aus dem Ritter, dem/den Knappen und einer Anzahl nicht adeliger Kämpfer - natürlich mit Pferd - dabei auch Bogenschützen!
Wenn wir uns nun das Gefolge eines Ordensoberen anschaun kann man da erstaunliche Parallelen sehen - wenn man denn will! *smoky*

Wie gesagt, es ist nur spekulativ - aber eben nicht weniger belegbar als die heute übliche Umsetzung eines Turkopolen!

Was nun die Frage betrifft, ob es Brüder - im Sinne von Ordensangehörigen waren - hängt dies natürlich mit der Frage der Kleidung zusammen und kann nicht getrennt betrachtet werden.

Trugen sie die Kleidung der dienenden Brüder müßten sie eine ähnliche Stellung wie "Gastkämpfer" gehabt haben - also auch eine Trennung wie bei den Rittern zwischen verheiratet und unverheiratet - zwischen gottes Lohn und Sold! Zwischen Gelübte auf Zeit und dauerhaftem Gelübte!

Allerdings heißt es beim Drapier, das er die gebrauchte Kleidung an die Knappen, die dienenden Brüder und schließlich an die Armen weitergeben soll - da steht nichts von Turkopolen - also doch eine andere Kleidung?

Oder werden sie aufgrund ihrer Kleidung und ihrer Stellung im Orden hier einfach mit den dienenden Brüdern in einen Topf geworfen?

Es  fehlt da einfach an klaren Belegen und somit kann man bestenfalls zu einer mehr oder weniger wahrscheinlichen These kommen! *sadangel*

Gruß
William
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Berthold von Krukow

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #6 am: 16. März 2010, 09:54:25 »
Also für meine Ohren klingt das so, dass ein Turkopole auch als Bruder bezeichnet wurde.
Die Frage, warum soll der mit einem anderen büßenden Bruder nicht aus einem Becher trinken können???
Waren Turkopolen bisher syrische Söldner, die ihrem musslimischen Glauben nachgingen, wäre das klar, denn denen war das Trinken von Alkohol verboten.  Also konnten die beiden den Becher nicht teilen, denn der eine durfte Wein oder zumindest Gesindewein (mit Wasser verdünnt???) trinken und der andere nicht, der durfte nur Wasser trinken - eben weil er nach dem Koran keinen Alkohol trinken durfte.
Wurde die Bezeichnung Bruder hier vielleicht etwas "großzügig" verwendet? Wurde der Turkopole als Bruder bezeichnet, weil man ja schließlich auf der selben Seite kämpfte, egal aus welcher Veranlassung heraus?
Um ehrlich zu sein - ich weiß es nicht.

Gruß

Berthold
Wenn wir vergessen wer wir waren, hören wir auf zu sein wer wir sind.

William

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  • Komtur der Komturei Celle
Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #7 am: 16. März 2010, 10:06:17 »
Nun egal wie man hier spekulativ versucht vorzugehen - eines waren die Turkopolen garantiert nicht - Muslime!!!

Ungläubige im Dienste Gottes und des Tempels? Undenkbar! *ak47*

Die Templer hatten sich sogar strikt geweigert ihre muslimischen Sklaven zu taufen - was einen jahrelangen Streit mit dem Papst nach sich zog!
Und dann gleichzeitig Muslime als Brüder bezeichnen? Mit ihnen zusammen essen und im Feld vor der Schlacht beten - wohl kaum!
Selbst die verheirateten Ritter durften nicht bei den "reinen" Brüdern sein - aber dafür dann die "ungläubigen Heiden", die man zu vernichten trachtete?

Mal davon abgesehn, das mehr Festungen/Städte durch Verrat als durch Kampf erobert wurden und dann muslimische Söldner in einer Ordensfestung?
Das wäre dann ja so, als wenn man Saladin gleich den Schlüssel in die Hand drückt! *jokely*

Dazu dann immer im Gefolge der ranghöchsten Templer ?

So etwas wäre sonst auch bei den Prozessen ein eindeutiger Beweis für ketzerische Tendenzen im Orden gewesen und dort mit als wichtigster Anklagepunkt aufgenommen worden - ist es aber nicht, ergo gab es das nicht! *smoky*



Gruß
William
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Bruder R

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #8 am: 16. März 2010, 10:59:27 »
Hier sollte nochmals die Besonderheit der Turkopolen verdeutlicht werden. Wie schon William gesagt hat, außer den Kaplänen und den Turkopolen wird niemand in der Regel erwähnt der mit den Brüdern zusammen isst.

Dazu sollte noch erwähnt werden, dass nur die Regel 614 (s.u.) Anlass zu Spekulationen bietet, was ein Turkopole im Kampf getragen haben könnte. Aus dem dort erwähnten kann man das Tragen einer Eisenhaube und einer Nahkampfwaffe spekulieren.

Die Gastkämpferidee finde ich selber nicht schlecht. Würde auch in gewissen Punkten zu der besonderen Stellung und der Lückenhaften Beschreibung passen.

Zusätzlich vermute ich, dass neben den berittenen Schützen auch andere Spezialisten genommen wurden, da gerade im Bereich der Belagerung und Verteidigung, sehr  kreative Ideen umgesetzt wurden, die den Rittern nicht unbedingt geläufig waren.


 614.
Als der Konvent bei Jaffa lagerte, unternahmen die Türken einen Angriff. Bei Fontaine Barbe hatten sie zu beiden Seiten des Wegs einen Hinterhalt gelegt. Der Turkopole war der erste, welcher gegen sie vorging. Man gab ihm den Bruder Margot und insgesamt zehn Brüder mit, welche ihn beschützen sollten. Der Turkopole drang nun zwischen den zu beiden Seiten im Hinterhalt liegenden vor. Da schien es den ihm als Bedeckung beigegebenen Brüdern, als ob jene auf den Turkopolen einen Angriff machen wollten. Sogleich trennten sich vier Brüder von den zehn Brüdern, welche seine Bedeckung bildeten, ohne Erlaubnis des Anführers - und zwar hatte der eine nicht einmal eine Eisenhaube auf dem Kopfe - und gingen gegen den Hinterhalt vor. Dabei verloren zwei von diesen Brüdern zwei Pferde. Sodann griffen die andern an, welche zurückgeblieben waren, und zwar mit Erlaubnis des Anführers und trieben die zu beiden Seiten im Hinterhalte liegenden auseinander; der Turkopole hieb auch mit ein und machte den Sieg zu einem vollständigen.

William

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  • Komtur der Komturei Celle
Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #9 am: 16. März 2010, 12:07:58 »
Hier mal auszugsweise einige der Artikel die die Turkopolen betreffen:
103.
Wenn Krieg ist ............ Alle dienenden Brüder aber müssen sich zum Anführer der Turkopolen begeben und dürfen ohne Erlaubnis nicht weggehen. Alle Brüder Ritter und alle dienenden Brüder, kurz
alle bewaffneten Mannschaften unterstehen dem Befehle des Marschalls, solange der Zustand des Krieges andauert................


Anmerkung: Also sammeln sich die dienenden Brüder und die Turkopolen um den Anführer der Turkopolen und der Marschall führt dann im Angriff den Oberbefehl über alle kämpfenden Truppen....

Je nach Sichtweise könnte man hier vermuten, das Turkopolen und dienende Brüder hier gleichgesetzt werden, was den Informationsmangel beim Art. über den Drapier erklären würde - oder auch nicht  *jokely*

110.
Der Komtur des Königreichs Jerusalem soll vier Pferde haben und anstatt eines Maulesels kann er einen Zelter haben, dazu zwei Knappen und einen dienenden Bruder mit zwei Reitpferden, einen Diakon, welcher schreiben kann, einen Turkopolen mit einem Pferde, einen sarazenischen Schreiber mit einem Pferde, zwei Knechte zu Fuß, wie sie der Seneschall hat, ein kleines Zelt für seine Knappen und ein mittleres Zelt, wie der Marschall es hat. Der
Drapierer aber soll sein Gefährte sein.

120.
Der Komtur der Stadt Jerusalem soll vier Pferde haben. Astelle eines Maultieres kann er einen Turkoman oder einen guten Gaul besitzen; ferner hat er zwei Knappen und einen dienenden Bruder mit zwei Pferden, einen sarazenischen Schreiber mit einem Pferde und einen Turkopolen mit einem Pferde.
Es soll ihm auch ebensoviel Fourage wie dem Meister zur Verfügung stehen. Ferner soll er in der Stadt Jerusalem einen Ritter Komtur unter sich haben.


125.
Der Komtur der Provinz, Tripolis und derjenige der Provinz Antiochia sollen je vier Pferde haben. Anstelle eines Maultieres können sie einen Zelter
haben, Außerdem steht ihnen zu: ein dienender Bruder mit zwei Pferden, ein Diakon mit einem Pferde, ein Turkopole mit einem Pferde, ein
sarazenischer Schreiber mit einem Pferde und ein Knecht zu Fuß.


Anmerkung - in Art. 110, 120 und 125 wird deutlich betont, das der Schreiber Sarazene ist - so etwas finden wir bei den Turkopolen nicht!

152.
...........................................................Zwei Konventsbrüder sollen soviel Fleisch bekommen, dass von dem Übrigbleibenden zwei Arme satt werden können. Je zwei Brüder erhalten soviel Fleisch wie drei Turkopolen und zwei Turkopolen soviel wie drei Dienende.
Die Trinkgläser sollen gleich groß sein. Wenn die Brüder fasten, soll man je zwei Brüdern vier Glas Wein geben; fasten sie aber nicht, dann gebe man je zwei Brüdern fünf Glas und je zwei Turkopolen drei Glas; ebenso soll das Öl zugemessen werden. Dasselbe gilt für die Provinz Tripolis und Antiochia.


Anmerkung: bei der Verpflegung stehen die Turkopolen sogar über den dienenden Brüdern - was verschafft ihnen die priviligierte Stellung?

171.
Alle dienenden Brüder sind, sowie sie unter Waffen stehen, dem Befehle des Turkopliers untergeben, unbewaffnet jedoch unterstehen sie ihm nicht.
Die Turkopolen aber unterstehen ihm sowohl bewaffnet als unbewaffnet.
Der Untermarschall, der Bannerherr, der dienende Bruder des Meisters, der des Marschalls und der des Provinzkomthurs unterstehen nicht dem Befehle
des Turkopliers, außer wenn sie in der Schwadron des Turkopliers sind.


Anmerkung: kommt hierher der falsche Gedanke, das der Turkoplier ein dienender Bruder sein könnte?

179.
Wenn der Konvent in Rotten geordnet reitet, soll der Bannerherr, vor der Fahne herziehen und die selbe einen Knappen oder dem Wachtmeister tragen
lassen, und die Rotte so führen, wie der Marschall es befiehlt. Und wenn Krieg ist und die Brüder in Schwadronen reiten, soll ein Turkopole das Banner tragen und der Bannerherr soll die Knappen ebenfalls in Schwadronen reiten lassen. Wenn sodann der Marschall und die Brüder zum Angriff übergehen,.....................................


Anmerkung: Wieder eine beachtliche Stellung, das EIN und nicht etwa DER Turkolpole das Banner tragen darf!
Können wir bei diesen Bevorzugungen der Turkopolen (Rationen und Banner!) noch vor den Dienenden wirklich noch von einfachen Söldnern ausgehen? Oder gar von sarazenischen Söldnern?
Dürfte jemand der nicht, mit Gelübte, dem Orden angehört überhaupt das Banner tragen?
Schließlich heißt es doch, wenn er ohne Erlaubnis das Banner senkt ... kann ihm das Kleid nicht gelassen werden - wie sollte man einem Turkopolen das "Kleid" nehmen, wenn er gar keines hat??!!
siehe dazu:


Von einem Bruder, welcher im Kampfe das Banner senkt.
241.
Neuntens, wenn ein Tempelbruder welcher bei einem kriegerischen Anlass das Banner trägt, dasselbe senkt, um damit zuzustoßen, und es erwächst
hieraus kein Schaden, so steht es im Belieben der Brüder, ihm das Kleid zu nehmen oder zu lassen. Wenn er jedoch damit zustößt, und es entsteht ein
Schaden daraus, so kann ihm das Kleid nicht bleiben. Man kann ihn auch zu Fesseln verurteilen; niemals soll er das Banner wieder tragen, noch
Befehlshaber im Kampfe sein..


Wie kann ihm das Kleid (Habit!) genommen und er aus dem Orden verstoßen werden, wenn er doch nur unbedeutender Söldner ist?
Klingt das nicht eher danach, das er ein zeitlich begrenztes Gelübte abgelegt hat?
Wir dürfen uns von dem Begriff "Söldner" nicht irritieren lassen - damit sind noch nicht die bäuerlichen Raufbolde und Halsabschneider späterer Jahrhunderte gemeint.
Auch ein Ritter oder Knappe konnte sich für Sold verdingen, ohne das es unehrenhaft war!


189.
Wenn der Konvent drei Gerichte Fleisch oder drei andere Gerichte hat, soll das Gesinde zwei haben. Jedoch sollen die Turkopolen und alle die, welche an ihrer Tafel essen, von dem haben , was man im Kovente isst. Und die Armen, welche man im Ordenshause, wo sie ansässig sind, essen lässt, sollen ebensoviel und die nämliche Kost wie die Brüder des Konventes bekommen.


Hier werden die Brüder des Konvents getrennt von den Turkopolen genannt und es wird klargestellt, das sie an einer eigenen Tafel essen.....(?)

271.
Wenn ein Bruder Kaplan einen schlechten Lebenswandel führt..................................................................Wenn er in
seinem Ordenskleide Buße thut, soll er an der Turkopolentafel ohne Tischtuch essen. Auch kann sein Vergehen leicht derart sein, dass man ihn in Fesseln und ewigen Kerker wirft.


Anmerkung: Ist es hier nun eine Strafe, das er bei den Turkopolen essen MUSS oder ist es als Entgegenkommen zu sehen, das er bei milderen vergehen noch im Ordenskleide und an einer Tafel, aber eben nicht mehr beim Konvent speisen soll?

Fazit: es bleibt sehr schwierig die Stellung der Turkopolen im Orden zu beurteilen - einerseits werden sie vor den dienenden Brüdern bevorzugt, was auf eine hohe Stellung hindeutet, andererseits haben sie eine eigene Tafel. die als Strafmaßnahme für Konventsmitglieder angesehen wird.

Rückschlüsse auf die Kleidung lassen sich jedoch sehr schwer erkennen - auch nicht auf eine bestimmte Form der Ordenszugehörigkeit.
Aber das EIN Turkopole das Banner tragen darf und ihm beim Senken des Banners sein Habit genommen werden kann, klingt zumindest danach, das er überhaupt berechtigt ist das "Kleid" zu tragen - und das durften nur Brüder mit Gelübte (zeitlich oder dauerhaft!)

Auch müssen sie nicht getrennt lagern und kämpfen, wie die weltlichen Gastritter und die verheirateten - evtl ein versteckter Hinweis auf ein Gelübte, da sie zwar an einer eigenen Tafel speisen, aber dennoch bei den Brüdern wohnen und reiten???

Sehr sehr schwierig!

Gruß
William

ps seht euch mal das angehängte Bildchen an - ein Bannerträger flieht schmählich mit gesenktem Banner vom Felde - ich habe mich immer über die sehr deutliche Darstellung der "Hakennase" und des Schildes gewundert, wenn man es aber unter den o.g. Gesichtspunkten betrachtet, könnte es dann nicht eben so ein Turkopole sein - mit Banner?
Grr bekomme das Bildchen nur sehr klein rein, aber ihr habt es sicher selber irgendwo rumliegen *smoky*
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Berthold von Krukow

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #10 am: 16. März 2010, 12:53:28 »
Zitat
Original von William
So etwas wäre sonst auch bei den Prozessen ein eindeutiger Beweis für ketzerische Tendenzen im Orden gewesen und dort mit als wichtigster Anklagepunkt aufgenommen worden - ist es aber nicht, ergo gab es das nicht! *smoky*
Gruß
William

Nun Bruder William, genau das meine ich verschiedentlich gelesen zu haben, u.a. bei Martin Bauer.
U.a. habe ich auch gelesen, daß es im Hauptquartier der Templer extra eine Gebetsniesche gegeben haben soll, die den Moslemischen "Zugewandten" des Ordens ermöglichen sollte, ihre Gebete abzuhalten.
Der Schlüssel zur Eroberung vieler Festungen und Städte, die von den Templern an Saladin verloren wurden, war allerdings kein Moslem sondern hieß Gerard de Richeford und war seines Zeichens nichts geringerer als der amtierende Großmeister des Ordens, der die Templer u.a. auch in die Schlacht von Hattin geführt hat. Der Ausgang ist bekannt. Wer solche Anführer hat braucht keine muslimischen Verräter.

IN einem anderen Buch über die Templer von Miguel Gomez, werden Turkopole auch als syrische Söldner bezeichnet, die ihre landestypische Tracht behielten und unabhängig von ihrem Glauben gegen cash kämpften und zwar immer für den, der gerade besser bezahlte.
Gomez wird hier zwar mit Naserümpfen bestraft, aber genau das ist das Bild, das sich in der darstellenden Templerszene durchgesetzt hat.

Bauer hingegen beschreibt das so, wie Du es bereits angeführt hattest: dir Turkopole sind Kämpfer, die den Kampfstil der Sarazenen und Türken, nämlich den berittenen Bogenschützen angenommen haben. Es steht nirgens, dass es ein Sarazene, Syrer oder Türke sein mußte, die Wahrscheinlichkeit, dass man auf diese zurückgriff, ist jedoch nicht so unwahrscheinlich, da man sonst das Rad zum zweiten mal hätte erfinden müssen.
Dennoch danke für Deine Ausführungen.

Für die Darstellung: Ich würde meine Turkopole weiterhin anders gewanden - z.B. mit Turban, weiter Hose, etc. um optisch eine Unterscheidungsmöglichkeit zu schaffen für das geneigte Publikum.

Gruß Berthold
Wenn wir vergessen wer wir waren, hören wir auf zu sein wer wir sind.

William

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #11 am: 16. März 2010, 13:05:27 »
Zitat
Original von Berthold von Krukow
Für die Darstellung: Ich würde meine Turkopole weiterhin anders gewanden - z.B. mit Turban, weiter Hose, etc. um optisch eine Unterscheidungsmöglichkeit zu schaffen für das geneigte Publikum.

Ich denke das Bild das nun in den Köpfen vom "typischen" Turkopolen ist, würde man selbst dann nicht mehr wegbekommen, wenn wir einen Templerbildband mit detailierter Beschreibung aus dem 13. Jahrhundert finden würden! *jokely* *jokely*

Recherche, Thesen etc sind halt schwierig und es gibt sicherlich ebensoviele Gegenargumente ....... *sadangel*

Aber ich wollte nur mal eine andere mögliche Sichtweise aufzeigen - natürlich eine die sehr konträr ist, um zu verdeutlichen, das es im Grunde genommen alles ganz anders sein könnte, wir es aber evtl nie erfahren werden! *smoky*

Zitat
Original von Berthold von Krukow
U.a. habe ich auch gelesen, daß es im Hauptquartier der Templer extra eine Gebetsniesche gegeben haben soll, die den Moslemischen "Zugewandten" des Ordens ermöglichen sollte, ihre Gebete abzuhalten.

Was du hier beschreibst ist aus dem Buch: "EinLeben im Kampf gegen Kreuzritterheere" von Usama Ibn Munqidh und beschreibt dort eine solche Gelegenheit.

Allerdings ist er als Gast bei den Templern - die von ihm als Krieger geerhrten Feinden - die er dennoch bei anderer Gelegenheit ebenso gnadenlos tötet.
Frei zitiert:" immer wenn ich in ..... (ka ob Akkon oder Jerusalem) war habe ich mich bei den Templern  zum Gebet zurückgezogen. Dafür durfte ich einen kleinen Raum nutzen - als dann einmal ein frisch eingetroffener Ritter dies sah .........."

Man hat also einen muslimischen Gast dort beten lassen - hätten dort Brüder des Ordens gebetet - nach Art der Muslime, wären alle Anschuldigungen im Prozeß richtig und es hätte gar keiner weiteren Anklagepunkte bedurft! *smoky*

Gruß
William
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Thomas aus Hindenburg

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Turkopolen gleich Brüder ?
« Antwort #12 am: 16. März 2010, 13:09:00 »
Sehr einleuchtend William!

…zu der Kleidung der Turkopolen, fällt mir noch etwas aus eigener Erfahrung ein:
ich habe mal versehentlich während einer Feldschlacht, einen Turkopolen (gewandet wie ein Sarazene) ausgeschaltet, der aber auf meiner Seite war. Er hat sich nicht mal gegen mich gewährt, weil er in mich keine Bedrohung sah.
Später haben wir darüber gesprochen und sich gewundert, wie man damals solchen Verwechslungen vorbeugte, vor allem während des durcheinander eines Schlachtgetümmels von mehreren tausend Kriegern.

So gesehen liegt die Vermutung nah, dass die Turkopolen wie die dienenden ausgesehen haben könnten, vor allem wenn man ihre, dem Sarazenen gleichende Kampftaktik berücksichtigt, zumindest müssten sie, große Kreuze für die schnelle Erkennung getragen haben.
Komtur der Komturei Münzenberg

William

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« Antwort #13 am: 16. März 2010, 13:44:42 »
Zitat
Original von Thomas aus Hindenburg
So gesehen liegt die Vermutung nah, dass die Turkopolen wie die dienenden ausgesehen haben könnten, vor allem wenn man ihre, dem Sarazenen gleichende Kampftaktik berücksichtigt, zumindest müssten sie, große Kreuze für die schnelle Erkennung getragen haben.

Tja und ganau das ist der "Knackpunkt" - das Kreuz wäre sicherlich das sicherste Erkennungszeichen gewesen - aber hätten sie es tragen dürfen ohne dem Orden zumindest zeitweise (mit Gelübte)anzugehören?

Es muß einfach irgendein deutliches Erkennungszeichen gegeben haben - aber welches?
Eine Art Uniform scheidet aus, denn diese wäre sonst ganz sicher in der Regel erwähnt worden!

Was käme also sonst in Frage? Ein extra Turkopolenbanner findet sich auch nicht in der Regel.......

Und eben das sie bei den "reinen" Brüdern wohnen, essen und mit ihnen reiten - ja sogar als Begleiter der höchsten Würdenträger des Ordens - und das Banner tragen durften.
Mir fällt einfach keine andere logische Möglichkeit ein, wie sich das alles erklären ließe.......  *alleswirdguut*

Aber letztlich kann man durch den Mangel an eindeutiogen Belegen nichts genaues sagen und wer dann für die Darstellung die Sarazenentracht wählt, kann auch nicht widerlegt werden! *smoky*

Gruß
William
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Heinrich von der Losheide

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« Antwort #14 am: 16. März 2010, 13:59:17 »
Soweit ich weiß, waren Turkopolen einheimische Kämpfer mit christlichem Glauben. Oft kamen diese wohl aus Mischehen von Kreuzfahrern und Einheimischen  oder direkt von konvertierten Einheimischen bzw. schon immer christlichen Einheimischen.

Gründe warum es keine Muslime gewesen sein können, wurden zu genüge genannt.
Nie zu Fall und nie aufs Knie, es lebe die Templer Infantrie!