Sachverhalte beurteilt ein Historiker eben nicht mit der Klärung einer "Schuldfrage" (und übrigens auch nicht, indem er eine Seite einnimmt, dann wäre es schlechte Wissenschaft), denn das ist emotional/ethisch/theologisch etc. aufgeladen. Genau darauf läuft Geschichtsrevisionismus aber meist hinaus (gerade die Schuldfragen rund ums Thema WKII) und deswegen ist es unseriös. Da kann es noch so sehr "Tatsachen" geben – mitunter müssen Forschungsstände aktualisiert werden, keine Frage – aber es wird nicht emotional argumentiert. Die einzigen Emotionen und Schuldfragen sind die der historischen Personen. Wenn es wirklich nur um die sachliche Neubewertung von Fakten ginge, dann stünden z.B. die islamische Expansion und die Kreuzzüge trotzdem nebeneinander und dürften nur mit eindeutigen Belegen verknüpft werden.
Wenn man z.B. nachweisen wollte, dass ein "Europa" mit den Kreuzzügen auf die islamische Expansion als solche reagiert habe (und zwar gut dreihundert Jahre zu spät!), müsste man das Bewusstsein der Menschen genau dafür belegen können. Ansonsten bleibt es halt bei der Geschichte, dass byzantinische Gesandte zum Papst kommen, weil sich die Gebietsverluste an die Türken häufen, und der Papst eine Möglichkeit sieht, in Byzanz mehr Einfluss zu bekommen, indem er dem europäischen Gewaltüberschuss ein neues Ziel zurechtbastelt (um's mal salopp zu sagen). Und dann will ich gar nicht mit den muslimisch-christlichen Allianzen weitermachen, die sich im Nahen Osten später gegenüberstanden. Da hat man den Kampf der Kulturen nur solange kolportiert, wie es einem gerade in den Kram passte.