Autor Thema: Farbe eines Siegels  (Gelesen 12376 mal)

Stefan von Dachau

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Farbe eines Siegels
« am: 10. Juni 2013, 10:30:26 »
Werte Schwestern und Brüder,

falls dieses Thema schon einmal da war, bitte ich um Entschuldigung.
Gefunden habe ich nichts, obwohl ich viele Themen, die sich mit dem Siegel beschäftigen, nun hier im Forum gelesen habe.

Mir geht es um die Farbe eines Siegels.
Gab es im Templerorden eine Farbvorgabe für bestimmte Vorgänge?
Bisher dachte ich, dass im Templerorden keine genaue Vorgabe zu den Farben eines Siegels vorhanden war.

Jetzt habe ich bei Wikipedia, was ja mit Vorsicht zu gebrauchen ist, folgendes gelesen:

rotes Wachs: Kaiser, Könige, die das Recht auch anderen Fürsten verleihen konnten, grundsätzlich nur bei (staatsrechtlichen) „Souveränen“;
grünes Wachs: Stifte und Klöster;
weißes Wachs: Freie Reichsstädte;
schwarzes Wachs: der Patriarch von Jerusalem und die Großmeister der geistlichen Ritterorden; heute noch gelegentlich bei Trauerbriefen.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Siegel

Dann habe ich noch dies gefunden. Die Seite erscheint mir jedoch mehr als fragwürdig, als Grundlage eines Beleges:

Grün: für Originale, unbefristete Verträge, Verkäufe oder Schenkungen;
Gelb oder natur: für außergewöhnliche Korrespondenz und kurzfristige Verträge;
Braun oder dunkel: für Kopien oder erneut bestätigte frühere Gesetze;
Rot: für diejenigen Gesetze die Regentschaft und Justiz betrafen
Schwarz: für Gesuche, Proteste/ Einsprüche,   und Falldarstellungen.

Quelle: http://www.demolay.de/index.php/de/templer-siegel-de

Wenn ich mal den Artikel bei Wikipedia heranziehe, wäre es ja sogar möglich das die Siegelfarbe Grün gewesen ist, wegen den Klöstern....

Gibt es farbliche Belege und/oder schriftliche Vorgaben?

Bin über Aufklärung sehr dankbar, da mich gerade zur Zeit alles was mit Schrift/Siegel und Papier aus der Zeitepoche sehr interessiert.

Pax

Stefan von Dachau
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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #1 am: 10. Juni 2013, 10:49:48 »
Wikipedia bietet doch ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Das hier klingt gut als Einstieg:

Andrea Stieldorf: Siegelkunde. In: Hahnsche Historischen Hilfswissenschaften. 1, Hannover 2004 (Inhaltsangabe) Das Buch haben wir in Leipzig, aber 120 Seiten hat man nicht mal schnell durch den Kopierer gezogen.  :-\

William

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #2 am: 10. Juni 2013, 11:06:07 »
Soweit ich mich erinnere, hatten wir das Thema "Siegel" schon mal irgendwo - allerdings allgemeiner und nicht auf die Farbe bezogen.

Auf jeden Fall haben wir damals, in der Recherche, einiges an Siegeln gefunden - aber überwiegend wohl moderne Abdrücke als Bilddatei im Netz.

Es sollten sich aber, über die damaligen Quellen, auch Orginalsiegel an alten Urkunden finden lassen.

(Ich habe nur heute keine Zeit zu suchen!)

Jedenfalls eine interessante neue Fragestellung zum Thema Siegel - über die Farbe hatte ich mir bisher noch nie Gedanken gemacht!

Auf die Schnelle hier eine Auswahl von 3 angeblichen Orginalsiegeln, wobei nur ein Bild den Wachsabguss zeigt und dabei nicht klar ist, ob auch der Abdruck orginal ist:

http://www.tempelritterorden.de/geschichte-und-struktur/templer-ausstellung.html


........und dann noch eine Auswahl bekannter Templersiegel als Dateianhang - aber wohl eher neue Abdrücke oder vereinfachte Kopien, zur Darstellung.
Wobei die ja auch irgendwoher kommen müssen! ;)
« Letzte Änderung: 10. Juni 2013, 11:17:45 von William »
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Richard von Vellberg

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #3 am: 10. Juni 2013, 13:31:18 »
Mit den Farben der Siegel habe ich mich zwar noch nie auseinandergesetzt, aber vllt. hilft Dir dieser Link (über den Gastzugang gut zu erreichen):

http://lba.hist.uni-marburg.de/lba/pages/

Das ist das Lichtbildarchiv Älterer Originalurkunden der Uni Marburg.
Die Urkunden sind soweit ich weiß nur schwarz weiß, jedoch sind die siegel zum größten Teil mit digitalisiert worden.
Das Schöne ist aber, dass zu jeder Urkunde eine Karteikarte angelegt wurde, auf welcher auch das Siegel beschrieben ist.

Hier ein paar Beispiele:
Laufnummer: 9417
Aussteller: Patriarchat Jerusalem, Patriarch Heraclius , Jerusalem,- Kapitel
Siegel: Bleibulle an Hanffäden

Laufnummer: 10999
Aussteller: Kaiser Friedrich II.
Siegel: rotbraunes Wachssiegel an roten und gelben Seidenfäden

Laufnummer: 15205
Aussteller: Papst Coelestin III.
Siegel: Bleibulle an roten und gelben Seidenfäden

Ich denke, dass ebenso wie bei Kleidung, Schuhwerk, etc. eine gewisse Hierarchie im Mittelalter bestand, wird dies sicherlich auch in der Farbgestaltung der Siegel eine Rolle gespielt haben. An den Bleibullen, kann man aber meiner Meinung nach auch gut sehen, dass dies nicht immer umgesetzt wurde, da auf gunsten der Haltbarkeit auch andere Materialien außer Wachs verwendet wurden.
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Johannes vom Gollenstein

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #4 am: 10. Juni 2013, 17:32:50 »
Vielleicht könnte man sich dem Problem auf andere Weise nähern:
über die Herstellung von Siegelwachs.

Ich könnte mir vorstellen, dass man vorrangig das verwendet haben könnte, was am einfachsten herzustellen/zu beschaffen war.
Jedenfalls dann, wenn es um "gewöhnliche" Dinge ging, nicht gerade um hochwichtige Unterlagen.

Weiß jemand, wie Siegelwachs entsteht bzw. wie es gefärbt wird?

Odo von Craien

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #5 am: 10. Juni 2013, 20:07:16 »
im Burgtorf stand dazu ein wenig, jedoch unter Vorbehalt und er bezieht sich auf Paul de Saint-Hilaire (ed.) Sceaux templiers S. 29

Führungsstrukturen und Funktionsträger in der Zentrale der Templer und Johanniter von den Anfängen bis zum frühen 14.Jahrhundert
Autor Jürgen Burgtorf, Verlag Universität Düsseldorf, Düsseldorf, 2001
Seite 168

grün - für die Originale von unwiderruflichen Verträgen oder solchen, die beide Parteien auf sehr lange Zeit banden
       - alle Verkäufe und Besitzübertragungen

gelb bzw. naturfarbenes Wachs - für zeitlich kurz befristete Übereinkünfte und für Korrespondes

braun - Kopien und Bestätigungen alter Verträge

rot - für Angelegenheiten die die Regel und Justizsachen betreffen

schwarz - für Widersprüche, Reklamationen, Mahnungen bzw. Aufforderungen, Streitsachen


ich schau nochmal im den beiden Bänden "Papsturkunden für Templer und Johanniter" nach, ob ich was dazu finde

Pax
Odo
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Benedikt von Söllbach

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #6 am: 11. Juni 2013, 12:01:19 »
Ich meine, dass bei Malcom Barber / Keith Bate: The Templars - selected sources translated and annotated auch was über die Siegelfarben zu lesen war.
Zusammengefasst habe ich das auch in meinem Büchlein; wobei sich das halt nur auf Aragon und eine spezielle Zeit fokussiert, also ganz sicher nicht allgemeingültig ist.
Trotzdem glaube ich nicht, dass es ein umfänglich gültiges "Farbsystem" bereits durchwegs gab.
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Gabriel von Kettenhofen

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #7 am: 11. Juni 2013, 14:45:43 »
@ Odo et alii:
Den Saint-Hilaire habe ich hier und arbeite gerade für hier eine Zusammenfassung heraus, wer wann womit gesiegelt hat.
Gebt mir noch ein paar Stunden.
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Gabriel von Kettenhofen

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #8 am: 11. Juni 2013, 18:14:57 »
Pax,

wie Odo oben schon erwähnt hat, beschreibt Paul de Saint-Hilaire in seinem Buch „Les Sceaux Templiers“ (Die Siegel der Templer) [Édition Pardès, Puisseaux 1991] dass im Orden sowohl mit Blei als auch mit verschiedenen Farben Wachs gesiegelt wurde.

Auf S. 29 steht das, was Odo schon nannte:
Die Farben der Wachssiegel gaben den Zweck der Urkunde an:
- Grün (So waren die meisten Urkunden gesiegelt)   
= für die Originale von unwiderruflichen Verträgen oder solchen, die beide Parteien auf sehr lange Zeit banden und alle Verkäufe und Besitzübertragungen

- Gelb bzw. naturfarbenes („weiß“) Wachs:
=  für zeitlich kurz befristete Übereinkünfte und für die laufende Korrespondenz

- Braun:
= Kopien und Bestätigungen alter Verträge, Doppel von Originalen

- Rot (wurde sehr selten benutzt):
= für Angelegenheiten, die die Ordensregel und Justizsachen betrafen

- Schwarz:
= für Widersprüche, Reklamationen, Mahnungen bzw. Aufforderungen, Streitsachen

Von den 99 Siegeln, die Saint-Hilare beschreibt, sind 3 Siegel aus Blei, alle anderen aus Wachs versch. Farben: (Zahl = Jahr der Siegelung)

1) Siegel aus Blei:
Bertrand de Blanquefort, Großmeister, 1167
Pierre de Montaigue, Großmeister, 1221

2) Siegel aus Wachs:
a) grün:
Olivier de la Roche, Meister von Frankreich, 1225
  Richard of Hastings, Meister von England, 1165 – 1180
Guillaume de Neuham, Meister von England, 1195 – 1200
  ?, Meister vom Poitou (= Aquitanien), 1302
Guillaume de Cordona, Meister von Aragon, 1251
  S. (?) de Belmonte, Meister von Aragon, 1269
Fr. Martin, Präzeptor v. Frankreich, Komtur in Lothringen, 1271
  Pons de Broset, Meister in der Provence, 1204

b) dunkelgrün:
Geoffrey Fitz Stephen, Meister von England, 1190
  Robert of Samford, Meister von England, 1245
William/ Guillaume de la More, Meister von England, 1304
  Fulcon de Montpezat, Meister von Aragon, 1224 (oder schwarz?)
Guillaume de Cordona, Meister von Aragon,1247 (schwarzes Grün)
  ?, Präzeptor von England, 1303

c) gelb bzw. naturfarben:
Regnaud de Vichier, Großmeister, 1250 u. 1255
  ?, Meister vom Poitou, 1302
Fr. Wedekind, Meister v. Ungarn, 1271
  ?, Meister vom Poitou, 1257
Guillaume Catel (Cadeil) bzw. Catulus, Präzeptor d. Provence, 1204
  Roustan de Comps, Präzeptor v. Richerenches, 1232
Berenguer de Bellvis, Komtur d. Burg Montso/ Monzon, Aragon, 1308
  Fr. Dalman de Timor, Komtur v. Barbera, Aragon, 1308
Fr. Arnaud de Banyuls, Komtur v. Gardeny, Katalonien, 1308
  Fr. Arnau Despug, Komtur v. Peria, Katalonien, 1308
Fr. Hugues de Rochefort, Präzeptor von Valence, 1204
  Fr. Raymond Alemanlier, Präzeptor von Valence, 1280
Fr. Martin de Bougerel,  Präzeptor von Valence
  Armand d' Anthien,  Präzeptor von Montelimar, 1259
Giraud de Chamaret, Templer aus d. Provence, 1234

„weiß“:
Otto von Braunschweig, Komtur von Supplinburg, 11.4. 1308

d) braun:
Olivier de la Roche, Meister von Frankreich, 1227
  Bernard de Montllor, Komtur v. Alfambra, Aragon, 1248
Gaucelin de Provenquères, präzeptor von Auzits, 1251
 
hellbraun:
Richard of Hastings, Meister von England, ?
 
dunkelbraun:
Fr. Piéron dou Sac, Präzeptor v. Flandern, 1288
  Bernard de Caestre,  Präzeptor v. Flandern, 1306

e) rot:
Fr. Dominique,  Präzeptor v. Lothringen, 1306

f) schwarz:
Fr. Frédéric Silvester bzw. Wildgraf von Salm, meister v. Ungarn, 1289
  Fr. Bertram von Esbeke, Meister v. Aragon, 1296
Guillaume de Beaujeu, Meister v. Aragon, 1286
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Benedikt von Söllbach

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #9 am: 12. Juni 2013, 10:02:05 »
Wei weit sind diese Erkenntnisse denn zeitlich und Regional gestreut?
Lässt sich diese Gesetzmäßigkeit auf den ganzen Orden zur Zeit seines Bestehens verallgemeinern, oder reden wir bei den Siegeln von einem kurzen Zeitabschnitt einer konkreten Region?
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Gabriel von Kettenhofen

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #10 am: 13. Juni 2013, 22:33:31 »
1) Siegel aus Blei:
wurden verwendet nur von den Großmeistern, hier: zur Siegelung von Güterverkäufen und als Zeuge einer Transaktion

2) Siegel aus Wachs:
a)  Grün
= für die Originale von unwiderruflichen Verträgen oder solchen, die beide Parteien auf sehr lange Zeit banden und alle Verkäufe und Besitzübertragungen
hier: bei Gebietsverträgen, Rentenverträgen, Gütertausch bzw. -schenkung, Bestätigung, sonstige Transaktionen


b) Dunkelgrün: s. Grün & Bestätigung eines Abkommens

c) Gelb bzw. naturfarbenes („weiß“) Wachs:
=  für zeitlich kurz befristete Übereinkünfte und für die laufende Korrespondenz:
hier: Regelung eines Rechtsstreits, Akte, Schenkungsbestätigung, Gütertausch, Vertrag über den Zehnt, Mitteilung "Charta von Monzon", Verbriefung von Rechten, Co-Siegelung

d) Braun:
 = Kopien und Bestätigungen alter Verträge, Doppel von Originalen
hier: Bestätigungen, Quittungen, Tauschurkunde

e) Rot :
= für Angelegenheiten, die die Ordensregel und Justizsachen betrafen
hier: Gründung eines Wochenmarktes und Jahrmarktes

f) Schwarz:
= für Widersprüche, Reklamationen, Mahnungen bzw. Aufforderungen, Streitsachen
hier: Beschlagnahme, Protestakte, Verkaufsakte, Schirmherrschaft, Rentensache


Zusammengefasst gesehen stimmen also die Gesetzmäßigkeiten über der Siegelfarben über die Zeiten und Regionen hinweg in den meisten Fällen. Nur bei den schwarzen Siegeln scheint es Ausnahmen zu geben. Allerdings beschreibt Saint-Hilaire die Akteninhalte derart knapp, dass man nur einen ungefähren Eindruck davon bekommen kann.

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Eusebius von Cammin

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #11 am: 19. Juni 2013, 13:25:11 »
Über die Siegelpraxis in den orden kann ich jetzt so nichts sagen, aber ich gebe diese information mal zu bedenken:

Ich habe selbst im Rahmen eines Seminars die Siegelpraxis der Hansestadt Rostock untersucht, teilweise anhand von Originalurkunden. Dabei ist mir folgendes aufgefallen:

1. ein klar definiertes Farbschema war NICHT zu erkennen, teilweise waren Urkunden von der Stadt in hellem und von relativ unbedeutenden Zeugen in rotem Wachs gesiegelt, Die Universitätsverfassung ist durchweg schwarz gesiegelt, Handelsurkunden mit dem Mittelmeerraum teilweise auch mit Bleiplomben.

2. Siegel wurden in der Vergangenheit oft von Sammlern abgenommen und teilweise bei "Restaurierungen" wieder angefügt. Dabei wurden die Siegel teilweise neu sortiert, so dass sich Siegel an einer Urkunde finden, die nie zeitgleich verwendet wurden.

3. Teilweise wurden verlorene Siegel ersetzt, also "nachgesiegelt", entweder mit den Originalstempeln oder mit Abgüssen älterer Siegel. Das ist beispielsweise an Abnutzungserscheinungen der Stempel zu erkennen. Teilweise wurden Stempel nachgeschnitten (sehr deutlich am Siegel der juristischen fakultät Rostock zu erkennen, bei dem die Gravur des Bronzestempels inzwischen in eine nachträglich hintergelötete Messingplatte hineinreicht)

4. Abschriften von Urkunden wurden oft nicht als solche gekennzeichnet, sondern kommen teilweise als Original daher. Oft ist nicht einmal mehr nachprüfbar, ob es ein "Original" überhaupt gegeben hat, oder ob die Urkunde einfach zurückdatiert wurde.

5. Abhängig von den verwendeten Pigmenten kann Siegelwachs seine Farbe im laufe der Zeit ändern. Auch mineralische Farben sind nicht immer völlig beständig.
(zum Färben von Siegelwachs wurden unter anderem Ruß (schwarz), Kupferverbindungen (grün), Cochinelle (rot) Bleiverbindungen (rot) oder Eisenverbndungen (schwarz) verwendet. Bleirot kann nach gelb hin ausbleichen, eisenschwarz kann rötlichbraun werden, cochinelle kann ebenfalls ausbleichen. Auch bienenwachs selbst, das frisch goldgelb ist, wird mit der Zeit immer heller und kann ganz weiss werden. In das Wachs kann auch der Siegelbecher ausfärben, wenn dieser aus Metall ist. Bienenwachs, das mit Bronze in Berührung steht, braucht nur wenige Jahre um grün zu werden.)

Ich gehe daher davon aus, dass, wenn es ein Farbschema gegeben hat, dieses nicht immer konsequent eingehalten wurde und Originalurkunden einer besonderen Überprüfung der Siegelauthentizität bedürfen.
Gerade bei Urkundenbüchern, die verlorene Urkunden enthalten, ist das zumeist nicht mehr möglich, selbst wenn dort Angaben zu den Siegeln gemacht sind, halte ich diese für für die Forschung in diesem Falle wertlos. Gleiches gilt für Urkunden, die nur aus sich heraus datiert sind, über die aber keine tatsächliche Datierung vorliegt (sprich, aus denen sich der beurkundete Sachverhalt, nicht aber der Zeitpunkt der tatsächlichen ausfertigung ergibt.)

In der älteren und auch jüngeren Literatur finden sich viele Schlüsse, die inzwischen aufgrund neuester Forschung zumindest angezweifelt werden dürfen. Insbesondere strenge und allgemeingültige Regeln mussten durch die neueste Forschung immer wieder relativiert werden.
Te Deum laudamus. Te Dominum confitemur.
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Tibi cherubim et seraphim incessabili voce proclamant:
Sanctus Dominus Deus Sabaoth.

Johannes vom Gollenstein

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #12 am: 19. Juni 2013, 13:47:17 »
Danke sehr, Eusebius!

Sehr interessant und aufschlußreich! Und m. E. auch logisch nachvollziehbar.

Wilhelm von Sunderburg

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #13 am: 20. Juni 2013, 01:40:39 »
Wenn ich das lese, frage ich mich gerade ob die Farbgestaltung der Siegel auf dem "Gotland Vertrag" des Deutschen Ordens orginal ist, oder eventuell im nachhinein verändert wurde.

Wenn nicht, müsste die Bündelungen der verschiedenen Farben auf ein gewisses Standesdenken schliessen lassen.

Sariant "Amici Ordo Teutonicus"

Stefan von Dachau

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Re:Farbe eines Siegels
« Antwort #14 am: 20. Juni 2013, 09:33:33 »
Auch die unterschiedlichen Größen fallen direkt ins Auge.

Pax

Stefan von Dachau
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