Autor Thema: Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation  (Gelesen 20952 mal)

Benedikt von Söllbach

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« am: 08. November 2009, 13:51:15 »
Hallo,
wie ist das eigentlich mit der Bulle "Vox in Excelso" vom 22.03.1312, in der der Templerorden suspendiert wurde, und in der klar gesagt wird, dass jeder, der dem Orden beitritt, seinen Habit empfängt oder so tut, als wäre er ein Templer, automatisch exkommuniziert ist? Wurde diese Bestrafung eigentlich jemals aufgehoben?
Denn falls nicht, würde das ja bedeuten, dass jeder katholische Templerdarsteller, sobald er einmal einen Templermantel getragen hat, nach dem letzten Indiz (so tun, als wäre man ein Templer, und das ist reenactment ja), sofort exkommuniziert ist - nach wie vor.

Ich weiß, dass sich heute niemand mehr exkommuniziert fühlen wird, das ganze ist also eher als Gedankenexperiment zu sehen, aber eigentlich müsste doch ein katholischer Templerdarsteller eine Ausnahme vom Papst (darf denn ein Bischof das? wohl eher nicht...) erwirken, ansonsten verwirkt er sein Seelenheil.
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Bruder R

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #1 am: 08. November 2009, 15:00:07 »
In der heutigen Zeit mag der Verlust des Seelenheils nicht mehr so schlimm sein, doch exkommuniziert zu werden kann für katholische Templerdarsteller trotzdem Folgen haben.
Einige von uns arbeiten für die Kirche oder für Institutionen, die irgendwie zur Kirche gehören. Da kann eine Exkommunkation schon Probleme mit dem Arbeitsplatz bedeuten.

Charles v. säbelberg

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #2 am: 08. November 2009, 17:02:05 »
Weehrter Komtur des Zeughause,lieber Berni,

du hast recht,die Bulle wurde nie aufgehoben,also kann uns alle der Strahl von Rom treffen.

Gott zum Grusse

Charles

 *ballern1*

Gabriel von Kettenhofen

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #3 am: 08. November 2009, 21:02:59 »
Der Verlust des Seelheils wäre schon ein herber Verlust. Ob darüber aber ein MENSCH zu entscheiden hat ?.
Servo! (Ich diene!)

Nicolas von Holzhuuse

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #4 am: 09. November 2009, 09:37:42 »
Die Kirche entscheidet nicht, was nach meinem Tod mit mir passiert! GOTT entscheidet! Und mit GOTT werde ich gerne diskutieren, ob das Tragen eines Kreuzes mein Seelenheil gefährdet!

Benedikt von Söllbach

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #5 am: 09. November 2009, 10:55:02 »
Nichtsdestotrotz hätte das doch trotzdem zur Folge, dass man z.b. nicht mehr am Abendmahl teilnehmen dürfte, oder? Denn als Katholik unterliegt man ja den Gesetzen der Amtskirche, ob die einem passen, oder nicht...
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Nicolas von Holzhuuse

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #6 am: 09. November 2009, 11:28:03 »
@Benedikt: Tun wir Darsteller wirklich so als wären wir Templer? Behaupten wir ausserhalb unserer Veranstaltungen irgendjemand gegenüber, wie wären tatsächlich Mitglieder des Ordens? Haben wir unserern Habit tatsächlich offiziell ausserhalb unserer Darstellung empfangen? Ich meine: nein! Die Bulle wendet sich wohl nur dagegen, dass jemand behauptet tatsächlich Ordensmitglieder zu sein. Vermutlich sollten sich also eher Neotempler Gedanken machen, ganz sicher aber keine Reenactors.

Eusebius von Cammin

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #7 am: 09. November 2009, 12:35:19 »
Da die römischge Kirche mit einigen Neotemplerorganisationen zusammenarbeitet und Neotempler offiziell die Kommunion von römischen Bischöfen und Presbytern empfangen, dürfte die Bulle keine rechtliche Relevanz mehr haben.
Tatsächlich braucht eine Bulle nicht ausser Kraft gesetzt werden (das geht in den meisten Fällen auch gar nicht), sondern es reicht, sie einfach nicht mehr umzusetzen.
Einen dispens von einem kirchlichen Gebot kann übrigens auch der zuständige Diözesanbischof erteilen, wenn er Metropolit (Erzbischof) ist, sogar ohne weitere instanzen einzuschalten. Man muss deswegen nicht nach Canossa (oder heute eher rom) pilgern.

Zumindest in Deutschland kann ein Arbeits- und Dienstverhältnis bei der Kirche nicht so ohne weiteres aufgelöst werden. Eine exkommunikatio reicht dazu jedenfalls nicht, selbst der anathemische Bann ist nach deutschem arbeitsrecht kein genügender Entlassungsgrund. Lediglich das Tätigkeitsfeld kann dadurch eingeschränkt werden.
So werden z.B. an deutschen Universitäten regelmässig Lehrstühle für exotische Fächer geschaffen, da man exkommunizierte Professoren, die keine Theologie mehr lehren dürfen, nicht einfach entlassen kann.
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Nicolas von Holzhuuse

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« Antwort #8 am: 09. November 2009, 12:42:49 »
Jetzt bin ich verblüfft: was ist ein anathemischer (anatemischer) Bann? Habe ich als Protestant noch nie gehört!

Benedikt von Söllbach

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #9 am: 09. November 2009, 12:58:53 »
@Nicolas: Deine Gründe sind nicht zutreffend, da gebe ich dir recht, aber in der Bulle steht eben auch, dass das Tragen der Insignien (Also Mantel mit Kreuz; ganz gleich mit welchem Hintergrund) ausreicht.

Ich sagte ja oben bereits, dass das mehr ein Gedankenspiel ist, ich glaube auch nicht an eine heutige rechtliche Relevanz. Allerdings ist eine "automatische Exkommunikation" nicht etwas, das aktiv getan werden muss, vielmehr erfolgt sie automatisch - insofern ist es hier eigentlich nicht möglich, zu sagen, dass das nicht mehr umgesetzt wird.
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William

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Tragen der Insignien des Ordens und Exkommunikation
« Antwort #10 am: 09. November 2009, 16:38:42 »
Zitat
Original von Eusebius von Cammin
Da die römischge Kirche mit einigen Neotemplerorganisationen zusammenarbeitet und Neotempler offiziell die Kommunion von römischen Bischöfen und Presbytern empfangen, dürfte die Bulle keine rechtliche Relevanz mehr haben.
Tatsächlich braucht eine Bulle nicht ausser Kraft gesetzt werden (das geht in den meisten Fällen auch gar nicht), sondern es reicht, sie einfach nicht mehr umzusetzen.

So sehe ich das auch Bruder Eusebius!

Wenn man es ganz genau nimmt ist mit dem Chinondokument der Bann eigendlich aufgehoben und die Templer rehabilitiert - trotzdem aufgelöst, aber eben nicht als Ketzer und das ist ein wesentlicher Unterschied!

Eine Bulle zurücknehmen würde bedeuten die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage stellen und damit seinen gesamten Anspruch und den der römisch katholischen Kirche, als Mittler zu Gott.

Ich bin da wahrlich kein Experte, aber soweit mir bekannt, kann eine Bulle durch eine neue Bulle erweitert oder eingeschränkt werden, aber eben nicht von einem Nachfolger ohne Weiteres für ungültig erklärt werden - auch wenn sich viele Päpste das sicher gewünscht hätten. *smoky*

Eine solche "stille Rücknahme" finden wir eben für unser Beispiel in dem Chinondokument.

Wenn man nun von der rein kirchlichen Seite einmal weggeht, sind wir im Grunde genommen, rechtlich gesehen, Schauspieler/Schausteller und wenn nun jeder Schauspieler für die Rolle in die er schlüpft rechtlich belangt würde - egal ob kirchenrechtlich oder weltlich - wären alle Schauspieler der Welt seit langem nicht nur exkommuniziert, sondern auch im Knast oder auf dem elektrischen Stuhl gelandet (Z.B. Hitlerdarsteller, Massenmörder, Mafiosi etc.) *jokely*

Also ich denke egal wie man es betrachtet wir können uns entspannt zurücklehnen - sogar die Neotempler haben somit eine klitzekleine Chance doch noch harfespielend auf einer Wolke zu sitzen *pope*

Gruß

William
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

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« Antwort #11 am: 09. November 2009, 18:13:15 »
Zitat
Original von Nicolas
Jetzt bin ich verblüfft: was ist ein anathemischer (anatemischer) Bann? Habe ich als Protestant noch nie gehört!

Das gibt es auch bei den Protestanten (fast) nicht. Als Ausnahme kann ein Professor genannt werden, der wegen Ketzerei aus der Landeskirche Hannover geflogen ist und jetzt altorientalische Literaturgeschichte lehrt.

Die römische Kirche kennt die Exkommunio, die zwar die Kirchenrechte, nicht aber die Kirchenzugehörigkeit einschränkt und die Anathema, die einem endgültigen Rauswurf gleichkommt.

William, das Chinondokument habe ich absichtlich nicht erwähnt, da es keine neue Sicht der Dinge bedeutet sondern lediglich den status a priori feststellt.
Tatsächlich ist es mit der Unfehlbarkeit des hl. Vaters gar nicht so weit her, denn der Pontifex ist nicht per se unfehlbar sondern kann nur Dinge ex cathedra verkünden, die dann unfehlbar sind. das ist aber bisher eher selten vorgekommen. Eine Päpstliche Bulle ist denn auch kein geistlich autoritätes Werk sondern eine Kirchenrechtliche Bestimmung, die eben gerade nicht ex cathedra kommt und daher auch fehlerbehaftet sein kann. Allerdings kann eine Bulle nur als ganzes aufgehoben werden und das auch nur unter immensem Aufwand. Das ist der selbe Grund, warum das Landesrecht Hessens noch Durchführungsbestimmungen für die Vollstreckung der Todesstrafe enthält, die keine rechtliche Relevanz mehr haben.
Te Deum laudamus. Te Dominum confitemur.
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William

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« Antwort #12 am: 09. November 2009, 21:10:33 »
Zitat
Original von Eusebius von Cammin
 Allerdings kann eine Bulle nur als ganzes aufgehoben werden und das auch nur unter immensem Aufwand.

Also hat dann die Bulle nun kirchenrechtlich noch Gültigkeit?

Nach deinen Ausführungen muß man dann ja sagen: Ja!

Da wir aber wie o.g. nur "Schauspieler" sind, die zur Darstellung in eine Rolle schlüpfen, fallen wir doch sicher nicht unter die besagte Personengruppe - die Neotempler dann aber eigendlich schon!

Auch wenn sie bisher de facto von der Kirche "geduldet" wurden - oder?

Also wo kein Kläger, da kein Richter, aber theoretisch schon?

Es sei denn sie haben von einem Erzbischof oder dem Papst dispens erhalten - richtig?

Gruß

William
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« Antwort #13 am: 10. November 2009, 11:37:33 »
Genau das ist der Punkt, die Bulle ist zum Teil noch gültig, im Bezug auf die Ordensinsignien aber per Generaldispens ausser Vollzug.
Der Generaldispens kann auch konkludent durch Duldung erteilt werden. In dem Moment, in dem die römische Kirche als Ganzes eine solche Reglung nicht mehr umsetzt, kann man von einem solchen Generaldispens ausgehen.
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« Antwort #14 am: 11. November 2009, 11:32:38 »
@Eusebius:
was ist "status a priori "?

Was ist "ex cathedra"?

Ich weiß, daß Du ein sehr gebildeter und belesener Mensch bist und das finde ich toll. Aber kannst uns armen Erdenbündel nicht etwas Latein übersetzen?