Mittelalter > Mittelalter allgemein
Der Schwertstreich und seine Folgen....
Cornelius:
Das Problem mit dem Fechten der Fechtbücher ist, dass es zumeist "zivil" ist, also dezidiert nicht-militärisch (schon das Bucklerfechten im I.33 ist ja Bloßfechten). Selbst wenn wir ein optimiertes Fechten in Rüstung und mit großem Schild unterstellen (was es mMn gegeben hat, auch wenn es garantiert anders als Reenactment-Gekloppe oder dieser Vollkontakt aussah), kann das angesichts der ganzen Hack- und Wuchtwaffen (allein in der Mac-Bibel!) nicht als "schlachtfeldrepräsentativ" gelten. Und da sind jetzt noch nicht einmal die Lanzen in Betracht gezogen... Aber prinzipiell sehe ich das so wie du. Der Ringpanzer nimmt viel weg (in erster Linie das Eindringen der Klinge), ist aber kein Rundumsorglospaket. Das gibt es ja (in der breiten Anwendung) bis heute nicht, sonst würden die Amerikaner im Nahen Osten statt ihrer Splitterschutzwesten diese Bombenentschärfungsanzüge tragen.
PS: Roland Warzecha meinte, er wolle auch mit Dreiecksschilden experimentieren. Seine Ansätze zum Rundschild (siehe hier) sind bereits sehr interessant; und wenn ich mir seine Ankündigung auf der (derzeit) zweiten Kommentarseite anschaue, werde ich mir das Symposium in Freiburg vielleicht auch antun.
Berthold von Krukow:
Ja ich war selbst etwas schockiert, welche Wirkung mein Schwert auf die Schweinehälfte hatte. @William, für die Wissenschaft bring ich das Opfer, mein Schwert an einem Kettenhemd auszuprobieren.
Zum Thema Kettenhemd haben wir übrigens eine interessante Erfahrung gemacht. Wir haben ein Stück vernietete Kette mit einem 40-Pfund-Bogen aus ca. 10 Metern entfernung beschossen. Wie erwartet drangen die schlanken als "Panzerbrecher" bezeichneten Pfeile durch die Kette, allerdings nicht so tief wie sie ohne Kette in die Zielscheibe eindrangen. Die breiteren Pfeilspitzen prallten beim selben Beschuß jedoch von der Kette ab und hinterließen kaum sichtbare Spuren.
Unterstellt man nun, da´die meisten Pfeile ballistisch abgeschossen wurden und grad zu Beginn der Kreuzzüge keine Panzerbrecherspitzen katten, ferner die Metallurgie der Ringherstellung zwar nicht so gut war wie heute Aber die der Pfeilherstellung ja auch nicht, kann man davon ausgehen, daß ein vernietetes Kettenhemd einen gewissen Schutz auch gegen Pfeilbeschuß bot.
Die Untersuchungen werden fortgesetzt.
Gruß
Berthold
Jungraban:
Mh, also 40 Pfund scheinen mir wenig tauglich für solche Tests. Da auch die Pfeile deutlich weniger Gewicht haben. Aus diesen Grund wurde viel später ja auch der hochpfündige Langbogen entwickelt. Einfach um schwerere Pfeile zu verschießen. Und dünne Spitzen gibts schon seit der Römerzeit.
Was man nicht vergessen sollte, wirkt bei einem fallendem Pfeil die Erdanziehung mit 9,81sec/2. Und das ist nicht ohne. Viel spannender als die Kette wäre das drunter. Wenn etwas einen Pfeil bremst oder aufhält, dann wird es das drunter gewesen sein, nicht die Kette.
Bei einem Schwertstreich kommt es darauf an mit welchem Winkel die Schneide auftrifft und ob sie gezogen wird. Bei einem Reiter dürften da auch noch ganz andere Kräfte wirken.
Cornelius:
Wenn die Kette wirklich auf einer Scheibe auflag, ist die Aussagekraft tatsächlich gering (nun ja, besser als nichts und ausprobieren kann man ja alles mal). Dass es aber tatsächlich in erster Linie das Panzergeflecht ist, was Pfeile, Bolzen und auch Klingen davon abhält, in den Körper einzudringen, sollte mMn nicht vergessen werden, nur weil alle von Gambesons so begeistert sind. Eine textile Panzerung muss wesentlich stärker sein, um die Schutzwirkung vor Penetration von Ringgeflecht zu erreichen, und ist dadurch recht schnell hinderlich. Aber das, was den Soldaten/Ritter/Fechter im Kampf am sichersten vor Verletzungen schützt, ist seine Mobilität und Ausdauer, nicht etwa eine dicke Schutzschicht.
Meinst du mit der "gezogenen Schneide", dass daduch Hiebkraft verloren ginge? Das halte ich spontan nicht für sonderlich ausschlaggebend, viel weniger aber denke ich, dass man Ringgeflecht mit Schnitten beikommen kann, denn dagegen ist es ja die beste Versicherung. Die Entwicklung der Schwerter ab dem 11. Jahrhundert geht ja gerade hin zum Stich als potentiell panzerbrechendem Angriff, daher die rhombischen Klingenquerschnitte, die allmäglich die Hohlkehlung verkürzen.
Jungraban:
Mit gezogener Schneide meine ich, ob der Hieb stumpf ausgeführt wird, oder ob der Schnitt bewegt wird. Die größte Geschwindigkeit erreicht ein Schwert bekanntlich im Ort. Säbelklingen waren nicht umsonst gefürchtet. Nicht weil sie besonders gut stachen. Durch die gekrümmte Schneide schnitten sie hervorragend. Und das Kettengeflecht ein guter Schutz gegen Pfeile sind halte ich für schlichtweg falsch. Dünne Spitzen dringen einfach durch die Kette. Linothorax war nur aus Leinen und ein hervorragender Schutz gegen Pfeile. Leider nicht nachweisbar für unserer Zeit. Aber Leder in Verbindung mit Leinen funktioniert ebenfall recht gut.
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