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Der Schwertstreich und seine Folgen....

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Benedikt von Söllbach:
Ich hab zu dem Thema vor einiger Zeit mal einen interessanten Beitrag zu dem Thema eingestellt:
Hubert Sudhues: "Wundballistik bei Pfeilverletzungen" (http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-1984/SUDHUES.PDF). Die beinhaltet sehr interessante Bilder und auch interessante Erkenntnisse, wie eben die, dass im Gefecht, wo man meist keine optimalen Beschusswinkel erreicht, an der Kette sehr wohl viele Pfeile abgeprallt sein müssen, d.h. das Panzerhemd einen wertvollen Beitrag zum Schutz vor Beschuss bietet.

Wichtig ist auch, dass gerade für die mittlere Zeit der Templer, also um das Ende des 12. Jhd herum, kaum Nachweise für textilpanzerungen unter dem Panzerhemd existieren. Wir überschätzen glaube ich systematisch die Häufigkeit des Einsatzes von Textilpanzern zu der Zeit. Selbst in der Mac-Bibel sieht man kaum Nachweise für Textilpanzer unter der Kette.

Um wieder zum Thema zurückzukehren: Oft unterschätzt wird auch der Einsatz von Wuchtwaffen (Keulen), der wohl sehr häufig war. Wir haben immer den Schwertschwingenden Ritter im Kopf, aber ich glaube, das ist so nicht richtig.
Das Schwert dürfte hauptsächich gegen ungepanzerte Gegner eingesetzt worden sein, wenn jemand Kette trug, setzte man einfach seine Keule ein, die ja für die Templer sogar als "Standardausstattung" über die Ordensregel belegt ist.
Erkenntnisse zum Thema "Schwert und Kette" sind also wohl nur die halbe Miete.


Ich würde das so zusammenfassen:
Gegen ungepanzerte Ziele ist ein Schwertstreich leicht nachvollziebar ziemlich verheerend ;)
Gegen gepanzerte Ziele ist das Schwert nur ein "Notnagel", der aber immer noch wirkungsvoll sein kann.

Cornelius:
Zusätzlich zu Benis Ausfürhungen (Danke für den Link nebenbei!):
--- Zitat von: Jungraban am 05. Juni 2012, 23:59:32 ---Die größte Geschwindigkeit erreicht ein Schwert bekanntlich im Ort.
--- Ende Zitat ---
Das passiert vielleicht, wenn man große Kreisbögen schlägt, aber dann entsteht noch keine Schnittwirkung, es hat höchstens die größte kinetische Energie beim Aufprall. Ein Schnitt danach würde davon kaum profitieren. Dazu kommt, dass uns z.B. die Hs 3227a empfiehlt, den Ort zum Gegner schießen zu lassen, als ob er an einer gespannten Schnur entlangführe. Das spricht gegen Kreisbögen, betont aber vielmehr die Wirkung des Schnittes und die Bedrohung durch den Ort. Aber das ist tatsächlich Duellsituation und weniger etwas für's Schlachtfeld.
--- Zitat ---Linothorax war nur aus Leinen und ein hervorragender Schutz gegen Pfeile. Leider nicht nachweisbar für unserer Zeit. Aber Leder in Verbindung mit Leinen funktioniert ebenfall recht gut.
--- Ende Zitat ---
...ist aber leider auch nicht nennenswert häufig durch Quellen belegt. Der Linothorax besteht zudem auch aus Schichten und ner Menge Leim, ist also eine relativ starre Rüstung und an den Oberarmen hört die Panzerung auch schon auf. Zusammen mit der wohl doch brauchbaren Schutzwirkung von Ringgeflecht ist das kaum ein Pluspunkt, so toll die Rüstung auch sein mag (wenn ich irgendwann mal groß bin und zuviel Geld und Zeit habe, mache ich auch mal Hoplitenreenactment). Die Byzantiner haben ihre aus türkischem Pfeilhagel kommenden Kameraden auch als Stachelschweine bezeichnet, da sie überall gespickt waren – aber nicht tödlich verwundet (ich muss mal wieder die Quelle dessen heraussuchen, so oft wie ich das zitiere).

Eine andere schöne Theorie bezüglich der Schwert-Schild-Arbeit kann ich an dieser Stelle noch vorstellen, dass nämlich die am Arm befestigten gebogenen Dreiecksschilde kaum erlaubten, die Schwerthand beim Hieb zu schützen, wie das ein zentral gefasster gerader Schild tun kann. Und gerade als die Dreiecksschilde langsam aufkamen, mehrten sich die langärmeligen Ringelpanzer... (s. Stephen Hand: "Further Thoughts on Large Shields", SPADA Nr. 2, S. 62f.)

Lancelot Graf von Rothenfels:
@Beni -  Danke für den Einwurf mit Keulen und Flegel .... da sollten wir vielleicht in der Darstellung noch daran arbeiten und unser Denken reformieren.

@Berthold  -  Die Beschusstests mit Pfeil auf Kette sind bereits fixer Bestandpunkt für die Rosenburg 2013  .... Sience goes RB  ;)

Jungraban:
Also Schnittschläge mit dem Ort lassen sich heute noch sehr gut beim Kendo nachvollziehen. (auch wenn man da die Klinge mit beiden Händen führt) Sie sind nicht nur sehr präzise sondern auch sehr Wirkungsvoll.
Berichte über "Stachelschweinkameraden" finden sich auch bei denn Kreuzzügen. Pfeile auf Kette haben wir schon manigfach versucht. Selbst Pfeile mit runder Knochenspitze (vom Pferd) gehen durch eine Kette locker durch. Die Spitzen brechen dabei zwar, aber sie brechen immer Spitz. Knochsplitter möchte keiner im Körper haben. Für Bögen im 60lbs Bereich und darüber, stellt ein Kettenhemd nur einen geringen Widerstand dar. Deshalb auch meine Annahme, das es auf das drunter ankam.
Nicht nur Keulen haben eine stumpfe Schlagwirkung. Auch Schwerter haben diese. Selbst wenn das Schwert nicht schneidet, macht ein Schlag mit Sicherheit Aua.
Von Steinen oder gar Bleien red ich gar nicht.

Berthold von Krukow:
Die Absicht des Kampfes wr - glaube ich - damals auch eine ganz andere als heute. Sicher gab es auch die Absicht den Gegner zu besiegen, aber das geschah ja nicht in erster Linie und ausschließlich durch das Töten.
Die Absicht war es doch eher eine zahlenmäßige Überlegenheit herzustellen, in dem so viele Gegner wie möglich kampfunfähig gemacht wurden. Verletzte Gegner waren zudem viel einträglicher als tote, konnte man sie dch in die Sklaverei verkaufen oder bei entsprechendem Rang und Ansehen gegen gutes Lösegeld freikaufen lassen.
Eine kampferfahrene und disziplinierte Einheit, wie die Ritterorden, wird hier immer gute Chancen gehabt haben, da die nicht beim ersten Pfeilhagel oder wenn der erste Kamerad neben einem fiel in Panik verfallen sind.
Zurück zur Wirkung eines Schwertstreiches.
Bei Thalhoffer und Lichtenauer wurde auf saubere technik wert gelegt, hier waren Treffer mit Sicherheit verheerend. Im Schlchtgetümmel war es eher zufall, wenn man ein suberer Schnitt oder Hieb plaziert werden konnte.
Jeder der irgendeinen Kampfsport praktiziert hat, weiß das. Die Technik, die man im Unterricht lernt ist das eine. Im Wettkampf sieht man die dann aber eher selten, weil jeder versucht zu verhindern, daß der Gegner eine subere Technik durchziehen kann.
Am Ende gewinnt der, der sein Handwerk besser beherrscht - oder mehr Glück hatte.

Eine still stehende Reistrohmatte oder eine Schweinehälfte zu zerteilen, die still an einem Gestell baumelt, ist sicher ganz etwas anderes, als ein bewegliches Ziel zu treffen und zu zerlegen. Ich werd dazu meine Versuche fortsetzen und Euch daran teilhaben lassen.
Wer die Videos mal sehen will, die wir auf der Rosenburg gemacht haben - die Vorführung am Schwein ist zum Glück noch nicht im Umlauf (hoffe ich zumindest) kann sich ja mal bei mir melden.

Berthold

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