Autor Thema: Hosen vs. Bruche+Beinlinge  (Gelesen 18998 mal)

Wedumir

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #15 am: 11. August 2008, 23:50:22 »
Tja, mit der Bruche kann ich mich auch nicht so recht anfreunden, deswegen habe ich meine Darstellung ja im späten Frühmittelalter angesiedelt... *smoky*

Dessen ungeachtet bleibe ich natürlich neugierig. Deswegen habe ich auch schon länger über verschiedenen Abbildungen von Bruchen gebrütet.
Ich fasse mal meinen Kenntnisstand und meine Schlussfolgerungen hier zusammen und bitte ausdrücklich um Korrektur, falls ich irgendwo falsche Informationen habe oder in eine vielleicht falsche Richtung gedacht habe.

1. Da es keine erhaltenen Exemplare der Bruche (archäologische Funde) gibt und auch keine Schnitte überliefert sind, kennen wir Bruchen nur von den vielen Abbildungen aus dem Mittelalter. Wir wissen, dass es sie als Standardkleidungsstück gab und wie man in einer Bruche so ungefähr aussah.

2. Es gab nicht "die" Bruche, sondern augenscheinlich mehrere mögliche Schnitte.

Interludium: eine Bruche
Bei diesem Bild aus der Kreuzfahrerbibel bin ich gedanklich hängen geblieben. (Das hier gepostete Bild vom Besessenen geht in die gleiche Richtung)

3. Die Bruche konnte also auch den Zuschnitt einer langen Hose haben. Die hochgebundenen Hosenbeine lassen vermuten, dass sie unten etwa unterschenkellang weit ausgestellt war oder entlang des Unterschenkels geschlitzt sein konnte.

4. Da immer wieder Menschen bei der täglichen Arbeit in der Bruche dargestellt sind, war sie offensichtlich kein "anstößiges" Kleidungsstück, wie es heute die Unterhose wäre, wenn man in ihr auf dem Feld oder an der Werkbank stünde. Dass man die Bruche sah, war demnach recht normal, zumindest nicht anstößig - wenn auch nicht "die feine Art".

Schlussfolgerungen:

A: Die Bruche war - oder konnte es zumindest sein - die ganz normale Hose des Mittelalters. Man konnte auch nur in der Bruche herumlaufen, wenngleich zur vollständigen Bekleidung ("zieh dir was anständiges an!") ein paar Beinlinge gehörte. Wahrscheinlich war es auch eine Frage des Standes bzw. ob man sich die Beinlinge leisten konnte.

B: Was tat man mit den Bruchenbeinen, wenn man sie nicht der Hitze wegen hoch band? Ich vermute: Sie wurden eng um die Beine gewickelt und so festgebunden, auch, wenn man keine Beinlinge trug. Das muss dann ähnlich wie ein Wadenwickel ausgesehen haben. Möglicherweise die normale Alltagsbekleidung für ärmere Leute.

C: Insofern war sie ein ausgesprochen praktisches Kleidungsstück, denn man konnte sie je nach Temperatur hochbinden, lang tragen oder eng um's Bein wickeln. Und im Winter oder "in Gesellschaft" kamen dann noch Beinlinge drüber.

D: Es gab, den Abbildungen nach, auch andere Schnitte und Trageweisen. Dass in der Ordensregel jedem zwei paar Beinlinge zugesprochen werden legt jedenfalls nahe, dass Beinlinge ein Standard waren, keine eitle Mode oder Luxus.

E: Da es offenbar verschiedene Schnitte gab, spricht nichts dagegen, dass es besonders eng und damit faltenfrei geschnittene Reiterbruchen gab. (Kennt jemand die Abbildung eines Reiters mit Bruche?)
Hirschleder würde sich dafür anbieten, denn das ist sehr angenehm zu tragen, auch direkt auf der Haut.
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Michael_von_Adelesfeld

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #16 am: 12. August 2008, 06:40:01 »
@ Wedumir...schön zusammengefasst...sehe ich auch so


aber der Satz

Zitat
bis dahin genutzte Hose wurde (zumindest beim Adel) also im Laufe des 12. Jahrhunderts von den Beinlingen verdrängt und zur Unterhose (Bruche) umgebildet.

Da wüsste ich gern, aufgrund welcher Tatsachen der Verfasser der o.g. Website zu dieser Schlussfolgerung kommt. Es einfach auf eine Website schreiben ist die eine Sache...aber eine Quellenangabe fehlt leider, von daher muss ich es erstmal als eine Aussage ohne großen Wert stehen lassen.

Aber man sollte sie prüfen.

Benedikt von Söllbach

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #17 am: 12. August 2008, 08:09:40 »
Ulrich Lehnart schreibt das gleiche Sinngemäß in seinem Buch.

Zitat
4. Da immer wieder Menschen bei der täglichen Arbeit in der Bruche dargestellt sind, war sie offensichtlich kein "anstößiges" Kleidungsstück, wie es heute die Unterhose wäre, wenn man in ihr auf dem Feld oder an der Werkbank stünde. Dass man die Bruche sah, war demnach recht normal, zumindest nicht anstößig - wenn auch nicht "die feine Art".
Beisst sich leicht mit  D, aber du hast schon recht; die bruche erscheint nicht so anstößig. Auch Nacktheit erscheint im Mittelalter nicht den intimen Stellenwert gehabt zu haben, wie heute.
Dennoch gibt es nur eine Abbildung eines Adligen in Bruche...
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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #18 am: 12. August 2008, 08:35:56 »
Meines Wissens waren Reiterbruchen aus Hirschleder und so genäht, dass an der Innenseite des Beines keine Naht war an der man sich aufwetzen konnte.
Ähnlich sind die Reithosen der heutigen Zeit angelegt ( Wrangler Cowboy Cut Jeans zum Westernreiten weisen ebenfalls diese Schnittart auf ).

Wie bei vielen Dingen des täglichen Lebens ist aber auch davon ( Hirschlederne Reiterbruche ) kein Stück für die Nachwelt erhalten geblieben  *sadangel*  daher kann man sich darüber nur in Spekulationen ergehen......
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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #19 am: 12. August 2008, 08:37:39 »
Um 750 v. Chr. übernahmen die Germanen von anderen Völkern die knöchellange Hose, möglicherweise von den Kelten. Für die Eisenzeit sind Hosen bei den Germanen belegt. Daneben wurden aber auch Beinwickel getragen. Die sehr weiten Hosen ohne Latz wurden in der Taille durch einen Gürtel gehalten. Römer und Griechen lehnten in der Antike die germanischen und gallischen Beinkleider als unzivilisiert und barbarisch ab. „Die ‚barbarische Hose‘ galt in Rom noch Ende des 4. Jahrhunderts, als sie sich, bei den Soldaten der römischen Legionen beginnend, allmählich durchsetzte, als derart anstößig, daß eine kaiserliche Verfügung das Hosentragen unter Strafe stellte.


Bis ins 10. Jahrhundert wurden in Europa sowohl lange Hosen (u.a. von Franken) als auch die Brouche und Beinlinge (z. B. von Angelsachsen) getragen.


Im 11. Jahrhundert setzte sich Letzteres durch. Im 14. Jahrhundert wurde das Obergewand kürzer, bedeckte oft gerade noch das Gesäß, und machte so Unterhose und Strümpfe sichtbar. Mitte des 15. Jahrhunderts kam die Strumpfhose auf, die nun zur Oberhose wurde. ...

Gundula Wolter: Die Verpackung des männlichen Geschlechts. Eine illustrierte Kulturgeschichte der Hose. Jonas Verlag, 1988

Heinrich von Hohenfels

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #20 am: 12. August 2008, 09:32:20 »
Um mal euer Pippi Langstrumpf Mittelalter zurecht zu rücken.

Nachdem ihr mit euren sarazenischen Hosen aus der Gefangenschaft gekommen seit, ging es direkt zum Bruder Drapier, der euch eure Ordenskleidung gegen hat. Bestehent u. a. aus 2 Bruchen und 2 paar Beinlingen. (Johanniter hatten 3 - dekadentes PAck :-))

Das einzige was mich an der Bruche stört ist, dass sie mir zwischen den Beinen aufreisst. Wahrscheinlich habe ich nur noch nicht den richtigen Zuschnitt gefunden bzw. muss sie doch offen lassen. Wobei ich die offenen Variante für die Bruche eines Bauern und nicht die eines Ritters halte.

So unbequem ist die Bruche Beinlinge-Kombination doch gar nicht und man hat ja eine "Zipp-Off-Hose". Wie schon erwähnt, wenn es warm ist, kann ich die Beinlinge auch runter wichkeln.

Gruß Heinrich

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #21 am: 12. August 2008, 09:34:17 »
Wahrscheinlich etwas [offtopic], aber vielleicht doch für den einen oder anderen interessant.
Beinkleider ähnlich Bruche und Beinlingen wurden bis in das 19. Jahrhundert hinengenutzt und zwar bei den Indianern Nordamerikas.
Diese trugen offene Beinlinge oder auch solche mit angesetztem Fußteil (Lederstrumpf), die oberschenkellang waren und mittels Band am Gürtel gehalten wurden.
Da diese Bekleidung schon vor der "offiziellen Entdeckung" Amerikas durch CC verbreitet war, läßt sich vermuten, daß bestimmte Überlegungen zu ähnlichen Ergebnis wie in Europa geführt haben.
Der Unterschied bestand darin, daß statt einer hosenartigen Bruche nur ein Lendentuch getragen wurde. Das mag daran gelegen haben, daß die Herstellung und Verarbeitung von Tuchen weitestgehend unbekannt war und Lederbruchen doch auf die Dauer unpraktisch sind.

Ich finde diese Art Bekleidung, sei sie nun europäischer oder indianischer Art äußerst praktisch und könnte mir durchaus vorstellen, daß das wieder modern werden könnte.

Gruß Berthold

P.S. Vielleicht ist die Verwendung von Beinlingen bei den nordamerikanischen Indianern ja ein Anhalt dafür, daß die legendäre Templerflotte doch schon lange vor CC in Amerika landete und die Brüder diese Mode dort einführten. Die Römer, die ja nachweislich schon lange vor CC in Amerika landeten und auch die Wikis können diese Mode ja nicht rübergebracht haben, denn die einen trugen keine Hosen oder Beinlinge und die anderen nur Hosen.  *jokely* *jokely*
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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #22 am: 12. August 2008, 10:34:21 »
Zitat
Um mal euer Pippi Langstrumpf Mittelalter zurecht zu rücken.

schön gesagt :)

Lancelot Graf von Rothenfels

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #23 am: 12. August 2008, 17:35:05 »
Zitat
Um mal euer Pippi Langstrumpf Mittelalter zurecht zu rücken

Wäre doch ein schönes Thema : Templer in Takatuka-Land .........  *tdance*

Nur schön, daß wir im Heute leben und ich frei entscheiden kann ob ich Bruche / Beinlinge oder Hose trage und mich deshalb keiner anpflaumt  *smoky*
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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #24 am: 12. August 2008, 17:40:31 »
Zitat
Original von Lancelot vom See
und ich frei entscheiden kann ob ich Bruche / Beinlinge oder Hose trage

In Deinem Fall: "Dazugehörigkeit: Keine" ist das sicherlich so...

Wir haben bei unserer Liste, was unsere Sergenten vorweisen müssen klar Bruche und Beinlinge erwähnt. Da steht nix von Hose.

Benedikt von Söllbach

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #25 am: 12. August 2008, 17:41:07 »
Also ich finde Beinlinge + Bruche recht angenehm zu tragen.
@Heinrich: Schonmal den Thursfield-Schnitt versucht? Der Kann nicht zwischen den Beinen reißen (es gibt dort keine Naht), siehe mein Büchlein ;)
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« Antwort #26 am: 12. August 2008, 22:27:20 »
Zitat
In Deinem Fall: "Dazugehörigkeit: Keine" ist das sicherlich so...

In meinem Fall "Dazugehörigkeit" scheint in den zur Auswahl stehenden Gruppierungen keine in meiner Nähe auf.

Außerdem sehen die bei uns ansässigen Gruppierungen ( egal ob Eggenburger Hospitaliter oder Lockenhauser Templer ) manche  Sachen nicht ganz so Verbissen.........

Wie ich des öfteren bereits erwähnt habe, sollte man die Kirche im Dorf lassen und nicht andere deklassieren nur weil die Wahl der Unterwäsche nicht den eigenen Gepflogenheiten entspricht !

Andere Meinungen existieren und wenn man diese schon nicht teilt - was man auch nicht muss - sollte man sie wenigstens der Höflichkeit halber akzeptieren !
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« Antwort #27 am: 12. August 2008, 23:55:40 »
Zitat
Original von Berthold von Krukow
Wahrscheinlich etwas [offtopic], aber vielleicht doch für den einen oder anderen interessant.... Die Römer, die ja nachweislich schon lange vor CC in Amerika landeten und auch die Wikis können diese Mode ja nicht rübergebracht haben, denn die einen trugen keine Hosen oder Beinlinge und die anderen nur Hosen.  *jokely* *jokely*

Die Römer?
Die Wirklichkeit sah anders aus *smoky*


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« Antwort #28 am: 13. August 2008, 09:22:03 »
Zitat
Original von Lancelot vom See
Zitat
nicht andere deklassieren nur weil die Wahl der Unterwäsche nicht den eigenen Gepflogenheiten entspricht !

Andere Meinungen existieren und wenn man diese schon nicht teilt - was man auch nicht muss - sollte man sie wenigstens der Höflichkeit halber akzeptieren !

Ich deklassiere nicht - ich bin enttäuscht darüber, wenn man sich über unseren gruppeninternen selbst angesetzten Standard hinwegsetzt. Ich rede nicht von einem Marktwolpertinger (oder wie die heißen ;-) ) sondern von einer Gruppen-absprache, die nicht eingehalten wird. Und das nicht aus medizinischen Gründen, oder weil man reitet, sondern aus modischen oder praktischen Gesichtspunkten.
Wenn das Schule macht, da können wir ja bald Taschenlampen im Lager benutzen, die sind auch praktischer und modischer als Talglampen oder Kerzen...

Heinrich von der Losheide

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Hosen vs. Bruche+Beinlinge
« Antwort #29 am: 13. August 2008, 12:30:40 »
martin..pm..die ich dir diesbezüglicch auch an herz gelegt hätte  ;)
Nie zu Fall und nie aufs Knie, es lebe die Templer Infantrie!