Autor Thema: Musik bei den Templern  (Gelesen 16827 mal)

fahrender Scholar Gerlach

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Musik bei den Templern
« Antwort #30 am: 17. Juli 2008, 10:02:47 »
Guckt auch nochmal in den oben zitierten Thread.
Nicht weil er von mir ist, sondern weil ich dort den Booklettext online gestellt habe.
Darin erfährt man einiges zur Musik und deren Hintergrund und zu welchen Anlässen welche der Lieder gesungen wurden:
Booklettext der Templer-CD

Einfach mal versuchen zu übersetzten, auch mit schlechtem Englisch, meins ist auch nicht sehr gut. Aber man kann einiges nachvollziehen und dadurch das Thema besser verstehen

Mir scheint, manche vergessen beim Thema Templer kurzzeitig, das es ein christlicher Orden war, die Mitglieder im Grunde also auch Mönche und dazu gehört Singen zu bestimmten Anlässen nach eingener Liturgie als wichtiger Bestandteil dazu. Klar konnte man auch mal zu Stärkung des Kampfesmutes und in Ermangelung des regelmäßigen Kirchenbesuchs (z.B. im Feld) ein gemeinsames Buß- und Erbauungslied singen, aber die wichtigen Feiertage des Kirchenjahres waren mit bestimmten Gesängen genauso zu begehen wie bei anderen Orden.

Das alles ist eben auch Templermusik, m.E. muss man hier zuerst den Mönch und erst dann den Krieger sehen. Leider gibt es dazu auf Deutsch nichts populärwissenschaftlich geschriebenes.
der lîp will gerne fehten an die heiden:
sô hât jedoch daz herze erwelt ein wîp...
(Friedrich von Hausen, Dichter im Gefolge Barbarossas)

fahrender Scholar Gerlach

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Musik bei den Templern
« Antwort #31 am: 17. Juli 2008, 10:13:50 »
Übrigens habe ich vor kurzem unserem dörflichen Kirchenältesten vorgeschlagen, dass man eine kleine Templer-thematisierte "Aktion" in unserer hübschen Dorfkirche  druchführen könnte. Ein Höhepunkt hätte das gemeinsam Hören der Ensemble Organum CD in kerzenerfülltem Ambiente sein sollen.
Die Musik sagte ihm nicht zu und die Pastorin war offenbar nicht begeistert vom Thema. Naja, die Templer sind wohl doch Ketzer und Häretiker und sowas "Modernes" wie meine Idee, alte Musik zu spielen, passt nicht zum heiligen Ort.

Mich wunderts nicht, dass der organisierten Großkirche die jungen Leute wegbleiben...
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Daniel

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Musik bei den Templern
« Antwort #32 am: 17. Juli 2008, 10:50:50 »
Ich glaube das ist eher ein Problem des individuellen Kirchenmannes/Frau.

Wenn man sowas macht erregt man Aufmerksamkeit und muss sich erklären und Begründen. Und darauf haben die meisten keine Lust und scheuen Auseinandersetzungen. Der einfache Weg ist dann halt "Das haben wir noch nie gemacht, also tun wirs jetzt auch nicht!"
Das sind halt alles auch nur Beamte (jedenfalls geistige).

Es gibt aber Gott sei Dank Ausnahmen! Bei uns in der Gemeinde hatten wir so eine. Er hat sich speziell für die Jugend sehr aufopfernd eingesettz und wurde dann genau deswegen abgesetzt. Fakt ist nämlich, wenn eines der Schäfchen zu weit vorprescht, müssen entweder alle anderen nachziehen oder das eine Schäfchen wird beseitigt, damit die Herde wieder als geschlossener Block dasteht.

So ist das halt! :(

Gruß
Daniel
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fahrender Scholar Gerlach

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Musik bei den Templern
« Antwort #33 am: 17. Juli 2008, 12:22:45 »
Das  kann man nur unterschreiben. Leider.
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Sareth

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Musik bei den Templern
« Antwort #34 am: 17. Juli 2008, 12:55:48 »
Hallo, ich hab euch das Booklet mal übersetzt:

Sehr wenige liturgische Handschriften mit Bezug zu den Templern sind erhalten geblieben.
Jene, die wir für dieses Programm benutzen stammt aus dem 12. Jh. Es ist das älteste musikalische Manuskript, das in der Heilig-Grab-Kirche in Jerusalem in Benutzung war. An diesem Ort legten die Orden der Templer und Johanniter die Fundamente ihrer Spiritualität.

Durch den Herzog von Aumale Ende des 19. Jh.s erworben, wird die Handschrift heute im Schloß Chantilly aufbewahrt. Es ist ein Brevier mit Noten aus den Anfängen der Quadratnotation, die sich im Milieu Pariser Musiker entwickelte. Alle stimmlichen Feinheiten des Gesangs tauchen auf, und aus diesem Gesichtspunkt ist dieses Buch außergewöhnlich, denn die aus dieser Epoche erhalten gebliebenen französischen Musikzeugnisse sind rar.

Die Templer, deren erste Aufgabe die Verteidigung der Heiligen Stätten war, nahmen die Liturgie der Kanoniker des Hl. Grabes als Vorbild, wie es der Beginn ihrer Regel präzisiert. (Dann folgt das Regelzitat, brauch ich nicht wiederholen, das kennt ihr ja).

Auch in Kriegszeiten pflegten die Templer eifrig die Liturgie. Während des fünften Kreuzzuges, bei der Belagerung von Damietta, wurde ein nächtlicher Einfall der Muslime vereitelt, weil die Templer im Kapellenzelt des Ordens dabei waren, die Matutin zu feiern. So konnte der Angriff sofort zurück geschlagen werden, weil sie auch während des Offiziums Waffen trugen.

Für dieses Konzert haben wir uns auf das Offizium der Transfiguration beschränkt, welches bei den Templern besonders verehrt wurde, und das in der Liturgie des Hl. Grabes eine Wiederholung des Dreieinigkeits-Offiziums war. Darin muß man, an einem besonders sensiblen Ort, eine Art der Bekräftigung der Verbindung von Dreieinigkeitsoffenbarung mit der Verklärung Christi sehen. Erstere besonders an die Muslime gerichtet, letztere an die Juden.
Der Text ist extrem militant und die unterliegende Musik ist schwermütig, langsam und feierlich. Sie drückt mit einer seltenen Gewalt das religiöse Gefühl aus, das die Diener des Templerordens beseelte.

Über diese Musik, die manchmal rau klingt, wie aus dem Felsen geschlagen, scheint der Glaube der Mönchsoldaten durch, die durch ihre Gesänge die göttliche Majestät zu verherrlichen suchten.

---> nun, es ist die Liturgie der Grabeskanoniker, die Autoren hätten es auch als "GEsang der Kanoniker vom Hl. Grab" verkaufen können, aber da hätten sich wohl nicht soviele interessiert. Die Verbindung zu den Templern liegt allein in der Passage der Ordensregel. Aber es ist dabei nicht klar, in wie weit die liturgischen Bräuche übernommen wurden. Es kann sich dabei auch um die ANzahl der Psalmen, die zu feiernden Festtage etc. handeln. Daß Templer diese Musik genau so gesungen haben, ist NICHT mit Eindeutigkeit zu sagen. Ich finde den Titel der CD irreführend....

fahrender Scholar Gerlach

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Musik bei den Templern
« Antwort #35 am: 17. Juli 2008, 13:13:31 »
Wunderbar - vielen vielen Dank, beste Sareth.
Das hilft wirklich weiter, sehr grosszügig von dir.

Allerdings würde mich furchtbar interessieren, woher der Rezensent bei tonspion diese Informationen hatte, die er in die Kritik zur CD eingearbeitet hat:

"Man muß sich das ganz archaisch vorstellen: Die Templer traten in einer Art Halbkreis zusammen, um zu singen. Die Rhythmusgebung erfolgte durch ein kollektives Wippen, wobei der Körperschwerpunkt immer von links nach rechts und zurück verlagert wurde. Die Art von Intensität, zu der der dogmatisch-ekstatische Katholizismus im Hochmittelalter fähig war, ist uns vielleicht nurmehr vorstellbar, wenn wir einem Derwisch oder einem Voodoopriester zusehen würden. Das ist aber genau die Stimmung, die vom Ensemble Organum hier perfekt vermittelt wird."
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Sareth

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Musik bei den Templern
« Antwort #36 am: 17. Juli 2008, 15:21:08 »
Ja, das würde mich auch interessieren....
Zeitreise?  *smoky* Ich habe das noch nirgendswo gelesen... und das Mönche 'kollektiv wippen' höre ich auch das erste mal.....

Heinrich von Hohenfels

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Musik bei den Templern
« Antwort #37 am: 18. Juli 2008, 08:26:07 »
Da haben sich bestimmt mal ein paar Zulus verirrt und die Kanoniker vom hl. Grab haben sich dann bei deren Wipptänzen was abgeschaut.

:-)

Da haben wir es wieder, man drücke eine angesagte "Marke" auf und schon verkauft es sich.

fahrender Scholar Gerlach

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Musik bei den Templern
« Antwort #38 am: 06. August 2008, 19:41:56 »
Ich habe nochmal den kompletten Booklettext mit meinen bescheidenen Mitteln studiert.
Das Tanzen (Wippen usw.) gehört schon dazu, es ist offenbar belegt.

Im Booklet heißt es:
"It is necessary to combine the data provided by palaeography with the art of marking rhythm, which in religious chant has its own name, the tripudium. This is not merely time-beating, but a movement of the whole body, a swaying motion which consists in shifting the body's centre of gravity from one leg to the other. This essential element for understanding the rhythmic organisation of the chant of this period has unfortunately not received sufficient attention from those who study the different types of plainchant. The way in which the theorists of the twelfth and thirteenth centuries describe the formation of the rhythmic architecture of polyphonic chant is a further fundamental element for deciphering this music."

Der komplette Text ist hier:
Booklet Templer-CD

Wenn jemand einmal gekonnt das ganze Booklet übersetzen würde, sähen wir vielleicht alle etwas klarer, was das Thema betrifft?
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Siegfrud von Burgund

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Musik bei den Templern
« Antwort #39 am: 06. August 2008, 20:30:36 »
@Heinrich: "Für das "non nobis" vor der Schlacht gibt es einen Beleg". Hast Du diesen? Gibt es Noten UND Text dazu? Ich meine mit "Text" auch eher Wieviel Text wurde gesungen?! (Das es sich um Psalm 115 handelt ist ja klar. )

@sareth: PN

Heinrich von Hohenfels

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Musik bei den Templern
« Antwort #40 am: 07. August 2008, 13:15:24 »
Nein, ich habe keinen Text und auch keine Melodie.

Der Beleg ist die Erwähnung eines Pilgers des 12. Jahrhunderts, dass die Templer vor der Schlacht das Non Nobis gesungen haben.