Autor Thema: Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)  (Gelesen 22365 mal)

Xardas

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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #15 am: 13. August 2006, 00:23:59 »
Ich bin mir niht sicher aber ich glaube im 12 Jahrhundert sind Hosen noch vertretbar aber Beinlinge kommen zu dieser Zeit in Mode. Im darauf folgenden Jahrhundert wurden die Schnitte von kleidungsstücken raffinierter und auch hosen kamen außer gebrauch.

Benedikt von Söllbach

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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #16 am: 13. August 2006, 13:52:56 »
Hm, nachdem der "Hortus Deliciarum" aber auf 1175 - 1195 im Elsass datiert ist, sollte doch eine Hose für mich noch tragbar sein?
Hast du genauere Jahreszahlen bezüglich des Übergans vond er Hose zu Bruche/Beinlinge?

[Edit] Ich habe vergessen, meine neuen Erkenntnisse hier einzutragen: Laut Aussage eines anderen Darstellers, der sich mit Untergewandung auseinandergesetzt hat, handelt es sich nicht um eine Hose sondern eine lange Bruche.
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Benedikt von Söllbach

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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #17 am: 13. September 2006, 15:52:31 »
Hat zufällig jemand Schnittmuster in digitaler Form parat, die belegt sind?

Ich habe kürzlich von einem Schnitt gehört, den Sarah Thursfield beschreibt. Dieser Schnitt ist offenbar historisch belegbar.
Er ist recht einfachund leht nich an der mittelalterlichen Webbreite an:
eine 80cm mal X (X ist die spätere Länge) Stoffbahn wird in der Länge gefalten.
Danach wird oben noch ein Loch eingearbeitet, das den Bruchenbund (Schnürung) beinhaltet.
Die Beine werden dann nach unten geklappt, wodurch sich eine gewisse Weite im Schritt ergibt.

Ich spiele mit dem Gedanken, diesen Schnitt zu rekonstruieren, denn auf der Schenkelinnenseite sind keine Nähte vorhanden, was sich einerseits mit dem Bild aus dem Hortus (siehe oben) deckt und andererseits beim Reiten positiv auswirken dürfte. Die Seitennähte werde ich ebenfalls zunähen, weil ich das aufgrund des Hortus-Bildes so interpretiere.
Ich gehe davon aus, dass über so einer Bruche keine Beinlinge getragen wurden.

Was haltet ihr von diesem Schnitt und meinen Ideen? klingt das plausibel, oder gibt es historische Fehler?

Hier die Zeichnung des Schnittes von S. Thursfield:
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Mutter Elisabeth

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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #18 am: 13. September 2006, 17:37:59 »
Wenn ich jetzt gleich den zweiten Ärmel angefrickelt habe, werde ich mich exakt an diese Bruche machen...
Ein Träger einer solchen kleidsamen Buxe gab mir noch den Tip, am Bündchen (dort wo die Seitennähte auf den Tunnelzug treffen) kleine Geren (ca 15 cm) einzusetzen, dieses erhöht den Tragekomfort.
Da er eben jenen Tragekomfort und die Haltbarkeit dieser Bruchenform lobte, entschloss ich mich, dem Kämpen, der gewandungstechnisch meiner Hilfe bedarf, ein so hübsches Schlüpferchen zu machen..

Ich benutze Stoff mit einer Länge von ca 2,40 Meter und einer Breite von etwa 1,60 Meter.
Von diesem Stoff schneide ich der Länge nach zwei Streifen von ca. 15 cm ab.
Aus diesen Streifen werden der Tunnelzug und die dazugehörige "Kordel" gefertigt.
Von dem Stück, das nachher den Tunnelzug darstellt, wird am Ende ein Quadrat 15/15 cm abgeschnitten..daraus werden die Geren.
Der Rest des Stoffes wird so verarbeitet, wie auf den erfreulich deutlichen Bildern von Bruder Benedikt.
Ich bin mit dem Stoff daher so großzügig, da der von mir versorgte Bruder darüber seine Beinlinge tragen wird.
Die Seitennähte werde ich daher ungefähr nur bis zur Hälfte (etwa Kniehöhe) schließen, damit er sich den unteren Teil der Bruche wie gewohnt um die Waden wickeln kann..

Bruder Benedikt: wenn du mit der Bruche reiten möchtest, solltest du bei der Auswahl des Stoffes sehr sorgfältig sein. Scheuernde Falten an empfindlichen Stellen können mehr als nur nur lästig sein..diese Bruche wirft mehr Falten im Schritt, als die derzeit Verbreiteten..

Wir meinen, in zahlreichen Darstellungen einzelner Bauern genau diesen Schnitt identifiziert zu haben. Erkennbar dadurch, dass die Beinöffnungen AUSSEN zu liegen scheinen.
Ansonsten finde ich die Rekonstruktion einer Bruche sehr kompliziert, da durch den reichen Faltenwurf ein Schnittmuster nur sehr schwer abzulesen ist..
genaue Quellen folgen..

Benedikt von Söllbach

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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #19 am: 14. September 2006, 11:46:31 »
Danke für den Beitrag!
Rekonstruierst du eine kurze "standardbruche" oder auch die lange aus dem Hortus? (ich bin nicht sicher, auf was dein "exakt diese Bruche" abziehlt - den Schnitt oder die Quelle)

Noch eine Anmerkung, die ich mal im Flinkhand-forum gelesen habe: Leinenknoten soll sich wohl recht zusammenziehen, wenn sie nass werden - vielleicht ist ein Seil/gürtel für die Schnürung besser geeignet.
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Dienender Bruder - was hatte man drunter? (Bruche, Hemd, Cotte...)
« Antwort #20 am: 15. September 2006, 10:54:25 »
Noch eine Frage - wo baust du die Geren denn ein? Bei obiger Skizze kann ich keine Geren finden?
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Mutter Elisabeth

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« Antwort #21 am: 15. September 2006, 11:46:02 »
*exakt diese Bruche" bezieht sich auf den Schnitt, wobei ich diesen in verschiedenen Längen gesehen habe. Ich werde die Bruche ungefähr wadenlang machen. Sie endet unten zipfelig, eine genaue Längenangabe ist schwierig. Der Träger ist ein großer Freund des "Rollens", ich gehe davon aus, dass er sich die Bruche dann auf die gewünschte Länge einrollt...

@Leinenschnur mit Knoten drin: Dann muss der Gute halt sehen, dass ihm die Buxen trocken bleiben.. *alleswirdguut*
Ich schätze aber sowieso, dass er die Kordel gegen einen Gürtel eintauschen wird. Ich trau ihm nämlich durchaus zu, dass er an den Bruchengürtel auch noch seine Kettenbeinlinge ranknöpert...

Die Geren waren ein heißer Tip von jemandem, der diesen Bruchentyp bereits ausprobiert hat. Sie sind spitzwinklig, dreieckig und werden, mit der Spitze nach unten, oben in die Seitennähte eingefügt, so dass die schmalste Seite des Dreiecks am Bündchen liegt. Der Zweck der Geren ist es, die Belastung, die auf den Seitennähten liegt (besonders an dem Punkt, wo der Tunnelzug auf die Seitennähte trifft) zu verteilen.

Ob man darüber Beinlinge trägt??? Ööööhm, eine Bruche ist ja eigentlich eine Unterhose...

Und... ich stellte dem jungen Mann eine reichlich indiskrete Frage, die er mit "na einfach durch die Beinöffnung" beantwortete..daher die Seitennähte nicht vollkommen schließen. Denk daran, dass man(n) manchmal einen beherzten Griff, ähnlich wie ein Griff in die Hosentasche, macht..damit soll auch das Anpeilen eines eher kleinen Baums kein Problem darstellen.

Benedikt von Söllbach

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« Antwort #22 am: 19. September 2006, 12:56:30 »
Danke für die Info! Ich bin schon fleissig am Nähen :)
Der Mann im Hortus Deliciarum trägt jedenfalls keine Beinlinge darüber, die Bruche ist knöchellang.
Aufgrund der Abbildung komme ich übrigends zu dem Schluss, dass die abgebildete Bruche zu den Füßen hin enger werden muss, da das ansonsten recht schlackert.
Kleine Zipfel sind zwar zu sehen, aber wenn man die 80cm-Bahn gerade vernäht, sind das dermassen große Zipfel, dass das mit der Abbildung unvereinbar ist.
Die 80cm braucht man allerdings für die Oberschenkel und die Bewegungsfreiheit am Knie.
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Benedikt von Söllbach

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« Antwort #23 am: 24. September 2006, 14:12:19 »
So, die Bruche aus dem Hortus Deliciarum ist fertig rekonstruiert:
Der Ledergurt ist nur provisorisch und wird demnächst durch eine Schnur aus Wolle ersetzt.
(näheres Nachzulesen unter: Benis Mittelaltertagebuch )

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« Antwort #24 am: 24. September 2006, 16:36:22 »
Ja, an dieses Bild habe ich gedacht, danke für's Einstellen..
"Meine" Bruche springt derzeit auf einem Event herum, ob sie passt, weiß ich noch gar nicht..Sie ist allerdings etwa doppelt so voluminös geworden, wie Deine..*ggg*
Ich hoffe, demnächst Fotos einstellen zu können..



edit: ich hab mir gerade deine Arbeit (Nähte!)angeguckt..DAS IST JA DER KNALLER! Herzlichen Glückwunsch, es sieht sehr schön aus..

Benedikt von Söllbach

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« Antwort #25 am: 25. September 2006, 08:25:10 »
Oh danke für das Lob! *demütigverneig*
Ich gebe mein Bestes!

Mein Schnitt ist bis zu den knien aus 80cm Breite gearbeitet, ab dort wirds karrottig zu 60cm.
Für meinen Geschmack ist das am unteren Beinende immer noch etwas zu voluminös, aber ich denke, dass es so der Abbildung am nächsten kommt. Ausserdem hat man so genug Beinfreiheit für Kämpfen o.ä.
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Lena von Schönau

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« Antwort #26 am: 26. September 2006, 20:04:37 »
Benedikt, das sieht toll aus!!!!!

Bist du auch schon mal in die tiefe Hocke gegangen??? Ich mein wegen der "Reißgefährdung"!

Falls da nichts reißt, wirst du Nachahmer finden, das kann ich beschwören!

Nur die lästige Wollschnur mag ich dir (trotz "a") so gar nicht empfehlen, entweder du holst die vor dem Waschen immer raus und pfriemelst sie hinterher wieder rein, oder sie verfilzt bis zur Unkenntlichkeit und man kann sie nicht mehr gescheit festbinden....

Das Bild sieht mir auch so aus, als wäre die Bruche mit nem Leinengürtel festgebunden??? Könnte das sein???

Benedikt von Söllbach

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« Antwort #27 am: 26. September 2006, 20:22:30 »
Hm, also Karin macht mir jetzt dann eine Brettchenborte, mit der ich dass dan gürten werde.

in die Hocke bin ich gerade (extra für dich) gegangen: da reisst nix. Es spannt nicht mal nennenswert :)
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« Antwort #28 am: 26. September 2006, 20:31:01 »
Danke, dann näh ich ab sofort nurnoch diese Sorte Bruche!!!

Brettchenborte???
Meinst du, daß ein armer Ritter des Tempels solchen Zierrat hatte?
Ist ja schon ein aufwendiges Teil, auch ohne Muster....

P.S. Du bist soo lustig, läuft du jetzt daheim abends mit Bruche rum??? Hmmmm...erinnert mich an einen meiner Mitbrüder, ihr seid doch seelenverwand, was das angeht! Oder hast du die extra angezogen?

Benedikt von Söllbach

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« Antwort #29 am: 26. September 2006, 22:45:55 »
Öh, ich hab sie extra nur für dich angezogen, aber sie lag noch offen herum. :)
Hm, das mit der Borte ist eine gute Frage. Ohne Muster in uni-weiss sollte aber kein Zierrat sein.
Soweit ich das jetzt von Karin weiß, waren Brettchenborten um die Zweit eh nicht als verzierung im Einsatz.
Die Frage ist, was sonst in Betracht kommt, da von eine Kordel eher abgeraten wurde und ein Ledergürtel unpraktisch ist, wegerm Verschluß.
Was zum knoten wäre schon eine Gute Lösung.

Ich habe da aber nicht so viele Erfahrungen und hoffe jetzt auf einen guten Tipp *mitdemzaunpfahlwink*
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