Autor Thema: Papst Clemens V.  (Gelesen 15431 mal)

Neithan

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Papst Clemens V.
« Antwort #15 am: 24. Juli 2006, 23:44:48 »
Ich habe doch klar gesagt dass man zwischen dem Urteil gegen die Ordensbrüder und zwischen dem Urteil gegen den Orden unterscheiden muss. Denn es gab zwei gesonderte Verfahren eines gegen den Orden und ein gesondertes Verfahren gegen die Ordensbrüder.
Sicher war er für den Schutz des Ordens verantwortlich allerdings wurde der Orden der Häresie angeklagt und daher musste er diesem Vorwurf nachgehen da er sonst selbst der Häresie angeklagt worden wäre.
gruß Neithan

Richard von der Au

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Papst Clemens V.
« Antwort #16 am: 30. Juli 2006, 22:59:21 »
Ich habe die Erklärung aus dem Vatikanischen Archiv gelesen.
Für mich sind dort mehr oder minder folgende Fakten dargestellt:

1.) der Pabst verfolgte die Strategie einer Neuorganisation der beiden größten Ritterorden.
2.) ein Reaktivierung des Ordens seitens des Pabstes wäre jederzeit wieder möglich.

Darüber hinaus sollte man auch noch bedenken, daß die Templer ihre Hauptaufgabe verloren hatten und weitere Kreuzzüge nicht mehr en vouge waren. Die Ritterorden stellten somit kampfbereite Armeen ohne direkte Aufgabe dar. Diese Situation konnte von den damaligen Machthabern und somit auch vom Pabst nicht toleriert werden.

Deshalb zeigt sich meines Erachtens die Schwäche von Clemens V nicht darin, daß er die Templer nur unzreichend verteidigt hat, sondern, daß er nicht in der Lage war ihr Machtpotential zwar zu reduzieren aber für die Kirche zu erhalten.

Gruß
Richard

Neithan

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Papst Clemens V.
« Antwort #17 am: 31. Juli 2006, 00:24:17 »
Die Idee mit der Vereinigung der Ritterorden ist nicht erst zur Zeit von
Clemens V. sondern stand schon länger im Raum.
Ich bezweifle, dass es so einfach möglich wäre einen aufgelösten Orden wieder zu reaktivieren.
Auch verstehe ich nicht ganz warum der Orden auf einmal vom Pabst nicht mehr toleriert werden konnte. Wo es doch immer noch darum ging einen neuen Kreuzzug zu organisieren. Zu diesem Zweck sollten die Orden doch vereinigt werden.
Auch eine Machtreduktion wäre meiner Meinung nach nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Auch weiss ich nicht wie dass in der Praxis hätte umgesetzt werden können.
gruß Neithan

Richard von der Au

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Papst Clemens V.
« Antwort #18 am: 01. August 2006, 09:18:11 »
Hallo Neithan,

ich kann nicht sagen ob es leicht ist, aber ich zitiere mal die entsprechende Textpassage aus der offiziellen Hpmpage des vatikanischen Archivs.

"Ohne ihn zu verdammen noch abzuschaffen isolierte er ihn vielmehr dank eines wendigen Kunstgriffs des kanonischen Rechts und versetzte ihn in eine Art von “Winterschlaf”. Nachdem Clemens V. ausdrücklich erklärt hatte, der Prozess hätte nicht die Anklage der Häresie bewiesen, löste er dann den Orden der Templer auf, und zwar in einem nicht endgültigen Urteilsspruch, den ihm die äußerste Notwendigkeit auferlegt hatte, um eine ernste Gefahr von der Kirche abzuwenden."

Ein nicht endgültiger Urteilsspruch ist prinzipiell aufhebbar. Ich bin kein Kirchenjurist, aber basierend auf meine katholische Erziehung wage ich die Behauptung, das eine päpstliche Entscheidung nur durch eine Ebensolche revidiert werden kann. Es hängt somit von der Meinung einer einzigen Person ab.

Man hat mit Sicherheit über weitere Kreuzzüge nachgedacht. Aber ich glaube nicht, daß sich dafür eine tragbare Mehrheit gefunden hätte.
Die Spanier waren damit beschäftigt ihren Erfolg über die Mauren zu festigen. Die Engländer waren mit den Schotten und die Deutschen mit sich selbst beschäftigt. Philip der Schöne hat diese Situation zum Ausbau und Festigung seiner eigenen Machtbasis genutzt. Die italienischen Stadtstaaten waren an einer Sicherung Ihrer Handelsruten interessiert. Das Ende des Investiturstreits 1122 hat zwar den status der kirchlichen gegenüber der weltlichen Macht verbessert aber nicht gefestigt. Um das Überleben der Kirche zu sicher war dies aber oberstes Ziel. Meiner Meinung nach hätte ein weiterer Kreuzzug keiner der Parteien einen echten Vorteil gebracht. Wenn man die Fiasken der letzten Kreuzzüge betrachtet, war eher das Gegenteil zu erwarten.

Da somit keine wirklich realistische Aussicht auf einen weiteren Kreuzzug bestand stellten die Ritterorden plötzich eine weitere Machtkomponente dar, die die jeweiligen Fürstenhäuser als Bedrohung ansahen. Die Deutschritter haben sich mit ihren Abwendung in den slawischen Raum aus diesem Spiel verabschiedet. Die Johanniter wurden durch die Eroberung von Rhodos und ihre damit offensichtliche Ausrichtung in die Levante für die politischen Mächte wieder kakulierbar.

Durch den hohen Anteil von fränzösischen Adligen innerhalb der Tempeltitter war das politische Risiko für Frankreich auch am Höchsten. Für den Pabst wiederum ging die größte Bedrohung aus dem Kaisertum aus. Somit machte eine Zuwendung zum bestmöglichen Gegenpol Frankreich durchaus Sinn.
Betrachtet man die Geschichte aus diesem Winkel entsteht der Verdacht, daß bei Clemens nicht unbedingt ein Interesse in der Erhaltung des Ordens bestand.

Lange Rede kurzer Sinn. Meine Kernaussage soll eigentlich sein, daß man sich nicht unbedingt darauf verlassen sollte wie Personen in Geschichtsbüchern charakterisiert werden, den auch andere Beispiele zeigen, daß hierbei sehr oft die öffentliche Meinung, aber nicht die tatsächliche Leistung wiedergegebn wird. Auch heute gilt noch was für den Staat gut ist muss nicht beim Volk beliebt sein.

Gruß
Richard

Neithan

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Papst Clemens V.
« Antwort #19 am: 01. August 2006, 11:53:16 »
Wie ernsthaft ein neuer Kreuzzug wirklich in Betracht gezogen lässt sich so einfach nicht sagen. Wenn man sich die Konzilsakten anschaut kann man nur feststellen, dass die Kreuzzugsfrage ganz oben auf der Tagesordnung stand.
Deine ganzen Ausführungen zu den Machtinteressen der Fürsten ist sicher nicht falsch, aber dies als einzigen Maßstab zur Bewertung der damaligen Handlungen zu nehmen ist meiner Meinung nach zu einfach.
Was die Vereinigung der Orden angeht muss man wissen dass Karl II. der König von Neapel eben genau diesen vorschlag machte.
gruß Neithan

Richard von der Au

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Papst Clemens V.
« Antwort #20 am: 02. August 2006, 07:58:13 »
Hallo Neithan,

mein Ansat basiert auf der Erfahrung aus 25 Berufsjahren, daß der Mensch in Punkto Machtbesessenheit recht einfach gestrickt und wenn man seine diesbezüglichen Hauptziele kennt auch recht berechenbar ist.
Aber dennoch gebe ich dir Recht, daß ich es mir etwas zu einfach gemacht habe. Ich habe z.B. die Templer selbst in dieser Frage einfach als Spielball der Mächtigen gesehen und somit deren Verhalten als für die Beurteilung irrelevant eingestuft. Als ich darüber nachgedacht habe in wieweit du mit deinem Einwand recht haben könntest ist mir folgender Widerspruch in meiner bisherigen Argumentationskette erst bewust geworden. Wenn ich recht haben sollte mit meiner Annahme, daß die Templer wegen Ihres Gefährdungspotentials für die politische Ordnung eliminiert wurden, dann stellt sich die Frage warum dann nicht mehr Widerstand geleistet wurde. Die schlüssigste Antwort hierzu wäre, daß das dafür erforderliche Machtpotential nicht mehr vorhanden war. Dies würde aber automatisch zur Folge haben, daß keine Gefährdung mehr existent wäre. Einziger momentan für mich erkennbarer Ausweg aus dieser Missere ist, daß doch das liebe Geld Hauptantriebsfeder war. Allerdings will ich immer noch nicht so recht daran glauben.  *pope*

Gruß
Richard

erec

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Papst Clemens V.
« Antwort #21 am: 02. August 2006, 09:02:13 »
zum mangelnden Widerstand-
1. Vermutung: Weil man sich auf den vermeintlich loyalen Papst verlassen hat?

2. Vermutung: Weil konzertiert quer durch Europa die logistische Struktur in einem Handstreich lahmgelegt war, indem - bewußt/zufällig jene handvoll Schlüsselstellen interniert waren, die über die Notkommunikationsmedien Bescheid wußten und in der Folge als...
...
3. Vermutung: Sieben Jahre ohne Koordination die beste Struktur zerrütten.
Nur mal so phantasiert, ohne die bestimmt vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen zu kennen (vielleicht in den regionalen mediavistik-Instituten nachfragen???)

Neithan

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Papst Clemens V.
« Antwort #22 am: 02. August 2006, 09:54:23 »
Nach den mir bekannten Quellen hat sich vor allem Jacques de Molay und damit auch der Orden auf den Schutz des Pabstes verlassen.
Wann wurde denn in einem konzentriertem Handstreich die Logistik in ganz europa lahmgelegt.
Die Verhaftungen beschränkten sich auf Frankreich.

volfing

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Papst Clemens V.
« Antwort #23 am: 02. August 2006, 10:55:58 »
Eine hervorragende Quelle zum Thema!

Müller, Ewald, "Das Konzil von Vienne 1311-1312". Seine Quellen und seine Geschichte.
Erscheinungsjahr: 1934, Verlag der Aschendorffschen Verlagsbuchhandlung.  

Müller hat hier eine umfangreiche Dissertation zum Thema geschrieben, die aber leider nur noch über den Antiquariatshandel erhältlich ist.
Hier werden die Vorgeschichte zum Konzil, die Verhöre, für und wider den Orden, sowie auch das Agieren Philips und der Druck auf Clemens sehr schön recherchiert dargestellt.

Eine sehr gute Arbeit zum Thema liefert auch folgendes Buch, das im Handel noch erhältlich ist:

Krück von Poturzyn, Maria J., "Der Prozess gegen die Templer", Ein Bericht über die Vernichtung des Ordens.
Verlag am Goetheanum, ISBN:  3-7235-1178-3
Einband :  Paperback, 254 Seiten, 11 schwarz-weiß und 5 farbige Abbildungen - 21 × 14,8 cm, 3. Auflage 30.04.2003
der volfing

erec

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Papst Clemens V.
« Antwort #24 am: 02. August 2006, 11:09:54 »
Zitat
Original von Neithan
...
Wann wurde denn in einem konzentriertem Handstreich die Logistik in ganz europa lahmgelegt.
Die Verhaftungen beschränkten sich auf Frankreich.

... Nachdem man sie aus allen Richtungen ansprengen hatte lassen.
Woher kam denn gleich J.d.M.?

Und : Um eine MA-Struktur zusammenbrechen oder zumindes handlungsunfähig werden zu lassen, die sich nicht wie heute auf Internet und Handys stützen kann sondern auf Pferde, Reiter und Pergament angewiesen ist, braucht man vermutlich nur vier, fünf Kommunikationsknoten zerstören/unbrauchbar machen.

Erec

Neithan

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Papst Clemens V.
« Antwort #25 am: 02. August 2006, 12:27:17 »
Sicherlich kaum Jacques de Molay aus Zypern angereist, aber doch weil er als Großmeister den Anschuldigungen begenen musste.
Was die Zerstörung der Kommunikationswege angeht, hast du in soweit recht dass es einfacher als heute war Leute von Nachrichten abzuschneiden. Allerdings hatte auch der Großmeister einen Stellvertreter der die Geschäfte weiterführte. Einen zweiten Punkt solltest du aber auch nicht vergessen Kommunikation funktioniert immer in zwei Richtungen, d.h. bis die Information über den Ausfall von "Knotenpunkten" im letzten Winkel bekannt war dauerte es ebenfalls seine Zeit und irgendwie hat das Leben bis dahin ja auch funktioniert.
gruß Neithan