Die Entwicklung der Schwerter ab dem 11. Jahrhundert geht ja gerade hin zum Stich als potentiell panzerbrechendem Angriff, daher die rhombischen Klingenquerschnitte, die allmäglich die Hohlkehlung verkürzen.
Nach meinen Rechercheergebnissen tauchen die rhombischen Klingenquerschnitte erst deutlich später auf, als "ab dem 11. Jhd.".
Die häufigsten Klingenformen im Hochmittelalter dürfte der Oakshott Typ X, XI, XIa und XII gewesen sein. Dies sind alles Klingen die primär für den Hieb ausgerichtet waren und weniger für den Stich (auf "gerüstete" Gegner!). Ihre Orte laufen (auch bei erhaltenen Originalen dieser Zeit) in der Regel "rund" aus (Achtung! Die deutsche Oakeshott-Klassifikation auf wikipedia beschreibt das falsch! Sie spricht generell von einem spitz auslaufendem Ort. Genau wie bei den spätmittelalterlichen, primär für den Stich optimierten Schwertern... die hingegen laufen am Ort aber tatsächlich "spitz" aus! Den Unterschied sehr ihr aber gleich selbst). Aber ja, gelegentlich findet man auch um 1200 herum schon "wirklich spitze" Ausnahmen bei den Orten. Sie sind aber (meiner Meinung nach) nicht die Regel.
Erst im weiteren Verlauf des 13. Jhd. (primär ab der zweiten Hälfte) werden die Orte generell spitzer und die Klingen mit kürzeren Hohlkehlen (wie beim Typ XII zum Beispiel) versehen, um sie allgemein für den Stich zu optimieren (da die Körperpanzerung ja bekanntlich in diesem Zeitraum überarbeitet wurde = Stichwort Plattenrock, etc. und man mit hauen/schneiden nicht mehr sonderlich weit kam). Der Txp XII kann übrigens beides haben (jenachdem wann die Klinge im Einsatz war). Also einen eher runder auslaufenden, oder einen spitz auslaufenden Ort.
Nicht das wir uns falsch verstehen. Auch die rund auslaufenden Orte sind "spitz" (und scharf bis ganz nach vorn)! Aber sie sind nicht primär dazu gemacht, um z.B. Ringpanzergeflecht etc. zu durchbohren. Einen ungerüsteten Gegner konnte man damit aber auch locker "abstechen". Um aber Rüstungen im Stich zu penetrieren, benötigt es optimalerweise eine andere Form (und einen etwas anderen Aufbau der Klinge, aber dazu komme ich gleich noch).
Hier sieht man mal drei "rund auslaufende" Orte (von links nach recht) von scharf geschliffenen historischen Nachbauten der Typen XII, XI und X, wie sie um +-1200 herum im Einsatz gewesen sein könnten. Einige gut erhaltene Originale dieser Typen zeigen diese Ortform.
(Bildquelle: ich)
Ich möchte noch anmerken, dass die Gesamtlängen der einhändigen Schwerter im Zeitraum des Hochmittelalters im Schnitt bei um 100cm (+-5cm) lag. Lehnhart spricht im Durchschnitt sogar von 108cm Gesamtlänge (bei einer von ihm für sein Buch untersuchten repräsentativen Auswahl). Die frühen langen Schwerter (Typ XIIa und XIIIa) sind natürlich noch länger (aber dazu ein andermal mehr).
Nun Vergleichen wir auf einem weiteren Bild einmal direkt nebeneinder liegend (von links nach rechts) die Orte von hochmittelalterlichen Schwertklingen mit denen von spätmittelalterlichen Exemplaren. Man erkennt sofort einen Unterschied bei der Gestaltung der Orte (nämlich zwischen "rund- bzw- spitz" auslaufend). Auf den zweiten Blick fällt ebenfalls auf, dass die Klingenquerschnitte bei hoch- und spätmittelalterlichen Schwertern unterschiedlich sind. Dies hat etwas mit ihrem primären Einsatzzweck zu tun. Nämlich entweder dem Hieb- oder dem Stich (oder auch beidem, wie z.B. ab dem Typ XII beginnend und beim Typ XIV dann bereits schon oft erkennbar)
(Bildquelle: ich)
Hier noch ein Foto, dass eine "Gesamtansicht" zum besseren Vergleich zulässt. Die Reihenfolge der Klingen ist unverändert zu dem oberen Bild.
(Bildquelle: ich)
Bei den hier gezeigten Klingenformen handelt es sich (von unten nach oben) um einen Oakeshott:
- Typ XI (11. Jhd. bis um 1200, ballige Hiebklinge mit langer und recht breiter, teils auch fast bis zum Ort reichender Hohlkehle, GL = 101cm)
- Typ XII (ab 1175 bis ins 14. Jhd., ballige Hiebklinge mit langer (etwa 2/3 der Klingenlänge) Hohlkehle, teilweise bereits auch schon mit spitzem Ort (und einem kleinen, bereits rhombisch geformten, Klingenabschnitt direkt hinter dem Ort) für den Stich optimiert, GL = 102,5cm)
- Typ XIV (ab zweite Hälfte 13. Jhd. & 14. Jhd., letzter Klingentyp mit für ein Hiebschwert typisch balligem bzw. konvexem Klingenquerschnitt (hinter dem Ort bereits rhombisch), an der Basis sehr breite und kurze Klinge, sich zum Ort hin stark verjüngend, für Hieb und Stich geeignet, dieses Schwert wird auf 1300-1350 datiert, GL = 82cm)
- Typ XVIII (15. Jhd., rautenförmige, leicht konkarve Klinge, keine oder nur kurze Hohlkehle, für den Stich optimiert, die Vorlage zu dieser Schwertreplik wird auf das erste Viertel des 15. Jhd. datiert, GL = 87cm)
- Typ XVa (14./15. Jhd., rautenförmige, sehr spitz zulaufende Klinge, nadelförmiger Ort, keine oder nur kurze Hohlkehle, für den Stich optimiert, das Original wird auf um 1400 datiert, GL = 102cm)
- Typ XVIIIb (15./16. Jhd., langes Schwert mit langer und schlanker rautenförmiger Klinge, langer Griff für zweihändige Führung, dieses Exemplar wird im Original auf 1550-1580 datiert, GL = 124cm)
- Typ XVIIIa (15./16. Jhd., langes Schwert mit nun wieder breiterer Klinge, spitzer Ort mit dahinter liegendem rautenförmigen für den Stich optimierten Klingenteil, dahinter 1-3 Hohlkehlen an der breiten Klingenbasis, allgemein im gesamten kürzer als die XVIIIb Klinge, für Stich und auch wieder für den Hieb geeignet, dieses Schwert wird im Original auf 1520-1530 datiert und kann mit beiden Händen geführt werden, GL = 111cm).