Autor Thema: Der Schwertstreich und seine Folgen....  (Gelesen 29658 mal)

Lancelot Graf von Rothenfels

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« am: 10. März 2009, 11:19:48 »
Bei der Betrachtung diverser Filmchen stellt sich mir immer wieder die Frage welche Verletzungen wohl der klassische Schwertstreich nacj sich getragen hat.

Gibt es wen, der Feldversuche angestellt hat ( *blinzel zu "Benipedia" ) wie die Einwirkung eines Schwertstreiches auf Fleisch mit und ohne Kette ist.

Sind die berühmten  Szenen wo der Held inmitten von gefällten Gegnern bis zu den Knien im Blut steht ( leicht überzogene Darstellung  *smoky* ) Waffentechnisch überhaupt möglich ?

Durchdringt ein scharfes Schwert bei einem Schlag ein Kettenhemd überhaupt ?

Ich könnte mir vorstellen daß ein starker Streich auf ein gespanntes Kettenhemd durchdringt - aber tief genug um einen Gegner zu töten oder schwer zu verletzen ?


Eure Erfahrungen und Meinungen dazu bitte !
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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #1 am: 10. März 2009, 11:54:25 »
Also wir haben mal, mit einem scharfen Wikischwert auf ne Lammhälfte geschlagen, und das ging durch wie Butter auch durch die Knochen... allerdings ohne Kette...

kommt wahrscheinlich dann auch darauf an, wie hart der Schlag ist, wie scharf das Schwert, etc..
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Charles v. säbelberg

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #2 am: 10. März 2009, 12:07:14 »
Weehrter Bruder,

während meiner Zeit als Krieger im Namen Teutoniens,haben wir in der Flintkaserne Bad Tölz mit amerikanischen Einheiten versuche bezüglich Schutzwesten und auch Kettenschutz an Schweinen gemacht.Neben Schusswaffen kammen auch Hieb und Stichwaffen zum Einsatz.Dabei kam auch einer auf die Idee ein Schwert zu testen.Ein streich mit Schwert ging nicht so in die tiefe wie ein geziehlter Stoss mit dem Schwert.Aber wenn ein grösseres Gefäss erwicht wurde,spritzte es schon sehr.Das war den der Augenblick wo ich das setzen der Klemmen und die Naht am Schwein üben konnte.
Die Versuche wahren unter kontrolle von Tierärzten,die Tiere wurden vorher getötet und landeten Abends am Spiess.

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Charles

Lancelot Graf von Rothenfels

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #3 am: 10. März 2009, 13:02:40 »
An bloßem Fleisch ist die Wirkung sicher verheerend - aber wie sieht es eben mit Kette aus ?

An einer locker sitzenden Kette wird der Streich sicher nahezu ohne Folgen bleiben - aber an einem gestrafften, knapp sitzenden Kettehemd ?
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Benedikt von Söllbach

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #4 am: 10. März 2009, 13:16:49 »
Auch ein locker sitzendes Hemd wird kaum Wirkung gegen die Stoßkräfte haben.
Das KH schützt vor allem gegen Schnitte, also schlechtpaltzierte und abgewehrte Hiebe.
Wissenschaftler gehen heutzutage davon aus (auch wegen Experimenten), dass ein gezielter Kräftiger hieb durchaus ernste Schnittverletzungen nach sich zieht. Die Bilder in der Kreuzfahrerbibel, wo Kettenbewehrte Gliedmaßen abgetrennt werden, scheinen also durchaus möglich gewesen zu sein.

Nen Link habe ich jetzt leider gerade nicht parat :(
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Charles v. säbelberg

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #5 am: 10. März 2009, 19:45:31 »
So ist es Benie,

bei unseren Versuchen in deiner Heimat hatten wir genau dieses Resultat.Nur gezielte Hiebe oder Stösse führten zu grossen Verletzungen,egal ob Kettenhemd oder Kevlarschutzweste.

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Charles

William

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #6 am: 11. März 2009, 00:49:48 »
Hallo Lance,

ich denke es kommt immer darauf an wo der Treffer landet - ist ein Knochen oder Gelenkt dicht unter der Kette kanns durchaus auch mal durchgehen - bei einem Hieb am Bauch wohl kaum.

In "Königreich der Himmel" bekommt Ibelin, bei der Fahne, ja einen Streich am Unterarm, der die Kette ins Fleisch treibt und eine schöne Platzwunde macht - das erscheint mir recht realistisch dargestellt!

Ein Hieb auf das Schulter-, Ellenbogen- oder Kniegelenk könnte mit entsprechender Wucht und richtigem Winkel schon eine "Amputation" bedeuten.

Ein wuchtiger Schlag von hinten auf die Halswirbelsäule wird nicht unbedingt Kopflos machen, aber eine Querschnittlähmung ware sicherlich drin.

Aber es reicht ja wenn aufgrund der Wucht die Knochen brechen oder innere Verletzungen an den blutreichen Organen, wie Leber und Milz (Rupturen) auftreten - sieht natürlich nicht so stylisch aus! *jokely*

Stiche sind dagegen immer ein übles Risiko - davor schützt auch keine Kette.

Bei Hieben gilt, je mehr die Wucht durch nachgiebiges Gewebe - Wams und Fleisch - abgefangen wird, desto weniger "Keilkräfte" treten auf. Auch wird ein Hieb, der mit dem vorderen Teil des Schwertes trifft, mehr Wucht  (Hebelwirkung) haben als ein Treffer mit der Mitte der Klinge.

Generell wird es bei Kettenträgern aber wohl mehr Platzwunden und Knochenbrüche als abgehackte Gliedmaßen gegeben haben.


Gruß

William
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Benedikt von Söllbach

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« Antwort #7 am: 11. März 2009, 07:33:58 »
Zitat
In "Königreich der Himmel" bekommt Ibelin, bei der Fahne, ja einen Streich am Unterarm, der die Kette ins Fleisch treibt und eine schöne Platzwunde macht - das erscheint mir recht realistisch dargestellt!
Vernachlässigt wurde da das Steppwams. Das sollte eigentlich verhindern, dass die Ringe Kontakt um Fleisch bekommen, auch bei gezielten hieben.
Gezielte hiebe hacken halt auch das dünne Eisen durch.
Zugegeben nicht ganz das gleiche, es gibt da aber interessante Videos auf Youtube, wo sie mit Schwertern auch Blechkanten einhauen. Die Schwerter schneiden sich erstaunlich weit in das Blech.
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Berthold von Krukow

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #8 am: 11. März 2009, 07:52:01 »
Ich hab zu diesem Thema mal eine medizinisch-anthropologische Arbeit gelesen. Da wurden Germanische Gräberfelder untersucht. Man fand dabei heraus, daß schon damals Schwerthiebe ein verheerende Wirkung hatten, obwohl die Metallurgie noch nicht so sehr hoch entwickelt war.
Die Schwerter waren durchaus scharf und Hiebe konnten ganz leicht eine Gliedmaße  abtrennen und einen Schädel spalten, wobei anhand der Wundränder zusehen war, daß es sich dabei nicht um Splitterfrakturen (wie bei Einwirkung stumpfer Gewalt) sondern um Schnittkanten handelte. Ähnliche Verletzugen hatte man bisher nur den asiatischen Schwertern zugeschrieben.
Bei youtube findet man auch diverse Filmchen, wo mit scharfen Schwertern an SchweineHälften etc. rumexperimentiert wird.
Der Versuch ein gepolstertes und mit Kette bewehrtes Schwein zu zerlegen fehlt allerdings bis heute noch. Wer würde denn maöl seine alte Kette dafür opfern?

Gruß Berthold
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Benedikt von Söllbach

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #9 am: 11. März 2009, 10:40:01 »
Naja, sollte dann ja schon eine vernietete sein...
wäre das was für die Tannenburg?
Es muss ja kein ganzes Hemd sein, und auch kein komplettes Polsterwams.

Abends grillen wir das Schwein dann :)
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William

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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #10 am: 11. März 2009, 11:11:56 »
ich habe mal irgendwo gelesen, das im MA sogar blutstillende und antibakterielle Kräuter in die Stoffe unter der Kette eingearbeitet wurden, da mit dem Hieb wohl oft die Kette samt Polsterung ins Fleisch getrieben wurde.

Aber diese Aussage ist ohne Gewähr - kann mich nichtmal mehr an die Quelle erinnern - könnte evtl Karfunkel gewesen sein - aber bin mir nicht sicher!

Gruß

William
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Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #11 am: 29. März 2009, 18:01:09 »
Gestern Abend haben wir beim Zappen zufällig in eine Folge von "Welt der Wunder" geschaltet, leider lief die Sendung schon einige Zeit.
Ein Historiker demonstrierte die Wirkung hist. Waffen.
Es war schwer beeindruckend!

Ein scharf geschliffenes (Wikinger-) Schwert zerteilte mit einem!! Hieb eine lose aufgehängte Schweinehälfte nahezu komplett!

Das tat beim Zuschauen schon weh...

Außerdem wurde z. B. ein vernietetes Kettenhemd mit einem Langbogen beschossen. Der Träger des Harnischs hätte nicht die Spur einer Chance gehabt. Ähnlich ging es einem Helm, auf den eine Helebarde traf. Die ging durch das Eisen wie ein heißes Messer durch die Butter.

Eine empfehlenswerte Doku, falls sie mal jemand wiederfindet.

William

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Re:Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #12 am: 14. Mai 2012, 09:42:01 »

Der Versuch ein gepolstertes und mit Kette bewehrtes Schwein zu zerlegen fehlt allerdings bis heute noch. Wer würde denn maöl seine alte Kette dafür opfern?

Gruß Berthold

Das mit der Schweinehälfte hatten wir ja nun auf der Rosenburg in Österreich! War sehr beeindruckend!

Falls es im nächsten Jahr wieder ein Schwein zum zerteilen gibt, würde ich ein altes verzinktes und unvernietetes Kettenhemd bereitstellen - trage es eh nicht mehr!

Wenn dann noch jemand einen alten Gambi hat, könnte man mal wieder testen!(Falls dir dein scharfes Schwert dafür nicht zu schade ist!)

Gruß
William
« Letzte Änderung: 14. Mai 2012, 09:44:50 von William »
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

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Re:Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #13 am: 14. Mai 2012, 15:45:06 »
Wer auf prollige Amerikaner mit scharfen Waffen steht, kann sich ja mal bei YouTube die Schnitttestvideos von Cold Steel anschauen. Dabei hat man zwar kaum mit realen Schnittverhältnissen zu tun (zehn Plastikrohre zu zerhacken ist weder realitätsnahe Anwendung noch schneiden im eigentlichen Sinne), aber irgendwie ist es doch beeindruckend.

Darüber hinaus denke ich sehr stark, dass sie zahllosen zerhackten Ringpanzer und Helme in der Mac-Bibel ähnlich dramatisch-übersteigerte Darstellungen sind wie Kopfschüsse in Kinofilmen. Selbst wenn so ein Hemd nicht viel abhält; in der Regel verhindert es offene Wunden und das ist ohne Desinfektionsmittel schon eine ganze Menge wert. Genau deswegen bin ich auch auf Abstand zu der Ansicht gegangen, dass unter jedem Hauberk eine Polsterjacke getragen worden sei. Bei genauerem Hinsehen gibt es für diese Kombination erstaunlich wenig Quellen, dafür aber umso mehr überzeugte Leute, die sich gegenseitig zitieren. Aber das gehört dann schon in ein anderes Thema.

Raimundus von Bilicis

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Re:Der Schwertstreich und seine Folgen....
« Antwort #14 am: 15. Mai 2012, 08:03:02 »
Die Kettenhemden seinerzeit hatten eine deutlich geringere Materialqualität als heute, ich würde annehmen das in erster Linie Schnittverletzungen dadurch herabgesetzt werden konnten, Schläge mit Wucht jedoch werden mit Sicherheit zu Brüchen geführt haben, sagt einfach die Physik :-) Ein Schlag gegen die Rippen oder den Arm wird sicher zu Brüchen führen etc. Kettenhemden werden ein Schutz gewesen sein aber keine Garantie für unverletztheit.
Ich betreibe seit einiger Zeit historisches Fechten nach I33 Talhofer etc. dort sind in erster Linie Schnitte und Stiche zu finden, weniger Wuchtschläge, und gegen solche Techniken hilft ein Kettenpanzer schon weiter.
Natürlich ist es schön wenn man nicht lebendig tranchiert wird, aber dies war sicher keine Garantie gegen Verletzungen.
Meines Wissens nach waren häufige Verletzungen im Schildwall im Bereich Unterschenkel und Füße zu finden.
Ein Bekannter der intensiv historisches Bogenschießen betreibt hat mir letztens einen Lamellenpanzer gezeigt, der von entsprechenden Pfeilen mit Panzerbrechender Spitze sehr stark beschädigt  war und das auf größere Entfernung.
Es ging ja in erster Linie darum, den Gegner kampfunfähig zu machen, ob er dann starb war erstmal zweitrangig.
Ich würde es mit dem heute angewendeten Prinzip der Landminen vergleichen. Verletzte binden zusätzliche Kräfte des Gegners und wirken besonders demoralisierend. Wer auf dem Schlachtfeld zurückblieb, war auch, wenn er noch lebte Opfer von Plünderern bzw Tieren.
Man kann nicht jedes Problem mit dem Schwert lösen, manchmal braucht man die Axt dafür.