Autor Thema: Pavese um 1250 ?  (Gelesen 12960 mal)

Jes

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Pavese um 1250 ?
« am: 06. Juli 2014, 18:19:48 »
Hallo Leute,

erstmal Danke für die netten Antworten auf meine Vorstellung!

Wie manche wahrscheinlich schon aus meiner Vorstellung wissen, versuche ich mich an einer Darstellung eines Dienenden Bruders als Armbrustschützen.
Als Schild würde ich gerne eine Pavese verwenden aber mir ist noch unklar ob es diese schon um 1250 gab und wie die dann aussahen.
Ich hab schon mehrere Bilder und Bauanleitugen für Pavesen im Internet gesehen aber die sind meistens aus dem 14./15./16. Jhd..

Weiß einer ob es die Pavese schon in der Mitte des 13. Jhd. gab und wie die dann aussah?
Oder hat jemand einen anderen Vorschlag, welches Schild (außer Buckler) man als Armbruster verwenden könnte?

Bin mal auf die antworten gespannt.

Liebe Grüße,

Jes
« Letzte Änderung: 06. Juli 2014, 18:23:59 von Bruder Jes »

Cornelius

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #1 am: 06. Juli 2014, 19:29:23 »
Moin Jes,
ich glaube mich zu erinnern, dass erste Pavesen im 13. Jahrhundert auftauchen, aber als Dienender Bruder hast du die Darstellung eines Berittenen gewählt, der etwas flexibler eingesetzt werden kann als die richtig schwere Kavallerie. Da die Pavese für's Pferd nicht soviel taugt, bleibt es damit wohl bei einem Dreiecksschild, der ja auch für die Fußtruppen belegt ist. Sonst müsstest du dich mit einer abenteuerlichen Geschichte ausstatten, wie es zur Pavese kam, und so etwas klingt immer arg nach Szeneneuling, der sein unpassendes Lieblingsspielzeug zur Darstellung zwingen will.

Johannes vom Gollenstein

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #2 am: 07. Juli 2014, 11:02:27 »
Waren denn alle Dienenden beritten?

Jes

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #3 am: 07. Juli 2014, 14:50:09 »
Würde mich persöhnlich wundern, wenn es so war.

Johannes vom Gollenstein

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #4 am: 07. Juli 2014, 17:17:31 »
Mich auch, drum frag ich.

Berittener Armbrustschütze macht m. E. nicht wirklich Sinn... Und Bogenschützen waren eher in orientalischen Landen beritten, soweit ich weiß.

Aber ich lasse mich da gerne belehren!  ;)

Jes

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #5 am: 07. Juli 2014, 17:49:01 »
Also auf der Homepage von dem Beni habe ich gelesen, dass es berittene Armbrustschützen gab. Im Templerorden waren es jedoch nur die Turkopolen, aber das muss ja nicht umbedingt heißen, dass es gar keine Dienenden mit der Aufgabe gab.


3. Absatz im Armbrust-Abschnitt:
http://beni.hallinger.org/history/equipment.php?site=waffen

Jorge von Brunswik

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #6 am: 07. Juli 2014, 19:17:13 »
@ Bruder Jes

Was gegen berittene Armbrustschützen spricht, egal ob bei "Templers", oder überhaupt, ist die Tatsache, daß meines Wissens die damaligen Armbrüste nur sehr schwer bis unmöglich während des Reitens gespannt werden konnten. Diese Probleme gab es halt bei den Bogenschützen nicht.
Die kleinen "Pistolenarmbrüste, welche es heute gibt, gab es damals noch nicht...  ;)
« Letzte Änderung: 07. Juli 2014, 19:19:15 von Jorge von Brunswik »
Wer kämpft kann verlieren - Wer nicht kämpft hat schon verloren!

Jes

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #7 am: 07. Juli 2014, 19:54:25 »
Macht ja auch Sinn, aber der Fakt, dass ich kein Pferd habe und auch nicht vorhabe mir eins anzuschaffen, macht meine Darstellung doch automatisch zu einer infanteristischen Darstellung eines Dienenden. Also kann ich, wenn es nach mir geht, eine Armbrust verwenden.

Aber das Thema Armbrust ja oder nein wollte ich hier gar nicht anfangen. Es geht mir mehr um den Schild, den ich verwenden kann.


PS: Ihr könnt mich gerne immer verbessern oder eines besseren belehren. Ich bin, wie Cornelius schon vermutete, ein Neuling in der Templerszene/darstellung. (aber nicht in der MA-Szene  ;) )

Cornelius

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #8 am: 08. Juli 2014, 08:08:35 »
Die berittenen Armbrustschützen waren glaube ich (wie Arten von berittener Infanterie, die es auch gegeben haben soll, siehe David Nicolles "Medieval Warfare Sourcebook") nur unterwegs beritten und agierten im Kampf abgesessen. Ich habe jetzt die Regeln zu den Armbrüsten nicht im Kopf, aber nur weil sie u.U. an die Sergenten ausgegeben wurden, heißt das nicht, dass es deren Standardbewaffnung war (recht sicher nicht für den Kavallerie-Angriff in der offenen Feldschlacht, für dessen Formierung wir ja einige Regeln haben). Heute einen Sergenten mit Armbrust darzustellen, hieße also bereits, einen Fall herauszunehmen, in dem der Bruder abgesessen und ggf. im Belagerungskontext eingesetzt war, denn sonst hätte man bestimmt nur ungern auf einen Berittenen verzichtet. Dann ist eben mMn noch unwahrscheinlicher, dass er in diesem Moment einen speziellen neuartigen Infanterieschild dabei gehabt haben sollte. Das wäre wohl nur dann denkbar, wenn solche Dinger irgendwo zufällig verfügbar gewesen wären. Aber damit hat man so ein Belegärgernis wie einen Ritterbruder mit Langbogen. Nur weil man mal einen Langbogen in Templer- bzw. Komturbesitz gefunden hat (siehe Barber/Bate), sind die damit noch lange nicht ständig herumgelaufen.

Die Turkopolen könnten evtl. Armbrüste gehabt haben; zumindest fällt mir gerade kein einschneidener Beweis dagegen ein. Aber Turkopolen wurden vom Orden als Auswärtige angeworben (Hinweise darauf hat die katalanische Regel, wenn ich mich recht entsinne) und in wie weit man die kämpfenden Sergenten als Turkopolen verstanden oder gar benannt hat (was einige französische Passagen der Regel suggerieren), ist eine andere Diskussion.

Johannes vom Gollenstein

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #9 am: 08. Juli 2014, 08:33:51 »
Das klingt schlüssig.

@Jes
Du musst ja nicht zwingend ein Pferd haben, um einen Berittenen darzustellen.
Wäre dem so, wären geschätzt 80% der Templerdarsteller weg vom Fenster. ;-)
Zumal die Ritterbrüder, die müssten ja gleich 3 Pferde haben!
(Ätsch, ich darf weiter mitspielen, ich hab eins!)

(Die Turkopolengeschichte kann man auch anders sehen, aber das gehört nicht hierher).

Jes

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #10 am: 08. Juli 2014, 15:09:49 »
@ Cornelius:

Wie gesagt, das Thema Armbrust am Dienenden wollte ich hier nicht aufgreifen. Ich habe mich dazu entschieden eine Armbrust zu verwenden und von meinem Komtur habe ich auch das O.K. dafür.

Ich gehe mal davon aus, dass du die Pavese mit dem "neuartigen Infanterieschild" meinst.
Es muss nicht die Pavese in meiner Darstellung sein und genau deshalb habe ich ja hier den Thread eröffnet, um auch Alternativen zu bekommen.


@ Johannes:
Stimmt wohl.

Cornelius

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #11 am: 08. Juli 2014, 18:59:35 »
Jep, die Pavese hatte ich da im Blick. Meinen Alternativvorschlag habe ich ja schon vorgebracht:
Da die Pavese für's Pferd nicht soviel taugt, bleibt es damit wohl bei einem Dreiecksschild, der ja auch für die Fußtruppen belegt ist.
Das macht mMn die wenigsten Belegprobleme. Die anderen Exkurse habe ich nur zur Verdeutlichung herangezogen, weil so ein Schild eben (genauso wie Armbrust oder nicht) keine Sache von gleichberechtigten Alternativen ist, wie es das z.B. bei Paranuss-, Scheiben- und Pilzknäufen für dein Schwert wäre, die wenigstens einigermaßen parallel existiert haben (vielleicht nicht mehr um 1250, aber früher). Keine Sorge, ich bin nicht genervt, sondern nur pingelig.  ;)

SteuerBacchus

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #12 am: 08. Juli 2014, 21:05:48 »
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f4/Schlacht_bei_M%C3%BChldorf3.jpg
Bei dieser zeitgenössischen Darstellung der Schlacht von Mühldorf sieht man links einen berittenen Armbrüstschützen. Wegen der fehlenden Kettenhandschuhe würde ich auf einen nichtritterlichen Kämpfer schließen. Gibt auch noch mehr Darstellungen wo man das erkennen kann, vor allem bei Jagdszenen.
Grundsätzlich würde ich Cornelius aber recht geben. Es erscheint mir sinnvoll berittene Armbrustschützen wie Dragoner zu behandeln - witzigerweise finden sich noch ein paar mehr Parallelen zwischen Dragonern und mittelalterlichen Sergeanten.

Zu der Pavese:
Ich habe mich eine Zeit lang damit beschäftigt, weil mir dieser Schildtyp, oder eine Urform davon, ebenfalls für eine Deutschordensdarstellung vorschwebt.
Der Begriff bezieht sich ja eigentlich ursprünglich auf den große rechteckigen Setzschild.
Die typische Form der Pavese mit der Falte in der Mitte hat, denke ich, dazu beigetragen, dass diese Bezeichnungen auch für kleinere Typen derselben Form übernommen wurden.
Tatsächlich kommt diese Form aber wohl nicht ursprünglich aus Pavia, sondern aus Osteuropa oder dem Baltikum. Dort ist sie meines Wissens frühestens für das 12/13. Jh durch Münzen belegt, eventuell ist sie sogar deutlich älter. Im Laufe des 14. Jahrhunderts dürfte sich diese Form dann nach Mitteleuropa verbreitet haben, eventuell sogar durch den Deutschen Orden, der sich ja sehr oft von der Ausrüstung seiner Feinde inspiriren hat lassen. Dieser stellt die Schildform Anfang des 14. Jahrhunderts, auf Seiten der Heiden, auf einer Säule in der Marienburg dar (Bild dazu finde ich leider grade nicht) und scheint diese Schildform bald übernommen zu haben.
Mit einer Templerdarstellung hast du allerdings sowohl zeitlich als auch räumlich eine gewisse Distanz zu diesen Vorgängen, deswegen würde ich dir auch raten davon Abstand zu nehmen.

Jes

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #13 am: 09. Juli 2014, 17:51:32 »
Das klingt auf jeden Fall schlüssig.
Danke für deine ausführliche Antwort!


@Cornelius:
Keine Sorge, ich bin nicht genervt, sondern nur pingelig.
Habs auch nicht so aufgefasst, keine Sorge. Ich bin nicht so einer der sich Emotionen zu Internet-Texten oder Chats dazu interpretiert.

Benedikt von Söllbach

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Re:Pavese um 1250 ?
« Antwort #14 am: 13. Juli 2014, 12:54:36 »
Ich kõnnte mir Dienende durchaus auch in darstellerisch relevanten Situationen vorstellen. Zb bei der Lagerbewachung machen abgesessene Schützen durchaus Sinn. Die Dienenden waren zwar grundsätzlich beritten, aber eben weil sie flexibel einsetzbar waren,  sollte man nicht nur die Standardschlacht der Templerregel vor Augen haben. Ein Grund für die fehlenden Kettenhandschuhe sowie den Eisenhut als Standardausrüstung ist ja vermutlich gerade das Bedienen von Armbrusten.


Wichtig finde ich vor allem, dass die Templerregel durch die Verwahrung der Armbruste im Marschallsdepot suggeriert, dass sie nur fallweise ausgegebn wurden und nicht ständige,  persönlich zugeordente Ausrüstung waren.
Man darf auch nicht ubersehen, dass die Dienenden wohl nur eine spezielle Art Turkopolen waren (nämlich die mit Gelübde).
Probate spiritus si ex Deo sunt. ("Prüfet den Geist, ober er von Gott kommt" - Paulus)
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