Die Frage ist ja auch, wie notwendig so eine Reitbruche überhaupt ist und ob die vielen Falten auf den Illustrationen nicht eher hochmittelalterlichem Manierismus geschuldet sind.
Das ist eben der Punkt an dem frühere Diskussionen im Sande verliefen - bzw. wegen der fehlenden Belege.
Wir hatten das Thema ja schon des Öffteren und das Problem waren eben immer mangelnde eindeutige Belege für/gegen eine Reitbruche oder Polsterbeinlinge - im Gegenzug dazu die eindeutige Notwendigkeit aus Sicht der heutigen Reiter hier im Forum!
Praktische Test heute sind zwar auch immer nur bedingt aussagekräftig, aber sprechen eben klar für eine Reitbruche und für eine Polsterung unter den Kettenbeinlingen (Es gab mal ein englisches Video im Netz, wo mit dem Schwert auf einen Schweineschinken gedroschen wird - mal nur mit Kette, mal mit Polsterung - und die Verletzungen waren mit der Variante "NUR_Kette" sogar noch deutlich heftiger als komplett ohne Kette.)
Dazu eben die Tatsache, das ansonsten ja unter jeder Kette eine Polsterung getragen wurde - Gambi, Polsterhaube und Polsterung unter den Fäustlingen, Parsche = Kettenrüstung für Pferde mit darunterliegender Polsterung aus Leinen und Leder - was ja darauf hindeutet, das die Problematik an sich schon bekannt war!
Meine Idee soll ja nur mal der Versuch sein über einen anderen Weg weiter zu kommen - kann sein das es eine Sackgasse wird - aber über den direkten Weg mit Beleg und Gegenbeleg sind wir in den letzten Jahren ja nie zu einem Ergebnis gekommen.
Das der Begriff breeches/Bruche über Jahrhunderte, bis heute eben, sehr häufig (nicht immer!) eine militärische oder zivile Reithose beschreibt, ist finde ich schon ein Hinweis, den man beachten sollte und der etwas weitergehende Recherche rechtfertigt.
In anderen historischen Forschungsfeldern - z.B. Germanistik/Kelten/Wikis etc. - wird sehr viel über die Etymologie eingegrenzt.
Wie gesagt, es kann sein das uns auch das überhaupt nicht weiter hilft - aber ich denke das es nicht schaden kann einfach mal über andere Wege vorzustoßen, auch wenns am Ende dann möglicherweise doch nicht weiter führt.
Ansonsten kauen wir womöglich nur die alten Argumente wieder und wieder durch..........
Mal eine andere Frage: Wie sah es denn bei der "Konkurenz" aus? Auf arabischer Seite gab es doch sehr viel Literatur, die in Detailfragen oft zuverlässiger sind als die christlichen Texte.
Natürlich können wir keine Rückschlüsse auf vergleichbare Kleidung bei den Christen ziehen, aber wie sieht es mit "Kriegsbeute" aus? Da wären auch weltliche Texte von Interesse - auch Inventarlisten aus weltlichen Magazinen, Einkaufslisten für weltliche Kriegszüge in Europa etc.
Wie auch immer - ohne
neue Quellen werden wir da nicht weiter kommen!
Auch die moderne Literatur führt zu dem Problem kaum weiter, da dieses Thema, wohl aus den selben Gründen wie bei uns, bei den meisten Autoren immer ausgeklammert wird oder einfach nur frühere Vermutungen übernommen werden.
Beispiel "Senftenier": einige Definitionen lauten "Diechlinge" andere spekulieren wild und setzen es teils gar mit dem Gambeson gleich, aber genau eingrenzen kann es keiner - hab zumindest noch keine klar belegte Aussage dazu gefunden!
Aus dem "Willehalm" kann man nur rauslesen, das ein/dieses Senftenier wohl sehr wertvoll war, denn es heißt, das "...er einen Falken dafür hergeben würde..." (frei aus dem Gedächtnis zitiert).
Also ist es wohl eher unwahrscheinlich, das es sich dabei nur um einen gepolsterten Gürtel handelt! (Wie teuer war ein guter Gambi? Daraus könnte man evtl. Rückschlüsse ziehen wie teuer dann Polsterbeinlinge wären!)
Hinzu kommt, das die Begriffe auch zeitgleich in Verwendung waren.
(Hatte mal einen Text/Buch in dem beide drin waren - aber den jetzt zu finden.......puhhhhh! Oder war es gar auch im Willehalm?)
Etymologisch stammt Senftenier von "sanft" - was im Zusammenhang mit Rüstung schon als Polsterung interpretiert werden kann (kann!) - in "Lendenier" steckt das Wort "Lende" - was eben mehr auf einen "Lendenschutz" - also Hüftgurt o.Ä. hindeutet.
Daher werden diese beiden Begriffe, in der modernen Fachliteratur, meist nicht gleichgesetzt.
aus Willehalm:
"dâ der lendenierstric erwant, etlîchiu het ein semftenier, der noch ein sölheʒ gæbe mier, daʒ næm ich für ein vederspi"
"etslîcher nicht vollen die semftinîr zu den beinen gebunden het"
"was ein sælige hant, diu di riemen alle bant oben an daʒ senphtenier"
"oben an daz senftenier so wol gesteppet huffenier"
Anmerk.: "huffenier" wird meist mit "lendenier" gleichgesetzt - somit wird das Huffenier/Lendenier , über benannte Riemen (lendenierstric) in die Ösen des Senftenier gebunden (alle bant oben an daʒ senphtenier), was schon sehr auf eine Beinpolsterung hindeutet.
http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/Wolfram/wol_wi07.html