Autor Thema: Chirurgisches Besteck gesucht  (Gelesen 18723 mal)

Johannes vom Gollenstein

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Chirurgisches Besteck gesucht
« am: 22. Juli 2011, 22:13:03 »
Hat jemand eine Bezugsadresse/Link/Abbildungen für mittelalterliches chirurgisches Instrumentarium?
Kennt jemand einen Schmied, der solche Arbeiten übernimmt?

Lazarus v. Akkon

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #1 am: 22. Juli 2011, 22:22:13 »
Du hast ne PN
Du weist du bist ein richtiger Reenactor wenn.....
.... dir klar ist das Mittelaltermärkte nix mit deinem Hobby zu tun haben.

Thomas

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #2 am: 23. Juli 2011, 12:28:46 »
Geh mal nachhttp://hacheschmiede.de/ . der fertigt dir das an. Der hat mir mein besteck nach meinen vorlagen angefertigt, weil ich da der erste war, der das haben wollte. Und der Lutz macht richtig schöne Sachen. Sehr zu empfehlen.

was möchtest du denn machen und welches jahr?
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Johannes vom Gollenstein

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #3 am: 23. Juli 2011, 13:37:21 »
Das ging ja schnell!

Schönen Dank für die Antworten!

Mit Clemens von Treist stehe ich eigentlich ständig in Kontakt, aber eine Adresse hatte er auch nicht für mich.

Der Link von Thomas ist klasse (Lazarus hatte den auch schon), vielen Dank an euch!!!

@Thomas
Ich möchte ein kleines chirurgisches Besteck haben, so "für alle Fälle im Feld":
Skalpell, Wundhaken, Pfeilsonde, Nähzeug... Vielleicht auch ein Sichelmesser und Knochensäge, vielleicht ein Kautereisen...
Zeitraum so um 1240.

Thomas

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #4 am: 23. Juli 2011, 16:59:00 »
Da musst du dann aber schon anfangen zu Unterscheiden 1240. Weil sich die innere Medizin von der chirurgie durch das vierte Laterankonzil (wo verabschiedet wurde: die Kirche verabscheut das Blut) abtrennte. Es gibt zwar noch vereinzelt nachweise für chirurgische behandlungen danach, aber eben nur vereinzelt( zB Zisterzienser Kloster Om in Dänemark und ein heilkundiger Dominikaner Burchhard in Minden, wobei dieser auch eher Starstechen gemacht hat...) Solltest du eher innere machen wollen, brauchst du definitiv noch ein Harnschauglas und Schröpfköpfe, ohne gehts nicht. :) Wenn du eher Chirurgie machn willst, solltest du dir die chirugia magna anschauen und vllt ein Messer mehr nehmen, da die verschiedenen Rundungen an dem Messer für die verschiedenen Körperteile in etwa angepasst waren, damit man die Weichteile möglichst in einem Ruck durchtrennen konnte.

Knochensäge ist schwer, der Lutz fertigt derzeit keine Sägen an, ich hab aber mittlerweile Funde dafür gefunden. Die Sichelmesser sind nach Originalen, die im Pariser medizinischen Museum liegen, angefertigt worden und der rest nach weiteren Funden und Abbildungen. Aber ich hab ein Schmied gefunden, der vllt eine Anfertigen kann. Den werd ich in der nächsten Zeit mal anschreiben und dann den Link hier reinstellen.

Ich find für alle Fälle im Feld etwas schwer, weil die Jungs erst weit später
 "Behandelt" wurden.

Ich hab mal hier Bilder von meiner derzeitigen med. Ausrüstung reingestellt, sowie meine Ergänzungen dazu. Noch ist es nicht komplett, aber es fehlt nicht mehr viel, bzw in ein paar Monaten ist die endlich soweit komplett. Ich hab da jetzt etwa 3 Jahre lang dran rumgearbeitet und rumcherchiert, dass die so aussieht und so komplett wird.



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Johannes vom Gollenstein

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #5 am: 24. Juli 2011, 11:45:04 »
Thomas, deine Ausrüstung ist wirklich sehr beeindruckend!

Vorneweg erst einmal vielen Dank für deine Ausführungen, da bin ich wohl an die richtige Adresse geraten!
Den Schmied habe ich schon angeschrieben, habe aber noch keine Rückmeldung. Preise würden mich interessieren.

"Chirurgia magna"? Nie gehört. Hast du nähere Infos?

Was mir vorschwebte war so in etwa (bitte jetzt nicht schlagen!!!  *smoky*) so eine Figur wie der Johanniter in "Königreich der Himmel".
Eben jemand, der so "nebenbei" kleinere Sachen "reparieren" kann.

Auf keinen Fall will ich in die Innere gehen, Harnschau etc. will ich mir ersparen. Große Chirurgie auch nicht.
Heutzutage würde man das im Gebrauch einer Landarztpraxis als Kleine Chirurgie bezeichnen.
Behandeln, was so in einer Komturei bzw. einem Feldzug vorkommt. Kleine Schnittwunden, Pfeile rauspopeln, vielleicht mal einen Knochen einrichten...

Denkbar?

Was ich noch machen will sind Blutegel. Bin gerade dabei, welche zu basteln. Bisher sehen sie sehr realistisch aus.

Noch eine Frage an den Admin:
Sollen wir das Thema nicht aus der Suche heraus unter "Darstellung" verschieben? Es gibt sicherlich noch viel dazu zu sagen.

Thomas

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #6 am: 24. Juli 2011, 16:32:44 »
Preise, so günstig ist das leider nicht...

chirugia magna, die wurde mitte des 14. Jahrhunderts verfasst, wenn man die mit anderer Literatur abgleicht, kann man da viele nützliche Infos rausziehen. Es gibt eine englische Übersetzung: The Major Surgery Of Guy De Chauliac. ISBN: 978-1-4257-7316-8

Ansonsten kann ich dir an Literatur zur Medizingeschichte Bücher von Kay-Peter Jankrift empfehlen, er ist einer der führenden Personen auf diesem Forschungsgebiet.

Diese "Kleinigkeiten" waren damals schon sehr große Eingriffe(zB einen Pfeil rauspopeln, da gehört ne Menge dazu). Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass das denkbar ist, das jemand was nur zur Hälfte gemacht hat, besonders im klerikalen Bereich. Allein, das in den Klöstern der Bruder Infirmarius, also der Krankenbruder, zu finden ist, der sich um die Verletzten kümmerste ist schon sehr deutlich. Und er wurde extra für die Leitung des Hospitals ausgebildet. Allerhöchstens seine Gehilfen könnten nebenbei sowas gemacht haben, aber auch die werden nur unter Anleitung die versorgt haben. Bei den Feldzügen werden die jeweiligen Oberen auch ihre Entsprechenden Ärzte mitgenommen haben(es gibt aufzeichnungen, dass Könige ihre eigenen Ärzte mit auf Kreuzzüge genommen haben).
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Johannes vom Gollenstein

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« Antwort #7 am: 27. Juli 2011, 08:38:30 »
Hm... darüber ist echt nachzudenken... Aber ich werde mir da was zurechtdenken, ich finde die Idee einer kleinen Chirurgie einfach zu reizvoll.
Auch für Besucher, bei uns in der Gegend macht das momentan niemand (nachdem uns der gute Clemens von Treist so schmählich im Stich gelassen hat  *smoky*).

Chauliac ist mir ein Begriff! Englisch ist leider nicht so gut, ich fürchte da bin ich rettungslos überfordert...

Sag mal, weißt du etwas über mittelalterliches Nahtmaterial? Da habe ich gar nichts in der Literatur finden können.

Thomas

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #8 am: 27. Juli 2011, 10:15:40 »
Als Nadeln vermutlich was man so hatte, aus Knochen, Metall, Bronze, Kupfer. Hauptsache es ist spitz genug um durch das Fleisch zu kommen. Und als Faden sehr wahrscheinlich gewachstes Leinen und/oder Tiersehnen. Hauptsache es ist Stabil genug, um zu Halten.
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Jorge von Brunswik

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #9 am: 27. Juli 2011, 11:18:56 »
Da könnte ich die gewachste Sehne von der Hudsons Bay Company sehr empfehlen.
Die Sehne ist ca. 2mm breit, extrem reissfest, auch für Lederarbeiten hervorragend geeignet und lässt sich gut in mehrere dünne Fäden aufspleissen. Ich habe auch schon sehr viel mit der Sehne gearbeitet und kann sie daher sehr empfehlen. Die rollen, auf der sie geliefert wird, sind zudem sehr ergiebig.

Zu beziehen ist die Sehne bei: http://www.hudsons-bay.de

 Gruß, Jorge
Wer kämpft kann verlieren - Wer nicht kämpft hat schon verloren!

Johannes vom Gollenstein

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #10 am: 27. Juli 2011, 11:43:30 »
Hatte man gerade Nadeln oder gebogene?
Heute nutzt man ja normalerweise gebogene Nadeln.

Gewachsten Zwirn habe ich noch (Lederkram, auch sehr gut).

Hat man eigentlich auch innere Nähte gemacht?
Ich habe mal von Ameisennähten am Darm gelesen, allerdings nicht im MA, sondern früher.

Ich frage mich auch, wie wohl die Erfolgs-bzw. Überlebensquote bei solchen Geschichten wie Steinschnitt, Bruchbehandlung u. ä. war. Davon stand leider nichts in den Büchern...

Thomas

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #11 am: 27. Juli 2011, 20:23:41 »
Es gab sowohl gebogene als auch gerade Nadeln, es kommt auch hier auf die Beschaffenheit der jeweiligen körperstelle an.

Innere Nähte wüsste ich jetzt nicht, das müsste ich  nochmal nachschlagen...

Erfolgs- oder Überlebensquote ist schwer zu sagen, da man keine Statistiken geführt hat. Es kommt wohl sehr auf die Umstände, den Stand bzw das Geld und die Person an. Wenn man sich zu Hause was geholt hatte war die Überlebenschance ungleich größer, als wenn man sich im Feld was geholt hat, allein aufgrund der Tatsache, dass das Immunsystem durch die grassierenden Seuchen wie Ruhr, Durchfall etc angegriffen war(wodurch übrigens weitaus mehr auf den Feldzügen gestorben sind, als in der Schlacht), auch nach der Schlacht sind wohl an den entzündenden Wunden noch sehr viele gestorben.

Bruchbehandlung kommt wieder drauf an. In einer Franz. Handschrift(unten zu sehen) sieht man zB wie ein Arzt einem anderen eine Art schiene um das Unterbein wickelt. Auch hier wird es auf die Finanzielle Situation angekommen sein. Bruchbehandlung wird wohl einfacher gewesen sein als Schnittwunden(wobei es auch hier wieder auf die Größe ankommt und die Umstände, sowie was gebrochen ist).

Man konnte Große Wunden mithilfe von Pech Verschließen, was auch geholfen hat, da Pech eine antiseptische Wirkung hat, doch es war ebenso das Kauterisieren manchmal mittel der Wahl...

Leider ist das ein Thema, welches sich mit am wenigsten Pauschalisieren lässt, sondern man spezifisch auf jede einzelne Situation schauen muss, wann, wer und wo und wie die Behandlung stattfand.

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« Antwort #12 am: 28. Juli 2011, 09:02:32 »
Danke schön!

Die Sache mit der Überlebensrate und den äußeren Umständen ist logisch. Ich möchte nicht wissen, wie es in so einem Feldlazaret zugegangen ist...
Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass es selbst in einem halbwegs sauberen Umfeld häufig war, eine offene Bauchverletzung zu überleben. Teilweise ist das ja sogar heute noch schwierig.

Allerdings habe ich mich unklar ausgedrückt mit meiner Frage nach dem Bruch.
Ich meinte den "gehobenen Bruch", also den im Bauch.  *smoky*
Irgenwo habe ich gelesen, dass diese Brüche operiert wurden, es war sogar von künstichen Darmausgängen die Rede (ich müsste jetzt nachschlagen wer und wo genau das war).

Aber die Sache mit dem Schienen ist auch interessant.
Es gab wohl schon weit vor Christus geschiente und eingerichtete Brüche, man hat allerhand Knochen gefunden, an denen sich das nachweisen lässt.

Thomas

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« Antwort #13 am: 28. Juli 2011, 16:35:41 »
ah ok, dann sag auch bauchverletzung und nicht Bruch...ich dachte du meinst einfach einen normalen Bruch, wie bein oder Arm. :D

Nein Bauchverletzung, danach warst du meistens hin, eigentlich fast immer... Welches Buch ist das denn mit den künstlichen Darmausgängen, von wem ist das und vor allem von wann??? Das würd mich mal brennend interessieren.

Ja, es gab auch vorher schon Trepanationen, eingerichtete und geschiente Brüche und auch tatsächlich das alles auch im Mittelalter, lässt sich nicht nur an knochen, sondern auch durch schriftliche Quellen nachweisen...
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William

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Chirurgisches Besteck gesucht
« Antwort #14 am: 28. Juli 2011, 18:10:30 »
Ich könnte dir zeigen wie man z.B.

echte Blutegel setzt, oder Schröpfgläser etc. *smoky*

Das wäre sicher ein echter "Hingucker" - nur bräuchtest du einen Freiwilligen........(es schadet niemanden - ganz im Gegenteil!) *smoky*

Als Laie darfst du das machen - ohne Anspruch auf eine Heilung - also bei Gesunden...

Ich dürfte das nicht, da das dann "Heilen im Umherziehen" wäre. *jokely*

Das Verbinden hinterher würde ich aber im Zelt machen - sieht schon sehr unappetitlich aus.....

Gruß
Will
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?