Autor Thema: brünierte Kettenhemden  (Gelesen 16088 mal)

Klaus vom Kölnberg

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #15 am: 18. September 2008, 13:24:27 »
Hallo weehrte Brüder und Schwestern
Ich habe jetzt mal mit einem richtigen Kunstschmied gesprochen. Der meinte, dass es sehr unwahrscheinlich war so kleine Ringe mit den damaligen Werkzeugen zu verschweissen. Das Metall hätte, um es zu verschweissen, fast flüssig sein müssen und bei der grösse der Ringe waren die dann alle sehr wahrscheinlich zu einem grossen Klumpen zerflossen.

Das war eigentlich sehr einleuchtend und nachvollziehbar.

Zum damaligen brünieren sagt er, dass man die Hemden leicht glühend gemacht hat, dann mit Salpeter bestreut und erst dann im Ölbad abgeschreckt hätte. Der Salpeter soll bewirken, dass das Öl sich in das Werkstück einfrisst.

Klaus vom Kölnberg

Nicolas von Holzhuuse

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #16 am: 18. September 2008, 19:58:16 »
@Ravensberg 1280:
Zitat
Abschliessend bin ich der Meinung, dass aufgrund der vorliegenden Quellen- und Fundlage ein Kettenhemd aus runden, brünierten und vernieteten Ringen der beste Kompromiss ist. Für den Zeitraum bis ins späte 13. Jhd.

Ist aus Reenactmentsicht ein (nach heutigen Methoden) brüniertes Hemd einem entzinkten und leicht flugrostigen Hemd wirklich vorzuziehen?

Wedumir

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #17 am: 18. September 2008, 21:01:49 »
Zitat
Original von Nicolas
Ist aus Reenactmentsicht ein (nach heutigen Methoden) brüniertes Hemd einem entzinkten und leicht flugrostigen Hemd wirklich vorzuziehen?

Ich erinnere mich noch gut an den ersten Heerbann Berlin-Brandenburg. Da hat es am Samstag während des Kampftrainings leicht geregnet.
Hinterher hatten alle Kettenhemd- und -haubenträger eine schöne Regenbräune ... vom Rost. Sowohl im Gesicht als auch auf den Gambesons. Also mein Fall wäre das nicht.

Gelesen habe ich mal, dass *damals* glänzend polierte Kettenhemden bevorzugt wurden. Aber wohl eher aus Eitelkeit. Na ja, die Herren Ritter damals hatten ja auch Knappen, die sich darum kümmern konnten.
Suilad o Wedumir - Grüße vom Waldschrat

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Michael_von_Adelesfeld

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #18 am: 19. September 2008, 06:51:27 »
@ Nicolas

Da die Brünierung nicht historisch hergestellt wird, würde ich PERSÖNLICH ein Hemd aus blankem Eisen vorziehen.

Bleibt die Frage, ob und wie man ein fertiges Hemd auf historisch korrekte Weise nachträglich brünieren oder bläuen kann.

Für mich gibt es sowas wie ein Ranking, was die Auswahl eines Kettenhemdes angeht...

1. vernietet (halb vernietet/halb geschlossen)
- hier könnte man jetzt noch die Frage ob Flachring oder Rundring diskutieren)

2. blankes Eisen

3. brüniert

Sprich, vernietet als Hauptkriterium...und dann eben die Frage ob brüniert oder blank...


Um mal die Infos vom FFC zusammenzufassen, die dort in den Kitguides stehen:

(Achtung, FFC stellt das 11. Jh. dar)


Zitat
Die komplett geschlossenen Ringe sind entweder ausgestanzt (Gjermundbu, 17) oder feuerverschweißt (Coppergate, 8). Die Nieten haben einen runden Materialquerschnitt und sind zumeist aus Eisen, obwohl auch einige Nichteisen-Legierungen gefunden wurden. (8)

Zitat
Kettenhemden könnten beschichtet gewesen sein. Aus dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit gibt es Hinweise auf eine Verzinnung. Und es existiert ein versilberter Kettenpanzer (10.Jhd.) im archäologischen Nationalmuseum Sofia (1). Da es für unsere Zeit und Region keine Hinweise gibt, ist eine Beschichtung unwahrscheinlich.



von Ravensberg1280

Zitat
Abschliessend bin ich der Meinung, dass aufgrund der vorliegenden Quellen- und Fundlage ein Kettenhemd aus runden, brünierten und vernieteten Ringen der beste Kompromiss ist. Für den Zeitraum bis ins späte 13. Jhd.

Das sehe ich nur teilweise so

rund: ja
vernietet: ja (halb/halb)
brüniert: NEIN

ravensberg1280

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #19 am: 19. September 2008, 07:40:51 »
Tach,

deswegen sage ich ja auch, nach meiner Meinung, die natürlich nicht immer geteilt werden muss.

Durch ein paar Gespräche mit dem "Deutschen Drahtmuseum", die der Meinung sind das ein geglühter einfacher Draht dem damaligen Material am ehesten entsprochen habe, bin ich damals hergegangen und habe mein Kettenhemd und die Haube aus diesem Material hergestellt.

Der geglühte Draht hat in etwa die Färbung der heutigen brünierten Ringe, deswegen meiner Meinung nach der beste optische Kompromiss.

Ich verwende das Kettenhemd und die Haube jetzt seit 3 Jahren und es ist auch durch intensives Tragen (Reibung) nichts von der Färbung verschwunden.

Aber wie gesagt......meine Meinung.

Und es gibt natürlich noch einen weiteren Punkt, den wir hier noch gar nicht diskutiert haben. Die korrekte historische Form. So auf Anhieb ist mir z. B. noch keine Kettenhaube/Kettenhemd unter die Finger gekommen, die man fertig kaufen konnte, die nach einem historischen Fund hergestellt worden ist.

Klaus vom Kölnberg

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #20 am: 19. September 2008, 09:49:18 »
Weehrte brüder und Schwestern
Ich denke da kann man sehr lange drüber diskutieren was es damals alles gab und was nicht. Ich meine nachdem ich mich jetzt etwas intensiver mit der Materie beschäftigt habe, dass jeder von euch ein wenig Recht hat. Denn wenn man die zeitliche Spanne betrachtet wird es wohl, genau wie es Heute auch ist, alles immer verbessert und weiterentwickelt worden sein. Da kann es schon sein, dass es vor 1240 noch nicht üblich war zu brünieren weil es noch nicht so bekannt war und das es ab 1290 gang und gebe war die Sachen durch chemische Verfahren zu schützen.
Ich glaube das es keinen einzigen Darsteller gibt der es 100% authentisch hat, da man dann auch die Materialien die man damals zur Verfügung hatte benutzen muss und das ist ja schon unmöglich.

ravensberg1280

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #21 am: 19. September 2008, 10:28:37 »
Tach,

sicher kann, und soll man meiner Meinung nach, lange und ausgiebig diskutieren. Nur so erschliessen sich doch auch die Sichtweisen anderer......und diese Diskussion hier ist doch sehr fruchtbar, finde ich. Vernünftige sachliche Argumente und kein "Gezicke". Super!

Das mal einfach so OT......

Klaus vom Kölnberg

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brünierte Kettenhemden
« Antwort #22 am: 19. September 2008, 12:11:48 »
Weehrter Ravensberg
Das sehe ich auch so. Die Diskusionen haben mich dazu bewogen nun etwas genauer zu Erkunden und bin auch deshalb zu einigen Schmieden gegangen um mich dort zu informieren. Selbst dort bekommt man unterschiedliche Antworten, die aber zu ca. 80% überein stimmen.
Ich für mich bin sehr zufrieden mit dem was man hier, egal um welche Fragen es sich handelt, in Erfahrung bringen kann um sich selbst ein Bild zu machen wie es damals ausgesehen haben könnte.

Ich werde mir meine erste Kettenrüstung jetzt ersteinmal selbst aus normalem unvernieteten Federstahl zusammen basteln. Der normale Federstahl dunkelt mit der Zeit auch ein wenig nach. Das muss für den Anfang erst einmal ausreichen.

Gruß
Klaus von Kölnberg