Hm, ja. Also – hallo erstmal. Verzeiht, wenn ich hier quasi mit der Tür ins Haus falle.
Eigentlich ist es ja toll, wenn sich jemand so engagiert wie Felx, um Informationen zu einem neuen Tatbestand zusammenzutragen. Andererseits lese ich hier auch nur die üblichen Irrungen und Wirrungen zu diesem Thema, auch, wenn zwischendrin immer mal wieder korrekte Informationen auftauchten.
Was nicht weiter schlimm wäre, wenn sich die hier dargestellten Erkenntnisse nicht weiter verbreiten und als Wahrheit angesehen würden. Also mal ganz langsam. Ich will den Versuch wagen, etwas Übersicht über die Zusammenhänge zu schaffen.
Die Frage aller Fragen ist für uns: Sind unsere Schaukampfschwerter, -lanzen, -äxte, -etc, usw. nun rechtlich als Waffen anzusehen, oder nicht?
Dazu irgendwelche Beamte zu befragen ist zunächst nicht hilfreich. Zudem hat der Herr vom BKA sich in dem von Felx geposteten Schreiben selbst widersprochen.
Denn zur Zeit ist jede Äußerung eines Beamten nicht mehr und nicht weniger, als seine persönliche Meinung (oder die seines Vorgesetzten) zu diesem Thema, selbst dann, wenn es seine dienstliche Meinung ist. Denn das Kardinalproblem ist folgendes:
Die bis April 2003 (da trat das neue Waffengesetz – WaffG – in Kraft) mögliche Sorglosigkeit in Bezug auf Schaukampfwaffen verdankten wir der "Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz" – kurz WaffVwV. Dort stand geschrieben, dass Gegenstände, die Hieb- und Stoßwaffen nachgebildet aber stumpf sind, eben keine Hieb- und Stoßwaffen sind. Damit war alles klar.
Seit Außerkraftreten des alten WaffG gilt aber auch die WaffVwV nicht mehr. Daraufhin kam es der Presse nach 2003 zu einigen hysterischen Überreaktionen der Ordnungshüter auf MA-Märkten, die Schaukampfwaffen plötzlich wie Hieb- und Stoßwaffen behandelten.
Inzwischen hat sich das beruhigt, aber tatsächlich bewegen wir uns seit 2003 in einer rechtlichen Grauzone. Anscheinend hat sich bei den Behörden die Vernunft durchgesetzt und es wird in der Praxis die Regelung der alten WaffVwV angewendet. Das schreibt ja auch der Herr vom BKA. (Das ist der einzige wichtige Satz in diesem Zusammenhang, wie ich finde.) So richtig verbrieft ist das aber nicht mehr. Hoffen wir, dass dieser Passus auch in der neuen WaffVwV unverändert drin stehen wird, wenn sie – hoffentlich endlich mal! – gültig wird. (Ok,ok – vielleicht bin ich da etwas ungeduldig. Es ist ja erst 5 Jahre her, seit das neue WaffG in Kraft trat …)
Was hat sich am 1. April 2008 eigentlich geändert?
- Anscheinswaffen dürfen nicht mehr "geführt" werden. Das betrifft uns überhaupt nicht, denn per Definition geht es hier um "Schein-Feuerwaffen".
- Klappmesser, die man einhändig öffnen und feststellen kann, sind zwar nicht verboten, dürfen aber nicht mehr zugriffsbereit mitgeführt werden. Kann privat stören, betrifft aber ebenfalls unser Hobby nicht.
- Feststehende Messer mit Klingenlängen über 12 cm dürfen nicht mehr zugriffsbereit mitgeführt werden, es sei denn, man tut es zu einem allgemein anerkannten Zweck. Das ist vielleicht im Lager denkbar (Brot- oder Kochmesser), aber wohl kaum am Gürtel eines Darstellers. Ziemlich blöd, aber nicht zu ändern. Ich habe meine Gürtel- und Essmesser auf 12 cm gekürzt. Mancher wird natürlich bei diesem Gedanken abkotzen, aber das hilft auch nichts. Da müssen wir durch. Also entweder kürzen oder zuhause bzw. im Zelt lassen.
Der Transport in einem verschlossenen Behältnis ist sicher erfüllt, wenn sich das Messer in einem abgeschlossenen Koffer (mit Zahlenschloss z.B.) befindet. Im Auto ist das – analog zum Transport von Schusswaffen – wahrscheinlich nicht mal nötig. Es sollte reichen, wenn das Messer so weit weg gepackt ist, dass man es nicht mehr als "zugriffsbereit" ansehen kann. (Vorsicht – persönliche Meinung!)
Die Behandlung stumpfer Messer, Saxe etc. sollte logischerweise analog zu den Hieb- und Stoßwaffen erfolgen; das heißt, ein stumpfes Messer ("Schneide" min. 2 mm breit, Spitze abgerundet), wäre dann per Definition kein Messer mehr. (Auch meine persönliche Meinung!)
- Hieb- und Stoßwaffen dürfen in der Öffentlichkeit nicht mehr Zugriffsbereit mitgeführt werden.
Was heißt das jetzt für uns?
Ich bin davon überzeugt: NICHTS!
Denn: Hieb- und Stoßwaffen waren "schon immer" (also schon nach dem alten WaffG, vor 2003) auf Öffentlichen Veranstaltungen verboten. Wenn unsere Schaukampf"waffen" also bisher auf den Märkten unkritisch waren, dann sind sie es auch jetzt. Wären sie Waffen, dann wäre das Tragen auf den Märkten sehr viel stärker eingeschränkt. Sie müssten verschlossen aufbewahrt und in verschlossenen Koffern zur Stätte der Theateraufführung (Kampfplatz) transportiert werden. Das mit-sich-herumtragen wäre unvorstellbar, auch bei gebuchten Darstellern. Ebenso wäre das unverschlossene Zurschaustellen in Waffenständern nicht möglich.
Aber wenn sie auf Öffentlichen Veranstaltungen geführt werden dürfen, dann erst recht auch sonst, denn es sind eben keine Waffen. Demnach sollte es keinerlei Problem mit Kampftrainings geben, seien sie auf öffentlichem oder privatem Gebiet.
Das geht konform mit der vorübergehenden Anwendung der alten WaffVwV, wie ich schon weiter oben schrieb.
Dabei ist allerdings der gesunde Menschenverstand gefragt. Es wäre sicher nicht klug, mit einem Schaukampfschwert im Gürtel durch eine Fußgängerzone zu latschen. Und eine Veranstaltung bei der Behörde vor Ort anzukündigen ist mit Sicherheit immer besser, als die Leute zu überraschen.
Eine Absurdität steht jetzt allerdings vor der Tür, die uns doch teilweise betreffen könnte: Streitkolben.
Die Formulierung der WaffVwV impliziert, dass eine Hiebwaffe ein scharf geschliffener Gegenstand ist (sonst würde die Waffeneigenschaft nicht durch stumpf sein verloren gehen). Von daher waren stumpfe Wuchtwaffen bisher rechtlich uninteressant.
Im Entwurf zur neuen WaffVwV steht allerdings, dass auch Schlagwaffen (Keulen, Schlagstöcke ...) wie Hiebwaffen anzusehen sein sollen. Das wäre dann das Aus für z.B. stumpfe Streitkolben. Möglicherweise wird das jetzt schon so gesehen, die Zeitschrift VISIER behauptet das jedenfalls.
Sicherer wäre es zur Zeit, Streitkolben u.Ä. vorsichtshalber verschlossen bzw. nicht-zugriffsbereit zu transportieren, bis es da eine klare Aussage gibt.
Ob der Quatsch dann eventuell Auswirkungen auf Schaukampfschwerter haben wird, ist noch nicht abzusehen.
Lasst uns beten, dass dieser Passus nicht in die endgültige Fassung der WaffVwV kommt.
Im Gegensatz dazu sind Äxte (die normale Haushaltsausführung, nicht z.B. eine Franziska) von der aktuellen Änderung eigentlich nicht betroffen. Es sind, auch wenn das jetzt albern klingt, keine Messer. Sie sind auch keine Waffen, sondern Werkzeuge (diese Unterscheidung wird im Gesetzeswerk ausdrücklich gemacht). Und das Brennholzhacken im Lager ist mit Sicherheit ein allgemein anerkannter Zweck. Vorsichtshalber sollten aber auch Äxte "nicht zugriffsbereit" transportiert werden. Man kann ja nie wissen.
Also noch mal in allerkürzester Zusammenfassung: Es kommt eigentlich nur darauf an, ob Schaukampf"waffen" rechtlich als Hieb- und Stoßwaffen angesehen werden, oder nicht. Dass diese Situation nicht völlig klar ist, ist nicht neu, sondern schon seit 2003 so. In der Praxis der Gesetzesanwendung werden sie derzeit nicht als Waffen angesehen. (So auch die Äußerung des BKA im Post von Felx.)
So lange das so bleibt, hat sich für uns nichts geändert (bis auf die langen Messer).
Eine echte Rechtssicherheit gibt es aber nicht, bis zur neuen WaffVwV. Außer, man lässt alles zuhause, was länger als 12 cm ist.
Ich hoffe, ich konnte etwas behilflich beim Verständnis dieses doch sehr verworrenen Komplexes sein. Wie schon an anderer Stelle bemerkt, kann ich auf Kommentare dazu frühstens am Montag wieder eingehen.
Iure vobiscum, oder so ähnlich.