Autor Thema: Warum "Königreich" Jerusalem, "Fürstentum" Antiochia, "Grafschaften" Tripolis/Edessa?  (Gelesen 9244 mal)

fahrender Scholar Gerlach

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Seid gegrüßt ihr Herren,
mich beschäftigt eine möglicherweise naive Frage. Bisher habe ich einfach stets als "so war das eben" zur Kenntnis genommen, dass die Kreuzfahrer ein "Königreich" Jerusalem, ein "Fürstentum" Antiochia, und die "Grafschaften" Tripolis/Edessa gegründet haben.

Nun würde ich aber gern wissen, weshalb es gerade diese Herrschaftsformen sein mussten? Ich meine damit, weshalb nicht alles Fürstentümer oder meinetwegen alles Königreiche?

Wäre das denkbar gewesen?
Ich vermute, dass es sich aus gründen der Beziehungen zu Europa und deren Herrscherhäusern bzw. der Kirche/Papst verbot. Ein selbsternannter Herrscher im Königsrang hätte sicher nicht mit Unterstützung aus der Heimat rechnen dürfen.
Daher einmal spekulativ: Hätte ein erfolgreicher Heerführer sein eigenes Königreich gründen können, wenn er es gewollt hätte? Dagegen dürfte doch nichts sprechen?

War es wirklich die Angst vor ausbleibender Unterstützung aus Europa, die machtgierige Herren wie B.v. Boulogne oder Bohemund von Tarent am eigenen Königreich gehindert haben?

Oder sehe ich den Wald vor Bäumen nicht?
der lîp will gerne fehten an die heiden:
sô hât jedoch daz herze erwelt ein wîp...
(Friedrich von Hausen, Dichter im Gefolge Barbarossas)

Benedikt von Söllbach

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Vermutlich war einer der Gründe auch die Gefolgschaft an Jerusalem, da dies doch die Heiligste aller Stätten war und der Platz war, auf den Gott herabsteigen würde, wenn er kommt. Es wäre Anmaßend gewesen, neben Jerusalem ein weiteres Königreich in Syrien zu schaffen.

Aber alles Spekulatius!
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Alexander von Reutlingen

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Spekulation:

da bereits in der Bibel von einem "irdischen Königreich Jerusalem" die Rede war, könnte daraus die Legitimation entstanden sein (man bedenke, die Kreuzzüge waren vordergründig religiös motiviert !) - was die Abstufung der übrigen Landstriche angeht, würde ich Bruder Benedikt zustimmen.

Eine andere Möglichkeit wäre eine Übernahme der sozialen Stellung aus dem Abendland - wer hierzulande einer Grafenfamilie angehörte, durfte lediglich einer Grafschaft vorstehen, denn wie bereits in anderen Threads erwähnt wurde war die Ständeregelung sehr starr und praktisch undurchdringlich.
Es gibt zwei Dinge, die unendlich sind: der Weltraum und die Dummheit des Menschen. Obwohl...beim Weltraum bin ich nicht ganz sicher. (-Albert Einstein)

fahrender Scholar Gerlach

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Ja, was Ihr beide sagt, klingt plausibel.

Spekulation: Und wenn man in der Levante eine Grafschaft errichtet hatte, dann war es wahrscheinlich gleichgültig, ob sie Königreich hieß oder nicht: faktisch war man ja wohl ein König im eigenen Reich.
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Heinrich von der Losheide

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Original von Alexander von Reutlingen
Spekulation:

da bereits in der Bibel von einem "irdischen Königreich Jerusalem" die Rede war, könnte daraus die Legitimation entstanden sein (man bedenke, die Kreuzzüge waren vordergründig religiös motiviert !) - was die Abstufung der übrigen Landstriche angeht, würde ich Bruder Benedikt zustimmen.

Eine andere Möglichkeit wäre eine Übernahme der sozialen Stellung aus dem Abendland - wer hierzulande einer Grafenfamilie angehörte, durfte lediglich einer Grafschaft vorstehen, denn wie bereits in anderen Threads erwähnt wurde war die Ständeregelung sehr starr und praktisch undurchdringlich.


würde ich auch sagen
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fahrender Scholar Gerlach

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Zitat
Original von Alexander von Reutlingen
wer hierzulande einer Grafenfamilie angehörte, durfte lediglich einer Grafschaft vorstehen, denn wie bereits in anderen Threads erwähnt wurde war die Ständeregelung sehr starr und praktisch undurchdringlich.
Das ist plausibel. Hat konsequenterweise aber nur Sinn, wenn man glaubt, in der Realpolitik auf Europa angewiesen zu sein. Und das waren die Kreuzfahrerstaaten ja.

Wenn ich alle Ideen hier zusammenschaue, dann sind es wohl zwei Hauptgründe.
Einmal das gleichsam unveränderliche Eingebundensein in die Ständeregelung des Mittelalters sowie religiöse Motive (sozusagen das Weltbild der Kreuzfahrer) und zum anderen die realpolitische Notwendigkeit, sich nicht mit Europa zu überwerfen, denn ohne materiell/personellem Nachschub aus Europa wären die Kreuzfahrerstaaten von Anfang an zum Untergang verurteilt gewesen.
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Neithan

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Dass es nicht weitere Königreiche im Outremer gab ist ein rechtliches Problem. Denn diese Fürstentümer und Grafschaften waren Lehen die dem Königreich Jerusalem untertan waren genauso wie es in Europa auch.So bestand das deutsche Königreich ja auch aus verschiedenen Fürstentümern.
Diese Terotirioltitel haben also nichts mit der Familie zu tun aus der derjenige stammt. So hätte jemand der einer Grafenfamilie entstand problemlos zum Fürsten im Outremer ernannt werden können.
Dass es überhaupt ein Königreich Jerusalem gab kann auch daran liegen dass in Übersee eine neue verwaltung installiert wurde und daher auch ein Königreich gegründet wurde, dass immer noch dem Kaiserreich unterstand. Es stand damit auf einer Stufe z.b mit dem Königreich Sizilien oder Frankreich oder Deutschland.
gruß Neithan

Alexander von Reutlingen

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Deutschland war nie ein Königreich...immer mindestens Kaiserreich.
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Neithan

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Deutschland war ein Königreich, so war es dies als es von Heirich dem ersten gegründet wurde als auch während der Zeit der Otonen, Salier und Staufer.
Bei den Staufern verhielt es sich so dass sie oft gleichzeitig Deutscher König und römischer Kaiser waren. Allerdings war es auch so dass es einen Staufer als Kaiser gab der das Königreich Deutschland an seinen Sohn gab.
Dies war beispielsweise unter Friedrich II. der Fall.
Deutschland war in den seltensten Fällen ein Kaiserreich.Eigentlich war dies erst der Fall als Bismarck es 1871 gründete.
Davor hieß das Kaiserreich imer Heiliges römisches Reich deutscher Lande. Was nichts anderes bedeutete, als dass der Kaiser zwar Deutscher war, er aber römischer und nicht ausschließlich deutscher Kaiser war.
gruß Neithan

Benedikt von Söllbach

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Nun sollte man noch erwähnen, dass sich die deutschen Kaiser als Kaiser in der Römischen Tradition sahen, nicht explizit als deutscher König. Es ging also um das römische Reich, nicht um Deutschland.
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Neithan

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Richtig der Titel deutscher König lief neben den anderen Titeln die auch noch von den Kaisern geführt wurden z.b. König von Sizilien, Herzog von Schwaben usw., Friedrich II. hatte in seiner Titelsammlung im übrigen auch den des Königs von Jerusalem.
gruß Neithan

Karl vom Vogelteiche

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Zitat
Original von Neithan
Deutschland war ein Königreich, so war es dies als es von Heirich dem ersten gegründet wurde als auch während der Zeit der Otonen, Salier und Staufer.
Bei den Staufern verhielt es sich so dass sie oft gleichzeitig Deutscher König und römischer Kaiser waren. Allerdings war es auch so dass es einen Staufer als Kaiser gab der das Königreich Deutschland an seinen Sohn gab.
Deutschland war in den seltensten Fällen ein Kaiserreich. Eigentlich war dies erst der Fall als Bismarck es 1871 gründete.
Davor hieß das Kaiserreich imer Heiliges römisches Reich deutscher Lande. Was nichts anderes bedeutete, als dass der Kaiser zwar Deutscher war, er aber römischer und nicht ausschließlich deutscher Kaiser war.
gruß Neithan

Hallo,

Sorry das ich diesen alten Thread ausbuddle, aber ich lese gerade in Eurem schönen Forum quer und bin auf diesen Faden gestossen, den ich so nicht stehen lassen kann.

1. Deutschland war ein Königreich, so war es dies als es von Heirich dem ersten gegründet wurde

Deutschland war nicht, sonder ist heute und ist eine Republik, die Bundesrepublick Deutschland.

Zur Zeit Heirich I war es das "Regnum Francorum orientalium" Königreich der Ostfranken (durch Reichsteilung Verdun 843) und ab dem 11jhd. gibt es auch die Bezeichnung "Regnum Teutonicorum" Königreich der Teutschen. Die allerdings von äusseren Einflüssen geprägt wurde (Italienfahrten und Kreuzzüge) - bis zum 12jhd. war die in Urkunden offizielle Bezeichnung die erstere.

Das "Sacrum (Romanum) Imperium" bildete sich im 10Jhd. unter den Ottonen (nach Otto I dem Sohn von Heirich aus dem Geschlecht der Luidolfinger). Erst seit dem 15Jhd setzt sich der Zusatz Deutscher Nation durch.

2. als auch während der Zeit der Otonen, Salier und Staufer.

Die Könige im ostfränkischen Reich wurden von den Stammesherzögen gewählt (bestätigt) unter anderem der erste nicht fränkische König Heinrich I (Vater von Otto I - der (und seine Nachfolger) den Liudolfingern auch die Bezeichnung Ottonen gab).

3. Bei den Staufern verhielt es sich so dass sie oft gleichzeitig Deutscher König und römischer Kaiser waren.

Otto I erhielt durch die Heirat mit Adelheid von Burgund und seinen zwei Italienfahrten auch die Salbung zum Kaiser durch den Papst (962), da der Kaisertitel an der Lombardei hing. (Vorher hatte der Kaisertitel ca. 30 Jahre geruht). Bei der Reichsteilung in Verdun ging der Kaisertitel an Lothar (der Italien und Elsass/Lothringen) innehatte.

Seit dieser Zeit betrachtenten sich alle Könige des "Heiligen (Römischen) Reiches (Deutscher Nation)" [Romanum ist erst ab 13Jhd und seit dem 15Jhd auch Nationis Germanicae] als Nachfolger der römischen Cesaren und weltliche Oberhäupter der Christenheit.

Da die Kaiserwürde mit einer kostspiligen und machtpolitischen Itlaienfahrt zusammen hing, gab es auch immer Kaiserlose Zeiten im Reich. Insbesondere die "Grafenkönige" erlangten diese Würde selten. Oder aber erst spät.

Wärend des Mittelalter kam es immer wieder vor das ein zum Kaiser gekrönter König seinen Nachfolger zum König krönen liess um zu versuchen die Erbfolge zu sichern.

4. Deutschland war in den seltensten Fällen ein Kaiserreich. Eigentlich war dies erst der Fall als Bismarck es 1871 gründete.

Ferdinand I von Habsburg verzichtete auf eine Italienfahrt und liess sich von den Kurfürsten die Zustimmung einholen die Bezeichnung Römischer Kaiser zu füren, was bis zum Ende des Reiches 1806 weiterhin so gehandhabt wurde. Ab 1804 waren die Habsburger erblicher Kaiser von Österreich.

Die Preussen waren ab 1871 (Reichgründung) "Deutscher Kaiser" und standen somit dem Präsidium des Bundes vor.

Übrigens war der König von Sachsen nicht König von Sachsen (zumindest nicht vor 1806), sondern Kurfürsten von Sachen und König von Polen - gleiches galt für Preussen, Kurfürst von Brandenburg und König in Preussen etc.


Gruss

Tempelritter Benjamin

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hallo ich glaub es wurde schon erwähnt(weil ich ma wieda zuspät dran bin)aber zu jersualem kann ich nur sagen was ich in nem buch gelesen hab:
für die moslems(also net nur für christen) war jerusalem ein heiliger ort das sie der meinug sind und oder waren das ihr proohet mohamed von desem ort zum himmel aufgestiegen ist.
was antiochia und die anderen staaten betrifft stand leider in meinem buch net viel drin
(hoff ich werd jetzt net wieder niedergemacht oder so)
viele grüsse,
bruder benjamin

fahrender Scholar Gerlach

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Die Teilantwort auf meine Frage, die in deinen Ausführungen steckt, ist schon korrekt: dem heiligsten Ort der Christenheit (und dem dazugehörendem Herrschaftsgebiet) konnte einfach keine geringere politische Würde als der eines Königreiches zugeschrieben werden.

Weshalb die anderen Orte genau Grafschaft oder Fürstentum hießen, muss offenbar mit dem weltlichen Rang der "Gründer" zusammenhängen.
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Matthias Rehm

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@fahrender Scholar Gerlach,

Zitat
Weshalb die anderen Orte genau Grafschaft oder Fürstentum hießen, muss offenbar mit dem weltlichen Rang der "Gründer" zusammenhängen.

Dem ist so.

Gruß
Matthias