Autor Thema: Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?  (Gelesen 20337 mal)

Alexander von Kollinge

  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 78
  • Amen
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« am: 18. Juni 2007, 18:35:51 »
Seid gegrüßt Recken,


als ich mir die einzelnen Folien zum Thema Maciejowski-Bibel anschaute bin ich plötzlich auf eine etwas konfuse und vorallem makabre Szenerie gestoßen.
Sie stellt (wie so oft) ein Gefecht zwischen Berittenen dar- an sich nichts Ungewöhnliches bis mein kritisches Auge im genauen Zentrum des Bildes verharrte.
Ein Reiter schlägt einen seiner Gegner in zwei Hälften, auch das zwar makaber aber wohl immer noch nicht ungewöhnlich.
Der eigentliche Knackpunkt an der Geschichte ist das er den Armen mit einem Schwert maltretiert, das selbst unter künstlerischen Gesichtspunkten wohl kaum noch als Einhänder durchgeht.

Was sagt ihr??
Bidenhander im 13. Jahrhundert??

de.wikipedia.org/wiki/Maciejowski-Bibel
A.V.

Benedikt von Söllbach

  • Dienender Bruder
  • Administrator
  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 3.359
  • Um 1193; Freier Ritterorden der Templer/Landsberg
    • http://beni.hallinger.org/history
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #1 am: 18. Juni 2007, 22:37:42 »
Zum einen wäre es Großartig, wenn du uns den Folio nennen würdest, damit wir nachsehen können :)

Zum anderen kann man ein vorsichtiges "Ja" in den Raum stellen.
Erste Sattelbaumschwerter kommen (nach Oakeshott, der mir aktuell leider nicht vorliegt, da verliehen) Ende 12. bzw Anfang des 13. Jhds auf., von einer weiten Verbreitung kann man da aber noch nicht schließen.
Probate spiritus si ex Deo sunt. ("Prüfet den Geist, ober er von Gott kommt" - Paulus)
Rule of the day:

Lazarus v. Akkon

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 615
    • http://www.Pilger-in-Waffen.de
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #2 am: 18. Juni 2007, 22:49:21 »
Ich glaube ich weis welche Waffe der Alexander meint.
Find aber leider momentan auch das Bild nicht.
Ein Reiter ,in einer Kampfszene , mit einem überlangen einschneidigen Haumesser ohne Parierstange,der vornübergebeugt auf dem Pferd sitzt und einem Infantristen damit den Schädel spaltet.

mfg
Lazarus
Du weist du bist ein richtiger Reenactor wenn.....
.... dir klar ist das Mittelaltermärkte nix mit deinem Hobby zu tun haben.

Alexander von Kollinge

  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 78
  • Amen
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #3 am: 19. Juni 2007, 08:23:42 »
richtig@ Larzarus


genau das meine ich, allerdings wird nicht der Kopf sondern gleich der gesamte Rumpf gespalten....
A.V.

Alesandro von Hainichen

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 767
  • Templer Baden um 1200
    • http://www.templerkomturei-siegen.de.vu
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #4 am: 19. Juni 2007, 12:10:11 »
Wahrscheinlich ist es oben genanntes Sattelbaumschwert. Wobei es sich dabei eher um ein 1 1/2 Händer handeln dürfte. Diese wiederum beginnen mitte des 13 Jhd. ihren Siegeszug durch Europa. Erstellungszeitraum MacBibel 1250.

gruß
Alesandro von Hainichen


Fummeln tötet.....

Fabianus

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 155
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #5 am: 19. Juni 2007, 17:49:02 »
@Alesandro, naja eg mehr 1240, aber das eine Jahrzent ändert nicht die Welt.

Thema: Das abgebildete Schwert ist ein Sattelbaumschwert und eher kein Bidenhänder. Auf jeden Fall ist es eine Reiterwaffe und daher kein Beleg für Zweihänder im 13. Jh. Allerdings ist es schon eine Sonderform, da das gesamte  Gehilz (Griffbereich) anders als beim normalen Schwert ist, und die Klinge einschneidig und zur Schneide bauchig. Von daher kein typisches "Epee d'Arcon".

Folio hab ich so spontan auch nicht parat... es war aber eines der doppelseitigen Schlachten-Folios, wenn ich mich recht enstinne ;-)

Edit: Habs in bei mir auf dem Rechner gefunden.
[img=http://img144.imageshack.us/img144/5568/mac2ll0.th.gif]
Honi soit qui mal y pense

Marc-Anton

  • Gesperrt
  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 79
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #6 am: 29. Juni 2007, 18:51:57 »
Gabs zweihändige Bastarde nicht schon eh ne Weile ?
Wotan mag uns den weg weisen.
Aber Balder erleuchtet ihn.

Benedikt von Söllbach

  • Dienender Bruder
  • Administrator
  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 3.359
  • Um 1193; Freier Ritterorden der Templer/Landsberg
    • http://beni.hallinger.org/history
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #7 am: 29. Juni 2007, 21:24:34 »
Nein, sowas gabs auch nie *G*
Das Bastarschwert ist eine Waffe zu eineinhalb hand. Es konnte zweihändig geführt werden, war aber kein Zweihänder.

Ich glaube der XIIa ist das erste Große Schwert, und kahm im Laufe des 13. Jhds auf.
Probate spiritus si ex Deo sunt. ("Prüfet den Geist, ober er von Gott kommt" - Paulus)
Rule of the day:

Marc-Anton

  • Gesperrt
  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 79
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #8 am: 30. Juni 2007, 13:26:43 »
dplpst
Wotan mag uns den weg weisen.
Aber Balder erleuchtet ihn.

Marc-Anton

  • Gesperrt
  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 79
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #9 am: 30. Juni 2007, 13:30:40 »
Nicht mal aus der Antike ist sowas bekannt, oder aus dem Asiatischen raum?
Ich meine vor 1200.

Gabs denn damals schon das Lange Messer?
Ich hatte eins aus dem 17ten Jarhundert in der Hand und dieses war zweihändig zu führen.

Da die beschreibung "Bauchige klinge" aufs Messer passt, stelle ich diese Frage.



Dat Dingens meen Ick
Wotan mag uns den weg weisen.
Aber Balder erleuchtet ihn.

Berthold von Krukow

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 1.143
    • Templer Komthurey Pommerania
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #10 am: 02. Juli 2007, 14:39:01 »
Hallo Marc,
das von Dir vorgestellte Gerät hat auch den Beinamen "Bauernwehr" und stammt so in dieser Form aus dem 15. Jahrhundert.

Sicherlich gab es im Mittelalter schon die unterschiedlichsten Formen von Schwertern und in dieversen Längen und Abmaßen.
Da es keine DIN-Norm gab, war es quasi jedem Schmied überlassen, was er schmiedete. Aber grade Schwerter unterlagen einer bestimmten Dynamik, die zwischen dem Machbaren und dem Gewünschten pendelte. Kam ein Ritter (und nur dem stand das Tragen eines Schwertes zu) zu einem Schmied und wollte sich eine derartige Waffe anfertigen lassen, hatte er sehr konkrete Vorstellungen, die einerseits von dem Zweck bestimmt wurden - ein Richtschwert hat eine andere Funktion als ein Reiterschwert - andererseits von der Mode und schließlich aber auch vom Geldbeutel mitbestimmt wurden.
Langschwerter, wie wir sie heute als Anderthalbhänder kennen, waren vereinzelt schon im Frühmittelalter bekannt. Der Soldat oder Söldner eines Heeres, das ja zu der damaligen Zeit noch aus mehr oder minder zwangsrekrutierten Bauern bestand, hatte als Standardwaffe sicherlich das einfachste und billigste zur Wahl.
Anders mag es im Spätmittelalter gewesen sein, wo es die ersten stehenden Heere gab und der Beruf Soldat tatsächlich dem Broterwerb diente - wie etwa bei den Ritterorden.

Das lange Messer scheint mir aber eher eine "Armeleutewaffe" zu sein, mit der rekrutierte Bauern schnell und billig auszurüsten waren.Aber das ist meine unmaßgebliche Meinung. Nur weil es nicht für eine frühere Zeit belegt ist, bedeutet das nicht, daß es das nicht gegeben hat.

Gruß Berthold
Wenn wir vergessen wer wir waren, hören wir auf zu sein wer wir sind.

Xardas

  • Mitglied
  • **
  • Beiträge: 21
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #11 am: 03. Juli 2007, 22:44:13 »
Soo ich melde mich dann auch mal dazu.
Also zu allererst:  
Der Begriff Anderthalbhänder (oder Alternativ Bastardtschwerd) ist Mumpitz. Schwerter werden ab einer bestimmten Länge nicht mehr einhändig führbar, da sich durch den langen Hebel das Gewicht vervielfacht und eine optimale Kraftübetragung nicht mehr möglich ist (Ausnahme Rapier, da anders konzipiert) Sie werden dann nur noch 2-händig gegriffen. Ein Langes Schwert ( euer "Andertahlbhänder") wird extrem selten einhändig geführt und meist auch nur um den Gegner mit zusätzlicher Reichweite zu überraschen (siehe "das Gayszeln" Talhoffer Tafel 10) Es gibt Ausnahmen in denen ein EINHÄNDER (etwa 90-100 cm) 2-händig gegriffen wurde um z.B. die massive Kalotte eines Helmes zu durchdringen (Codex Manesse).

http://www.brandenburg1260.de/ruestungen.html In diesem Artikel, gibt es ein zeichung eines großen Schwertes, das ausgegraben wurde (1250). Einfach nach unten scrollen.

Das lange Messer stellt für Nichtadelige einen Kompromiss dar, da sie keine Schwerter führen durften. Diese Vorschrift wurde dann einfach umgangen indem man die Waffe nur einseitig schliff (die klinge war meist Säbelförmig). Ob die soviel billiger waren bezweifle ich, kann dazu aber auch keine qualifizierte Aussage machen.

Ortwin vom Hohen Tann

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 173
    • http://www.freilicht-theater.de
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #12 am: 04. Juli 2007, 08:09:18 »
Na ich weiß nicht. Es ist manchmal durchaus von Vorteil ein Schwert mit einem längerem Griff zu haben um es zur Not zweihändig zu führen, obwohl es von der Länge her durchaus als Einhänder gilt. Aber vielleicht ist das ja wieder was anderes...
"Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels!"
                       - Die Bibel, Epheser 6:11

Berthold von Krukow

  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 1.143
    • Templer Komthurey Pommerania
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #13 am: 04. Juli 2007, 10:17:04 »
Zitat
Original von XardasDer Begriff Anderthalbhänder (oder Alternativ Bastardtschwerd) ist Mumpitz. Schwerter werden ab einer bestimmten Länge nicht mehr einhändig führbar, da sich durch den langen Hebel das Gewicht vervielfacht und eine optimale Kraftübetragung nicht mehr möglich ist (Ausnahme Rapier, da anders konzipiert)

Hallo Xardas,
ich nehme an, daß das Deine ureigenste Ansicht ist, denn in allen Fachbüchern über mittelalterlicher Hieb- und Stichwaffen, die ich bisher im Bücherregal habe oder aus der Bibo und von Freunden ausgeliehen hatte, fand sich der Begriff Anderthalbhänder bzw. Bastardschwert.
Das bastardartige daran war ja eben, daß dieses Schwert guzt mit einer Hand zu führen ging, man in bestimmten Situationen aber auch die zweite Hand zu Hilfe nehmen konnte, um den Hieb eine größere Kraft zu verleihen bzw. einem massiven Angriff mehr Kraft entgegen setzen zu können.
Also ich kämpfe zwar am liebsten beidhändig mit meinem Anderthalbhänder aber in der Formation mit Schild führe ich das Schwert auch ausschließlich mit einer Hand und das ohne Probleme.
Hab ich nach Deiner Meinung nun einen Einhänder oder einen Zweihänder?
Das gute Stück ist übrigens eine Reproduktion eines mittelalterlichen Schwertes, also keine Erfindung der Neuzeit.

Gruß Berthold
Wenn wir vergessen wer wir waren, hören wir auf zu sein wer wir sind.

Deutschherrenritter

  • Gast
Bidenhänder Mitte 13. Jahrhundert?
« Antwort #14 am: 04. Juli 2007, 10:34:18 »
pax -

ich behaupte mal frech :
alles eine frage der sichtweise !

hat ein 2 meter mann mit einem 80cm schwert nun einen einhänder ?

 ..........und hat ein 1,50m mann mit dem selben schwert nun einen bidenhänder ????????  *headbangl*

gehabt euch wohl