Autor Thema: Eide und Aufnahmerituale  (Gelesen 7690 mal)

Lancelot Graf von Rothenfels

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Eide und Aufnahmerituale
« am: 26. August 2011, 12:25:50 »
Hier mal die Frage nach einem Aufnahmeritual eines Knappen in den Dienst seines Ritters .

Gabs da was Konkretes ?  Bzw. wie haben die unter Euch, die Knappen haben, dies bewerkstelligt ?

Bin für Anregungen und Infos dankbar da ich im Rahmen unseres MA Festes in Eggenburg ( 10. & 11. September ) meinen Knappen hochoffiziell in seinen Stand übernehmen möchte !!!
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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #1 am: 26. August 2011, 13:10:59 »
Auf jedenfall im Büsserhemd ne Nacht betend auf knien verbingen lassen.
Du weist du bist ein richtiger Reenactor wenn.....
.... dir klar ist das Mittelaltermärkte nix mit deinem Hobby zu tun haben.

Lancelot Graf von Rothenfels

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #2 am: 26. August 2011, 14:04:20 »
Lazarus ... das war bei Rittern .... das kann ich mit einem 10 jährigen nicht machen !
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William

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #3 am: 26. August 2011, 15:06:48 »
Es war eine ganz normale Mündelübergabe in ein "Lehens"-Eid -Verhältnis auf Zeit!
(Lehen ist hier nicht wörtlich als Übergabe von Land zu verstehen, sondern als besonderer Rechtsakt!)

Also wenn nicht der Vater die Ausbildung übernahm, dann war es ein höherer Lehnsherr, dem der Knabe in die Obhut übergeben wurde.

Ein Knappe hatte ein besonders inniges Verhältnis zu seinem Herrn - er schlief an seinem Fußende und mußte ständig in seiner Nähe sein - so ein Vertrauensverhältnis wurde in der Regel über einen (Lehns-) Eid vorgenommen, da dieser dann dem Knappen verbot "intime" Geheimnisse seines Herren weiterzugeben.

Bei dem Lehnseid kniete der Lehnsnehmer,  unter den Augen von Zeugen, vor dem Herren und legte die gefalteten Hände in dessen Hände - so war übrigens generell auch die Mündelübergabe. Dann wurde verbal ein Eid geleistet, der wohl sehr unterschiedlich formuliert war.

Beim "echten" Lehnseid erfolgte nun noch der Bruderkuss auf den Mund - da der Knappe aber noch kein vollwertiges Mitglied des Adels war, wird dieser bei der Aufnahme zum Knappen wohl nicht durchgeführt worden sein..... vermutlich...

Später - so ab 1350 (genaue Zeit müßte ich raussuchen, wenn gewünscht) gab es für den Knappen dann zur Aufnahme noch ein Paar silberne Sporen, die dann beim Ritterschlag durch Goldene ersetzt wurden.

Wie in allen Bereichen nahm der kirchliche Einfluß bei diesen ritterlichen Zeremonien mit der Zeit immer mehr zu - also wenn nen Pfaffe dabei noch einen Segen murmelt, kann es nicht falsch sein.... *pope*

Gruß
William
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Johannes vom Gollenstein

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #4 am: 19. April 2012, 21:08:54 »
Ich krame mal dieses Thema wieder vor.

Wäre es (zumindest albwegs) denkbar, so eine Zeremonie innerhalb eines Templerlagers abzuhalten?

Wenn ja, wie wäre wohl in etwa der Ablauf, was müsste gesagt werden?

Außerdem drängt sich mir folgende Frage auf:

Angenommen, ein Ritter hat einen Knappen und entschließt sich dann zum Eintritt in den Orden.
Was wird mit dem Knappen? Kommt er mit, bleibt er zurück?

Für den Fall, dass er mit kommt, hat er irgendwie und irgendwann die Chance, vom Knappen- in den Ritterstand aufzusteigen?

Benedikt von Söllbach

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #5 am: 21. April 2012, 11:54:51 »
Zitat
Angenommen, ein Ritter hat einen Knappen und entschließt sich dann zum Eintritt in den Orden. Was wird mit dem Knappen? Kommt er mit, bleibt er zurück?
Das kam wohl auf den Einzelfall an, aber zumindest während seiner Knappenzeit blieb er weltlicher, das geht aus den Ordensregeln hervor. Er hatte aber Anspruch auf Versorgung durch den Orden, weil er durch "seinen Ritter" ja ebenfalls gewissermaßen an den Orden gebunden ist.

Zitat
 Für den Fall, dass er mit kommt, hat er irgendwie und irgendwann die Chance, vom Knappen- in den Ritterstand aufzusteigen?
Was meinen aktuellen Kentnisstand anbelangt, kann ich das nur bejahen (wenn wir hier vom "normalen Knappen" ausgehen; es gab wohl auch "Berufsknappen", die Knappendienste gegen Sold ausführten und daher keine "Ritterausbildung" durchmachten).
Seine Laufbahn ist aber von der Ordenslaufbahn zu trennen; seine Erhebung in den Ritterstand hat nicht automatisch eine Ordensangehörigkeit zur Folge. Vermutlich ist es kein Zufall, dass eine "automatische Aufnahme von Knappen" in den Regeln nirgends auch nur erwähnt wird.
Ich würde aber spekulativ (ohne jeglichen Beleg) davon ausgehen, dass der Ex-Knappe, nachdem er Ritter wurde ebenfalls in den Orden eintrat, sofern dem nichts entgegen Stand (Erblinie oder weltliche Verpflichtungen).
Probate spiritus si ex Deo sunt. ("Prüfet den Geist, ober er von Gott kommt" - Paulus)
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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #6 am: 21. April 2012, 13:59:33 »
Vielen Dank Beni!
Das war (wie immer!) sehr aufschlußreich und hilft mir ein gutes Stück weiter!

William

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« Antwort #7 am: 22. April 2012, 19:20:07 »
Ergänzend zu Benis Ausführungen wäre noch zu erwähnen, das der Knappe per Eid an seinen Herrn gebunden war - er wurde also wie "Eigentum" in den Orden eingebracht.

Wenn also der Ritter sich entschloß auf Kreuzzug zu gehen musste auch der Knappe mit. Wenn der Ritter nun dem Orden beitritt, kann er bei der Aufnahmezeremonie Familienangehörige Freunde etc. benennen, die er ebenfalls in den Orden mit einbringen will.

Außerdem gehen die privaten Güter (nicht Lehen) und sonstige Besitztümer in das Ordenseigentum über (sofern es sich um ein lebenslanges Glübte handelt).

So auch Bauern etc. auf den Ländereien.

Der Knappe stellt nun ein Mittelding dar - er ist nicht frei (da an seinen Herrn gebunden), er ist auch noch kein Ritter (daher eine zwar adelige Position aber noch kein Ritter) er ist dem Ritter (sofern es sich nicht um seinen Sohn handelt) nur zeitweise in Obhut gegeben. Er ist ritterbürtig und kann damit kein Sergeant werden.
Er ist also weder frei noch in einer anderen Position, die es gestatten würde dem Orden mit Gelübte beizutreten.

Daher nimmt er in der Regel auch eine Sonderstellung ein - siehe Artikel "Drapier"

Er wird also wie allgemein üblich seine Ausbildung abgeschlossen haben und wenn er danach den Willen hatte und seine Familie dies zuließ (1. Sohn als Erbe wohl kaum) wird er dann ganz normal als Ritter aufgenommen worden sein.

Es gab aber auch Knappen deren "Ausbilder" keinen Rtterschlag finanzieren konnten - denn dazu gehörte eine ritterliche Grundausstattung. Wenn dann auch die Familie die nötige Ausrüstung nicht aufbringen konnten, verdingten sich diese Knappen als s.g. Edelknappen  um ihren Ritterschlag selber zu finanzieren oder hofften auf einen Sponsor. Manche blieben ein Leben lang solche Edelknappen im Dienste eines Herrn (die von Beni genannten "Berufsknappen") - damit könnten beim Orden die Knappen für Sold gemeint sein.
Im Gegensatz dazu eben die regulären Knappen "für Gottes Lohn"

Das Aufanhemritual habe ich oben schon beschrieben - da wird es keine Besonderheit im Orden gegeben haben, außer das ein Knappe der direkt zum Orden kommt um ausgebildet zu werden eben nicht in die Obhut eines Ritters/Adeligen übergeben wird, sondern in die des Ordens - also in etwa wie die Aufnahme eines Sergeanten/milites ad terminum, nur ohne Gelübte und dementsprechend ohne den Mantel(Habit)!

Gruß
William
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Jungraban

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #8 am: 22. April 2012, 19:54:47 »
Sir William, nannte man sie im weltlichen nicht auch Junker??

Hab da mal gelesen, das Knappe nicht gleich Knappe war. auch da gab es wohl verschiedene Stufen. Leibknappe, Schildknappe usw. Wenn ich das Büchlein finde, werd ichs nochmal nachlesen für Euch.
Bono Mellius

William

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« Antwort #9 am: 22. April 2012, 20:05:48 »
Nicht unbedingt......


Junker steht je nach Zeit für z.T. sehr unterschiedliche Personen.

Allgemein gesagt, heißt es nur "junger Herr".

Es kann also einen Knappen (adelige Abstammung) ebenso bezeichnen wie einfach auch den Sprößling eines Adeligen.

Auch die genannten Edelknappen wurden zeitweise Junker genannt.

(Ich bin mir grad nicht mehr sicher, aber ich meine auch mal gelesen zu haben, das ein junger Ritter noch Junker genannt werden konnte....müßte ich nachlesen...)

Aber es wäre sicherlich nicht verkehrt zu unserer Zeit auch einen Knappen als "Junker" zu bezeichnen, wobei im rechtlichen Sinne "Knappe" eher für den angestrebten "Beruf" steht und Junker dann eher für die gesellschaftliche Stellung.

Also ein Knappe mußte ja ritterlicher Abstammung sein und war dementsprechend auch immer ein "junger Herr" - andersherum war nicht jeder "junge Herr" auch in der Ausbildung zum Knappen... *smoky*

Gruß
William
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Johannes vom Gollenstein

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Eide und Aufnahmerituale
« Antwort #10 am: 24. April 2012, 17:36:35 »
Vielen Dank an William!!!
Das hast du wunderbar ausgeführt!

Meine "Knappenaufnahme" steht nun im Grundgerüst, ist aber noch nicht ganz reif für die Öffentlichkeit.  *smoky*