Autor Thema: Gewebeaufbau  (Gelesen 9461 mal)

Frey Michael von Murrhardt

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Gewebeaufbau
« am: 12. März 2011, 19:51:34 »
Hallo alle zusammen,

wollte mal in die Runde fragen, wer mir bezüglich der Gewebequalität von schwarzer naturfarbener Wolle für z.B. eine Tunika oder eines Umhangs des 12 Jhrd. was sagen kann.
Gibt es irgendwo Wissenschaftliche oder historische Belege wo ich mehr über die Stärke des Fadens, Dichte der Fäden, Färbeart, usw.  erfahren kann.

Ich wurde darauf angesprochen, konnte aber diesbezüglich leider nicht weiterhelfen.

Vielen Dank

Gruß Frey Michael
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Gewebeaufbau
« Antwort #1 am: 13. März 2011, 09:14:26 »
Hallo,

schau mal in dieses Buch rein:
http://www.amazon.de/Textiles-Clothing-C-1150-1450-Medieval-Excavations/dp/1843832399/ref=pd_sim_eb_1

Dort werden einige Funde von organischem Material beschrieben, wie Du das gerne haben möchtest.

Lg, Sanni
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Frey Michael von Murrhardt

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Gewebeaufbau
« Antwort #2 am: 13. März 2011, 11:26:22 »
Hallo Sanni,

das Buch sieht sehr Interessant aus, werde die Info weiterleiten. Danke außerdem für die prompte Hilfe.

LG, Michael
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Benedikt von Söllbach

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Gewebeaufbau
« Antwort #3 am: 14. März 2011, 07:51:55 »
Gut ist auch Else Ostergard: Woven Into the Earth: Textile Finds in Norse Greenland"
(http://www.amazon.de/Woven-Into-Earth-Textile-Greenland/dp/8772889357/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1300085471&sr=8-1)
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Gewebeaufbau
« Antwort #4 am: 14. März 2011, 14:58:52 »
Ich gehe von dem wissen aus, daß ich mir bisher in Theorie und Praxis im Spinnen und Weben angeeignet habe...

Zu den technischen Vorraussetzungen:
Wir hatten im hohen Mittelalter Hanspinnräder (Ohne Flügel! Der kam erst in der Neuzeit auf), die allerdings - je nach Stadt und Zunftordung - verachtet waren. Das Spinnrad durfte regional ausschliesslich für die Herstellung der Kettfäden genutzt werden.
Das Non plus Ultra des hohen Mittelalters war nach wie vor die Handspindel.

Ab dem 12. Jahrhundert ist der mehrschäftige Tischwebstuhl nachweisbar (vgl. Erika Arndt - Handbuch Weben, Kapitel Geschichtliches). Dieser löste den Gewichtswebstuhl mit der Entstehung der ersten Zünfte und Manufakturen fast vollständig ab.

Zur Tradition:
Spätestens seit der Eisenzeit lässt sich in Europa eine sehr hohe textile Kultur nachweisen. (Vgl. Schlabow, Textilfunde der Eisenzeit, Norddeutschland. Ich konzentriere mich auf Funde wie Hunteburg , Oberflacht & Co.)
Diese ist mit Sicherheit im hohen Mittelalter nicht ausgestorben.

Je reicher der Träger, desto teurer war das Tuch.
Die einfachsten der einfachen trugen keinen Leinen, sondern Brennesselfasern.
Dem entsprechend ist -  je nach dargestellten Stand - eine grobe, mittlere oder feine Stoffqualität durchaus annehmbar.

Bei den Web - Patronen sind sämtliche gängigen Bindungen überliefert:
- Tuch/ Leinwandbindung
- Köper und dessen Varianten.
- Fischgrät

Technisch betrachtet brauchst Du zum Weben dieser Patronen bis zu vier Schäfte.

lg,

Nemo
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Benedikt von Söllbach

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Gewebeaufbau
« Antwort #5 am: 14. März 2011, 16:13:24 »
Soweit ich weiß, unterlagen die verwendeten Bindungen teilweise aber auch der Mode, ich meine mich zu erinnern, dass z.B. Fischgratköperim Hochmittelalter nicht verbreitet war.
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Frey Michael von Murrhardt

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Gewebeaufbau
« Antwort #6 am: 14. März 2011, 17:21:35 »
Hallo Benedikt von Sölbach und Nemo,

vielen Dank auch Euch für die Hilfe und Euer fundiertes Wissen.

Dies hat mir sehr weitergeholfen.

Danke

Gruß Frey Michael
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Nemo

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Gewebeaufbau
« Antwort #7 am: 14. März 2011, 20:53:31 »
Ich gehe davon aus, daß die Bindungsart auch regional bedingt war.
Es gibt nachweislich verschiedene Weberische Zentren wie Augsburg (speziell Graben. Hier ist der Ursprung der Familie Fugger, die später ein riesiges Handelsimperium aufgebaut haben. Und die Stauden - südlich von Augsburg haben eine sehr lange Webertradition.).  

Was sich in einem breiten Sprektrum nachweisen lässt ist eine 2/2 fädige bzw. eine 2/1 fädige Köperbindung.
Beispiele dafür sind:
- Das Bußgewand der Hl. Elisabeth
- Das sog. Untergewand der Hl. Elisabeth
- der Mantel der Hl. Klara
- Ronberg D 2625 (Grönland)
Einzelheiten im theoretischen Teil des Kitguides unter: http://www.her-unde-massenie.de

Ich gehe auf der anderen Seite davon aus, daß Tuchbindung und Diamantköper ebenfalls gebräuchlich waren.
Köperbindung hat eine vergleichbare Konsistenz wie Jeansstoff und dürfte aus diesem Grund eine gewisse Beliebtheit gehabt haben. :)

Zu den Bindungsarten:
http://www.wilhaim.de/wp-content/uploads/2010/07/Kitguide-Ottonik-2010-1.pdf
Seite 5.
Dieser Verweis bezieht sich auf das frühe Mittelalter. Nicht unbedingt die Themenstellung. Dafür zeigt er allerdings was an einem Gewichtswebstuhl möglich ist.

Noch etwas interessantes, wo wir gerade beim Weben sind.....
Es gibt einen Wandteppich aus St. Gereon in Köln, der eine Mischung aus bildnerischem Wirken und weberischen Techniken zu sein scheint.
Daneben haben wir noch eine wunderschöne Seidenbrokat - Weberei aus Italien um 1300. Zu finden im Domschatz Münster.

Lg,

Nemo
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« Antwort #8 am: 15. März 2011, 07:38:33 »
Alles richtig, nur dürften gerade Brokate ja nicht gerade in der breiten Bevölkerung getragen worden sein; auch in einem Orden kann ich mir das schlecht vorstellen.
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« Antwort #9 am: 16. März 2011, 00:01:15 »
Richtig - Brokat ist für mein Verständnis der Stoff der gehobenen Bevölkerungsschichten.

lg,

Nemo
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Xia

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Gewebeaufbau
« Antwort #10 am: 16. März 2011, 14:07:58 »
Hallo,

Brokat war sowieso ein Stoff, der aufgrund seiner anfänglich orientalischen Herkunft, extrem teuren Herstellungsweise und Preis des verwendeten Garnes für einen Normalo nicht erschwinglich war. Ich weis ja nicht wie es euch geht, aber ich kann mir auch kein Seidenshirt in exklusiver Bindung von Prada leisten.

Im Hochmittelalter gab es meines Wissens nach nur noch die 2/1 Köperbindung, Diamant, Fischgrat und was es sonst noch so alles gab, gab es leider nicht mehr im Hochmittelalter.

Lg, Sanni
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« Antwort #11 am: 16. März 2011, 22:58:17 »
Xia: eine 2/2 Köperbindung ist ebenfalls eindeutig nachweisbar. Siehe oben. :)

lg,

Nemo
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« Antwort #12 am: 16. März 2011, 23:37:30 »
Hallo Nemo,

ja sorry, mit Zahlen und Formeln bin ich nicht gut ;) Mir gings nur darum, das die etwas aufwändigeren Köperbindungen nicht mehr üblich waren zu unserer Zeit.

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Judith_02

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Gewebeaufbau
« Antwort #13 am: 17. März 2011, 08:02:27 »
Ultra posse nemo obligatur. -
Es ist keiner verpflichtet, über seine eigenen Fähigkeiten hinaus etwas zu leisten oder zu können.

http://www.wihrouch.de/epages/61857055.sf