Mittelalter > Mittelalter allgemein
Schwert vs. Rüstung - der ewige Wettlauf zwischen Waffenwirkung und Schutz
Thomas W.:
Zur Einstufung/Klassifizierung ist Oakeshott meiner Meinung nach aktuell noch "das Mass der Dinge". Es gibt derzeit (noch) nichts besseres zu dem Thema. Aber ja, sein Werk ist natürlich in die Jahre gekommen.
Bin sehr gespannt, was Maciej Kopciuch (Swordmaker) da jetzt neues auf die Beine stellt. Er arbeitet bereits länger an einer weiterführenden Klassifikation zu Klingen/Parier/Knäufen, die bisher sehr vielversprechend aussieht.
Cornelius:
Nur ganz kurz dazu:
--- Zitat von: Thomas W. am 01. Februar 2018, 23:36:15 ---Die Stärke der Klinge ist sicher ein sehr wichtiger Punkt, aber nicht der einzig entscheidende. Da bin ich (nicht nur ich) anderer Meinung als du. Wenn dem so wäre, hätte man einfach die Klingen der Typ X bis XII "dicker/stärker" machen können. Aber deswegen sticht der "runde Ort" trotzdem nicht gut durch eine Panzerung (bzw. die Lücke in dieser) und treibt diese auf. Dazu benötigte es Orte, die ähnlich wie "Bodkin-Spitzen" geformt waren, etc.
--- Ende Zitat ---
Deswegen habe ich das ja nur zum Thema Steifigkeit beigetragen, da kommt es tatsächlich auf die Dicke an, und sei es nur an einem Punkt (deswegen kann man sich einen Mittelgrat mit Hohlschliff daneben leisten, denn das reicht dafür schon; T-Träger funktionieren ähnlich).
Es kann natürlich sein (der Gedanke kam mir gerade), dass man die Typ XIVer Schwerter so konzipiert hat, um einen spitzen Ort zu bekommen (meißelartig, wenn man so will), aber auch dafür sind meines Erachtens wiederum nicht alle Vertreter des Typs spitz genug – und dass man wusste, dass dickere Klingen steifer sind, zeigen meiner Meinung nach ja schon die verkürzten Hohlkehlen bei Typ XII und XIII. Da hätte man auch anders steife Klingen mit höherem Penetrationspotential herstellen können. Mode kann eine Rolle spielen, da hast du völlig Recht, aber auch nicht die Bestimmende; immerhin ist es noch eine Waffe, die funktionieren muss. Vielleicht spielt alles ein wenig rein, aber meine Idee zur Praktikabilität würde ich nicht vorschnell ad acta legen.
Aber schlussendlich: Es sind genau solche Sachen (Anwendungskontexte), die man bei einer neuen Klassifikation beachten müsste. Wenn Maciej das tut, wäre das eine sinnvolle Sache. Bisher sahen seine Übersichtsbilder aber auch eher morphologisch gegliedert aus (und das mit den Knäufen jüngst barg auch einige Doppelbelegungen in sich, war mein Gedanke).
Thomas W.:
Ja, dass ein "Schwert-Typ XY" meist nicht von jetzt auf gleich "schwupps" präsent war, muss man mitbedenken. Es war ein Entwicklungsprozess. Zudem kommt natürlich der Aspekt, dass die damals nicht do "kategorisiert" dachten. Heutzutage hilft solche eine Kategorisierung allerdings und wenn man sich etwas damit beschäftigt, macht es wirklich auch Sinn.
Es wird immer Schwerter geben, die eigentlich "nirgends hereinpassen", dem ist so (das sagte selbst Oakeshott). Ein Grossteil lässt sich aber Ein- bzw- Zuordnen und das kann (auch für unser Hobby) durchaus sinnvoll sein. Ein Schwert ist eben nicht einfach nur "ein Schwert". Jede Epoche hatte ihre Besonderheiten. Das wird dadurch gut sichtbar.
Das der Typ XIV vermutlich gut "funktionierte" und dies zu seiner Popularität beitrug, sehe ich auch so. Ich habe zwei Replikate solcher Typen, die nahe an ihre Vorlagen (auch von den Gewichten her) herankommen. Es sind elend "flinke Wiesel"! Kurz und bissig und zudem extrem führig! Ich finde sie sehr "funktional"!
Du scheinst kein Freund solcher Einstufungen zu sein, oder täusche ich mich da? Beispielsweise fand ich die Knaufübersicht von Maciej sehr aufschlussreich! Die ganzen "kleinen Knäufe" die er aufzeigte, findet man aktuell quasi nirgends bei Schwertern in unserem Hobby abgebildet (das meinte ich mit "attraktive Knäufe", zu denen diese wohl nicht gehören). Ich probagiere das schon länger, aber wer bin ich schon... ;D Und ja, Doppelbelegungen/Grauzonen lassen sich bei solchen Einstufungen schlichtweg nicht vermeiden. Nicht nur zum Thema "Schwert".
Cornelius:
Kategorisierungen sind schon praktisch; bei der zweiten Schwerttagung in Solingen 2015 wurde sowohl darauf hingewiesen, dass sie einen schnellen Überblick und eine grobe Einteilung ermöglichen (wir beide haben eben sofort ein Bild vor Augen, wenn es um einen Oakeshott Typ XIV geht), als auch, dass man immer schauen muss, wie sinnvoll sie die Realität einteilen. Zu Oakeshotts Zeiten war wesentlich weniger klar, wie die Anwendungskontexte von Schwertern aussahen – und heute ist z. B. selbst bei den HFlern noch ein wenig im Kopf, dass echte Kämpfe auf Leben und Tod irgendwie von außen auch nach brachialer Gewalt aussehen müssen, weil wir in zahlreichen Medien genau das vermittelt bekommen haben. Ich denke, mit diesen neuen Ansätzen könnte man sich nochmal an die Fundlage ransetzen – abgesehen von den neu erschlossenen Objekten z. B. aus Osteuropa, wie Maciej das richtig gesagt hat.
Und ja, viele schicke Knaufformen sucht man vergebens, übrigens auch Buckelformen (v. a. nachdem Rudis Künstlerwerkstatt zugemacht hat; die hatten dutzende verschiedener Buckelformen...); aber seine Tabelle könnte man trotzdem etwas aufräumen. Wenn man sich mal anschaut, das einige fast identische Formen bei Typ 2, 3, 5 und 7 vorkommen, ist da – sofern nicht hier ungenannte Aspekte hinzukommen – Potenzial zur Verschlankung da.
Thomas W.:
--- Zitat von: Cornelius am 02. Februar 2018, 13:44:13 ---[...] übrigens auch Buckelformen (v. a. nachdem Rudis Künstlerwerkstatt zugemacht hat; die hatten dutzende verschiedener Buckelformen...); [...]
--- Ende Zitat ---
"Rudis Künstlerwerkstatt" sagt mir zwar nichts, aber ja, dass glaube ich. Zum Thema "Buckler" kann ich übrigens dieses Buch wärmstens empfehlen (Herbert arbeitet übrigens auch mit einer Kategorisierung *grins*).
(Bildquelle: ich)
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