Autor Thema: Fragen zur Pilgertasche  (Gelesen 22342 mal)

Stefan von Dachau

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #15 am: 07. Januar 2013, 11:38:37 »
Vielen Dank Bruder Johannes und Bruder Benedikt für die reichlichen Hilfestellungen und alternativen Links.
Die spärlichen Informationen und die fehlenden Bezüge innerhalb der Regeln lassen tatsächlich zu dem Schluß gelangen, das solche Taschen wirklich eher selten zu finden sind und wenn, dann wie schon beschrieben, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Brotbeutel. Könnten diese Beutel denn aus schwarzem/dunkelfarbigen Leinen gewesen sein?
Ich würde schon gerne, aufgrund des fehlenden Lagers in dem ich meinen Beutel hinterlegen kann und des daraufhin ständigen "mit sich tragen", eine möglichst unauffällige Farbe wählen wollen, die sich mit der Kutte deckt und das wäre eben schwarz.

In meiner Darstellung trage ich einen einfachen, rechteckigen Leinbeutel, man sieht ihn ja auf den von Johannes verlinkten Seiten meiner Homepage.
Der Schnitt ist einfach ein Rechteck, dass nicht ganz hälftig gefalten und an den Seiten zusammengenäht ist; der überstehende Teil des Stoffes bildet gleichzeitig den "Deckel"; durch diese Konstruktion ist am Boden keine Naht und damit der Beutel sehr Stabil und widerstandsfähig.
Welche Größe hat bitte der Leinenbeutel Bruder Benedikt? Kann das sehr schlecht einschätzen und mag nicht überdimensionieren. Wie hast Du bitte den Trageriemen befestigt? Angenäht von außen oder von innen?

Nochmals vielen Dank für die reichliche Hilfe.

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Stefan von Dachau
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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #16 am: 07. Januar 2013, 13:05:28 »
Falls du dunkle Farbe nehmen willst, bleibt wohl nur die naturbraune/-schwarze Wolle wie bei der Gewandung. Andererseits denke ich, dass ein naturfarbener Leinenbeutel, ggf. über die Schulter unterm Mantel getragen, nicht sonderlich auffallen sollte. Außerdem ist es ein netter Farbtupfer, wir wollen ja keine entmenschlichten Uniformträger sein (wobei man dem guten Bernhard von Clairvaux sowas unterstellen könnte... sagen wir diplomatisch: was wir darstellen wollen, wäre wohl kaum ein völlig entmenschlichter Uniformträger gewesen).

William

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #17 am: 07. Januar 2013, 14:29:14 »
Stimmt - Leinen schwarz färben würde ich auch nicht, denn soweit mir geläufig, machten das die "Schwarzfärber" und dieses Handwerk galt als besonders teuer und das passt nicht zum Armutsgelübte!

(Es gab wohl auch ein billigeres s.g. "Mönchsschwarz", aber ich habe noch keine genauen Daten/Belege darüber finden können! Hat da evtl. jemand Infos/Quellen?)
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Johannes vom Gollenstein

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #18 am: 07. Januar 2013, 17:37:20 »
Soweit mir bekannt ist, konnte man Leinen im MA nicht wirklich zufriedenstellend färben, schon gar nicht schwarz.
Eine Freundin von mir, die sehr viel Erfahrung im Färben hat, hat es auch nach vielen Versuchen mit zeitgenössischen Techniken nicht hinbekommen.
Leinen muss gebeizt werden, bevor man es färben kann. Durch die Beize werden aber die Leinenfasern angegriffen und brüchig, so daß man eher Fetzen kriegt als schwarzes Leinen.  ;)

Wenn Schwarz/Braun, dann Wolle.

Aber ein naturfarbener Beutel hat noch keiner Templerdarstellung geschadet, finde ich.
Und zusammen mit dem Mantel getragen, fällt er wirklich so gut wie nicht auf (meiner hängt immer mehr so in Richtung Hinterteil und somit unter dem Mantel. Mein "Kofferraum" sozusagen  ;D)

Benedikt von Söllbach

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #19 am: 07. Januar 2013, 17:41:54 »
Ich würde auch "Leinen Natur" empfehlen. solch eine Farbe sticht weniger heraus als du denkst, vor allem, wenn der Beutel irgendwann schon etwas älter ist.

Zitat
Welche Größe hat bitte der Leinenbeutel Bruder Benedikt?
Die Maße muss ich daheim mal abnehmen, ich melde mich nochmal diesbezüglich. Er ist aber eher klein.

Zitat
Wie hast Du bitte den Trageriemen befestigt? Angenäht von außen oder von innen?
Ich habe den Riemen außen angenäht. Dazu habe ich den Stoff des Riemens (Beutelstoff, zu einem Schlauch genäht) einfach mit einer viereckigen Naht an die Ränder des Beutels genäht. Ich schau mal, ob ich heute Fotos machen kann.

Zitat
Kleine Off-Topic-Frage: Gibt es im Dachauer/Münchener Umland eventuell euch bekannte Lager oder haben wir eine Seite mit einer ähnlichen Auflistung bei uns im Forum?
Zum einen gibt es Michels Templerkarte: http://www.templer-guetersloh.de/links.htm  (Was den FRdT angeht, also die für dich relevanten Häuser, ist die Karte nicht 100% aktuell).
Zum anderen gibt es in Bayern den "Freien Ritterorden der Templer" mit mehreren Häusern: http://www.freier-ritterorden-der-templer.de/ansprechpartner.htm.
Ich schick dir gleich noch eine Rekrutierungs-PN mit ein paar Details :D (Um das Thema hier nicht noch mehr zu verwässern.)

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Stefan von Dachau

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #20 am: 07. Januar 2013, 21:36:53 »
Vielen Dank Brüder für die interessanten, neuen Informationen, gerade auch bezüglich des Schwarzmalens....äh -färbens ;)
Ein wirklich erstaunlich vielschichtiger Bereich und gar nicht so einfach und schnell abgehandelt, wie man eigentlich denkt.
Kofferraum gefällt mir übrigens sehr gut in dem Zusammenhang  :D

Vielen Dank auch für die Links und die Mühe Bruder Benedikt. Ich hoffe das Nähen in Heimarbeit dann mal hinzubekommen. Bis auf Knöpfe sind Näharbeiten länger her bei mir ;) aber eigentlich ist es ja keine große Sache.

Pax vobiscum

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Benedikt von Söllbach

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #21 am: 15. Januar 2013, 20:02:18 »
So, endlich die versprochenen Bilder.
Ich habe die Details in der Beschreibung erfasst: http://beni.hallinger.org/gallery2/v/history/equipment/stuff/camp/brotbeutel/
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Stefan von Dachau

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #22 am: 15. Januar 2013, 20:41:05 »
Vielen Dank Bruder Benedikt. Sehr hilfreich.

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Heidensohn

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #23 am: 17. Januar 2013, 18:00:50 »
Es gäbe dann auch noch die Möglichkeit Autoschlüssel, Handy und Geldbeutel in ein kleines Leinensäckchen zu tun, das man an seiner extra langen Verschlusskordel um den eigenen Hals hängt, so dass es kurz über Gürtelhöhe baumelt und das man dann im eigenen Halsausschnitt der Tunika (zwischen Tunika und Leinenhemd) in die "Gürtelfalte" hinab gleiten lässt. Wenn man die Kordel lange genug macht und das Säckchen nach recht oder links in die Hüftgegend schiebt, dann fällt es kaum auf, man hat sein Zeug immer greifbar bei sich und man hat keine sichtbaren Brüche oder freie Interpretationen in der Darstellung. Bei Franzsikanerkutten geht das natürlich einfacher, als bei den relativ engen Templertuniken, aber einen versuch fände ich es wert.
Wer von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, der kann immer noch ein guter Trommler werden.

Stefan von Dachau

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #24 am: 17. Januar 2013, 18:15:54 »
Vielen Dank Bruder für die interessante Idee. Eine Möglichkeit, die absolut ausprobierenswert ist. Hab nur ein wenig Bedenken, dass man sich dann über einen längeren Zeitraum den Hals durch die Kordel aufreibt...
Aber definitiv ausprobierenswert.

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Pater Erik Ayn de Hauteville

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #25 am: 17. Januar 2013, 20:04:58 »
Salve fratres et sorores,
warum... geht Ihr eigendlich grundsätzlich davon aus das, dass Armutsgelübte monastischer Ordensgemeinschaften derart einschränkende Auswirkungen auf die Handhabe von Altagsgegenständen hatte? Mal ein Beispiel: wenn ein Ordensbruder ein Buch in seiner Tasche zu transportieren hatte, was wohl gelegendlich der Fall gewesen sein dürfte, wird er wohl kaum einen feuchtigkeitsliebenden Stoffbeutel verwendet haben? Nein, der Bruder wird, entsprechend der Kostbarkeit seines Transportgutes, auch eine schützende Ledertasche mit sich geführt haben. Wenn nun alle Habseligkeiten eines monastischen Ordensbruders (Kleidung, Schere, Nadel,... auf einer Reise mitgeführt wurden, was für eine Art von Tasche wird er wohl verwendet haden? Betrachtet das Thema doch auch einmal unter dem Aspekt der Nützlichkeit und der Möglichkeit! Monastische Orden zählten zu den wohlhabensten Gemeinschaften ihrer Zeit, auch wenn der Einzelne ein Armutsgelübte abgelegt hatte. Warum sollte eine Gemeinschaft, die es sich leisten kann ihre Mitglieder  mit entsprechendem "Äquiptment" zu versehen, dies nicht tun? Dies gilt meiner Ansicht nach nicht nur für die gemeinschaftliche, sondern auch für die persönliche Habe eines Ordensmitgliedes. Zumal diese auch vom Orden (zumindest im Templerorden) von diesem gestellt wurde.  Vielleicht überinterpretieren wir das Armutsgelöbnis auch sehr stark?
Tanti saluti da
PEA
de rerum natura,
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William

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #26 am: 18. Januar 2013, 09:44:40 »
Mal ein Beispiel: wenn ein Ordensbruder ein Buch in seiner Tasche zu transportieren hatte, was wohl gelegendlich der Fall gewesen sein dürfte, wird er wohl kaum einen feuchtigkeitsliebenden Stoffbeutel verwendet haben? Nein, der Bruder wird, entsprechend der Kostbarkeit seines Transportgutes, auch eine schützende Ledertasche mit sich geführt haben. Wenn nun alle Habseligkeiten eines monastischen Ordensbruders (Kleidung, Schere, Nadel,... auf einer Reise mitgeführt wurden, was für eine Art von Tasche wird er wohl verwendet haden? Betrachtet das Thema doch auch einmal unter dem Aspekt der Nützlichkeit und der Möglichkeit!

Das entspricht zum größten Teil dem was ich schon hier angesprochen hatte...

Die Brüder, die etwas zu verwahren haben/verwahren dürfen, werden die dafür nötigen Behältnisse schon gehabt haben - also der Drapier, Schuster, Schmied etc. nur war das sicher so unterschiedlich und dem Bedarf angepasst, das es gar nicht einzeln aufgeführt werden konnte!

Anders bei den "besonderen" Personen - die z.B. eine verschließbare Truhe haben dürfen! Da geht die Regel zwar drauf ein, aber auch nicht auf Größe und Form und Material, also wird es wohl im Ermessen des Vorgesetzten und im Rahmen der lokalen Möglichkeiten gelegen haben, wie diese dann aussahen.

Also würde ich sagen, das eine "Reisetasche" gar nicht dem Regelement unterlag, sondern es wurden "Taschen/Truhen/Säcke/Beutel etc. bei Bedarf vom Drapier ausgegeben und dann eben in Form und Größe je nach Zweck und dem was der Drapier überhaupt vorrätig hatte.....


Gegen eine persöhnliche Tasche als fester Bestandteil der Ausrüstung spricht, das diese nicht in der Regel erwähnt wird und das es auch keinen entsprechenden Bildbeleg gibt.

Also diverse Taschen, Beutel, Säcke, Packsäcke, Kisten, Truhen etc. wird der Orden für alle Eventualitäten und entsprechend dem Bedarf gehabt haben - aber wir haben keinen Beleg dafür, das etwas davon direkt und dauerhaft an JEDEN Bruder ausgegeben wurde. (Auf Ausnahmen, die dann aber wieder bestätigend wirken gehe ich noch ein!) Das ist zwar unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit und Zweckmässigkeit nur ein kleiner Unterschied, aber erklärt eben warum es nicht bei den persöhnlichen Habseligkeiten aufgeführt wird.

Im Alltag machte das dann ja kaum einen Unterschied, zumal Personen, die aufgrund ihres "Jobs" immer ein bestimmtes "Transport-Gepäckstück" brauchten dies dann auch sicherlich dauerhaft bekommen haben.

Eine feste Regel schränkt auch ein und es schafft mehr Flexibilität wenn so etwas eben nicht fest geregelt ist, da man sich dann schneller neuen Erfordernissen anpassen konnte, ohne dafür jedes Mal ein Generalkapitel einberufen zu müssen, bei dem dann eine Regeländerung beschlossen wird.  :D

Dazu kommt, das eben jede Komturei oder Burg Selbstversorger war - dementsprechend wurde das genommen was überhaupt verfügbar war und dem Verwendungszweck am besten entsprach.

Eine feste Regelung würde dann eine genormte länderübergreifende Ausrüstung erforderlich machen und das wäre in dem Fall unzweckmäßig. ;)

Es gibt ja Ausnahmen in der Regel, wo klar definiert ist was genommen werden soll/muß - also z.B. beim Transportbeutel für das Kettenzeug - das war zu wertvoll und aus irgendeinem Grund war es nötig hier klare Vorschriften zu machen ( evtl . damit man es nicht verliert, beschädigt oder was auch immer...).

Um also auf dein Beispiel mit den wertvollen Büchern einzugehen:
Die Ordensmitglieder, die überhaupt ein Buch haben durften, werden dafür dann eben auch das entsprechend sichere Transportbehältnis bekommen haben - evtl. gleich zusammen mit dem Buch!
Das dann aber für jeden möglichen Einzelfall/Beruf/Zweck - als fester Bestandteil in die Regel mit aufzunehmen hätte aus der Ordensregel, vom Umfange her, wohl eine "Bibel" gemacht und unnötig eingeschränkt, was die Flexibilität und vorhandenen Möglichkeiten angeht! :D

Generell geht die Ordensregel ja auch mehr auf Verbote und deren Ausnahmen ein - im Umkehrschluss ließ es dann auch alles, was nicht ausdrücklich verboten war, als Ausnahme zu - eben "im Ermessen des Meisters"! (letzter Art. der alten lateinischen Regel- der wurde zwar entfernt, weil es wohl zu sehr ausgenutzt wurde, aber vom Grundsatz her blieb es in einigen Bereichen dabei - solange es halt nicht direkt verboten war oder klar definierte Regeln gab!)

Für uns Darsteller ergibt sich daraus eben auch, das wir "Transportmöglichkeiten" an unseren Bedarf und den zu der Zeit üblichen Möglichkeiten anpassen können - also eben auch eine zeitgemäße Ledertasche (wie in dem Pilgerbeispielbild), für einem Kaplan dann , um darin sicher die Bibel und die anderen wertvollen Utensilien, zu transportieren.

Für den Schmied dann evtl. eine stabile Holzkiste, in der er auf Reisen alles zum Beschlagen der Pferde mitführen konnte und für den "Feldarzt" eben auch etwas Bedarfsgerechtes etc.


Gruß
Will
« Letzte Änderung: 18. Januar 2013, 10:21:40 von William »
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Stefan von Dachau

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #27 am: 18. Januar 2013, 10:52:33 »
Ein interessanter Einwand Pater Erik.
Es ist schwierig sich in die organisatorischen und allgemeinen, ausrüstungstechnischen Grundlagen hinein zu versetzen, ohne einen schriftlichen Beleg des Alltagslebens als Basis zu haben.
Meine persönliche Meinung (alles nur auf Vermutungen beruhend ;) ) schließt aber ein derartiges, ledernes Transportmittel eher aus.

Waren monastische Orden nicht gerade deshalb wohlhabende Gemeinschaften, weil man sich selbst nur das Notwendigste gönnte und zugestand?

Der Lederhandel und deren Produkte wurden doch wahrscheinlich aufgrund des italienischen, "moderneren" Einflusses (der Handel und die Produktion von Lederwaren waren ja wesentlich stärker dort) oder/und den Erfahrungen, die man aus den Kreuzzügen im kulturell erheblich weiter entwickeltem Morgenland mitgebracht hatte, eher als luxuriöse Artikel angesehen. Immerhin wurden ja auch den Leder-Sachen oft zusätzliche, hohe Steuern auferlegt, die den großen Stellenwert innerhalb der Gesellschaft damit beweisen. Das wäre dann so gänzlich gegen den Armutsgedanken der Bruderschaft.

Des Weiteren, um einmal den Gedanken des Buches aufzugreifen, konnten doch wahrscheinlich nur sehr wenige Menschen lesen und schreiben, weshalb Bücher sicherlich in den meisten Fällen nicht zu transportieren waren. Es werden eher die einfacheren Gegenstände gewesen sein, die ein Ordensmensch mit sich führte, wenn er denn überhaupt mal unterwegs war. Ich glaube daher das es die alltäglichen Dinge waren, die man dann eventuell dabei hatte. Und diese wären wohl in einem weicheren Behältnis besser aufgehoben gewesen. Ton-Becher, Nahrung, vielleicht eine Kalebasse mit Wasser, all das wäre in einer harten Ledertasche eher fehlplatziert und der Gefahr eines Bruchs oder des Verderbens ausgesetzt. Sicherlich gab es weiche Ledertaschen, aber die waren wegen ihrer aufwändigeren Herstellung dann auch gleich wieder teurer, noch höher im Ansehen und fallen damit dann wiederum durch das Raster des Armutsgelöbnisses. Ich glaube die meisten Habseligkeiten wurden deshalb in einem Stoffbeutel/Leinenbeutel transportiert. Außerdem wäre der Besitz eines solchen Gegenstandes, wenn er zu den persönlichen Habseligkeiten des Bruders tatsächlich zählen würde, klar in den Templer-Regeln definiert, so wie alle anderen einzelnen Gegenstände auch. Daher bleibt nur anzunehmen, dass eine solche Tasche (wenn überhaupt) lediglich noch als allgemeine Ausrüstung durch den Drapier möglich war. Und dann wahrscheinlich nur in großen Ausnahmefällen.

Ich fische natürlich mit meinen Gedanken im trüben Teich der Spekulationen. Trotzdem ist es sehr interessant, sich in das Alltagsleben hinein zu denken.
Nochmals Danke Pater Erik für den Einwurf.

Pax vobiscum

Stefan von Dachau

Mit dem werten Beitrag von Bruder William überschnitten.   ;)
« Letzte Änderung: 18. Januar 2013, 10:55:05 von Stefan von Dachau »
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Charles v. säbelberg

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #28 am: 18. Januar 2013, 14:51:47 »
weehrter bruder will,

es ist immer ein genuss deine beiträge zu lesen,sie zeugen von einem hohen sachwissen.du solltest ein buch schreiben
,du hast das zeug dafuer.in anerkennung dein bruder charles

William

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Re:Fragen zur Pilgertasche
« Antwort #29 am: 18. Januar 2013, 15:30:21 »
Danke Bruder Charles!

@Bruder Stefan

Mit dem Leder ist es wie mit den Stoffen - es gab billiges "hausgemachtes", von den örtlichen Handwerkern, und teures edles von (ausländischen) Spezialisten.

Archeologische Schuhfunde in Norddeutschland  haben nach einer niedersächsischen Studie ergeben, das das Schuhwerk der einfachen Leute wohl so günstig war, das Schuhe schon mit geringen und leicht reparierbaren Mängeln einfach weggeworfen wurden. Demnach kann auch das einfache lokal hergestellte Leder nicht teuer gewesen sein.

Die Schuhe Adeliger werden dagegen sich ein Vermögen gekostet haben - genau wie heutzutage halt... ;D

Ich denke das wir das dann auch auf einfache und schlichte Ledertaschen - wie bei dem Pilger - übertragen können.
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