Original von Xia
Ich hab absolut nichts gegen Handlungen für die man keinen geweihten Priester/evangelischen Priester braucht, die durchaus echt sind, solange man es ernst damit meint, aber bei Sakramenten hört der Spass auf.
Und genau da liegt der Hase im Pfeffer, denn nach Lutherischem Verständnis ist jeder getaufte Christ zugleich geweihter Priester und zu jedem Sakrament befähigt. Selbst in der römischen Kirche ist lediglich die Euchiaristie und das Weihesakrament dem geweihten Stand vorbehalten, eine Eheschliessung kann also auch ein nichtgeweihter Katholik gültig volziehen (zumal die eheschliessung ja nach Ansicht beider Kirchen von den eheleuten und nicht vom celebrierenden Geistlichen gespendet wird.)
Beiden grossen Kirchen ist allerdings das Parochialprinzip eigen, das besagt, dass innerhalb einer Gemeinde der von dieser oder der Kirche eingesetzte Pfarrer das absolute Celebrationsvorrecht hat. Dazu kommt, dass nach römischem Verständnis ein Laie nur dann eine Liturgische Handlung vornehmen soll, wenn kein besser berufener (also geweihter und ordinierter Geistlicher) erreichbar ist.
Die Ordination in den evangelischen Kirchen wirkt sich kirchenrechtlich lediglich auf die Berechtigung öffentlicher Amtshandlungen, wie Beurkundungen aus.
Nun zur Darstellung: eine darstellung des Mittelalters ist ohne die religiöse Komponente gar nicht möglich. Allerdings sind viele der damaligen Praktiken heute schlichtweg nicht mehr mit dem Selbstverständnis der Kirchen zu vereinbaren. Dazu kommt, dass mittelalterliche Liturgien z.T. erheblich vom heutigen Gebrauch abweichen (lediglich der ambrosianische ritus der Diözese Mailand ist im Kern noch vortridentinisch und damit mittelalterlich, leider blieb auch der nicht von den Auswüchsen der barocken Kirchenfrömmigkeit verschont.
Die Volksfrömmigkeit des Mittelalters trieb seltsame, heute zum Teil absurd anmutende Blüten. Manch ein als "heidnisch" verschriener Brauch wie der Halloween-Kürbis, Karneval oder der Hexentanz in der Walpurgisnacht sind Reste dieser Volksfrömmigkeit, die ihren Bezug zum Glauben weitgehend verloren haben. Aber auch "magische" Vorstellungen gehören ins mittelalterliche Christentum hinein.
Ein Mönch oder Priester hat um 1300 (meine Darstellungszeit) täglich die Heilige Messe gefeiert (das dürfte ein katholischer Priester ohne Gemeinde heute gar nicht mehr).
All das gehört aber zur Darstellung dazu und signifikanter Bestandteil des Mittelalters und des lebens in dieser Epoche. Wenn konsequenz gefordert wird, z.B. bei der mittelalterlichen Kleidung, dann ist es nur konsequent, diesen Aspekt ebenfalls darzustellen. Solange keine Kirchen geweiht und keine kommunion an besucher ausgeteilt wird, ist das auch alles kirchenrechtlich unbedenklich.
Wichtig ist, dass bei der Darstellung auf grösstmögliche Authentizität Wert gelegt wird und nicht einfach eine neuzeitliche Liturgie durch ein mittelhochdeutsches Vaterunser mittelalterlich verkleidet wird. Das ist auch bestandteil des Bildungsauftrags der Mittelalterdarsteller.
An dieser Stelle möche ich auch das "Lotterpfaffenproblem" ansprechen: ich bin am Wochenende wieder auf einem Markt einem Mann im Habit der minderen Bruderschaft des heiligen Franz von Asissi, der Ablassbriefe verkaufen wollte. Auf meinen Gruss antwortete er nur mit einem genuschelten "... ja du mich auch".
Mal davon abgesehen, dass der verkauf von Ablassbriefen im Gegensatz zu einer dargestellten Hochzeitszeremonie eine echte schwehre Sünde, nämlich die der Simonie darstellt, sollte ein Mönch zumindest die Grussformen beherrschen.
Bevor wir also anfangen, qualitativ hochwertige darstellungen des geistlichen lebens zu verteufeln, sollten wir uns erstmal um diese kontraproduktiven Kuttenträger kümmern.