Autor Thema: Weinkonsum  (Gelesen 10860 mal)

Benedikt von Söllbach

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Weinkonsum
« am: 18. August 2008, 12:57:52 »
Ich habe vor ein paar Tagen in Robert Fossier: "Das leben im Mittelalter" auf Seite 91f interessante Fakten zum Wein gelesen:
- Hauptsächlich konmsumiert wurde Weißwein, nur hohe Fürsten und der Papst tranken Roten
- Der Alkoholgehalt war niedriger als heute, so um die 7 -10%
- Wein war fast überall präsent, sogar ärmere Leute traken ihn
- Es gab nur ganz wenige verschiedene Sorten, der Wein war überall recht ähnlich, erst im 14. Jhd differenzierten sich verschiedene Arten heraus
- Der Wein schmeckte herbwürzig

Abends zur Komplet gab es lt. Ordensregel üblicherweise (nach gutdünken des Meisters) ja einen Becher Wein.
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Sareth

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Weinkonsum
« Antwort #1 am: 18. August 2008, 14:48:42 »
.... und verdünnt war der Wein, mit Wasser. Vom Geschmack und Alkohol also sicher nicht mit heutigen Tröpfchen zu vergleichen.

Lancelot Graf von Rothenfels

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Weinkonsum
« Antwort #2 am: 18. August 2008, 15:39:54 »
....daher rührt auch der sogenannte "Haustrunk".

Das war mit Wasser verdünnter Wein der gegen den Durst (von Bauern,Gesinde und Herren) getrunken wurde - klar, daß er verdünnt war denn sinst wären die Leute damals im Dauerrausch gewesen  *smoky*
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Heinrich von Grubenhagen

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Weinkonsum
« Antwort #3 am: 18. August 2008, 16:24:48 »
Nach Barthel 2005, S. 74 ff.
hatten die Brüder anfangs zu zweit einen Eßnapf, aber jeder schon einen eigenen Becher für den Wein.
Nach einer späteren Regeländerung hielt man
"es allerdings für rechtens, dass jeder Ritter und Bruder die gleiche und gleichwertige Menge"
erhalten solle.

Noch später heisst es:
"An Fastentagen sollen je zwei Ritterbrüder vier, in anderen Zeiten fünf Maß Wein haben."
Wobei offen bleibt, wieviel in so ein "Maß" reinpasste.
Weiter:
"Außer dem Meister darf niemand gläserne Flaschen (fioles) für Wein oder Wasser auf dem Tische haben".
Das macht nach Barthel Sinn, weil a) Gläser teuer waren und
b) so niemand sehen konnte, wieviel noch im Becher drin ist.

usw. usw.  ----> "bibere templariter!"  kommt dann wohl daher  :D

Niclais van Poele

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Weinkonsum
« Antwort #4 am: 18. August 2008, 17:14:07 »
beim DO wars an Fastentagen 2-3 Hemänen (keine Ahnung ob so richtig geschrieben) Wein/Bier je nach region. Das sind so ca 3- 4,5 l pro Tag.
Man müssen die strack gewesen sein. Na da würd mir das Fasten auch net mehr viel ausmachen. *g*

Thomas, der Verwalter

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Weinkonsum
« Antwort #5 am: 19. August 2008, 07:13:58 »
Wein war und ist ein teures Getränk und war sicher auch nicht in verdünnter Form ein alltägliches Getränk.

Die Weinrebe ist eine recht anspruchsvolle Pflanze die nicht auf jedem Acker angebaut werden kann und konnte.

Zwar gab es in vielen Ortschaften kleinere Weinberge siehe alte Straßennamen "Wingertsweg + Im Weingarten oder änliche Begriffe.
Jedoch waren das nie Hektar große Pazellen auf dennen die Mengen wachsen konnten.
In unserer Zeit erreichen wir etwa eine Erntemenge von 10.000 Liter pro Hektar. Zu meines Großvaters Zeiten waren es noch nicht mal 2500 Liter.
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Thomas, der Verwalter

Benedikt von Söllbach

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Weinkonsum
« Antwort #6 am: 19. August 2008, 09:51:52 »
Thomas, es ist zwar richtig, dass Weinbau damals nicht so ausgereift war wie heute, aber das Klima war im mittelalterlichen Optimum wärmer, sodass sogar in Grönland Landwirtschaft möglich war.
Außerdem sprechen die Grabungsfunde eine andere Sprache, zumindest, wenn man Robert Fossier glauben schenken mag (was ich tue).
Wein ist heutzutage auch wegen dem Prestige so teuer. Dieses entwickelte sich aber erst im 14. Jahrhundert, vorher hatte Wein den Stellenwert von Bier heute. Außerdem ist Wein heute nicht sehr teuer, außer man hat hohe Ansprüche.

@Pepe: So stark waren die wohl auch nicht, denn heutzutage kann man auch ganz ordentlich Cidre wegbechern, ohne schlimme Folgen befürchten zu müssen. Stellen wir uns Verdünnten Cidre vor, sollte das an den damaligen Alkoholgehalt rankommen.
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Charles v. säbelberg

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Weinkonsum
« Antwort #7 am: 19. August 2008, 10:12:39 »
Weehrte Brueder,

anscheinend wurde der Wein auch als Entlohnung eingesetzt,so habe ich in alten Kirchenbuecher und Heimatschriften gefunden,das die Holzknechte im Jahr so und soviel Mass Wein als entlohnung erhielten.Wär interressant wieviel so ein mass war.

Gott zum Grusse

Charles

Thomas, der Verwalter

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Weinkonsum
« Antwort #8 am: 21. August 2008, 07:02:05 »
Bei uns im Rheingau spricht man heute vom Halben- Schoppen oder Halbstück für größere Mengen. Ein Schoppen ist ein 1/2 Liter ein Halbstück 600 Liter. Scherzhaft kommt auch noch der Begriff Stütz vor, der etwa einem großen Krug entspricht und 10 Liter umfasst.

Habe als Verwalter nochmal gerechnet :) Wenn ich bei einem Dorf mit 200 Einwohnern jedem nur täglich 1 Liter Wein geben will benötige ich 73.000 Liter Wein, was den durchschnittlichen Weinkonsum von heute 2x überschreitet. Gehe ich von der Erntemenge meines Großvaters aus 2500 Liter pro Hektar würde ich eine Anbaufläche von mehr als 25 Hektar pro Dorf benötigen, das sind 250.000 qm. So jetzt schaut mal in die Flurkarten eurer Gemeinden kann das funktionieren?
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Thomas, der Verwalter

Benedikt von Söllbach

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Weinkonsum
« Antwort #9 am: 21. August 2008, 07:54:54 »
Klar kann das funktionieren (denke ich).
Heutzutage ist der Wein vom Bier verdrängt.
Heutige Flurkarten sind für damalige Verhähltnisse nicht nutzbar.

Aber ich kenne mich da echt nicht aus und kann nur das wiedergeben, was andere Autoren schreiben. Und die haben da Archäologische und andere Quellen ausgewertet, es gibt also keinen Grund dem zu misstrauen.

[edit] Aber du scheinst vom Fach zu sein, wenn du Zeit hast, wäre es sicher lohnend, eine fundierte Recherche zu starten, anstatt hier zu spekulieren. Ich denke, das wäre für uns alle recht interessant :D
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Lancelot Graf von Rothenfels

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« Antwort #10 am: 21. August 2008, 10:15:21 »
Zitat
Habe als Verwalter nochmal gerechnet  Wenn ich bei einem Dorf mit 200 Einwohnern jedem nur täglich 1 Liter Wein geben will benötige ich 73.000 Liter Wein, was den durchschnittlichen Weinkonsum von heute 2x überschreitet

Von den 200 Bewohnern sind 40% Frauen, 30% Männer und 30% Kinder.
Wein haben ( in verdünnter Form !!! ) vorwiegend die arbeitenden Männer getrunken - Frau und Kind taten sich an Wasser und Säften ( Most) gütlich - also sieht die Rechnung schon wieder anders aus. *smoky*

Auch glaube ich nicht, daß der Wein der damals von der Bevölkerung produziert würde die Güte und Qualität (Alkohol%te ) hatte, die er heute besitzt.
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Berthold von Krukow

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« Antwort #11 am: 21. August 2008, 11:49:41 »
Was den so genannten "Haustrunk" betrifft, so war das kein verdünnter Wein sondern mit Wein veredeltes Wasser.
Wasser kam nicht aus der Wand, immer frisch, immer kühl und ein bißchen nach Chlor schmeckend, man mußte es vom Brunnen holen.Für den täglichen Vorrat gab es daher einen Bottich, Eimer oder was auch immer mit Deckel, damit kein Dreck rein fliegt.
Auf so einen Bottich voll Wasser kam ein guter Schluck Weißwein und das Wasser schmeckte den ganzen Tag frisch und wurde nicht so schnell fade und abgestanden.
Probiert es mal - funktioniert sogar heute noch.

Rotwein war oft als Medizin verwendet worden. Dazu wurde er mit allerlei Kräutern und Gewürzen versetzt und nannte sich dann Hypokras.
Schmeckt echt gewöhnungsbedürftig, da unter anderem auch Pfeffer verwendet wurde. In kleinen Mengen genossen aber eine Wohltat.

Prost.

Berthold
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Lancelot Graf von Rothenfels

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« Antwort #12 am: 21. August 2008, 12:21:37 »
@Berthold

*sadangel*..so leid es mir tut aber punkto Haustrunk muss ich dich korrigieren denn beim Haustrunk handelte es sich um sogen Tresterwein.
 
Die Bezeichnung für einen Wein, der aus dem Trester (Press-Rückstände) erzeugt wird. Bei den Römern wurde er als Iora bezeichnet und war in der Antike als Massengetränk für arme Schichten sehr beliebt.
Weitere Bezeichnungen aus jüngerer Zeit sind Gesindewein, Haustrunk, Lauerwein, Máslás (siehe unter Tokajer), Nachwein, Piquette (Frankreich), Trebernwein und Trottwein.

Er wird durch Gärung von nichtbehandeltem, in Wasser aufgeschwemmtem Trester (bei Weißwein-Erzeugung nach dem Pressen) oder durch Auslaugung von gegorenem Trester mit Wasser (bei Rotwein-Erzeugung nach der Gärung) gewonnen.

Der alkoholarme und gerbstoffreiche „Wein“ wurde früher gerne als „Durstlöscher“ getrunken und war das typische Getränk der Landarbeiter.
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Ekkehard von Lemberg

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  • Stelle denn Komtur des Templerlagers "Akkon 1238" (zu Dortmund) dar...
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« Antwort #13 am: 21. August 2008, 21:38:37 »
Gott zum Gruße,

noch ein paar Anmerkungen zum Wein aus der Zeit der Templer:
Auf Zypern produzierten die Johanniter nahe ihrer Burg Kolossi (liegt unweit von Limassol) den "Commandaria", einen süßlich-würzigen Wein, heute als Dessertwein verwendet.
Noch heute kann man ihn kaufen, weil er von zypriotischen Herstellern vertrieben wird. Eine Flasche haben wir aus unserem Zypern-Urlaub mitgebracht...ein wahrlich leckeres Gesöff.

Ekkehard
Sich erheben...immer und immer wieder, bis die Lämmer zu Löwen werden!

Berthold von Krukow

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« Antwort #14 am: 22. August 2008, 08:14:32 »
@ Lancelot

ein Name - viele Bedeutungen

Ich selbst kenne den "Haustrunk" noch von meinen Großeltern. Die lebten allerdings nicht in Wikipedia-Land sondern im finstersten Pommern.
Ferien dort war immer wie Abenteuerurlaub. Wasser von Pumpe holen, .... und andere unangenehme Sachen.
Und meine Größi hat jeden Tag einen Haustrunk - wie sie es nannte bereitet, indem sie einen Eimer mit Wasser, frisch von der Pumpe in die Küche stellte und dem einen Guten Schluck Weißwein zufügte.

Es gibt immer mehr als eine Wahrheit und sicher war es in Pommern - wo erst seit kurzem Wein angebaut wird und auch gedeiht (der globalen Erwärmung sei Dank) - anders als in den traditionellen Weinanbaugebieten, wo man Kindern schon den Wein im Schnuller verabreichte, um sie zu beruhigen.

Gruß Berthold
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