Ja, die Brüder hatten beides: Mantel und Cappa.
Mir ist aber vorhin noch ein Einfall gekommen, weil ich in der Regel noch was anderes gefunden habe.
Vorher will ich aber mal ein bisschen zusammenfassen, was wir sicher wissen:
- Artikel 338-341 regelt minutiös die Ausrüstung der Ritter und der Dienenden unter Waffen.
- Artikel 138 regelt vornehmlich Rüstuzeug und Bewaffnung
- Artikel 139 regelt eher die zivile Ausrüstung
- Artikel 140 regelt Zubehör wie Kochkessel etc.
- Artikel 141 regelt Ausnahmen für die Dienenden
- Artikel 138 gibt den Brüdern den Mantel und den Leibrock (Cotta) sowie die Unterwäsche und Beinlinge.
- Artikel 138 gibt den Brüdern auch eine Pelzjacke (vielleicht eine Garnache, die wir nicht so interpretiert haben?)
- Artikel 139 gibt den Brüdern die Cappa und die Tunika
Bis hierhin ist also die Hauptausrüstung der Brüder geregelt. Eine Garnache wird nicht erwähnt, die Cappa findet sich bei der Zivilausrüstung.
- Artikel 132 gestattet den Komturen der Häuser, ihren Brüdern des Konvents (also den bewaffneten) unter anderem eine Garnache und eine Cappa zu gestatten
- Artikel 142 erlaubt einem Konventsbruder, einem anderen unter anderem eine Garnache zu geben, die er ein Jahr getragen hat. Weitere Dinge sind z.b. eine Tunika, Hemd, Bruche, Schuhe.
- Artikel 142 regelt zudem, was ein Knappe nach seiner Dienstzeit behalten darf
- Artikel 280 schreibt vor, dass wen die Brüder keinen Mantel haben (wegen der Buße), sollen sie zu den Horen mit Cappa ohne Kreuz kommen und die Tunika anhaben. Körner spricht übrigens anstelle der Tunika von Waffenrock.
- Artikel 314 bestimmt, dass die Brüder zur Prim vollständig bekleidet kommen sollen. Sie dürfen weder in bloßem Hemd, noch nur in Garnache erscheinen. (Mir erscheint es so, dass das ein Rückgriff auf Artikel 280 ist). Hier übersetzt Körner die Tunika mit Wams und "coat of mail" mit Rock.
- Artikel 335 regelt, dass die eingelagerte Bekleidung der Brüder in die Schneiderwerkstatt soll. Ausgenommen davon sind die Tuniken, Hemden, Bruchen und Lager-Garnachen, die in die Sattelkammer gebracht werden sollen. Körner übersetzt "die genähten Waffenröcke der Knappen, die Hemden, Beinkleider und Feldmäntel ausgenommen".
Das ganze ist ein echt schweres Thema, auch aufgrund der unterschiedlichen Übersetzungen von Körner und Upton-Ward.
Aber grundlegend lassen sich in meinen Augen folgende Dinge ableiten:
- Die Garnache gehörte wohl nicht zur klösterlichen Ausstattung, sondern eher zum Feldequippment (die -mögliche- Erwähnung in Artikel 138 und die Lagerung in der Sattelkammer, was auf Reise- bzw Feldkleidung hindeutet), wobei sie offenbar auch in-house getragen wurde (siehe die Gebetsregelung)
- Die Brüder verwalteten die Kleidung ihrer Knappen (Keine direkte Regelung für die Ausrüstung der Knappen in der Ordensrergel, lediglich Regelungen, dass die Brüder ihre Knappen ausrüsten und was sie davon bei Austritt behalten dürfen)
- Die Cappa gehört eher zur Klösterlichen Ausstattung, eine scharfe Trennung ist aber nicht möglich
Fragen die sich daraus ergeben, betreffen nicht nur die Fragestellung des Threads, sondern eigentlich auch grundsätzliche Dinge der Kleidung der Brüder:
- Ist die Pelzjacke in Artikel 138 vielleicht eine Garnache, nur nicht als solche "benamt" und deswegen von uns übersehen?
- Irrt sich Upton-Ward in Artikel 314, und der "coat of Arms" ist tatsächlich der Leibrock?
- Bekommen die Brüder die Feldmäntel nur, um sie an die Knappen weiterzureichen?
- Ist die Vorstellung, dass die Brüder im Feld den (hochheiligen) Mantel nur zu speziellen rituellen Anlässen trugen, so abwegig?
- Ist die Vorstellung, dass man zugleich eine Garnache und eine Cappa trägt, abwegig? Trug man die Tunika überhaupt im Feld, oder wurde sie vielleicht durch die Garnache völlig ersetzt?
Meine derzeitige Antwort auf diese Fragen würde lauten:
- Ist die Pelzjacke in Artikel 138 vielleicht eine Garnache, nur nicht als solche "benamt" und deswegen von uns übersehen?
-> Ich würde sagen: Ja.
- Irrt sich Upton-Ward in Artikel 314, und der "coat of Arms" ist der Leibrock?
-> Hier ist es essentiell nötig, beide Artikel zu vergleichen:
Körner: Wenn ein Bruder zur Prime kommt, muß er vollständig bekleidet und betucht sein. Denn im bloßen Hemd oder im bloßen Mantel, ohne einen Rock oder ein Wams darunter zu haben, oder in bloßer Kappe darf er nicht kommen.
Upton-Ward: When a brother goes to prime, he should be fully dressed in his hose; for he should not go in his shirt, nor in his garnache if he does not have a coat of mail or tunic, nor with his hood up.
Zuerst dachte ich, dass UW sich hier tatsächlich irrt und Körner näher an der Wahrheit ist. Der generelle Tenor beider Varianten ist aber, dass der Bruder nicht halb bekleidet kommen soll, also weder mit fehlendem Mantel, noch mit fehlendem Unterkleid kommen soll; so nach dem Motto: "Zur Prim komme vollständig bekleidet, komme weder ohne Mantel, noch komme mit Mantel, aber ohne Tunika".
Bei Upton-Ward erscheint die Aussage aber etwas "zerstückelter", insbesonder mit dem "nor with his hood up", was einen zur Übersetzung verleitet, dass der "Hood" grundsätzlich zum Gebet nicht aufgesetzt werden dürfe. Tatsächlich steht es aber wahrscheinlich in Abhängigkeit zu den anderen Passagen, also "komm weder in bloßer Cappa noch in bloßer Garnache, wenn du kein Kettenhemd und keine Tunika unterhalb trägst".
Die Unterteilung in Kettenhemd und Tunika, die UW vornimmt, Körner aber "unterschlägt" ist, wendet man Körners grundlegenden Tenor zugrunde, schon sinnvoll: Es bedeutet, dass die Brüder, wenn sie gerüstet sind, ebenfalls den Mantel oder die Cappa tragen sollen; eben vollständig bekleidet, ohne etwas auszulassen. Einen hinweis finden wir auch in Artikel 281, indem es heißt, dass die Brüder zu den Horen den Umständen und der Jahreszeit entsprechend gekleidet sein sollen. Das bedeutet im Krieg, dass sie auch in Rüstung sein konnten (wenn vollständig bekleidet), oder im Winter, dass sie den Pelzmantel tragen konnten (wenn vollständig bekleidet).
Ich glaube, dass dieser Artikel ein Rückgriff auf Artikel 280 ist. Körners "Waffenrock" macht dort keinen Sinn, UWs Tunika aber schon; denn wenn die Brüder zur Prim in Tunika und Cappa kommen sollen, wenn sie im Feld sind, haben sie ein Problem. Dies könnte hier gelöst worden sein, indem gesagt wurde "Die Tunika in Artikel 280 ist so zu verstehen, dass man anstelle des Mantels die Cappa tragen muss. Die Tunika kann aber natürlich auch was anderes sein (z.b. Garnache), solange du vollständig bekleidet bist - weglassen darfst du nichts!"
So wäre das völlig logisch und würde sogar mit der "Fortschreibungstheorie" der Regel in Einklang stehen.
- Bekommen die Brüder die Feldmäntel nur, um sie an die Knappen weiterzureichen?
-> Da ich glaube, dass die "Pelzjacke" die Garnache ist, denke ich das nicht. Es gibt auch Artikel, die die Garnache in Zusammenhang mit den Brüdern erwähnen; siehe oben.
- Ist die Vorstellung, dass die Brüder im Feld den (hochheiligen) Mantel nur zu speziellen rituellen Anlässen trugen, so abwegig?
-> Zum Schutz des Mantels: Nein. Sie hatten ihn aber wohl trotzdem dabei. Fakt ist jedoch, dass bei Sauwetter eine vorne geschlossene Cappa besser schützt als ein vorne offener Mantel. Vielleicht wurde der Mantel im Feld auch generell durch die Cappa ersetzt, d.h. Tunika und Mantel blieben dann einfach zu Hause.
- Ist die Vorstellung, dass man zugleich eine Garnache und eine Cappa trägt, abwegig? Trug man die Tunika überhaupt im Feld, oder wurde sie vielleicht durch die Garnache völlig ersetzt?
-> Das ist die Frage, die mich zum Abschluss und zur Auflösung bringt. Die Garnache wurde, zumindest für die Knappen, in der Sattelkammer aufbewahrt. Desweiteren wird sie, nach meiner Theorie, im Artikel bei der Feldausrüstung erwähnt, nicht bei der Klosterausrüstung. Sie ist also stark mit dem Feldeinsatz verbunden.
Die eben vorgestellte Interpretation der Artikel weist auch darauf hin, dass die Garnache eher im Feld getragen wurde. Ich sehe meine Theorie des Feldanzuges bestärkt. Es hing wohl wirklich von den aktuellen Umständen ab, z.b. ob man danach auf eine Dienstreise aufbricht, oder der Marschall einen Feldzug startet, ob Winter ist, oder Sommer. Die Garnache könnte z.b. auch im Winter als zusätzlicher Wärmeschutz getragen worden sein.
Eine klassische Kutte ist jedenfalls im Feldeinsatz eher hinderlich, wenn die Garnache aber die Tunika im Feld ersetzt, dann wäre das relativ plausibel. Der Mantel könnte dann bei strapazierenderen Dingen wie im Lager oder auf Reisen durch die Cappa ersetzt worden sein, denn beide hatten ein Kreuz.
Wurde die Tunika auch im Feld getragen?
Nicht vergessen werden darf bei der Diskussin, dass die Brüder noch eine Cotta (Leibrock) hatten: Gut möglich, dass die Brüder, je nach Bedarf auch nur den Leibrock über dem Hemd trugen (wie Körner das ja auch in Artikel 314 übersetzt)
Zusammengefasst denke ich:
- Haus- bzw Representationskleidung: Mantel+Tunika (bzw Cappa bei Buße)
- Außenkleidung: Mantel oder Cappa + Leibrock und/oder Garnache, je nach Jahreszeit und Umstand
Die Hauskleidung wurde genrell im Frieden getragen, während die Reisekleidung bei Reisen und Kriegszügen zum Einsatz kahm.
Auch für kleinere Reisen (z.b Besorgungen am Markt) könnte die Hauskleidung getragen worden sein.
So, was denkt ihr darüber?