Aus christlicher Sicht gab es im Mittelalter zwei Krankheitsmodelle:
A = Hiobsmodell = Gottprueft die von ihm auserwaehlten
B stuetzt sich auf das Gleichnis vom barmherzigen Samariter: der Kranke fordert als Ebenbild des armen Christus (=pauper Christus) zum Liebesdienst auf. Dass genau er krank wurde und nicht irgendjemand anderes ist eine Strafe fuer Suende, nicht unbedingt die eigene sondern moeglicherweise eine seiner Vorfahren, bis zu 16 Generationen.
Nach kirchlicher Auffassung durften beide Formen nicht therapiert werden, weil das eine Einmischung in den Willen Gottes waere, der nicht will, dass der Kranke gesund wird.
Ende des 8. Jahrhunderts vertrat Abt Richbodo von Lorsch (der das nicht ganz uneigennuetzig sagte, er war naemlich gehbehindert und wollte medizinische Hilfe) dass es auch non-A non-B Krankheiten gibt, also weder Pruefung noch Strafe fuer Suende sind. Diese Krankheiten waeren nicht gottgemacht und duerften daher behandelt werden. Da nun der Arzt nicht weiss welchen Typ Krankheit er vor sich hat soll er erst mal alles behandeln, bei A und B wuerde Gott einen Behandlungserfolg aber verhindern.
Diese Auffassung Richbodos fuehrte, vor allem durch seinen daraus entstandenen Streit mit seinen Kapellervorsteher Alkwin, zu einem deutlichen Aufschwung der Medizin in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten.