Autor Thema: Komthur  (Gelesen 6651 mal)

Randolf

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Komthur
« am: 12. Mai 2011, 23:30:47 »
Ich habe da mal eine Frage zum Thema Ritterkomthur und Hauskomthur:

Ist es möglich, dass eine Komthurey über einen Ritterkomthur UND einen Hauskomthur verfügte, quasi als Vertretung oder ähnliches ??
Matthäus 7,3: Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?

Johannes vom Gollenstein

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Komthur
« Antwort #1 am: 13. Mai 2011, 07:58:26 »
Du meinst dann sicher einen Sergeanten als Hauskomtur?
Soweit mir bekannt ist, darf ein Sergeant nur dann als Hauskomtur eingesetzt werden, wenn in der Komturei keine Ritterbrüder leben.
Aber Beni kann das sicher besser beantworten.

Randolf

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Komthur
« Antwort #2 am: 13. Mai 2011, 08:43:03 »
Ein Ritter als Hauskomtur geht ja gar nicht ;-)
Ich meine schon einen Sergeanten.

Das ist halt die Frage:
Ein Hauskomthur geht bei Rittern die fest in der Konthurey "stationiert" sind gar nicht?
Oder vielleicht auch ein geteiltes Aufgabengebiet? Quasi der Hauskomthur der die Belange der Sergeanten und Bediensteten regelt und der Ritterkomthur der wiederum andere Aufgaben hat und auch oft nicht anwesend ist (Termine Termine ;-) )

Warum sollte ein Sergeant der vielleicht seit Jahren in der Komthurey ist nicht Hauskomthur sein, auch wenn "gelegentlich" für eine gewisse Zeit Ritterbrüder anwesend sind?

Gibt es da Hinweise wie das gewesen sein könnte??
Der Hauskomthur war eh häufiger als der Ritterkomthur anzutreffen ....
Matthäus 7,3: Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?

Daniel

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Komthur
« Antwort #3 am: 13. Mai 2011, 09:30:36 »
hmm

ich hab grad Schweirigkeiten mit dem Begriff Hauskomtur. Ich glaube nicht, dass damit nur Dienende gemeint sind. Dafür kommt es an zu vielen Stellen der Regel vor und zwr in Teilen die allgemeiner Natur sind:

Zitat
Von den dienenden Brüdern, welche Komture sind. 180. Die dienenden Brüder, welche Hauskomture sind, sollen ein Pferd haben und ebensoviel Fourage wie der Konvent. Sie können einem Bruder vier Denare geben und einen ihrer Dienenden als Knappe halten. Wenn es dem Bannerherren beliebt, ihnen einen Knappen zu geben, können sie ihn annehmen.

Zitat
184. Wenn man Rindfleisch und Hammelfleisch an der Tafel des Konvents aufträgt, soll der Hauskomtur die, welche kein Rindfleisch essen, an einem bestimmten Teile der Konventstafel Platz nehmen lassen mit Ausnahme des Meisters und des Bruder Kaplan. Jeder Bruder, der von den Speisen der Dienenden essen will, kann sich davon geben lassen. Wenn man den Brüdern rohes, finniges oder übelriechendes Fleisch vorsetzt, können sie es zurückgeben und müssen anderes dafür bekommen, wenn noch welches vorhanden ist.

Zitat
186. Am Tage, wo sie kein Fleisch essen, sollen sie zwei Gerichte haben. Wenn man jedoch Eier oder Käse oder Fisch gibt, sollen sie nur ein Gericht bekommen, außer wenn die Komture ihnen eine besondere Vergünstigung bewilligen wollen. In den beiden Fasten aber soll man ihnen zwei oder drei Speisen geben, damit derjenige, welcher nicht von der einen will, von der anderen habe. Und wenn das Fasten auf einen Sonntag, Dienstag oder Donnerstag fällt, ist es gebräuchlich, dass man ihnen frischen oder gesalzenen Fisch oder andere Zukost gibt. Wenn sie jedoch schon am Montag, Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Fisch haben, kann der Hauskomtur ihnen, wenn er will, eins von den Gerichten entziehen, falls er ihnen den Fisch aus seiner Börse gewährt.

Zitat
196. Der Hauskomtur muss für den Bruder Krankenpfleger anschaffen, was dieser für den Tisch der Krankenstube und für die Krankenstube selbst, in welcher die kranken Brüder liegen, braucht; auch muss er ihm die Aufsicht über den Weinkeller, die große Küche, den Backofen, den Schweinestall, den Hühnerstall und den Garten übertragen. Wenn der Komtur dies aber nicht tun will, muss er dem Bruder Krankenpfleger soviel Geld geben, das dieser das in der Krankenstube Nötige gewähren kann. Der Komtur der Provinz muss den Brüdern das Nötige zur Verfügung stellen, auch die Mittel, Arzneien zu kaufen, wenn das Bedürfnis vorhanden ist.

Zitat
347. Die Brüder aber sollen den Armen die Füße waschen, sie mit den Handtüchern trocknen und alsdann deren Füße in Demut küssen. Es sei dabei bemerkt, dass der Almosenpfleger darauf achten muss, dass die Armen, welche gewaschen werden sollen, keine ekelerregenden Krankheiten an den Füßen oder Beinen haben; denn es könnte einem Bruder übel werden. Während der Ausübung dieses Liebesdienstes sollen der Priester und der Hilfsgeistliche den Chorrock anhaben, das Kreuz tragen und die an jenem Tage im Orden gebräuchlichen Gebete sprechen. Hernach soll der Hauskomtur, falls kein Vorgesetzter von ihm anwesend ist, den Armen, die gewaschen worden sind, jedem zwei Brote, ein Paar neue Schuhe und zwei Denare geben. Dies soll alles am grünen Donnerstage vor sich gehen, ehe die Brüder essen.

Zitat
535. Wenn der Vorsitzende des Kapitels etwa einige von den Brüdern, welche vorgekommen sind, um Buße zu tun, zurückbehalten will, kann er es ruhig tun. Wenn ferner der Hauskomtur oder ein andrer, der Brüder unter seinem Befehle hat, zu dem Vorsitzenden des Kapitels sagt: „Lieber Herr, erlaubt um Gottes Willen, dass der und der Bruder erst später seine Buße ableistet, denn ich brauche ihn im Interesse des Ordens.“, so kann er es, wenn er will, wohl erlauben; er kann den Betreffenden aber auch, wenn er will, in Buße tun. Es sei jedoch bemerkt, dass jeder die Pflicht hat, den Vorteil des Ordens im Auge zu haben solange dies ihm unbeschadet seines Seelenheils möglich ist; doch den Schaden seiner Seele darf keiner wider besseres Wissen verschulden, um was es sich auch handle.

Wenn der Hauskomtur immer ein Sergeant ist, dann würden all diese Regeln nicht für Ritterkomture gelten. Dann würds zB in einer Komturei mit Ritterkomtur keinen Krankenpfleger geben oder der Ablauf zu Tisch anders sein als mit Sergeantenkomtur? Glaub ich nicht. Hauskomtur ist denke ich eher die Bezeichnung für einen Komtur eines Hauses, also quasi die kleinste Einheit der templerischen sesshaften Gemeinschaft.


Gruß
Daniel
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Benedikt von Söllbach

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Komthur
« Antwort #4 am: 13. Mai 2011, 10:49:20 »
Dass "Hauskomtur" nicht mit einem Dienenden gleichzusetzen ist, sehen wir doch schon am Artikel 180, in dem klar wird, dass die Dienenden Komture nur eine Untermenge der Hauskomture sind.

Es ist auch richtig, dass ein Dienender kein Komtur eines Hauses sein durfte, in dem Ritter leben, das hat mit den Ständen zu tun. Demnach konnte also ein Dienender auch nicht Vertreter eines Ritters sein.

Beim "Ritterkomtur" in der Ordensregel müssen wir außerdem auch aufpassen, denn es gab noch einen "Komtur der Ritter" (vgl. Art 137), der wohl eine Art Untergebener des Marschalls war:
Zitat
Hier beginnt die Bestimmung für den Komtur der Ritter.

137. Der Ritterkomtur  soll bei Abwesenheit des Marschalls dem Provinzkomtur untergeordnet sein, im Kriege wie im Frieden. Indessen kann er den Brüdern die Erlaubnis zum Aderlass, Baden und Pferdewettrennen geben. Auch kann er einem Bruder erlauben, eine Nacht außer dem Hause zuzubringen; ebenso kann er Kapitel halten an Orten, wo weder der Marschall noch der Komtur anwesend ist.
Ich weiß nicht mehr genau, wer es war, Wilcke oder Demurger, aber jemand hat die Behauptung aufgestellt, dass dieser Komtur einen militärischen Posten ausfüllt. Weiter taucht er in der Ordensregel aber nicht auf, nur in diesem Artikel. Vielleicht handelt es sich um eine Art Schwadronsführer?
Probate spiritus si ex Deo sunt. ("Prüfet den Geist, ober er von Gott kommt" - Paulus)
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William

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Komthur
« Antwort #5 am: 13. Mai 2011, 13:00:45 »
Zitat
Original von Benedikt von Söllbach
Es ist auch richtig, dass ein Dienender kein Komtur eines Hauses sein durfte, in dem Ritter leben, das hat mit den Ständen zu tun. Demnach konnte also ein Dienender auch nicht Vertreter eines Ritters sein.

Also ich habe das so verstanden und interpretiert:

Der Hauskomthur oder auch nur Komthur genannt ist die jeweils höchste Instanz innerhalb einer Komthurei.

Da es in Europa wohl nur sehr wenige Ritter gab - die wurden ja viel dringender in Outremer gebraucht - waren hier überwiegend Dienende als Komthure eingesetzt.

Im heiligen Land wird es dagegen eher genau anders herum gewesen sein, denn wie Beni schon schreibt, darf kein Dienender einem Ritter vorgesetzt sein und da es dort eben die Masse der Ritter gab ist dies ein naheliegender Schluß.

Es wird wohl 2 Arten von Ritterkomthur gegeben haben:

1. den nach Art. 137. genannten "permanenten" Ritterkomthur - also der unmittelbare Vorgesetzte der Ritter und 2. den "provisorischen" Ritterkomthur.

Der "provisorische" Ritterkomthur soll dann - von RITTERN - gewählt werden, wenn kein anderer Vorgesetzter zur Hand ist - also quasi ein vorübergehender informeller Gruppenführer, solange kein höherer Dienstgrad anwesend ist.

Das mag dann von Bedeutung sein, wenn der Vorgesetzte eines Trupps/Einheit im Kampf gefallen ist oder in einer Befestigung verstorben ist und noch keine Zeit war für einen regulären Ersatz.

Die Wahl sollte dann ja auch von den anwesenden - gleichrangigen- Rittern durchgeführt werden - also eine Notlösung sozusagen!

Zitat
Original von Ritter Randolf
Ein Ritter als Hauskomtur geht ja gar nicht ;-)
..

Doch natürlich - nämlich immer dann wenn Ritterbrüder in einem Haus/Burg/befestigte Stadt sind - also überwiegend im heiligen Land - dort MUSS dann sogar aus o.g. Gründen ein Ritter Komthur und somit Hauskomthur sein - es sei denn ein Mitglied des Kapitels ist dort noch höher und anwesend (aber das wäre ja dann letztlich auch ein Ritter)!

Anders eben in den "Farmkomthureien" in Europa - hier überwiegend keine Ritter, daher meist die Dienenden als Komthure!

Zitat
Original von Benedikt von Söllbach
 Vielleicht handelt es sich um eine Art Schwadronsführer?

Das halte ich aufgrund der Art der einfachen Wahl eines vorübergehenden Anführers (Ritterkomthur) für sehr wahrscheinlich!

Um es modern auszudrücken: vermutlich so etwas wie ein Zugführer dem eine bestimmte Anzahl Ritter unterstand - Schwadron wäre logisch - und der die Befehle von "oben" nach "unten" weiterleitet.

Im Falle des o.g. Artikels könnte es zusätzlich, im heiligen Land, ebenso noch einen (DEN) Ritterkomthur gegeben haben, der als höchster Ritter ohne weitere Funktion noch zwischen den Ordensoberen und der Ritterschaft stand.

Also ähnlich wie DER Turkopole für die Turkopolen!

Gruß
William
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?

Benedikt von Söllbach

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« Antwort #6 am: 13. Mai 2011, 14:41:09 »
Oder wie ein Spieß als "Assistenz" des Marschalls?
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Komthur
« Antwort #7 am: 15. Mai 2011, 15:11:14 »
Vermutlich wird der Begriff "Ritterkomthur" ebenso vielfältig eingesetzt worden sein, wie der des "Meisters" - nur eben eine Etage tiefer angesiedelt und nur auf die Brüder Ritter bezogen.

Eine so exakte Befehlskette wie in modernen Armeen gab es damals eh nicht - früher in der Antike ja, aber im Mittelalter hatte man offensichtlich vieles irgendwie "vergessen", was davor schon lange bekannt war.

Dennoch gibt es in jeder stehenden Truppe die disziplinarische Notwendigkeit einer Befehlshirarchie -anders ist weder Disziplin noch Taktik durchführbar und ich denke die Templer versuchten hier eben so eine Befehlskette aufzubauen ohne sie zu offensichtlich, bzw. zu kompliziert zu machen.

Auch unter dem Aspekt der "Brüderlichkeit" sollte es keinen Neid und Missgunst geben - evtl. daher die sehr einfachen und für unsere Begriffe zu wenig definierten Kommandostrukturen. *pope*

Da sich aber kein General persöhnlich um den Ausbildungsstand und die Ausrüstung jedes einzelnen Soldaten kümmern kann, muß es eine differenzierte Abstufung gegeben haben und in diese Kategorie lege ich den Ritterkomtur - nicht klar definiert, dafür überall einsetzbar und auch zur Not mal schnell wählbar - also einer unter Gleichen, der eben nur das Bindeglied zwischen oberster Führung und einfachen Ritterbruder stellt.

Allerdings würde ich den "Ritterkomthur" als überwiegend militärischen Rang sehen - daher ganz und gar nicht mit dem Hauskomthur (Verwalter eines "Hauses") zu vergleichen!!

Also zur Frage:
Zitat
Original von Ritter Randolf
Ist es möglich, dass eine Komthurey über einen Ritterkomthur UND einen Hauskomthur verfügte, quasi als Vertretung oder ähnliches ??

In einer Komthurei/Burg/befestigten Stadt IN OUTREMER kann es durchaus beides gegeben haben - einmal den "Verwalter" und dann noch den militärischen Rang.
In Europa dagegen ist dies unmöglich, da es 1. kaum Ritter gab und wenn doch einer in der Komthurei war, dann war er automatisch auch Komthur, da ja kein Dienender über ihm stehen durfte!

Genauer würde ich die Position gar nicht einkreisen wollen, denn 1. fehlen die konkreten Fakten und 2. denken wir glaube ich oft zu "modern". *smoky*

Ähnliche Positionen wird es sicherlich auch innerhalb der kämpfenden Einheiten der Sergeanten oder Turkopolen gegeben haben............

DER Ritterkomthur könnte dann tatsächlich so etwas wie "die rechte Hand" des Marschalls, als Bindeglied, gewesen sein.

Aber auch hier würde ich keinen Vergleich mit modernen Armeen anstellen - evtl auch nur so eine Art Vertrauensmann und Inspekteur dieses einen Truppenteils.......(nur so eine Vermutung - mehr nicht!)

Evtl hat man aber auch bewußt auf zu viel militärische Struktur verzichtet, denn es war ja eh schon schwer genug sich als "Orden" zu etablieren und die Positionen innerhalb eines Ordens sind von der Kirche klar definiert (sogar genau vorgegeben, welche Positionen zur Disposition stehen und besetzt sein müssen um sich Orden nennen zu dürfen) und da gibt es eben nicht die Notwendigkeit zusätzlicher "Zwischenpositionen"!
(Je mehr ich darüber nachdenke, desto logischer erscheint mir diese Begründung! Evtl dürften sie, aus kirchenrechtlichen Gründen, gar nicht zu viele Titel aus dem militärisch weltlichen Bereich reinnehmen um nicht Gefahr zu laufen den Status als "Orden" aberkannt zu bekommen!) *smoky*


Gruß
William
Ist es nicht klüger zu akzeptieren, dass man nichts Genaues weiß, als sich auf tönernen Füßen Wahrheiten aufzubauen?