Autor Thema: Nesselstoff  (Gelesen 6891 mal)

Isobel

  • Gast
Nesselstoff
« am: 11. August 2008, 10:45:02 »
Kann mir einer von euch etwas über Nesselstoff sagen, ich meine den aus Brennesseln - nicht aus Baumwolle. Den soll es schon im Mittelalter gegeben habe (die Klöster hatten große Produktionen) und die Wikinger sollen ihre Segel daraus genäht haben.

Lancelot Graf von Rothenfels

  • Globaler Moderator
  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 1.415
  • Globaler Moderator
Nesselstoff
« Antwort #1 am: 11. August 2008, 11:25:33 »
Habe da was gefunden .....



In der Naturheilkunde ist die große Brennessel "Urtica dioica L." als Heilpflanze seit dem Altertum bekannt. Vermutlich nutzte man die Pflanze auch schon früh als Faserlieferant zur Herstellung von Garn und Geweben, sichere Belege sind etwa 1000 Jahre alt; Funde gibt es aus der Bronzezeit in Dänemark. Der russische Mönch Nestorius berichtete zum erstenmal von prächtigen Gewändern, von Segeltuch und Schiffstauen aus Nessel. I

n Deutschland gibt es die ersten Belege aus dem 12. Jahrhundert. In den Klöstern des Mittelalters befaßte man sich zum Beispiel unter anderem auch mit der Herstellung von Nesselgeweben.

Im 15. Jahrhundert gewann die Verarbeitung von Nessel immer mehr an Bedeutung, die bis ins 18. Jahrhundert anhielt. In dieser Zeit gab es schwerpunktmäßig in verschiedenen Regionen Mitteleuropas Werkstätten und Manufakturen, die von der Herstellung der Nesselgewebe lebten, u. a. in Süddeutschland und der Schweiz, in Leipzig ist für 1723 eine solche Manufaktur nachgewiesen. vornehmlich wurde Nessel jedoch in Frankreich verarbeitet.

Im Laufe des 19. Jahrhundert kam ein Niedergang, die Nesselstoffe schwanden allmählich vom Markt.

Die Rohstoffknappheit im ersten Weltkrieg und die Bestrebungen, bezüglich der Rohstoffe autark zu werden, brachten die Brennessel als Faserlieferant noch einmal in den Blickpunkt. Umfangreiche Untersuchungen wurden angestellt um zu erkunden, wie weit dieses Material wieder nutzbar gemacht werden kann. Mit der Erkenntnis, daß Aufwand und Nutzen nicht im Verhältnis stehen, kam nach dem Krieg das endgültige Aus für den Rohstoff Nesselfaser, der daraufhin in Vergessenheit geriet.

 Botanisch gehört die große Brennessel zur Familie der Urticaceen (Brennesselgewächse) als eine von vielen, vor allem asiatischen, Spezies. Sie wächst wild als ausdauerndes Kraut, das jedes Frühjahr aus den, in der Erde liegenden Erneuerungsknospen wieder ausschlägt. Die große Brennessel ist weit verbreitet, sie wächst auf nährstoffreichem Boden in der Nähe von Siedlungen, auf Müllhalden und an Wegrändern, auf feuchten Waldstücken oder Gebüschen.

Die Pflanze ist getrenntgeschlechtlich, die männlichen und weiblichen Blüten sitzen an zwei verschiedenen Stengeln.

Zur Fasergewinnung wurde die Brennessel im August geschnitten. Die Stengel mußten gut getrocknet, dann geröstet, gebrochen und gehechelt werden, ähnlich wie beim Flachs. Die Aufbereitung war jedoch schwieriger und erforderte zusätzliche Handarbeit, da die Fasern nicht wie beim Flachs in Bündeln unter der Außenschicht liegen, sondern einzeln, mit nur geringem Zusammenhalt in den vier Ecken des kantigen Stengels; zudem sind die Brennesseln nicht sehr ergiebig, der Ertrag liegt bei nur etwa 8 % der getrockneten Pflanze.

Das Ergebnis der Bearbeitung waren flockenartige, feine weißliche Fasern in einer Länge max. von 3 - 5 cm.  

Das gesponnene Garn besaß guten Glanz und Festigkeit und ließ sich leicht färben. Gewebt wurde Nesseltuch, das in der Qualität jedoch nicht an Leinen herankam. (Als "Nessel" bezeichnet man heute einen rohweißen einfachen Baumwollstoff in Leinwandbindung, doch ursprünglich war Nessel aus Brennesselfasern hergestellt.) Zudem wurden aus Nesselgarn technische Gewebe wie z.B. Filtertücher für Müllereizwecke oder Segeltuch für die Schiffahrt hergestellt.

Der industriemäßige Anbau der Baumwolle seit Beginn des 19. Jahrhunderts und die damit verbundene Verbilligung dieses Rohstoffes verdrängte allmählich die Nesselfaser, die, soweit noch gebraucht, zunächst durch die sehr ähnliche Baumwolle und später synthetische Fasern ersetzt wurde.
Komthur des DO - Kommende Burg Schleynitz

"HELFEN - WEHREN - HEILEN"

Für Gott, das heilige Reich und das Vaterland !

Isobel

  • Gast
Nesselstoff
« Antwort #2 am: 11. August 2008, 11:38:55 »
Danke dir :)

dann schau ich mal wo ich solchen Stoff bekomme - für Unterkleidung - soll nämlich nicht so kratzen wie Leinen.

Lancelot Graf von Rothenfels

  • Globaler Moderator
  • Engagiert
  • ***
  • Beiträge: 1.415
  • Globaler Moderator
Nesselstoff
« Antwort #3 am: 11. August 2008, 12:10:55 »
...soll angeblich sogar weicher als Seide sein !!!
Komthur des DO - Kommende Burg Schleynitz

"HELFEN - WEHREN - HEILEN"

Für Gott, das heilige Reich und das Vaterland !