Mit diesem Thread möchte ich gern etwas weitergeben, was mir selbst vor einiger Zeit "widerfuhr". Ich entdeckte eher zufällig im Rahmen meiner Templerrecherchen eine CD. Oder besser: eine Rezension dieser CD. Sie lautete so:
"Zugegeben, was es hier zu hören gibt ist kein leichtes Brot. Aber es lohnt sich, denn der monoton-brutale Singsang, den das Ensemble Organum so authentisch wiedergibt, daß es einem Schauer über den Rücken jagen kann, erlaubt einen tiefen Blick in eine Zeit und vor allem auch in eine Mentalität, die von unserer heutigen so weit entfernt ist wie die Erde vom Mars.
Die Aufnahme beginnt mit unserem Hörbeispiel, dem Antiphon "Crucem Sanctam". Antiphon heißt soviel wie Gegengesang. Gemeint ist eine Art Wechselgesang zwischen zwei Chören oder einem Vorsänger und einem Chor. Es ist die Art von Stück, das die Kriegermönche anstimmten, um die Inbrunst ihres Glaubens zu stärken, wenn ihre sonstigen Pflichten es ihnen nicht erlaubten, an der obligatorischen Anzahl von Messen teilzunehmen.
Man muß sich das ganz archaisch vorstellen: Die Templer traten in einer Art Halbkreis zusammen, um zu singen. Die Rhythmusgebung erfolgte durch ein kollektives Wippen, wobei der Körperschwerpunkt immer von links nach rechts und zurück verlagert wurde. Die Art von Intensität, zu der der dogmatisch-ekstatische Katholizismus im Hochmittelalter fähig war, ist uns vielleicht nurmehr vorstellbar, wenn wir einem Derwisch oder einem Voodoopriester zusehen würden. Das ist aber genau die Stimmung, die vom Ensemble Organum hier perfekt vermittelt wird. Gänsehaut pur."
Quelle:
http://www.tonspion.de/mp3.php?mp3=51&stil=klassik&seite=1&order=datum&chars=a(Übrigens: gut, dass man hier auch gleich einen der eindrucksvollsten Titel als mp3 zum Pprobehören herunterladen kann)
Das machte mich neugierig - ich kaufte die CD. Gleich nach dem Kauf wollt eich sie hören. Das ging zuerst nur im Auto auf dem Heimweg. Und es war wirklich eine kleine Sensation für mich. Nie hätte ich gedacht, dass ich im Auto nach einer 800 Jahre alten Musik im Wortsinne mitrocken würde. Ich sang lauthals mit, beim ersten Lied und beim ersten Hören - es war Wahnsinn. Nicht die Texte (wie auch, bin kein Lateiner), nein, der einfache Refrain des ersten Liedes hielt mich gepackt - und so ist es geblieben. Noch heute beim Hören spüre ich klar die Kraft, die Tiefe der Musik und sehe die Verbindung der Brüder beim Singen gleichsam vor mir.
Ich habe vieles gelesen über Geschichte, Mythos, Mythologie und Spiritualität der Templer /Kreuzfahrer. Aber es ist etwas ganz anderes, ihre Musik, ihren Gesang zu hören. Heute weiß ich, dass ich selber dadurch, dass ich ein Stück Templergeschichte hören durfte, einen tieferen Zugang zum Orden gefunden habe. Allein durch das Lesen wäre das in dieser Art nicht passiert.
Daher lege ich allen interessierten diese CD ans Herz. Aber nicht nur das. Ich fordere Euch auf bzw. bitte herzlich darum, eure Erfahrungen und Gefühle mitzuteilen, wenn ihr selber die CD einmal gehört habt.
Außerdem habe ich allergrößtes Interesse daran, hier ein wenig genauer anzusetzen:
Wer kennt sich mit der Liturgie und den entsprechenden Gesängen aus? Gibt es möglicherweise noch mehr Musik von diesem Manuskript zu hören?
Und auch sehr wichtig: könnte jemand evtl. Aufschluss darüber geben, wie die o.g. Bewegung zur Musik genau aussah? Gibt es evtl. genauere Beschreibungen? Wie könnte man das heute wieder erlernen?
Wie fantastisch wäre es, wenn man im Kreis Gleichgesinnter diese kraftvolle Bewegung zur Musik nachzuvollziehen würde! Es würde sicher jedes interne Treffen (aber auch die öffentliche Darstellung) mehr als nur bereichern, wenn man in einer Gruppe von singenden und sich im Einklang dazu bewegenden Brüdern das historisch korrekte Leben des Ordens darstellt und wiederbelebt. Oder nicht?
Weiter unten gebe ich einen Literaturhinweis weiter, wer des Englischen gut mächtig ist, könnte vielleicht hier etwas zu den Fragen finden und den Nichtsprachlern weitergeben?
Mich selber hat die Musik so begeistert, dass ich im Frühsommer in der schönen Kirche meines Ortes einen kleinen Vortrag über die Templer halten werde und danach die Musik mit anderen genießen will. Es muss phantastisch sein, wenn die Sonne durch die Kirchenfenster auf den Altar fällt und man in dieser historischen und sakralen Umgebung den tiefen Glauben (woran im Detail auch immer) und die Verbindung des Ordens mit der Musik spüren zu können.
Wenn es hier jemanden gibt, der sich mit der Kirchenmusik der Templer auskennt, den bitte ich um ein Zeichen. Ich habe leider keine Kenntnisse in Kirchenmusik und möchte gern die Besonderheiten der Templerlieder kennen lernen. Sie einordnen können in den historischen Kontext, das Gemeinsame, aber eben auch Besondere der Lieder im Vergleich aus fachlicher Perspektive verstehen und würdigen können.
Auch wenn der Thread nun extrem lang wird, ich möchte gerne noch das Booklet der CD zitieren. Es ist ca. 2 A4-Seiten lang und auf Englisch. Es würde mich sehr freuen, wenn jemand es sinngemäß für mich und andere ins Deutsche übertragen könnte. Da es sicherlich auf breiteres Interesse stoßen wird, da es hier um die Geschichte des Ordens geht, hoffe ich, dass das in Ordnung geht, einen solchen "Riesenthread" zu kreieren.
(Wer die CD bei iTunes .ä. erwirbt, muss auf das Booklet verzichten. Auch das - neben den genannten - ein Grund, es zu zitieren.
Also, ich hoffe, es finden sich andere, die diesen Aspekt der Templer genauso spannend finden wie ich und ihre Ansicht "zu Papier" bringen.
Herzlichen Gruß
Scholar Gerlach