Templerforum - Das Forum des Templernetzwerkes
Mittelalter => Mittelalter allgemein => Thema gestartet von: Frey Michael von Murrhardt am 30. August 2011, 18:17:29
-
Hmmm, hab da mal ne Frage.
Beim Recherchieren im WWW bin ich auf eine Diskussion gestoßen, die da besagt, dass es eigentlich überhaupt keine Belege für die "heutigen" MA-Markt-Holzschuhe gibt und diese sogar in die Steckstuhl Fraktion gehören.
Kann mir jemand sagen und evtl. auch Bezugsquellen liefern, ob die Holzschuhe im Hochmittelalter im Süddeutschen Raum verbreitet waren und ob diese nur Schuhwerk für die normale Bevölkerung war.
Danke im voraus.
Gruß Frey Michael
-
Ja, diese Frage ist interessant, aber wohl nicht leicht zu beantworten. Da ja heute auf den Ma-Märkten die typischen "Holländer-Holzschuhe" das Bild überwiegend prägen und diese mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überall die "gängige Mode" waren, bleibt die Frage, was denn überhaupt im Hochmittelalter an holzschuhen üblich war. Mir sind da nur die sogenannten Trippen bekannt, die ja zum Schutz des auch damals teuren Schuhwerks an den Lederschuhen getragen wurden. Über die Trippen gibt es auch genügend Informationsmaterial, welches auf die Verarbeitung und Tragweise ausführlich eingeht.
Gruß
Jorge
-
Gelöscht von Lance
-
die erklärung klingt plausibel - wenn ich bedenke, was ich so alles im ofen verheize und damit der nachwelt entziehe...
... aber schön warm ist es...
:-)
-
Die logische Erklärung: Holzschuhe wurden aus Pappel oder Weidenholz gemacht und dieses Holz ist sehr vergänglich, sprich sie sind schon nach 10-20 Jahren Humus....... geschweige denn nach 500-600 Jahren. Demnach ist im Vergleich zu Lederschuhen eben „nichts“ mehr davon zu finden.
Mich würde jetzt an der Stelle interessieren, ob
a) das eine Schlussfolgerung von dir ist, oder ob die das schreiben
b) ...und wenn "die" das schreiben, wie sie das begründen.
Christiane Schnack schreibt nämlich in ihren "Lederfunden Schleswig", dass Leder ebenfalls in der regel recht vergänglich ist. Es kommt halt immer auf die Umstände der Konservierung und die Masse des Fundgutes an, man kann da nicht pauschalisieren. Beispielsweise glaube ich nicht daran, dass sich ein Holzschuh schneller zersetzt, als ein dünnes Lederbändel (die aber auch massenhaft gefunden wurden!).
Insofern ist die Schlussfolgerung oben in meinen Augen nicht fundiert, auch wenn sie "logisch" klingt.
Es gibt beispielsweise relativ gut erhaltene Birkendosen, dioe ja recht dünnwandig sind.
Ich glaube eher an die ebenfalls logische Schlussfolgerung "war nicht üblich".
-
Bei zehntausenden Lederschuhfunden kann man doch auch nicht mehr davon sprechen, dass Lederschuhe nur etwas für "höhere Schichten" gewesen wären, oder? Wie sieht der eine Holzschuhfund denn aus? Würde mich nicht wundern, wenn sich Holzschuhe überhaupt aus Trippen entwickelt hätten (laut Wikipedia sieht man den ersten Holzschuh in einem Altarbild aus dem 15. Jh.). In dem Moment würde ich die Frage von Frey Michael erst einmal negativ beantworten.
-
Ich würde mich da eher Beni anschließen, denn im niedersächsischen Fachblatt für Archeologie (Ausgabe???) stand einmal, das man anhand der zahlreichen Funde - und vor allem den ursprünglichen Zustand in Rechnung stellend - davon ausgeht, das Lederschuhe so billig waren, das sogar die Schuhe der einfachen Bauern und Leibeigenen NICHT geflickt wurden, sondern einfach direkt in den Müll wanderten.
So wurden eben solche Schuhe im "Hausmüll" einfacher Leute gefunden, die nur kleine Löcher hatten und weggeworfen wurden.
Anders sah es bei den z.T. sehr wertvollen Stoffbeinlingen mit angenähter Ledersohle (auch ohne !) aus - die waren teuer und wenn so ein Adeliger oder reicher Handwerker dann damit mal eben auf die Straße (besonders in den verdreckten Städten ) mußte, zog er die Trippen als Schutz vor Verunreinigung an.
Wenn es also nur die teuren "Stoffschuhe" des Adels zu schützen galt und ein Bauer mal eben die leicht abgenutzten Lederschuhe entsorgte, weil ein neues Paar anscheinend billiger war als das Reparieren, dann gibt es eigentlich keinen Grund für Holzschuhe.
Zumal diese Holschuhe bei der Feldarbeit (im losen Erdreich oder Ackerfurche) nicht nur unbequem gewesen wären, sondern sogar die Unfallgefahr (z.B. Umknicken) deutlich erhöht hätten.
Was ich mir evtl noch vorstellen könnte (spekulativ!) wäre, das die Bauern für ihr Sonntags-Kirch- Gewand ebenfalls eine einfache Form von Trippen benutzt haben - war ja sehr beliebt dem Adel nachzueifern. (siehe auch Farben/Stoffe und die lokalen Verbote für das einfache Volk)
Es gibt doch Bilder mit Bauern - hat da schon mal jemand Holzschuhe gesehen? Ich kann mich nur an Bilder mit Lederschuhen oder gar Barfuß erinnern.
Gruß
William
-
Gelöscht by Lance
-
Hmmmmm Bruder Lancelot?????
Schlecht geschlafen? *jokely*
Also ich habe nur in einem Satz spekuliert und dies auch in Klammern deutlich dazu geschrieben - der Rest ist schon fundiert, auch wenn ich die genaue Ausgabe nicht mehr kenne, da ich mir immer die neusten Ausgaben in der Stadtbücherei ausleihe - seit vielen Jahren.
Natürlich wäre es möglich - aber wir wollen ja hier eben Dinge entweder belegen, Thesen durch Fakten erhärten oder eben auch Szenemärchen ausschließen. *smoky*
Also bitte recht friedlich bleiben - auch wenn du mich nicht mit "Wikipedia" gemeint hast, klingt dein Beitrag doch etwas angreifend Bruder Lance. *pope*
Gruß
William
-
Alles kein Problem, ich kann ja auch meckern: :P [Hier Zitat von Lance, nachträglich gelöscht, wird nur erwähnt, damit mein Beitrag noch Sinn ergibt]
Nein, du hast an mehreren Stellen selbst nur spekuliert und das dann mitunter widersprüchlich: Holzschuhe "wohl definitiv" (?) nicht gegeben <-> haben im Lager/Markt ohne weiteres (!) Berechtigung; Holzschuhe "wenn [...] dann erstmal" im Bauernstand <-> 10.000 Lederschuhfunde, wohl v.a. von der einfachen Bevölkerung (ist per se sicherlich kein Widerspruch, aber ohne einen positiven Holzschuh(be)fund trotzdem nur spekuliert) etc.
Ist der von dir erwähnte einzige Holzschuhfund nun einer der Belege aus dem 14. Jahrhundert? Ich lasse mich ja gern belehren, aber bei Szenemärchen und Klischees reagiere ich immer allergisch. Und außerdem ist mir die von William erwähnte Abknickgefahr irgendwie auch....brrrr.....
Aber für alle, die bei der Erwähnung von Wikipedia ebenfalls allergisch reagieren: Zitieren darf man sie nicht, aber als Recherche(anfang) ist sie zweifelsohne brauchbar, sofern man kritisch mit ihr umgehen kann (der Kurzschwertartikel ist leider ein Gegenbeispiel). Und voilà, hier ist der Altarretabel aus der Dortmunder Propsteikirche aus den 1470ern von Derick Baegert (wenn Wikipedia auch hier nicht schamlos gelogen hat, aber Gottseidank steht unten viel Literatur zum Nachprüfen): Klick (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ac/Baegert-Altar-Dortmund-Mitte.jpg) (Holzschuh links unten, mit Lederschuh zusätzlich, die Dinger werden doch nicht etwa tatsächlich eine Trippenweiterentwicklung sein, oder?)
-
......
-
Hallo Leute,
ich danke Euch, für die rege Teilnahme an dieser Diskussion. Ich stehe leider noch mit einigen Fragezeichen da, aber vielleicht werde ich noch fündig, werde dies Euch dann aber wissen lassen.
Noch was, Achtung keine Ressentiments pflegen.
Grüße
Frey Michael
-
Es ist halt wie so oft - wenn Belege Fehlen, kann man natürlich vermuten, das es so etwas gab - aber eben nicht beweisen.
Selbst seltene Einzelbelege zeigen nur was möglich war, aber eben nicht was "typisch" oder verbreitet war.
Wenn wir keine klaren Belege finden, haben wir eben erstmal einen Status Quo!
Streit bringt da gar nix - nur Geduld und fleißige Recherche. *pope*
Solange wir nichts Handfestes haben ist es in beide Richtungen spekulativ und man kann dann nur versuchen durch Nebenbelege eine These aufzustellen, mit der max. Wahrscheinlichkeit - dafür ist es dann legitim zu spekulieren und logische Argumente einfließen zu lassen - dennoch wird es eine These bleiben, bis klare Beweise vorliegen. *smoky*
Also suchen, suchen, und nochmals suchen - wenn wir nichts finden, dann spekulieren, aber egal wie viele unterschiedliche Meinungen es dann gibt - letztlich hat erstmal keiner Recht und das müssen wir dann leider auch so akzeptieren.
Gruß
William
-
Pax Brüder,
Die Frage der Holzschuhe bzw. Trippen beschäftigt mich auch sehr zur Zeit und ich habe einen Artikel gelesen in dem auf ein Gemälde von Peter Breughel verwiesen wird, auf dem einwandfrei ein paar Holzschuhe zu sehen sind, weiterhin gibt es einige Funde aus England zwar jeweils nur einzelstücke und die auch sehr rudimentär aber eindeutig als Holzschuh identifiziert. Weiterhin weiß ich durch Lektüre alter Bücher zum Thema Zimmerei einschl. entsprechender Bilder in den verschiedenen Werken das auf jeden Fall im Spätmittelalter Holzschuhe als Arbeitssicherheitsschuhe getragen wurden.
Es wird von verschiedenen Fachleuten immer wieder darauf verwiesen, das die "verbrauchten" Schuhe wohl wirklich noch verfeuert wurden, denn Brennmaterial war zeitweise sehr teuer und auch schlecht zu bekommen. Bei Lederschuhen ist es ja auch so das durch das Gerben das Leder haltba gemacht wird und unempfindlicher gegen Verwesen, daher finden sich recht viele Lederschuhe.
Aber mal eine andere Frage zu diesem Thema, ich habe nichts in den Statuten finden können dazu, waren Holzschuhe und/oder Trippen im Orden erlaubt und auch verwendet worden ?
Friede auf euren Wegen
Bruder Raimundus von Bilicis
-
@ Reimundus: die Bilder von Breughel (der Ältere: 1525 - 1569, der Jüngere 1564 - 1638 ) sind zwar ganz nett, aber als Beleg für das 13. Jh. nicht zu verwenden.
Ich bemühe mal Tante Wiki:
"Die älteste bekannte Abbildung von Holzschuhen ist auf einem Altarretabel aus dem 15. Jh. von Derick Baegert in der Dortmunder Propsteikirche zu sehen."
Hier ein Auszug von der Homepage des Klompenmuseums in Elde (Niederlande):
"Mit Hilfe der Abbildungen, Erkenntnisse aus Ausgrabungen und Ähnlichem wird die Vergangenheit beleuchtet. Ein Photo zeigt einen der ältesten (1271) Klompen aus den Niederlanden, gefunden in Rotterdam. Hier sind auch echte „trippen/ platijnen” (Slipper mit einem hölzernen Unterschuh) aus der Stadt Groningen zu sehen, die 500 Jahre alt sind."
Der älteste Holzschuh, den man am Nieuwendijk in Amsterdam gefunden hat, stammt aus dem Jahr 1230 und wurde aus Erlenholz hergestellt. Aber eben nicht Deutschland.
Für Deutschland gibt es meiner Recherche nach keine Belege für die Zeit. Lediglich auf der Homepage der Rumbacher Salztrippler (http://www.rumbacher-salztrippler.de/page2/page9/Holzschuhe.html) steht folgender Satz:
"Holzschuhe gibt es offensichtlich schon seit dem 12. oder 13. Jhdt. Familiennamen aus dieser Zeit weisen auf den Berufsstand hin. Wir finden Holzschuhe in der von uns bekannten geschlossenen Form nur in Westfalen, Niedersachsen, Holland, Belgien, Nordfrankreich, dem Elsaß und der Pfalz, also in Gegenden, in denen seit frühester Zeit Ackerbau betrieben wurde."
Vielleicht muss man mal in eine andere Richtung recherchieren. Holzsschuhe waren wohl vorrangig in Norddeutschland verbreitet (ich vermute mal aufgrund der regionalen Nähe zu den Niederlanden) und hießen z. Bsp. in Westfahlen nicht Holzschuhe sondern Holsken oder Holschen. Am Niederrhein dagegen hießen sie Klompen oder Klotzschen. Habe dazu aber auf die Schnelle keine Belege gefunden.
-
Was ich bisher zu den Trippen gelesen habe, legt nahe, dass sie im Spätmittelalter wohl schlanker wurden. Hier bei Ruth Hirschberg (http://www.brandenburg1260.de/schuhwerk.pdf) gibt es ein paar Abbildungen dazu. Die "Holzschuhe" von Jan van Eyck (auch dort abgebildet, ist das bekannte Gemälde von dem Bürgerpaar mit schläfrigen Augen) sind eben solche taillierten und verschlankten Trippen. Wenn man sich auf Quellenbasis arbeitende Händler wie den hier (nicht CP, sondern NP) (http://www.np-historicalshoes.com/home.php?lang=de) ansieht, scheint der Übergang vom bloßen Überschuh zum richtigen (Teil-) Holzschuh fließend zu sein. Allerdings gibt es auch hier immer noch auch Lederriemen und die Holzschuh-Quellenlage für alles vor dem 14. Jahrhundert ist immer noch...gar nicht.