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Mittelalter => Mittelalter allgemein => Thema gestartet von: Johann am 10. November 2006, 19:45:46
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Hallo,
Inzwischen habe ich in verschiedensten Büchern derart viele Widersprüche gefunden, dass ich schon länger sehr verwirrt bin. Autor X schreibt über einen Größendurchschnitt von 1,60m, Autor Y schreibt über einen Größendurchschnitt von 1,80m... Gibt es Skelettfunde aus dem Hochmittelalter, und wenn ja, wie groß sind diese Skelette?
Gruß vom Johann
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Schreiben die Autoren denn nichts über ihre Quellen?
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Salve,
Die Angaben in den verschiedenen Büchern beruhen meistens auf Knochenfunden von irgendwelchen Gräbern und Friedhöfen. Problematisch ist dabei, dass man häufig keine Angaben zu Stand/Beruf machen kann. Dieser beeinflusst natürlich Ernährung, und somit Wachstum ;-)
Außerdem bin ich mir nicht sicher in wie fern dabei ermittelt wird wie alt die Person ist. Statistiken lügen ;-)
Daher sind allgemeine Aussagen wohl schwer zu treffen. De facto ist wohl, dass z.B. "Deutsche" etwas größer waren als "Italiener". Genauso gibt es Ausnahmen- in englischen Quellen wird ein Mann aus dem SpäMi glaube ich mit über 6 Fuß angegebn, was immerhin über 2 Meter sind.
Von daher- bei Männern irgendwas zwischen 1,65 und 180 wird es wohl gewesen sein, bei Frauen wohl etwas weniger ;-)
Gruß,
Fabianus
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Pax vobiscum.
Bei jeder Burgbesichtigung werden gerne die "Zwergenbetten" vorgeführt, die einem einen recht guten Anhaltspunkt dafür geben, wie groß die Menschen damals (ausgestreckt liegend) gewesen sind.
Auch die erhaltenen Rüstungsteile sind zu großen Teilen eher klein, wenn man bedenkt, daß darunter noch die Polsterkleidung getragen wurde und in dem ganzen Konstrukt dann der Mensch steckte.
Vergleicht dazu mal erhaltene Uniformteile aus z.B. napoleonischer Zeit oder den beiden Weltkriegen.
Insofern denke ich, daß 1,80m im HoMi schon einen außergewöhnlich großen Mann gekennzeichnet haben.
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Ich denke auch das es durch die nicht gerade üppige Ernährung zu vielen eher kleineren Körpergrößen geführt hat.
Es mag Ausnahmen gegeben haben, die immer genug zu futtern bekommen haben..aber dies wird eher die Seltenheit gewesen sein..
Heute liegt die männliche Durchschnittsgröße bei ca. 1,79 m in Deutschland..ohne Mangelernährung
Ich denke im HoMi war eine Größe von 1,65 m die normalheit..und wenn da so ein 1,85m Mann kommt..dann ist das schon groß...wäre das gleiche als wenn vor mir (1,86m) nen 2,06m Riese steht...
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Sonderfälle gibt es immer wieder wie den Hauptmann auf der Österreichischen Brug Hochosterwitz der hatte 2,25m
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Hallo,
Danke für eure Antworten.
Dass die Deutschen etwas größer waren als die Italiener ist natürlich richtig.
Es werden ja auch immer wieder gerne die kleinen Rüstungen gezeigt, wovon allerdings einige Präsentationszwecken dienten. Auf Burg Altena gibt es mehrere größere Rüstungen (bzw. keine kleinen, wenn ich mich recht entsinne, waren aber auch fast alles Turnierharnische). Auf Burg Cochem gibt es noch eine gigantische Rüstung (2,38m!), von der ich allerdings nicht mehr weiß, ob sie auch eingesetzt wurde (aber sehenswert, da blickt man ganz schön nach Oben *pfeifl*). Zu den Zwergenbetten hab ich noch was gehört, wovon ich nicht weiß, was ich davon halten soll: Wer ein derartiges Bett hatte, schlief im Sitzen, wodurch die Bettgröße auch für größere Menschen ausreichend war, angeblich, um sich von den liegenden Leichen zu unterscheiden. Hat schonmal jemand etwas davon gehört oder gehört dies ins Reich der Legende?
Gruß vom Johann
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Das hört sich auch ganz schön Makaver an "damit man sich von den Leichen unterscheidet"
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Salve,
zu den Rüstungen muss man sagen, dass viele Rüstungen in Museen Replikate aus späteren Zeiten sind und teilweise, um Material zu sparen, kleiner gemacht wurden. Ich hatte zwar selbst noch nie eine Vollplatte an, aber zumindest theoretisch ist eine aufgehangene Plattenrüstung am Ständer zusätzlich kleiner als wenn man sie am Körper trägt, da sie sich dort (am Ständer)teilweise zusammenschiebt.
Zu den Betten, ich denke mal dass die einmal kleiner waren, weil die Menschen damals prinzipiell etwas kleiner waren. Andererseits aber auch um Holz zu sparen, wenn man Dieter Breuers glauben will wäre der deutsche Urwald im späten Mittelalter wegen der massien Rodungen fast gestorben; Die ersten Waldschutzverordnung kommen immerhin mWn aus dem 14. Jh. Daher wäre es verständlich, wenn man keine Betten mit 20cm Bequemlichkeitsplatz bauen würde.
Dass die Menschen nicht unbedingt im Sitzen, aber leicht aufgerichtet schlafen, ist mir zumindest von Bildquellen bekannt. Würde aber auch die kleineren Betten erklären.
Naja, um sich von Leichen zu unterscheiden- man lag ja auch auf Strohsäcken oder auf dem Boden ;-)
Gruß,
Fabianus
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weil du das mit den Rüstungsständern ansprichst. ich bin 1,92m groß und wenn ich meine Rüstung jetzt hier so aufhäng auf meinem Ständer ist sie auch kleienr wie ich. (mein Rüstungständer ist 1,60m groß) und meine Rüstung schaut aus als ob es so einen in der größer perfekt passen würde.
aber meines achtens sind die Rüstungsständer in Museen ja die Durchschnittsgröße der Ritter. weil so weit ich weis war die Durchschnittsgröße 1970 bei etwa 1,76 und jetzt ist sie bei 1,83m.
überlegt man mal wie alt so Soldaten zum Teil waren. So hoch war ja die lebensrate auch nicht. da gehörte man mit 32 als Ritter zum alten Eisen, also werden viele 16-18 Jährige schon Soldaten gewesen sein weils ihnen in den Kasernen besser ging als drausen. und die sind ja nicht ausgewachsen und kleiner als ein ausgewachsener mensch.
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Original von Wilhelm von Grubenhagen
Bei jeder Burgbesichtigung werden gerne die "Zwergenbetten" vorgeführt, die einem einen recht guten Anhaltspunkt dafür geben, wie groß die Menschen damals (ausgestreckt liegend) gewesen sind.
Auch die erhaltenen Rüstungsteile sind zu großen Teilen eher klein, wenn man bedenkt, daß darunter noch die Polsterkleidung getragen wurde und in dem ganzen Konstrukt dann der Mensch steckte.
Vergleicht dazu mal erhaltene Uniformteile aus z.B. napoleonischer Zeit oder den beiden Weltkriegen.
Insofern denke ich, daß 1,80m im HoMi schon einen außergewöhnlich großen Mann gekennzeichnet haben.
Liebe Freunde!
1,80 m waren im Mittelalter genauso außergewöhnlich wie in der Antike oder in der Neuzeit. Die römischen Legionäre (Italiener) waren in der Regel kleiner als die Germanen oder die anderen Stämme nördlich der Donau.
In der Neuzeit sind die Menschen auch wieder durchschnittlich 1,75 m groß. Warum hätte das im Mittelalter anders sein sollen?.
Sämtliche Gräber der Babenberger, 976 - 1248, wurden untersucht, die durchschnittliche Größe der männelichen Skelette liegt bei 1,8 m.
Auf dem mittelalterlichen Friedhof der Zisterzienserabtei Klostermarienberg liegen Mönchsskelette mit allen typischen Mangel- und Abnutzungserscheinungen, mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren und einer durchschnittlichen Körpergröße von 1,6 m. Auf dem selben Friedhof liegt das Skelett eines "Milites", ohne Mangelerscheinungen mit einer Körpergröße von 1,78 m (übrigens auf dem Bauch bestattet).
Es lag also, wie zu allen Zeiten, an der Ernährung. Das mit den kleinen Betten in den Burgen ist zu vergessen. In der Zeit aus der diese Betten stammen wurde z.B. auch halb sitzend geschlafen. Auch die kleinen Türen in den Burgen, die so gerne als Beispiel herhalten müssen, hatten eher fortifikatorischen Charakter.
Mit den späten Plattenharnischen ist es ähnlich. In der Wiener Waffensammlung befinden sich kleine Rüstungen, die aber extra für Kinder und Jugendliche zur Repräsentation angefertigt wurden. Einige Plattenrüstungen stammen sicher von kleineren Leuten, die meisten aber würden einem modernen Menschen mit 1,78 m Körpergröße passen.
Auch die Uniformen aus napoleonischen Zeiten sind kein Maßstab. Denkt mal an die Garde Friedrichs des Großen. Auch heute existieren nach wie vor Uniformen für den Normalbürger von Klein bis zum Gardemaß.
Der allseits beliebte Ausspruch, "im Mittelalter waren die Menschen kleiner", ist also zum vergessen.
Noch etwas! Vergleicht einen heute geschmiedeten Einhänder mit historischen Bodenfunden. Die Länge ist ident. Wenn nun das Schwert an einem Schwertgurt getragen wird, würde eine Person mit 1,60 m eine Schleifspur hinter sich herziehen. Oder?
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Da ist was dran volfing. Also ist das Fazit alles abhängig von der Ernährung
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Bei den kleinen Türen möchte ich noch zu Bedenken geben, dass man diese nicht nur im Burgenumfeld findet.
Das Haus meiner Eltern (1625) hatte, bis wir es renoviert hatten, auch nur Türstöcke von etwa 1,60.
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naja das spart die teuren großen türn^^
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Bei den kleinen Türen kommt noch dazu, daß sie der Wärmehaltung dienen. Je kleiner das Loch in der Außenmauer, desto weniger Wärme geht verloren. Auch bei Bauernhäusern.
Immerhin wurden im Mittelalter auch auf Burgen die Fenster mit Holz und Stroh vernagelt, um die Kälte draussen zu halten.
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jap das ist mir heute Nacht auch noch eingefallen.
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Demnach würden kleine Türen innerhalb Häusern keinen Sinn ergeben, oder?
Die kleinen türen finden sich nämlich im Gebäude,es gab keine einzige große Türe.
Der Zugang von Tenne (unbeheizt) zum Stall (unbeheizt, reicht grade für zwei Pferde) war ebenfalls nicht größer.
Die kleinen Türen müssen wohl noch einen anderen Zweck gehabt haben, ausser Wärmedämmung.
Da in Bauernhäusern nicht alle Räume beheizt waren (genauer gesagt nur die Küche, das Schlafzimmer wurde üblichwerweise über der Küche platziert und durch ein kleines Loch beheizt), ist die Erklärung mit den kleinen Türen schon plausibel.
Ich wollte nur Gegenbeispiele bringen und noch etwas Informationen aus 'erster Hand' hinzufügen.
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Ich verweise hier nur kurz am Rande auf den Eintrag in der Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rpergr%C3%B6%C3%9Fe
Viel neues bringt er nicht zu Tage, aber interessant find ich, dass die Menschen anscheinend im 9.-11. Jhd quasi eine "Hochphase" hatten und dann bis ins 17. JHd hinein geschrumpft sind.
Die in der Wikipedia angeführte Studie der Ohio State University (http://web.econ.ohio-state.edu/rsteckel/VITA/2003%20New%20Light%20on%20the%20Dark%20Ages.pdf)
listet auf Seite 215 (5 von 19) die Körpergrößen von Funden aus dem skandinavischen Raum auf.
Vielleicht hilfts ja dem einen oder anderen weiter
Ansgar
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vielleicht hat es ja auch noch bauliche gründe, dass die türen klein gehalten wurden? wären sie zu groß, würde die wand vielleicht nicht so stabil stehen? leichter zu "verteidigen"? (man musste gebückt reingehen)
vielleicht ist es auch ein schönheitsideal gewesen?