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Thesen zu Ordenskleidung

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SteuerBacchus:
So, nachdem ich jetzt schon erwähnt wurde, möchte ich zu diesem Thema auch noch Stellung beziehen.
Zunächst möchte ich betonen, dass mein Kernkompetenzgebiet in dieser Frage der Deutsche Orden ist und ich mich daher immer zunächst auf den beziehen werde. Ich könnte mir aber vorstellen, das das auch Templer weiterbringen könnte, da der OT ja, wie drücke ich das jetzt positiv aus, nicht dafür bekannt war das Rad neu zu erfinden ;)

Ich war gerade daran die Feder zu schärfen und meine Ordner aufzuschlagen um Heidensohns Punkt 2 zu widerlegen, aber es stellt sich raus, das alles was ich aufbringen kann auch nach 1300 zu sein scheint. Zumindest kann ich aber bei der Gelegenheit gleich auf die Gugelfrage eingehen. Es ist für mich offenkundig, dass es beim OT Kapuzen gab (zumindest nach 1300 :3) und die separat von der Oberbekleidung getragen wurden, also nicht angenäht waren. Zumindest gilt dies für die Laien.
1. Berufe ich mich auf Bildbelege, die kniende Brüder zeigen ,entweder zum Gebet, als Stifterfiguren, oder zum Lehen empfangen. Auf ihrer Schulter liegt eine abgesetzte Kapuze die oft auch eine andere Farbe hat als die Oberbekleidung. Weiterhin gibt es diese eine Abbildung die einen Ordensbruder zeigt, der seine Kapuze auf dem Kopf als Hut trägt.
2. Die späteren Gesetze der Ordensregel. Bereits mit Einführung der Halbbrüder wird explizit ausgeführt, dass die Kapuzen nicht angenäht werden sollen, damit man sie bei Bedarf abnehmen kann. Später wird hinzugefügt, dass die Laien des Ordens nur Kapuzen tragen im Krankheitsfall oder von St. Michael bis St. Walpurga. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein kranker Ordensbruder sich erstmal eine Kapuze an seine Kleidung nähen lässt, sondern dass er einfach reinschlupft.

Ich bin dadurch also möglicherweise etwas voreingenommen, aber ich hoffe es wird damit klar, warum ich bei den Schachtemplern eine lose Kapuze sehe. Der Farbunteschied in einem Fall unterstreicht diese Sichtweise zusätzlich.

Zur Oberbekleidung: Ja, den Begriff "jupel" (lat. "iupellum", danke dafür -.-) finde ich schwierig. Ich dachte da auch zuerst an eine Jacke, und das kann man wohl ziemlich sicher ausschließen :D
Klarer wird es dann wenn von roc und surcot die Rede ist, weil die Funktionen hier eindeutig sind. Die Verknüpfung surcot=jupel fand bei mir durch Ausschlussverfahren statt, da zumindest in der OT Regel sowohl tunica als auch roc nicht das oben liegende Kleidungsstück sein können. Hier sind wir aber schon bei der Frage der Benennung, Da ist der mittelalterliche Mensch, wie Heidensohn im 1. Post schon gezeigt hat, nicht immer ganz konsequent und macht sich offenbar einen Spaß daraus uns zu verwirren. So wie ich das sehe, komme ich aber bei Form und Funktion der Kleidungsstücke auf das gleiche Ergebnis wie Benni bei den Templern. Ein gutes Zeichen!

Was ich jetzt gern noch diskutieren würde: Wenn ich den eingangs aufgestellen 8 Punkten noch einen hinzufügen dürfte, wäre es aus meiner Sicht:

9) Geistliche Oberbekleidung hat keine mittleren Geren.

Alle mir bekannten erhaltenen Kleidungsstücke von Geistlichen haben ausschließlich seitliche Geren. Und ich erinnere mich an einen Gesetzestext, der mittlere Geren als "weltlich" beschreibt, den sollte ich vielleicht mal raussuchen. Ich habe den Gedanken sogar weiter gesponnen und würde mich inzwischen auch gegen mittlere Reitschlitze bei Waffenröcken aussprechen(zumindest bei nur überknielangen, ärmellosen), da die ja mittelere Geren erfordern und zudem noch das Gemächt bzw. die Unterwäsche entblößen könnten.
Heidensohn, wenn ich mich recht erinnere dürftest du ja mit deinem rekonstruierten Franziskushabit auch gezeigt haben, das man keine mittleren Geren braucht um Stoffülle zu erzeugen.
Es würde mich also brennend interessieren, wie ihr auf Geren vorne und hinten kommt, oder ob jemand diese These sonst irgendwie widerlegen kann.

Cornelius:
Moin allerseits! Habe vorhin ein eigenes Dokument aufgesetzt, um die Ausrüstungshinweise der Regel gesammelt aufzulisten, da passt das Thema ganz gut.

Zum jupel*: Laut Art. 138 (die übliche Zählung, also die von Curzon, Körner und Upton-Ward) bekommen die Brüder u. a. einen jupel a girons devant et derriere, also einen jupel mit Geren (oder Falten, Einsätzen usw.) vorn und hinten. Die Positionierung ist so klar wie sonst Weniges in der Regel (es sei denn, man will hier noch am Begriff giron kritteln, aber das halte ich für vergleichsweise sicher). Wir hatten ja schon mal überlegt, ob gerade das Fehlen von Front- und Rückgeren im geistlichen Umfeld (auf die Belege bin ich gespannt!) ein Grund für die explizite Formulierung sein könnte. Die Regel suggeriert, dass offen getragene (Art. 493) und übermäßig lange (Art. 22) Kleidung eitel und deswegen untersagt sei, aber in der größeren Saumweite jetzt ein Ventil für's Prunkbedürfnis zu sehen kommt mir gerade immer weniger überzeugend vor... körperbetonte Kleidung spielt zu der Zeit ja auch keine so große Rolle, als dass man hier eine Methode zum Verhindern desselben sehen könnte. Viel mehr sagt die Regel zu diesem jupel leider nicht; nur dass (Art. 314) man das Teil oder wenigstens die cote** zur Frühmesse tragen soll; in Art. 425 und 558 wird er jupel de vestir genannt (also jupel zum Anziehen, Kleidungs-jupel etc.).

Kannst du schnell mal die typischen Ausrüstungsliste-Artikelnummern der DO-Statuten raussuchen? Ich habe nur die Ausgabe von Max Perlbach hier, aber da sich das mühsam lesen lässt, würde ich lieber gezielt vergleichen, ob es echte Textparallelen gibt, die uns weiterhelfen könnten.

Zum Thema Kapuze für Kranke: Die Templerregel gestattet in Art. 314, den Mantel zur Frühmesse und bei Krankheit über dem Kopf zu tragen. Das Verbot von chaparons (Art. 324) wurde ja weiter oben erwähnt; wie nennt man die Gugel beim DO?

*Nebenbei definiert das von mir genutzte Anglo-Norman Dictionary "jupel" als:
close-fitting tunic or doublet, worn under the hauberk: Isabelle de Vernoune [...] amova ses biens al Chastell' de Cardoille et a la ville pur sauvement garder pur les enemyes d'Escoce come autres gent fesoient, c'est asavoir deux sakes de leynes prise de .xx. mars et une coupe d'argent prise de .xl. s. et une jupell' prise de .c. s. et une seal a pallefré pur chivaler prise de .ij. mars  View TextNorthern Pet 116
Beim "jupon" sogar:
close-fitting tunic or doublet, worn under the hauberk : E ad faciendum unum jupoun de taffata blu […] unum jupoun de stuff […] unum jupoun de zatayn blu poudré en garteriis blu Wardrobe Expenses Ed III Expenses 34; taillours […] ount [...] taillez robes, jopons et autres garnementz Blk Bk Ston i 98.22; et la lez taillerez trestout en manteulx, taberdes longez, purpointz  (var. longs jupons) , surcotez (sic!), cotes, hopelondez, chaperons ové longez cornettez et corsetez  View TextMan lang ANTS 6.5 (var.)

**UW übersetzt hier "coat of mail", nur ein Beispiel der mitunter drastischen Schusselfehler in den beiden Übersetzungen.

PS: Habe gerade gesehen, dass der OT (Art. 11, bei Perlbach S. 38) "an mantelen, an cappen, an wapenroeken eyn swart cru°ce" vorschreibt; es sind also die gleichen Habitteile (lies: Uniform) wie bei den Templern, und hier wird auch kein Unterschied bei den Kreuzen gemacht (bei den Templern werden die Kreuze nur auf den Waffenröcken der Sergeanten erwähnt, was schon einige Diskussionen ausgelöst hat). Hier lohnt ein (vorsichtiger) Abgleich also.

Benedikt von Söllbach:
Zwei Punkte fallen mir beim Lesen eurer Ausführungen auf.
Kapuzen: vielleicht wollte sich der DO hier aber auch explizit von den Templern mit diesem Unterschied abgrenzen? Immerhin verbietet die Templerregel ja das chaperon, also die Huttrageweise der Gugel/Losen Kapuze! Spannend ist jetzt auch, das der Artikel recht spät der templerzeit entstand - zufall, oder templerseitiges pendant zur DO-Erlaubnis?
Hier fällt mir auch spontan der disput zwischen den Orden im 12. Jhd ein! Und der Mantelstreit!

Und der punkt 9, keine mittelgeren bei geistlichen:
Allgemein bekanntes wurde nicht erwähnt. Vielleicht ist die bewusste Abweichung von dieser praxis genau der lang gesuchte Grund für diese Anweisung im Templerorden? Das erscheint plausibel, immerhin wurde die Regel ja nicht ohne klerikale Aufsicht erstellt (Abt Bernhard sei erwähnt! )


Beide Punkte passen für mich perfekt ins Bild! Immerhin betonte Bernhard in seiner Lobrede ja auch, dass die templer eine Mischung zwischen weltlich und geistlich seien - das käme auch mit den mittigen Geren zum Ausdruck, zumal diese am Hausgewand ja gut sichtbar waren.

Ps, bei den Waffenröcken (den nach dem brief) würde ich erstmal nicht so weit gehen und Reitschlitze anschließen. Die weltlichen Bilder sind da doch zu eindeutig.

SteuerBacchus:
Zu den Ausrüstungsparagraphen: Die Regel 11 hast du ja selbst schon gefunden. Da werden die Kleider nur aufgelistet und in Gewohnheit 34 ist auch noch etwas dazu. Ansonsten ist das was ich anspreche einzeln in den Gesetzen der späteren Hochmeister verbaut, man muss also entweder von da an durcharbeiten oder man nimmt das Wortverzeichnis am Ende. Das es da, wie in der Regel, noch direkte Parallelen zu den Templern gibt ist also eher unwahrscheinlich, was aber nicht heißen muss, dass es bei den Templern nicht genauso war.


--- Zitat von: Cornelius am 11. September 2016, 12:38:30 ---wie nennt man die Gugel beim DO?
--- Ende Zitat ---

In den Capitelbeschlüssen von 1289 VI.9. (natürlich aus Perlbach S.137) taucht der begriff "beffen" auf. Übersetzt wird er u.A. hier mit "Kapuze" oder "Kragen". Den Inhalt hab ich ja oben schon paraphrasiert.
Gleich darauf in den Gesetzen Burchards von Schwanden, sogar gleich dem erste, taucht der Begriff wieder auf. Diesmal geht es um das Schaprun der Halbbrüder, das eine abnehmbare, nicht angenähte "beffe" hat.
Damit ist das ganze für mich einigermaßen klar.

Ach ja und Heidensohn, falls du noch mitliest: Das könnte man schon als Beleg für eine Gugel/Kapuze vor 1300 sehen :P (wenn auch wahrscheinlich ohne Kragen, dafür mit derselben Funktion.)



--- Zitat von: Cornelius am 11. September 2016, 12:38:30 ---PS: Habe gerade gesehen, dass der OT (Art. 11, bei Perlbach S. 38) "an mantelen, an cappen, an wapenroeken eyn swart cru°ce" vorschreibt; es sind also die gleichen Habitteile (lies: Uniform) wie bei den Templern, und hier wird auch kein Unterschied bei den Kreuzen gemacht (bei den Templern werden die Kreuze nur auf den Waffenröcken der Sergeanten erwähnt, was schon einige Diskussionen ausgelöst hat). Hier lohnt ein (vorsichtiger) Abgleich also.
--- Ende Zitat ---

Dafür stehen da auch so Sachen wie: "Kein brûder sal haben rocke mit czweien crûcen, âne wôpenrocke unde âne kursit." GWi III 1. Ich bin mir bis heute nicht sicher, was mir dieser Satz sagen soll xD

Zur Gerenfrage:

Musste jetzt ein bisschen suchen. Versteckt war es jetzt schließlich in einer Fußnote bei Perlbach S.151., bei den Gesetzen Dietrichs von Altenburg. Und zwar wurde offenbar in 2 der Handschriften der Ordensregel folgende Bestimmung beigefügt: (man bedenke: Wir sind jetzt mitten im 14. Jahrhundert, nicht erschrecken ;))
"knoufe an den ermelen, colnier (=Kragen) an den rocken, selbende an den mentelen und an den sorchoten, spangen an den gurtelen, hutsnure geverwet, beslozzene rocke unde sorchote mit geren vorne, barchantes rocke unde gên in den rocken ungegurtet, saynes hosen, dise dinc verbiete wir unde biten die brûdere, daz sî ir cleidere, sorchot, rocke, mentele, kappen, hersenier (der einzige Hinweis auf eine Bundhaube beim OT übrigens, ich kenne da KEINE Abbildung) unde andere cleidere snîden nâch der alden forme geistlîche unde gezimelîche."

Maßregelungen zur Kleidung, insbesondere als Präventivmaßnahme gegen die Modereformen des 14. Jahrhunderts sind in den Gesetzen häufig und tauchen bei vielen Hochmeistern auf. Dabei scheint man aber immer wieder auf den selben Dingen rumzureiten und die "alten Formen" zu betonen, keine Knöpfe an den Ärmeln, keine engen und kurzen Röcke etc. Es geht also da offenbar nicht darum neue Kleidung und neue Formen einzuführen sondern die alte mit aller Gewalt beizubehalten. Von daher bin ich ursprünglich aus diesem Text heraus auch zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei diesen Dingen, inklusive der Geren vorne, um etwas handelt, das sich für einen Ordensmann nicht gebührt. Allerdings, was ich noch dazu sagen muss, diese Regel war, im Gegensatz zur Templerregel, von vornherein wesentlich knapper ausgeführt und hat nie ausführlich erklärt warum dieses oder jenes erlaubt oder verboten ist. Es wundert also nicht, dass man auch hier keinen Exkurs über die moralischen Hintergründe der Bestimmung erhält, sondern nur gesagt bekommt was Sache ist und nicht warum das so ist.

Insgesamt wundert mich immer noch was jetzt die Geren vorne und hinten bei der Templerjupel sollen. Es macht etwas mehr Sinn, dass mittlere Geren in der Regel extra erwäht sind, aber nochmal die eingangs gestellte Frage: Wozu sollen die wirklich gut sein?

Und kurz zum Schlitz am Waffenrock: Bin davon auch nicht hundertprozentig überzeugt, kenne aber 2 Abbildungen (wobei 1 nur ne Münze ist) von eindeutig seitlich geschlitzen Waffenröcken aus dem 14. Jahrhundert und es passt ansonsten auch zu einem Verbot zu vorderen Geren an Röcken, deswegen wollte ich es nicht unerwähnt lassen.


--- Zitat von: Benedikt von Söllbach am 19. September 2016, 00:09:51 ---Kapuzen: vielleicht wollte sich der DO hier aber auch explizit von den Templern mit diesem Unterschied abgrenzen? Immerhin verbietet die Templerregel ja das chaperon, also die Huttrageweise der Gugel/Losen Kapuze! Spannend ist jetzt auch, das der Artikel recht spät der templerzeit entstand - zufall, oder templerseitiges pendant zur DO-Erlaubnis?
Hier fällt mir auch spontan der disput zwischen den Orden im 12. Jhd ein! Und der Mantelstreit!
--- Ende Zitat ---

Beim Mantelstreit ging es ja gerade darum, dass der OT den Templern in ihrem Habit zu ähnlich war, nicht andersrum. Ich kann mich der These nicht so ganz anschließen, denn einerseits hatte ich nie den Eindruck, dass man sich von dem Templern abgrenzen wollen würde, wie gesagt, eher das Gegenteil scheint der Fall gewesen zu sein. Ich würde mich da eher Heidensohns ursprünglicher Aussage anschließen, dass es mehr eine zeitliche Frage ist. Denn auch wenn es beim OT vor 1189 kein explizites Verbot gibt, gibt es auch keinen Hinweis für eine Verwendung vor dem Kapitel von 1289.
Die Entscheidung scheint auch eher pragmatischer Natur zu sein. Kapuzen für Kranke, Pfaffen (mit Tonsur!) und im Winter klingt ganz danach als würde man einfach seinen Kopf warmhalten wollen. Da passt für mich dann alles gut zusammen, zur Jahrhundertwende. Der Orden zieht nach Norden um (alle Ritterorden machen das ja notgedrungen mehr oder weniger), es wird kälter, da das Klimaoptimum des Hochmittelalters zu Ende geht. Auch im weltlichen Bereich hat es ja im 14. Jahrhundert viel mehr Hüte als im 13. Könnte mir folglich auch vorstellen, dass auch die Templer im 14. Jahrhundert der ordensübergreifenden "Mode" gefolgnt sind und Kapuzen hatten, belegen kann ich es aber nicht.

Cornelius:
Ich wärme mal kurz dieses Thema auf, um einen Bildfund festzuhalten, der mir gerade untergekommen ist. Es handelt sich um eine Darstellung der Verhaftung der Templer, zumindest dem Bildinhalt und dem umstehenden Text zufolge (den ich zwar nicht im Ganzen lesen kann, aber die Templer und König Philipp der Schöne kommen vor). Enthalten in KBR MS 5 (wenn ich das richtig lese), fol. 334v: https://opac.kbr.be/Library/doc/SYRACUSE/18364520. Und natürlich macht es uns die Darstellung der zwei roten Kreuze auf den Mänteln nicht gerade einfacher. Womöglich müssen wir die als Verdeutlichung der Miniaturenmaler interpretieren. Der Rest passt zu dem, was wir an Bild-. und Textquellen haben; Bundhaube und Wollhut sind ja belegt, genauso wie die einfarbigen jupels.

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