Autor Thema: Hosen im Mittelalter  (Gelesen 18234 mal)

Nemo

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Hosen im Mittelalter
« am: 24. Februar 2011, 16:09:47 »
Mein aktuelles Projekt ist ein Artikel über die Hose im Mittelalter.

Für das frühe Mittelalter (bis 1.000 a.D.) gibt es durch Funde und Buchmalereien einen lückenlosen Nachweis.

Wie geht es mit der Hose im hohen Mittelalter weiter?
Wurde sie von Mitgliedern der geistlichen Ritterorden getragen?
Wenn ja - von wem?

Ich habe bisher folgende Anhaltspunkte aus dieser Epoche:
-Laut Heribert von Werden gibt es für Heinrich von Müllemark bzw. Heinrich I  - Erzbischof zu Köln bzw. "Heinrich Leinenhose" (Lebensdaten: 1190 – 1238  a.D.) einen nachweisbaren Beleg dafür.

- Auf der Seite der Familia Ministerialis (diese ist zur Zeit leider nicht vollständig zugänglich)  habe ich ebenfalls bei der Ausstattung eines Tagelöhners Bilder gefunden, welche sich als lange Bruche interpretieren lassen.
Diese stammen aus...
The life of King Edward the confessor", London (1260); Buchmalerei
Elisabethschrein, Marburg (um 1250) (Relief);
Necrologicum von St. Germain ( zw. 1255 u. 1278 ); Buchmalerei
Monatsdarstellung "August" franz. oder engl., Nürnberg Stadtbibliothek (um 1300) Buchmalerei.
Ich möchte die betreffende Seite der Familia mit den Bildern nicht ohne eine Rücksprache in das Forum verlinken. Darum gibt es erst einmal die Quellenangaben. :)

Für eine eindeutige Sicherung reichen mir diese Beweise noch nicht aus.
Hat jemand für mich noch weitere Hinweise oder Quellen, die ich vor der weiteren Arbeit an diesem Artikel gelesen haben sollte?

lg,

Nemo
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #1 am: 24. Februar 2011, 16:40:10 »
Nur kurz, ich muss gleich weg: Bei dem Begriff "Hose" in Textquellen muss man sehr aufpassen; gemeint sind oft nämlich damit die Beinlinge.
Ich schau daheim in meinen Unterlagen, was ich dazu habe; vielleicht kann auch vorab schonmal wer schreiben, was ich in meinem Buch dazu zusammengetragen habe.
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Nemo

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #2 am: 24. Februar 2011, 17:10:03 »
Dankeschön, Benedikt. :)

Ich verwende den Begriff "Hose" im hochdeutschen Kontext.

Der mittelhochdeutsche Begriff für Beinlinge schreibt sich nach meiner Kenntis mit /z/ also 'Hozen'.
Wo wir gerade bei den linguistischen Kleinigkeiten sind....
Bei welchen Bevölkerungsschichten war das Tragen eines langen Brouch (hochdeutch: lange Bruche) üblich?
Nur bei den niedersten Ständen (siehe aufgezählte Bildquellen) und beim Klerus (siehe Themenstart)?

lg,

Nemo
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #3 am: 24. Februar 2011, 17:18:31 »
Im hortus deliciarum (1192) ist auch ne Abbildung drinne:

http://www.bacm.creditmutuel.fr/HORTUS_PLANCHE_1.html

Also,

es wird schwierig im deutschen HoMi nachweise für echte "Hosen" zu bekommen. Der Normalfall ist halt Bruche (siehe oben) und Beinlinge. Erst im SpäMi fangen "echte" Hosen wieder an (Thorsberghose).
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Randolf

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #4 am: 24. Februar 2011, 17:29:59 »
Wie in anderen Foren und auch hier ja bereits gemutmaßt wurde, werden die Hosen nicht plötzlich für einige Zeit verschwunden sein sondern waren wohl eher "unüblich".
Die zeitgenössischen Abbildungen stellen natürlich immer ein Ideal dar, wie das hautenge Kettenzeug oder ähnliches.

Auf jeden fall macht man mit Bruche und Beinlingen nichts vekehrt.
Bruchenähnliche Bundhosen sind bestimmt auch eine adäquate Lösung  *smoky*
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Nemo

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #5 am: 24. Februar 2011, 20:55:28 »
Zitat
Original von Ritter Randolf
Wie in anderen Foren und auch hier ja bereits gemutmaßt wurde, werden die Hosen nicht plötzlich für einige Zeit verschwunden sein sondern waren wohl eher "unüblich".

Das dachte ich bis vor wenigen Tagen auch. Was sprechen die konkreten Fakten aus dem hohen Mittelalter?

Und was sprechen vor allem die monastischen Ordensregeln aus dieser Zeit?

lg,

Nemo
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #6 am: 25. Februar 2011, 09:36:39 »
Nun, ich denke, wir müssen da mit den Begrifflichkeiten nochmal kurz ausholen.

Unterscheiden müssen wir hier zwischen drei Dingen:
- Hose im Hochdeutschen, heutigem Sinne
- Hosen im Sinne von Beinlingen
- Hosen als lange Bruchen.

Es wäre vorteilhaft, wenn wir hier nur von ersterem als Hosen ausgehen. Im Hortus Deliciarum sieht man z.b. keine Hosen, sondern lange Bruchen.

Ansonsten ist mein Kenntnisstand der, dass sich seit dem Frühmittelalter die Bruche/Beinlinge breit durchgesetzt haben. Nachweise für Hosen finden sich nach dem 11. Jhd meines Wissens keine mehr. Auf der anderen Seite kann man bei vielen Abbildungen nicht sicher sagen, ob es sich um Beinlinge oder um Bruchen handelt, einfach weil die Obergewänder drüber hängen und die Schuhe die Füße verdecken. Es kann natürlich sein, dass die Hosen früher nur in die Schuhe gesteckt wurden.

In deinem Artikel schreibst du von einem „Heinrich Leinenhose“, das war der Grund, warum ich so auf den Begriffen herumreiten möchte. Es ist nämlich aus meiner Sicht durchaus möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass hier Leinerne Beinlinge gemeint sind, die zu der Zeit (Ende 12. Jhd) wohl noch relativ selten gewesen sein dürften und somit etwas besonderes darstellten.

Gerd Zimmermann[1] schreibt sehr ausführlich über den Streit zwischen den Reformorden im 12. Jhd, denn die haben sehr ausgiebig über ihre Kleiderordnungen gestritten. Dort wird die "femoralia", also Bruche, häufig verurteilt. Gleichzeitig wird sie aber von den Befürwortern gerechtfertigt, weil es in den "nördlichen Ländern" (d.h. alles nördlich der Alpen!) angeblich allgemein üblich wäre, Bruchen zu tragen.

Für Templer stellt sich die Frage aber ohnehin nicht, denn sie bekommen Bruche und Beinlinge in ihrer Regel vorgeschrieben.

______________
[1] Ordensleben und Lebensstandard http://www.amazon.de/Ordensleben-Lebensstandard-Ordensvorschriften-abendl%C3%A4ndischen-Hochmittelalters/dp/3931278182%3FSubscriptionId%3DAKIAIAG5Y4IEWCJWQBKQ%26tag%3Dws%26linkCode%3Dxm2%26camp%3D2025%26creative%3D165953%26creativeASIN%3D3931278182
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #7 am: 26. Februar 2011, 00:13:14 »
Der Artikel hat mit Sicherheit noch seine Ecken und Kanten, welche auf eine weitere Ausarbeitung warten.  :)

Klären wir bitte erst einmal das terminologische...

Ich geheim frühen Mittelalter von der Hose aus.

Im hohen Mittelalter spreche ich von dem langen Brouch, weil sich dieser ab dem 11. Jhdt. auf verschiedenen Abbildungen nachweisen lässt.  
 
Und jetzt das persönliche...
Ob und wie ich einen langen Brouch für meine Darstellung als nicht - Templer (bin angehender Lazarener) einsetzen werde, ergibt sich im Verlauf meiner weiteren Recherche. Bis dahin mache ich noch keine verbindlichen Angaben. :)

lg,

Nemo
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #8 am: 26. Februar 2011, 04:35:24 »
Soweit ich weiß lebten die Brüder des Lazarus-Ordens nach den Ordensregeln des Augustinus von Hippo. Werde mal sehen, ob wir diesen Regeln Hinweise entnehmen können, sobald ich die Regeln vorliegen habe.

Derzeit bin ich noch auf Nachtschicht, da ist es schwierig. Werde aber mal sehen, dass ich es bis Sonntag hinbekomme, falls mir kein anderer Bruder zuvorkommt ^^
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #9 am: 26. Februar 2011, 08:28:52 »
Danke Beni, dass sich diese Frage für Templer nicht stellt aufgrund der Aussagen in der Ordensregel hatte ich oben vergessen zu erwähnen.... So ist das wenn man immer zwischen Tür und Angel mit dem Handy die Texte schreibt unterwegs  *smoky*
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Benedikt von Söllbach

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #10 am: 26. Februar 2011, 10:54:06 »
Die lange Bruche kann man aber ja genau nicht mit einer Hose (21.Jhd. oder FrühMi) vergleichen.
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Hosen im Mittelalter
« Antwort #11 am: 26. Februar 2011, 15:31:27 »
Ich habe heute einen Hinweis von Heribert bekommen.

Lazarener und Hosen:
Laut den Augustiner - Ordensregeln trugen die Lazarener neben Bruche und Beinlingen sogenannte Sarabolen (richtige Schreibweise?) / orientalsiche Hosen.
Dies leitet sich nach seiner Kenntnis aus den Regeln des Augustinus ab. Ich bitte darum weitere diesbezügliche Fragen an Ihn zu richten. :)

Hosen allgemein:
Es gibt auf der Seite der Familia Ministerialis einen Rekonstruktionsversuch für einen hochmittelalterlichen Tagelöhner. Dieser trägt eine Bundhaube, ein einfaches Leinenhemd und einen langen Brouch, der in der Frontalen Ansicht dem Schnitt einer Hose ähnelt, weil er seitlich geschlossen ist.
Ich möchte diesen Link erst nach Rücksprache mit dem zuständigen Webmaster der Familia in das Forum stellen, weil die Seite wegen eines Todesfalles zur Zeit nicht vollständig zugänglich ist.


Persönliche Gedanken zum Thema:
Ich halte es für annehmbar, daß die Hose, wie wir sie aus dem frühen Mittelalter kennen ab dem 11. Jahrhundert in den Hintergrund verschwand und zur Ausnahmeerscheinung wurde.
Ganz in Vergessenheit geriet sie mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht. Dafür war sie zu lange in den verschiedenen Kulturen des frühen Mittelalters gebräuchlich.
Hinzu kommt, daß es zwischen dem 07. bis 11. Jhdt eine sehr lange Übergangszeit gab, in denen sowohl der Brouch mit Beinlinge (incl. Fußteilen) als auch die Hose mit Beinwickel aus verschiedenen Quellen gesichert nachweisbar ist.
Nach meinen bisherigen Recherchen im frühen Mittelalter wurden der Brouch die Beinlinge mit Fußteiilen in ihren Anfängen von den höher gestellten Personen getragen.
Er später wurden sie vom einfacheren Volk übernommen. Eine entsprechende Abbildung findet von einem Bauern mit Brouch und Beinlingen findet sich unter anderem im  Salzburger Perikopenbuch.

lg,

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #12 am: 21. März 2011, 07:10:48 »
Wie sah es eigentlich mit Beinlingen aus Leder aus ?
Gibt es da irgendwelche Hinweise oder Belege?

Sollte für manche Gesellschaftsschichten doch recht praktisch gewesen sein .... lederne Reithosen habs ja auch ?!

Dass das nicht für Ordensritter galt ist erstmal auch klar - ergo bezieht sich meine Frage auf den allgemeinen Teil!
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Benedikt von Söllbach

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #13 am: 21. März 2011, 14:25:51 »
Soweit ich mich erinnere, wurden Beinlinge doch schonmal diskutiert (hier: Hosen vs. Bruche+Beinlinge und hier: Aus welchem Stoff war die Gewandung?), und wir kamen zur Erkenntnis, dass lederne Reithosen nicht nachweisbar sind, aber sinnvoll gewesen wären.
Das gleiche gilt für die Beinlinge, auch da ist mir bisher nirgends ein Beleg untergekommen.
Besser wäre es aber, wenn wir diese Frage in richtigen Thread disktutieren würden: Beinlinge
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Heinrich von Hohenfels

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Hosen im Mittelalter
« Antwort #14 am: 21. März 2011, 14:57:37 »
Die Deutschordensregel erwähnt doch eindeutig die ledernen Beinlinge (dort hose genannt. Bruche ist das niederkleid).