Ein schönes Thema *headbangl*, da kann ich endlich auch mal wieder ganz ungehemmt meinen Senf dazu geben.
Es wurde ja schon deutlich, daß man das Mittelalter nicht nach heutigen Maßstäben beurteilen kann. Die damaligen Ansichten von Recht und Unrecht unterschieden sich doch ein wenig von denen heute.
Das begann damit, ab wann eine Handlung als Sex galt und hörte noch lange nicht damit auf, wann das Töten eines Menschen gut und wann schlecht war.
Der Tod war allgegenwärtig. Er wurde nicht so tabuisiert und steril verpackt wie heute. Heute schämt man sich schon, wenn man für einen verstorbenen Angehörigen trauert - so richtig trauert meine ich.
Heute ist es ein Drama, wenn einer Frau ein Kind stirbt, damals hat von 10 in einer Familie geborenen Kindern nur knapp ein Drittel das Erwachsenenalter erreicht und das war im Schnitt mit 45 - 50 schon wieder zu Ende.
Deswegen waren die Leute viel spiritueller und jenseitsgläubiger als heute. Der Tod war schlimm aber er gehörte zum Leben.
Die Reglementierung duch die Obrigkeit war streng, die Strafen hart aber es wurde weniger reglementiert als heute. Viele Dinge konnte man noch unter sich klären ohne gleich mit einem Anwalt zu drohen.
Wenn man die Zeit damals und heute vergleicht hab ich immer die Frage auf der Zunge: "Wenn ein Kanibale seine Opfer mit Messer und Gabel und einer Serviette um den Hals verspeist, ist das dann zivilisierter?"
Und die Ritterlichen Ideale waren damals schon Ideale. Ritter Ulrich von Lichtenstein schrieb 1256 sein "Frauenbuch" und beklagt hierin schon den Verfall der hofischen Sitten. Ideale sind das was sie sind Ideale - Wunschvorstellungen, wie es heute sein sollte, wie es gestern hätte gewesen sein sollen und wie es morgen seien sollte. Diese Ideale sind mit der Realität nicht vergleichbar - damals nicht und heute auch nicht.
Wichtig ist nur, was jeder für sich daraus macht, wie sehr er sich bemüht diesen Idealen nachzueifern oder ob sie ihm völlig am Mors vorbei gehen und er lieber gegen alle Regeln lebt.
Apropos Regeln. Der Anspruch der Gründer des templerordens war sehr hoch. Solange sie unter sich waren mögen sie diesen Anspruch auch umgesetzt haben. Aber sobald der Orden wuchs und neue Ritter rekrutiert wurden, kamen auch solche Elemente in den Orden, die den Idealen der Gründerväter nicht mehr annähernd entsprachen. Erst recht, als dann immer schneller und immer mehr rekrutiert werden mußte, um die Verluste in Outremer auszugleichen. Nachdem der unfähige Großmeister Gerard de Ridefort das Debakel von Hattin herbeigeführt hatte, war der Templerorden nahezu aufgerieben. In Outremer hatte er quasi aufgehört zu existieren. Neue Ritter mußten aus Europa ins Heilige Land gebracht werden, Ritter, die die Gepflogenheiten und Sitten nicht kannten, für die jeder, der südländisch aussah ein Sarazene war und getötet werden mußte. Von den alten Idealen war hier schon lange nichts mehr zu merken. Daher war es notwendig, so ein ausgeklügelte Regelsystem aufzustellen, daß einerseits die Querulanten im Schach hielt anderseits aber auch alle "Reformer" die sich vielleicht herausbildeten sofort mundtot machte, damit sie nicht an den Entscheidungen des Großmeisters zeifelten. Oder wie sonst hätte Ridefort weiter Großmeister bleiben können, obwohl er sich als unfähig und als Saladins beste Waffe erwiesen hatte, nachdem er sich entgegen aller Ordensregeln freigekauft hatte und dafür Burgen des Ordens opferte.
Gruß Berthold